Deutschlandtour Dortmunder Debattanten: Ein kleiner Ostblog
Zwei Debattanten der Debatte Dortmund (DebaDo) brachen vergangene Woche auf, um VDCH-Clubs in ganz Deutschland zu besuchen. Jetzt berichten Jörn Hahn und Jens Schulze in der Folge „Ostblog“ über drei Stationen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen:
16 Debatten in 16 Tagen – Ostblog der Stationen sechs bis acht
Halle: In Halle erwarten uns sieben Redner vom Klartext Halle, die extra mit uns eine vollständige BPS-Debatte mit Präsidentin Eva bestreiten. In der Regierung eröffnen Ria und Anja zu „Brauchen wir den Feminismus noch?“. Wir streiten mit ihnen als schließende Regierung im Gebäude des Studierendenrats über den Geschlechterkrieg, Vaterschaftsrechte und die Parteinahme als Wesen unserer Demokratie bei sommerlich warmen Temperaturen gegen eine vierköpfige Wand aus Testosteron: Mo, Thomas, Martin und Julian. Im Anschluss an den lebhaften, zeitweise polemischen Schlagabtausch diskutieren wir zu neunt, wer eigentlich was gesagt und was gemeint hat. Den so begonnenen politischen Diskurs setzen wir in einem Lokal um die Ecke fort und erfahren von den guten Beziehungen des Klartext e.V. zu den Debattierclubs aus Magdeburg und Jena. Wir erkennen unsere Pflicht als Diplomaten und versprechen in Leipzig (unserer nächsten Station) ebenfalls für eine größere Kooperation mit Halle zu werben. Ein gutes Argument für einen Besuch in Halle ist auf jeden Fall das große Angebot an heißer Schokolade im Stammlokal der Hallenser, die es sich nicht nehmen lassen, unsere Getränke zu bezahlen.
Leipzig: Noch am späten Sonntagabend kommen wir in Leipzig an. Wir übernachten dort bei Frank, einem ehemaligen Hamburger (super Fisch!), der uns das Völkerschlachtdenkmal zeigt und uns in Bitterfeld die Vorzüge der Solartechnik erklärt. Es ist das erste Mal, dass wir uns ein wenig Zeit für einen Debattenort nehmen können. Das lohnt sich in Leipzig allemal. Am Nachmittag bereiten wir uns auf die Debatte bei Streitpunkt Leipzig geschickt vor, indem wir auf den Spuren Bachs die Thomaskirche aufsuchen und die Nikolaikirche samt Montagsdemo begutachten. Während das Andenken an den großen Thomaskantor mit Grab in der Thomaskirche und Statue davor gepflegt wird, wundern wir uns ein wenig, dass in der Nikolaikirche kein Schild oder Foto an die Ereignisse im Herbst 1989 erinnern. Die Zahl der Montagsdemonstranten ist auf etwa 30 Unbeugsame zusammengeschrumpft, und sie skandieren nicht mehr „Wir sind das Volk!“, sondern singen „Der Böhmer muss weg! Es hat keinen Zweck!“ (Ist der nicht aus Sachsen-Anhalt?) und protestieren gegen Hartz-IV, Bankenrettung und Reden-statt-Handeln. Eine Revolution wird davon wohl so schnell nicht ausgehen. Wir ziehen weiter zu unserer Debatte in der Juristischen Fakultät. Nach einem langwierigen, aber demokratischen Prozedere (das kennen wir aus Dortmund) einigen wir uns auf das Thema „Soll das Bargeld abgeschafft werden?“ Die Redepositionen werden mit laminierten Kärtchen zugelost, auf denen die Rollenaufgaben beschrieben sind (didaktisch eine gute Idee). Zusammen mit Marie und Tom-Michael geht Jörn in der Regierung gegen Alex, Frank und Carlo völlig unter. Jens ist wie Caro (Gast aus Marburg, die in der Stadt ein Praktikum macht) freier Redner. Der Abend endet in der gemütlichen Moritzbastei und damit dort, wo sich zeitweise das Neue Forum traf. Als sie dort zumachen, gehen wir mit Alexander zu Frank nach Hause, um zu spekulieren, ob die Zukunft eher Wasserstoffautos oder großen Carrera-Autos gehört, die ihre Energie per Induktion aus einer Kupferschiene in der Straße beziehen.
Jena: In der Debattiergesellschaft Jena gibt Wochenpräsidentin Anne das Stand-Up-Thema per SMS bekannt: „Sollte Wikileaks verboten werden?“ Wer Lust hat, geht nach vorne und redet eine Weile. Pro und Contra wechseln sich ab. Einige reden mehrfach, andere überhaupt nicht. Überraschenderweise sind einige nur zum Aufwärmen gekommen (oder freundlicherweise unseretwegen?) und verlassen uns schon wieder vorzeitig. Das Debatten-Thema des Abends kommt vom Boddencup: „Dieses Haus würde Geschlechtsverkehr unter Angabe falscher Identitätsmerkmale als Vergewaltigung bestrafen.“ Nach dem äußerst konstruktiven Feedback setzen wir uns draußen in einer von vielen Straßenkneipen zusammen, um bei ausgezeichneten Witzen exotische Getränke zu konsumieren: Himbeer-Milchshake, Brauner Bär und Weißer Bär, Hermann-Brause. Hermann-Brause Melone-Limette werden wir versuchen in den Westen zu importieren. Nachdem sich die Trinkrunde aufgelöst hat, rollen wir unsere Schlafsäcke bei Präsident Benjamin aus, der uns am nächsten Morgen ein paradiesisches Drei-Sterne-Frühstück mit Orangensaft und Rührei zaubert. Bevor wir nach Frankfurt weiterziehen, besuchen wir noch Severin an seinem Arbeitsplatz. Vor der Villa steht er uns in seiner Mittagspause vor dem Camcorder Rede und Antwort.