Leider konnte ich am Jurier-Think-Tank nicht teilnehmen. Vielleicht sind viele meiner Einwände schon vorgetragen worden. Da ich eine zentrale Grundtendenz des Artikels nicht teile und einige der Beobachtungen für problematisch halte, will ich mich dennoch äußern, auch auf die Gefahr hin, dass nichts neues dabei ist.
Vorab: ich halte viele der Beobachtungen von einem Verständnis geprägt, das Jurieren nicht mal mehr als ein Kunsthandwerk (Impliziert „Schön, aber irgendwie nicht so richtig praktisch“) sieht, sondern als eine Ikonografie, als eigenes System, aus dem Gelegentlich – wenn denn den hohen Ansprüchen des Systems an seine Elemente genüge getan ist – Erkenntnisse in die Reder*innen Sphäre tropfen dürfen und nur diese Essenzen der Weisheit Reder*innen voranbringen. Dem ist entschieden zu widersprechen. Je artifizieller das Jurieren wird, desto artifizieller wird das Feedback. Das „System“ Jurieren entwickelt einen eigenen Code und ein eigenes Programm, es wird selbst-referentiell. Da es das System „Reden“ dominiert, wird, die Annahme des Feedbacks vorausgesetzt, auch die studentische Rede artifiziell und nicht mehr an das das allgemeine Verständnis guter Rede nicht mehr anschlussfähig. Bestes Beispiel ist der Slang, der Vorrunden gewinnt und in Finals vermieden wird, soviel zum Rebuttal [Sic!].
Geschenkt müssen CJ gut sein, aber anzunehmen, dass nur die besten und schlausten Juror*innen mit Feeback helfen können, ist m.E. irrig. Indem sie erden und Hinweise geben leisten alle Juroren einen wertvollen Beitrag.
Weiterhin: es sollte getrennt werden zwischen der Richtigen Entscheidung (Internes Jurieren) und Gutem Feedback (Externes Jurieren). Da viele Äußerungen auf beide Ebene passen, trenne ich da, wo es Not tut.
Zu den Thesen:
I.1 Nicht unangenehm auffallen ist – im Vergleich mit unangenehm auffallen – ein enormer Fortschritt. Wer regelsicher ist, traut sich mehr und man baut im Jurorengespräch auf bessere Grundlagen. Wollen wir das, auch wenn es eine kleine Verbesserung ist, bitte nicht zu gering einschätzen.
II.2 Gerade in den KO-Runden, in denen es kein Feedback gibt, würde mich interessieren, wie die Qualität der Entscheidung gemessen werden soll, da es nur eine Interne Juration gibt. Der Vorteil ist, dass KO-Runden in OPD nur zwei und in BP sechs mögliche Ausgänge (Finale zwei/vier) der Situation gibt. Zu sagen, dass die am besten bewerteten Juroren nicht im Finale juriert haben und die Entscheidung deshalb nicht die Beste ist, bedarf einer Begründung.
I.3 Life is though, aber es wurden, durch zahllose Forderung nach Casefiles, Feedback-Systemen, AAA+ Themen, Equtiy, auch die Erwartungen an die Halbgötter mit CA-Bagdes und nicht zu niedrig aufgehängt. Kurz gesagt: liegt die Latte zu hoch, kommt halt keiner mehr drüber. Ich habe mir schon überlegt, ob ich mich für den CJ-Posten der DDM bewerben soll. Das erforderte Überzeugungsarbeit und nochmal tue ich mir das nicht an (und ich war nur zwei Tage da). Einen Vorschlag zur Lösung erarbeite ich schemenhaft unter VIII.1
II.1 Ja. Und zwar sind die: Konzentration durch die Debatte + 15 Minuten Diskussion + 15 Minuten Feedback. Die Belastung für Redner ist m.E. geringer. Sechs Stunden am Tag konzentriert arbeiten bei wenig Toleranz für Fehler ist nicht sonderlich attraktiv, besonders wenn man die Option reden hat.
II.2 Definition: Ein (aufstrebende*r) Juror*in ist oft ein*e Redner*in ohne Team und/oder Startplatz. Das jemand systematisch jurieren will und sich schulen und fördern lässt ist der Ausnahmefall. Die Nachfragen stellten dir wahrscheinlich sowieso schon gute Juroren.
II.4 S.U.
III.1 Jurieren beginnt in der Tat beim Individuum. Aber mit einem anderen Mechanismus: die Grundlegende Isolationsfurcht jedes Menschen zusammen mit der Erwägung, dass gefeedbackte mich auch nochmal jurieren könne, führt dazu, dass Kritik nicht scharf sondern möglichst kontingent formuliert wird, um sich nicht selbst sozial und sportlich zu isolieren. Das führt zu weicher Kritik, die einfach zurückzuweisen ist. Gefühlt wollen immer mehr Redner*innen nach der Debatte das Ergebnis diskutieren (“Aber der X im Feedback in Runde Y hat Z gesagt.”). In der Regel, weil sie deutlich besser waren, als die Juroren das zu erkennen in der Lage waren. Konsequenz: die Juror*innen geben immer höhere Punkte (vgl. der steigende DDM-Punkte-Schnitt), gleichzeitig fühlen sich die Redner*innen – Jurorenfeedback sei Dank wissen wir das – in Masse zu niedrig bepunktet. Die Chuzpe, völligen Blendgranaten völlig gerechtfertigte 28 Punkte zu geben, ist geschwunden, auch ich rundete bei der DDM bei schlechten Redner*innen nach oben auf, bei denen ich wusste: hier droht mir ne‘ Diskussion, wenn es zu tief geht punktemäßig.
Hier eine Randbemerkung: Jurieren ist keine Eigenständige Ikonografie mit eigenen Bewertungsregeln, die den Gefeedbackten außen vor lassen kann. Systemischer Bewertungsmaßstab für gutes Feedback ist: macht es die Reder*innen besser. Da ist aber auch der individuelle Redende angsprochen, er muss es schließlich annehmen und hier fehlt es oft ganz entscheidend an Einsicht, Erkenntnis eigener Fehlbarkeit und Akzeptanz. Machen wir bitten für gelingendes Feedback nicht nur Juror*innen verantwortlich, sondern auch die Redner*innen.
Verbesserungen dazu (eher als überzogener Denkanstoß zu verstehen):
1. Nehmt den Redner*innen die Jurorenfeedbackbögen wieder weg. Da beurteilen sie etwas, was sie nicht beurteilen können, bzw. halte ich die Operationalisierung dessen, was da gemessen werden soll, für nicht hinreichend und die Argumente, die mit den gewonnen Daten gestützt werden, für problematisch. Fragt die Co-Juroren und nur die, das ist die Instanz, die sich zu den Jurierungen äußern kann. Zahlen der falschen Befragten (Redner*innen) sind einfach falsche Zahlen.
2. Feedback wird schweigend entgegen genommen, sobald der Raum verlassen wurde, ist der Jurierende keinerlei Auskunft mehr schuldig.
3. Jedes Team hat pro Turnier Anrecht auf ein Feedback, es kann den Jurierenden, von dem es dieses Feedback bekommt, frei nach einer Vorrunden-Debatte bestimmen (Der Volkswirt weiß: was im Überfluss vorhanden ist, ist nicht wertvoll. Über die Nachfrager-Seite habe ich schon geredet).
4. Der Satz “Ihr könnt auf der Party zu euren Juroren gehen” wird verboten.
Kurz gesagt: ihr wollt Juroren als kompetente Richter*innen, dann setzt sie wieder auf eine Ebene über die Redner*innen. Dass ich nicht scharf kritisiere, wenn bereits ein „Ist völlig Inkompetent“ von einem Team für einen Juror*innen-Breakausschluss reicht, wirkt logisch. Weiterhin sind hier besonders Juror*innen von großem Wert, die keine aktiven Redner mehr sind. Die haben nämlich a) Erfahrung und b) nichts mehr zu verlieren. Der Antrag der DDM-Startbegrenzung mag, ggf. er wird auf die ZD-Serie übertragen, hier günstig wirken. Plus der Machtfaktor dürfte seinen ganz eigenen Appeal entwickeln, vielleicht wird Jurieren dann wieder attraktiv. Oder man lässt sich jede Feedback-Minute bezahlen …. ich gerate ins Plaudern, Entschuldigung.
III.2 Juror*innen setzen leider keine Standards mehr, inzwischen sind wir – gefangen zwischen Juror*innen, die keine Instanzen mehr sind wegen aLter oder Können und Juror*innen die keine Instanzen mehr sein wollen (Vgl. Isolationsfurcht) – zu flauschig geworden. Wer noch Chips im Spiel hat, wird es sich nicht verscherzen wollen.
III.3 Das mag in großen Clubs mit hohem Engagement gehen, überall anders gilt eher die Jurorendefinition aus II.2
III.4 Stimmt
IV. Da sind wir m.E. schon. Es ist klar, für was die CJs alles verantwortlich sind. Mittwochsfeature sei Dank!
V. Interessant, aber redundant. Gute CJs empfehlen sich selbst. Dass wir so wenige gute CJ haben liegt auch daran, dass wir nicht mehr junge, gute Debattierer als „Ausgangsmaterial“ bekommen -> Stichwort Nachwuchs und Wettkampf um die Köpfe.
Bei der Auswahl sind zum Glück weiter als vor fünf Jahren. Ein Ausschreibung ist Realität und kein revolutionäres Unding.
VI. To the point. Aber bitte III.1 als weiteren Mechanismus zur Kenntnis nehmen.
VII.1 Benennt CAs nach Stärken: Themen-CJs, Juroren-CJs, die Setzungen und Feedback machen. Benennt Feedback-Juroren (Die gut und das ganze Turnier Feedbacken) und Punkte-Juroren (Eie machen das Gleiche, nur mit Punkten/Entscheidungen).
VII.2 Volle Zustimmung.
VII.3 Das braucht ganz enge Erfolgs-Parameter, sonst kommt man in arge Rechtfertigungsnot.
VII.4 Tuen wir schon und sie enttäuschen uns/dich. Welche Konsequenz ziehen wir nun?
VII.5 Ja
VII.6 Von mir aus…
VII.7 Nein, keine Ikonographie aus dem Jurieren machen, sondern etwas, das lebt, atmet, die Rhetorik im Feld wiederspiegelt, Redner*innen hilft und nicht Anspruch an sich selbst ist.
Ich bin in vielen Punkten bei Flo, möchte aber noch drei allgemeine Punkte anmerken:
1.) Die formulierten Ansprüche an Juroren sind zu hoch (I): Nur ein Chair muss in der Lage sein, ein nachvollziehbares Rechtfertigungsfeedback zu geben und ein verständliches und situativ passendes Verbesserungsfeedback zu geben. Für einen Nebenjuroren ist es ausreichend, wenn er die Reden einer Debatte erfassen, qualifiziert wiedergeben und in den Kontext der Debatte einordnen kann. Es ist daher absolut legitim, Juroren mit in die KO-Runden zu nehmen, deren Kompetenz als niedriger wahrgenommen wird, weil ihr Feedback noch nicht vollumfänglich den Ansprüchen der Redner genügt, sofern die Chefjuroren die grundsätzlichen, den Rednern verborgenen Fähigkeiten dieser Juroren im Juriergespräch überprüft haben (womit wir wieder bei den Aufgaben der CAs wären). Ich halte daher die Unterstellung, dass im DDM-Finale in Berlin ungeeignete Juroren saßen, für unredlich, solange keine Beweise vorliegen, dass Juroren wider besseren Wissens der CAs gebreakt sind – zumal die Ergebnisfindung nach den mir zugetragenen Details auch nicht darunter gelitten hat und somit auch bei einem anders zusammengesetzten Panel davon ausgegangen werden kann, dass es zur selben Entscheidung gekommen wäre.
2.) Die formulierten Ansprüche an Juroren sind zu hoch (II): Der Trend zu immer mehr Vorrunden in der gleichen Zeit ist nicht unbedingt ein Anreiz als Juror auf ein Turnier zu fahren. Jurieren ist aus meiner eigenen Erfahrung deutlich fordernder als Reden, da man die ganze Debatte konzentriert zuhören muss, anschließend ein Juriergespräch führt und dann evtl. noch Feedback geben muss (s.o. bei Flo). Einer der Hauptgründe, warum ich für die Beibehaltung des Präsidenten bei OPD bin, ist die Möglichkeit, eine Runde lang zu regenerieren, da man “nur” die Zeit nehmen, Strichlisten führen und Fragen mitschreiben muss. Ich kann aus Sicht des Redners verstehen, warum es natürlich besser aussieht, wenn man für sein Geld fünf statt vier Vorrunden bekommt – aber aus Sicht des Jurors geht dies langsam, aber sicher an die Substanz und sorgt nicht unbedingt dafür, die Aufgabe gerne zu übernehmen. Nun bekomme ich dabei ja immerhin noch etwas fürs Ego geboten – ich darf oft chairen und Feedback geben und werde aller Wahrscheinlichkeit nach breaken. Ein Anfänger bekommt das nicht und darf sich zusätzlich noch anhören, dass er scheiße ist. Was mich zum letzten Punkt bringt…
3.) Die Art und Weise, mit der hier über das Jurieren gesprochen wird, schreckt ab: Wenn man sich so durchliest, was hier und auch an anderer Stelle auf dem Think-Tank über das Jurieren auf Turnieren gejammert wird, muss man sich nicht wundern, dass fähige Leute sich nicht trauen, als Juroren auf ein Turnier zu fahren, solange sie noch nicht den Nimbus des alles überstrahlenden Großjurors haben. Nur maximal 5 Leute in Deutschland erfüllen die Anforderungen an einen CA; es gibt vielleicht 14 gute Juroren in Deutschland; die Jurorensituation ist verheerend, weil die meisten, die als Juroren antreten, nichts taugen… Unabhängig davon, an wen die Autoren solcher leichtfertig dahin geschriebenen Sätze im Konkreten dachten, den meisten Lesern, insbesondere wenn sie noch keinen Namen als Juror haben, dürfte klar sein, dass sie bestimmt nicht zu den Top-Leuten gezählt werden und ihr Beitrag also weder wertgeschätzt noch anerkannt wird. Was umso schwerer wiegt, als dass die beschriebene Situation keineswegs meiner eigenen Erfahrung entspricht: Ich habe in den drei Jahren, in denen ich jetzt auf Turnieren debattiere, wenige absolute Blendgranaten erlebt, die sich immer wieder durchmogeln und (Chef-)Jurorenposten besetzen, die ihnen objektiv nicht zustehen dürften (so dumm sind die meisten Ausrichter dann doch nicht, als dass sie dies nicht durchschauen würden). Stattdessen gab es viele, die sich durch häufiges Jurieren kontinuierlich verbessert haben und immer wieder neue Gesichter, die viel Potenzial zeigen, wenn man sie denn richtig aufbaut (wozu auch gehört, dass man jemanden mit Potenzial an die Hand nimmt und ihm das Nebenjurieren in KO-Runden ermöglicht, damit er dort viel über Jurierpraxis lernt und vielleicht auch einmal an die Grenzen stößt, um sich dieser bewusst zu werden – auch wenn es objektiv vielleicht andere Kandidaten gibt, die durch mehr Erfahrung “besser” wären. Und wieder sind wir bei den Aufgaben des CAs…).
Leider konnte ich am Jurier-Think-Tank nicht teilnehmen. Vielleicht sind viele meiner Einwände schon vorgetragen worden. Da ich eine zentrale Grundtendenz des Artikels nicht teile und einige der Beobachtungen für problematisch halte, will ich mich dennoch äußern, auch auf die Gefahr hin, dass nichts neues dabei ist.
Vorab: ich halte viele der Beobachtungen von einem Verständnis geprägt, das Jurieren nicht mal mehr als ein Kunsthandwerk (Impliziert „Schön, aber irgendwie nicht so richtig praktisch“) sieht, sondern als eine Ikonografie, als eigenes System, aus dem Gelegentlich – wenn denn den hohen Ansprüchen des Systems an seine Elemente genüge getan ist – Erkenntnisse in die Reder*innen Sphäre tropfen dürfen und nur diese Essenzen der Weisheit Reder*innen voranbringen. Dem ist entschieden zu widersprechen. Je artifizieller das Jurieren wird, desto artifizieller wird das Feedback. Das „System“ Jurieren entwickelt einen eigenen Code und ein eigenes Programm, es wird selbst-referentiell. Da es das System „Reden“ dominiert, wird, die Annahme des Feedbacks vorausgesetzt, auch die studentische Rede artifiziell und nicht mehr an das das allgemeine Verständnis guter Rede nicht mehr anschlussfähig. Bestes Beispiel ist der Slang, der Vorrunden gewinnt und in Finals vermieden wird, soviel zum Rebuttal [Sic!].
Geschenkt müssen CJ gut sein, aber anzunehmen, dass nur die besten und schlausten Juror*innen mit Feeback helfen können, ist m.E. irrig. Indem sie erden und Hinweise geben leisten alle Juroren einen wertvollen Beitrag.
Weiterhin: es sollte getrennt werden zwischen der Richtigen Entscheidung (Internes Jurieren) und Gutem Feedback (Externes Jurieren). Da viele Äußerungen auf beide Ebene passen, trenne ich da, wo es Not tut.
Zu den Thesen:
I.1 Nicht unangenehm auffallen ist – im Vergleich mit unangenehm auffallen – ein enormer Fortschritt. Wer regelsicher ist, traut sich mehr und man baut im Jurorengespräch auf bessere Grundlagen. Wollen wir das, auch wenn es eine kleine Verbesserung ist, bitte nicht zu gering einschätzen.
II.2 Gerade in den KO-Runden, in denen es kein Feedback gibt, würde mich interessieren, wie die Qualität der Entscheidung gemessen werden soll, da es nur eine Interne Juration gibt. Der Vorteil ist, dass KO-Runden in OPD nur zwei und in BP sechs mögliche Ausgänge (Finale zwei/vier) der Situation gibt. Zu sagen, dass die am besten bewerteten Juroren nicht im Finale juriert haben und die Entscheidung deshalb nicht die Beste ist, bedarf einer Begründung.
I.3 Life is though, aber es wurden, durch zahllose Forderung nach Casefiles, Feedback-Systemen, AAA+ Themen, Equtiy, auch die Erwartungen an die Halbgötter mit CA-Bagdes und nicht zu niedrig aufgehängt. Kurz gesagt: liegt die Latte zu hoch, kommt halt keiner mehr drüber. Ich habe mir schon überlegt, ob ich mich für den CJ-Posten der DDM bewerben soll. Das erforderte Überzeugungsarbeit und nochmal tue ich mir das nicht an (und ich war nur zwei Tage da). Einen Vorschlag zur Lösung erarbeite ich schemenhaft unter VIII.1
II.1 Ja. Und zwar sind die: Konzentration durch die Debatte + 15 Minuten Diskussion + 15 Minuten Feedback. Die Belastung für Redner ist m.E. geringer. Sechs Stunden am Tag konzentriert arbeiten bei wenig Toleranz für Fehler ist nicht sonderlich attraktiv, besonders wenn man die Option reden hat.
II.2 Definition: Ein (aufstrebende*r) Juror*in ist oft ein*e Redner*in ohne Team und/oder Startplatz. Das jemand systematisch jurieren will und sich schulen und fördern lässt ist der Ausnahmefall. Die Nachfragen stellten dir wahrscheinlich sowieso schon gute Juroren.
II.4 S.U.
III.1 Jurieren beginnt in der Tat beim Individuum. Aber mit einem anderen Mechanismus: die Grundlegende Isolationsfurcht jedes Menschen zusammen mit der Erwägung, dass gefeedbackte mich auch nochmal jurieren könne, führt dazu, dass Kritik nicht scharf sondern möglichst kontingent formuliert wird, um sich nicht selbst sozial und sportlich zu isolieren. Das führt zu weicher Kritik, die einfach zurückzuweisen ist. Gefühlt wollen immer mehr Redner*innen nach der Debatte das Ergebnis diskutieren (“Aber der X im Feedback in Runde Y hat Z gesagt.”). In der Regel, weil sie deutlich besser waren, als die Juroren das zu erkennen in der Lage waren. Konsequenz: die Juror*innen geben immer höhere Punkte (vgl. der steigende DDM-Punkte-Schnitt), gleichzeitig fühlen sich die Redner*innen – Jurorenfeedback sei Dank wissen wir das – in Masse zu niedrig bepunktet. Die Chuzpe, völligen Blendgranaten völlig gerechtfertigte 28 Punkte zu geben, ist geschwunden, auch ich rundete bei der DDM bei schlechten Redner*innen nach oben auf, bei denen ich wusste: hier droht mir ne‘ Diskussion, wenn es zu tief geht punktemäßig.
Hier eine Randbemerkung: Jurieren ist keine Eigenständige Ikonografie mit eigenen Bewertungsregeln, die den Gefeedbackten außen vor lassen kann. Systemischer Bewertungsmaßstab für gutes Feedback ist: macht es die Reder*innen besser. Da ist aber auch der individuelle Redende angsprochen, er muss es schließlich annehmen und hier fehlt es oft ganz entscheidend an Einsicht, Erkenntnis eigener Fehlbarkeit und Akzeptanz. Machen wir bitten für gelingendes Feedback nicht nur Juror*innen verantwortlich, sondern auch die Redner*innen.
Verbesserungen dazu (eher als überzogener Denkanstoß zu verstehen):
1. Nehmt den Redner*innen die Jurorenfeedbackbögen wieder weg. Da beurteilen sie etwas, was sie nicht beurteilen können, bzw. halte ich die Operationalisierung dessen, was da gemessen werden soll, für nicht hinreichend und die Argumente, die mit den gewonnen Daten gestützt werden, für problematisch. Fragt die Co-Juroren und nur die, das ist die Instanz, die sich zu den Jurierungen äußern kann. Zahlen der falschen Befragten (Redner*innen) sind einfach falsche Zahlen.
2. Feedback wird schweigend entgegen genommen, sobald der Raum verlassen wurde, ist der Jurierende keinerlei Auskunft mehr schuldig.
3. Jedes Team hat pro Turnier Anrecht auf ein Feedback, es kann den Jurierenden, von dem es dieses Feedback bekommt, frei nach einer Vorrunden-Debatte bestimmen (Der Volkswirt weiß: was im Überfluss vorhanden ist, ist nicht wertvoll. Über die Nachfrager-Seite habe ich schon geredet).
4. Der Satz “Ihr könnt auf der Party zu euren Juroren gehen” wird verboten.
Kurz gesagt: ihr wollt Juroren als kompetente Richter*innen, dann setzt sie wieder auf eine Ebene über die Redner*innen. Dass ich nicht scharf kritisiere, wenn bereits ein „Ist völlig Inkompetent“ von einem Team für einen Juror*innen-Breakausschluss reicht, wirkt logisch. Weiterhin sind hier besonders Juror*innen von großem Wert, die keine aktiven Redner mehr sind. Die haben nämlich a) Erfahrung und b) nichts mehr zu verlieren. Der Antrag der DDM-Startbegrenzung mag, ggf. er wird auf die ZD-Serie übertragen, hier günstig wirken. Plus der Machtfaktor dürfte seinen ganz eigenen Appeal entwickeln, vielleicht wird Jurieren dann wieder attraktiv. Oder man lässt sich jede Feedback-Minute bezahlen …. ich gerate ins Plaudern, Entschuldigung.
III.2 Juror*innen setzen leider keine Standards mehr, inzwischen sind wir – gefangen zwischen Juror*innen, die keine Instanzen mehr sind wegen aLter oder Können und Juror*innen die keine Instanzen mehr sein wollen (Vgl. Isolationsfurcht) – zu flauschig geworden. Wer noch Chips im Spiel hat, wird es sich nicht verscherzen wollen.
III.3 Das mag in großen Clubs mit hohem Engagement gehen, überall anders gilt eher die Jurorendefinition aus II.2
III.4 Stimmt
IV. Da sind wir m.E. schon. Es ist klar, für was die CJs alles verantwortlich sind. Mittwochsfeature sei Dank!
V. Interessant, aber redundant. Gute CJs empfehlen sich selbst. Dass wir so wenige gute CJ haben liegt auch daran, dass wir nicht mehr junge, gute Debattierer als „Ausgangsmaterial“ bekommen -> Stichwort Nachwuchs und Wettkampf um die Köpfe.
Bei der Auswahl sind zum Glück weiter als vor fünf Jahren. Ein Ausschreibung ist Realität und kein revolutionäres Unding.
VI. To the point. Aber bitte III.1 als weiteren Mechanismus zur Kenntnis nehmen.
VII.1 Benennt CAs nach Stärken: Themen-CJs, Juroren-CJs, die Setzungen und Feedback machen. Benennt Feedback-Juroren (Die gut und das ganze Turnier Feedbacken) und Punkte-Juroren (Eie machen das Gleiche, nur mit Punkten/Entscheidungen).
VII.2 Volle Zustimmung.
VII.3 Das braucht ganz enge Erfolgs-Parameter, sonst kommt man in arge Rechtfertigungsnot.
VII.4 Tuen wir schon und sie enttäuschen uns/dich. Welche Konsequenz ziehen wir nun?
VII.5 Ja
VII.6 Von mir aus…
VII.7 Nein, keine Ikonographie aus dem Jurieren machen, sondern etwas, das lebt, atmet, die Rhetorik im Feld wiederspiegelt, Redner*innen hilft und nicht Anspruch an sich selbst ist.
Ich bin in vielen Punkten bei Flo, möchte aber noch drei allgemeine Punkte anmerken:
1.) Die formulierten Ansprüche an Juroren sind zu hoch (I): Nur ein Chair muss in der Lage sein, ein nachvollziehbares Rechtfertigungsfeedback zu geben und ein verständliches und situativ passendes Verbesserungsfeedback zu geben. Für einen Nebenjuroren ist es ausreichend, wenn er die Reden einer Debatte erfassen, qualifiziert wiedergeben und in den Kontext der Debatte einordnen kann. Es ist daher absolut legitim, Juroren mit in die KO-Runden zu nehmen, deren Kompetenz als niedriger wahrgenommen wird, weil ihr Feedback noch nicht vollumfänglich den Ansprüchen der Redner genügt, sofern die Chefjuroren die grundsätzlichen, den Rednern verborgenen Fähigkeiten dieser Juroren im Juriergespräch überprüft haben (womit wir wieder bei den Aufgaben der CAs wären). Ich halte daher die Unterstellung, dass im DDM-Finale in Berlin ungeeignete Juroren saßen, für unredlich, solange keine Beweise vorliegen, dass Juroren wider besseren Wissens der CAs gebreakt sind – zumal die Ergebnisfindung nach den mir zugetragenen Details auch nicht darunter gelitten hat und somit auch bei einem anders zusammengesetzten Panel davon ausgegangen werden kann, dass es zur selben Entscheidung gekommen wäre.
2.) Die formulierten Ansprüche an Juroren sind zu hoch (II): Der Trend zu immer mehr Vorrunden in der gleichen Zeit ist nicht unbedingt ein Anreiz als Juror auf ein Turnier zu fahren. Jurieren ist aus meiner eigenen Erfahrung deutlich fordernder als Reden, da man die ganze Debatte konzentriert zuhören muss, anschließend ein Juriergespräch führt und dann evtl. noch Feedback geben muss (s.o. bei Flo). Einer der Hauptgründe, warum ich für die Beibehaltung des Präsidenten bei OPD bin, ist die Möglichkeit, eine Runde lang zu regenerieren, da man “nur” die Zeit nehmen, Strichlisten führen und Fragen mitschreiben muss. Ich kann aus Sicht des Redners verstehen, warum es natürlich besser aussieht, wenn man für sein Geld fünf statt vier Vorrunden bekommt – aber aus Sicht des Jurors geht dies langsam, aber sicher an die Substanz und sorgt nicht unbedingt dafür, die Aufgabe gerne zu übernehmen. Nun bekomme ich dabei ja immerhin noch etwas fürs Ego geboten – ich darf oft chairen und Feedback geben und werde aller Wahrscheinlichkeit nach breaken. Ein Anfänger bekommt das nicht und darf sich zusätzlich noch anhören, dass er scheiße ist. Was mich zum letzten Punkt bringt…
3.) Die Art und Weise, mit der hier über das Jurieren gesprochen wird, schreckt ab: Wenn man sich so durchliest, was hier und auch an anderer Stelle auf dem Think-Tank über das Jurieren auf Turnieren gejammert wird, muss man sich nicht wundern, dass fähige Leute sich nicht trauen, als Juroren auf ein Turnier zu fahren, solange sie noch nicht den Nimbus des alles überstrahlenden Großjurors haben. Nur maximal 5 Leute in Deutschland erfüllen die Anforderungen an einen CA; es gibt vielleicht 14 gute Juroren in Deutschland; die Jurorensituation ist verheerend, weil die meisten, die als Juroren antreten, nichts taugen… Unabhängig davon, an wen die Autoren solcher leichtfertig dahin geschriebenen Sätze im Konkreten dachten, den meisten Lesern, insbesondere wenn sie noch keinen Namen als Juror haben, dürfte klar sein, dass sie bestimmt nicht zu den Top-Leuten gezählt werden und ihr Beitrag also weder wertgeschätzt noch anerkannt wird. Was umso schwerer wiegt, als dass die beschriebene Situation keineswegs meiner eigenen Erfahrung entspricht: Ich habe in den drei Jahren, in denen ich jetzt auf Turnieren debattiere, wenige absolute Blendgranaten erlebt, die sich immer wieder durchmogeln und (Chef-)Jurorenposten besetzen, die ihnen objektiv nicht zustehen dürften (so dumm sind die meisten Ausrichter dann doch nicht, als dass sie dies nicht durchschauen würden). Stattdessen gab es viele, die sich durch häufiges Jurieren kontinuierlich verbessert haben und immer wieder neue Gesichter, die viel Potenzial zeigen, wenn man sie denn richtig aufbaut (wozu auch gehört, dass man jemanden mit Potenzial an die Hand nimmt und ihm das Nebenjurieren in KO-Runden ermöglicht, damit er dort viel über Jurierpraxis lernt und vielleicht auch einmal an die Grenzen stößt, um sich dieser bewusst zu werden – auch wenn es objektiv vielleicht andere Kandidaten gibt, die durch mehr Erfahrung “besser” wären. Und wieder sind wir bei den Aufgaben des CAs…).