Vielen Dank für diesen sehr gut argumentierten Artikel Andrea! Ich möchte noch hinzufügen, dass selbst vorausgesetzt, zwei OPD-Jurorinnen haben einen gleich gut begründeten subjektiven Eindruck von der Debatte, sich dann die Hochpunkterin bzw. die Punkterin mit der größeren Spanne gegenüber der mit der kleineren Spanne eher durchsetzt, weil ihre “Ausreißer” mehr ins Ergebnis schlagen. Egal, ob der subjektive Eindruck übereinstimmt oder nicht. Mit großer Spanne zu punkten ist also eine überlegene Strategie, seine Spur im Tab zu hinterlassen, und sollte daher durch z.B. Eichdebatten und kluge Jurorensetzungen ausgeglichen werden.
Ich habe leider den sehr langen und bestimmt hervorragenden Artikel nicht gelesen, möchte mich daher nur auf Andis Kommentar beziehen.
Was ist schlimm daran, wenn mit großer Spanne zu punkten Standard würde? Ich denke nämlich durchaus, dass es inhärent logisch ist, auf einer deutschen Meisterschaft in einzelnen Kategorien auch “nationale Spitzenleistung” zu jurieren. Dann gibt’s halt mal 70 Punkte.
Ich habe nichts dagegen, wenn auch in der Finaljurierung kurz geklärt wird, ob nicht ein Versehen oder Missverständnis bei einer großen Punktedifferenz gegeben ist. Es ist aber meiner Ansicht nach unmöglich eine “objektive” Sicht auf die Debatte zu gewinnen, die “subjektive” Fehler identifizieren und korrigieren kann. Besser ist hier doch der Durchschnitt einer möglichst großen Anzahl gleichwertiger Juroren. Denn wenn es genug Juroren im Finale sind und sie alle nur Menschen sind, dann mitteln sich die “Fehler” der einzelnen Juroren doch in der Regel gegenseitig raus. Wenn sechs nicht reichen, nimmt man halt 12. Wenn im Viertel- und Halbfinale ebenso viele gute Juroren sitzen sollten, wäre das doch kein Problem. Das ist dann die Objektivierung des subjektiven Eindrucks. Wenn es hingegen möglich sein soll einzelne Juroren zu überreden, dass sie die Debatte anders hätten verstehen sollen, ist das doch eher eine diskursiv verzerrte “Objektivierung” eines subjektiven Eindrucks auf der Grundlage eines anderen subjektiven Eindrucks.
Wenn alle Juroren mit großer Spanne punkten, beeinflusst ein “Hochpunkter” das Tab natürlich nicht mehr ungebührlich. Das ist eher ein Problem im Status Quo, in dem manche Juroren nur von “sehr schlecht, 37 Punkte” bis “hervorragend, 41 Punkte” zu schwanken scheinen. Ich meine mich zu erinnern, dass die Intention von OPD eher ist, die mögliche Spanne auszuschöpfen – aber wann haben wir zuletzt auch nur eine Rede >65 gesehen?
@ Jan: Ich denke nicht, dass in der Besprechung im Falle einer Korrektur durch einen Juroren aufgrund der Diskussion im Panel der anderen ein subjektiver Eindruck übernommen wird. Wie Andrea ja schreibt geht es eher darum, dass ein Juror selbst erkennt, dass er etwas im Eifer des Jurirergefechtes übersehen/überhört/falsch gewichtet hat. Und letztlich kann er ja, wenn die Argumente der anderen Juroren ihn nicht überzeugen, auch stur bei seiner Sichtweise beharren.
Ist es nur ein Juror, der abweicht, muss er schon sehr extrem gepunktet haben, damit er überhaupt einen Einfluss hat. Aber gut, geschenkt, da kann man dann drüber reden oder besser: einfach selbst die Skala ausnutzen. Das sollte man ja ohnehin tun, dafür ist sie da.
Ist es mehr als ein Juror, finde ich es aber schon schwierig, die Bepunktung durch eine Diskussion über die Debatte zu verändern. Wenn mehr als ein Juror eine vergleichbare Abweichung haben, dann ist die Debatte offenbar von mindestens zwei Seiten anders verstanden worden. Auch das sollte sich meiner Meinung nach in dem Ergebnis widerspiegeln. Auch bei BP gibt es schließlich Split-Decisions. Der Unterschied zu OPD ist eben, dass es auch bedeutend ist, wie viel besser ein Team gegenüber einem anderen bewertet wurde. Das ist doch der ganze Charme einer metrischen Punkteskala.
ein juror muss nicht extrem abweichen, um einfluss zu haben. ein beispiel:
in einem guten halbfinale sehen vier von fünf juroren die regierung knapp, aber eindeutig vorn. sagen wir, sie geben folgende punkte im mittel:
248 zu 246; 250 zu 248; 252 zu 249; 250 zu 247.
damit die opposition dennoch gewinnt, reicht es, wenn der fünfte juror 248 zu 263 vergibt. das ist an sich keine große abweichung, würde aber die gesamte jurierung maßgeblich beeinflussen.
es gibt situationen, in denen ein juror ein bestimmtes team klar vorne sieht. das ist absolut legitim. allerdings: bei BPS ist ein mechanismus eingebaut, der davor schützt, dass dieser eine juror die debatte entscheidet. er muss nämlich alle anderen überzeugen. bei OPD gibt es einen solchen mechanismus nicht. nach den buchstaben des regelwerks kann ich eine debatte entscheiden, indem ich einfach “die skala ausnutze”.
ich persönlich kann das mit meinem verständnis von gerechtigkeit nicht vereinbaren. die jurorenbesprechung vor der mittlung ist hier das notwendige korrektiv.
nur so nebenbei: dass ein finale oder eine breakrunde bei OPD-turnieren von der minderheit des panels entschieden wurde, ist immer wieder vorgekommen. auch präsidentenentscheide sind gegen die mehrheit der juroren möglich. ob das etwas mit gerechtigkeit zu tun hat, mag jeder für sich entscheiden.
Vielen Dank, Andrea, für diesen wunderbar hergeleiteten Artikel und die angestoßene Diskussion! Auch von mir ein Plädoyer für die Jurorenbesprechung:
@ Jan: Die einen nennen es Charme, die anderen große Fehlerquelle. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Vorstellungen davon, in welchem Maße die Punkteskala auszunutzen ist, derzeit massiv auseinander gehen. Natürlich wäre an sich nichts Schlimmes daran und im Sinne der Kategoriekonzeption wäre es sogar wünschenswert, wenn man auf einer Deutschsprachigen Meisterschaft für eine nationale Spitzenleistung auch mal 70 Punkte vergäbe. Darüber müssten sich dann aber alle einig sein. Denn dafür, dass sich “Hoch- und Niedrigpunkter” gegenseitig rausmitteln und alle Teams die gleichen Chancen auf den Break haben, gibt es auf Turnieren einfach zu wenig Vorrunden. Selbst bei einer DDM redet man in OPD während der Vorrunden nur vier mal im Team und hier können einzelne Ausreißer nach oben oder unten schon einen bedeutenden Einfluss haben.
Insbesondere dann, wenn unterschiedliche Sichtweisen der Debatte unter den Juroren, darauf zurückzuführen sind, dass Juroren als nicht unfehlbare Menschen manche Aspekte sehr abweichend gewichtet haben (weil sie in einem Moment nicht ganz aufmerksam waren, weil sie durch Fachwissen ihrer eigenen Fachrichtung beeinflusst waren etc.) kann eine Jurorenbesprechung doch nur helfen. Denn “schlimmstenfalls” stellen die Juroren fest, dass ihre Sichtweisen vollkommen legitim sind und bleiben bei ihrer Bepunktung, nichts ändert sich. Vielleicht stellt der eine oder andere Juror in der Besprechung aber auch fest, dass er Punkt x (der, sagen wir, etwas komplexer, aber sehr gut und relevant war) von Redner y wohl nur deshalb nicht richtig mitbekommen und entsprechend positiv bewertet hat, weil er gerade abgelenkt war oder noch nicht ausreichend darüber nachgedacht hat. In diesem Fall sollte man sich aus Gründen der Fairness gegenüber den Rednern m.E. die Zeit nehmen zu überlegen, ob es von einem als Juror hätte erwartet werden können, diesen Punkt zu verstehen.
Ich teile nicht alle Ansichten. Ich bin von der Gleichwertigkeit aller subjektiven Meinungen überzeugt, sofern sie gut begründet sind. Etwas anders zu verstehen oder gar nicht zu verstehen, heißt ja nicht automatisch, etwas „falsch“ zu verstehen. Wenn ich merke, mein Ko-Juror kann seine Meinung gut begründen, wer bin ich dann, ihn vom Gegenteil zu überzeugen? Wirklich „falsch“ ist eine Jurierung nur in den seltensten Fällen (falsche Skala benutzt, in falscher Kategorie gepunktet, „Checklisten-Jurierung“ etc.). Diese klären sich aber schnell und sind selten problematisch, vor allem, wenn erfahrene, regelsichere Finaljuroren am Werk sind.
Ich glaube auch an die Bringschuld der Redner. Natürlich kann es sein, dass ich mal einen Punkt verpasse. Vielleicht bin ich für ein paar Sekunden unaufmerksam oder gerade mit dem Protokollieren eines anderen Punktes beschäftigt. Ist es eh nur eine Kleinigkeit, ein Nebenschauplatz, ist das nicht dramatisch. Ist es aber ein Punkt, der alleine über Sieg und Niederlage, über 10 Extrapunkte oder über eine tolle Teamline entscheiden kann, sollte dieser dann von einem Redner derart versteckt werden, dass ein Juror ihn bei der geringsten Unaufmerksamkeit gleich völlig verpasst? Ich denke, ein Redner hat hier doch die Bringschuld, diesen Punkt dann länger, breiter oder öfter auszuführen, so dass ich ihn dann spätestens in der Zusammenfassung noch einmal serviert bekomme.
Schließlich verstehe ich die OPD-Regel, bei Finaldebatten auf eine Besprechung der Einzelrednerpunkte zu verzichten, etwas anders. Meiner Meinung nach wird hier nicht unterstellt, dass die hohe Qualität des Finaljurorenpools per se eine „richtige“ Entscheidung herbeiführt. Ich glaube, es wird vielmehr unterstellt, dass die beteiligten Juroren alle in der Lage sind, ihre Meinung auch gut begründen zu können. Eine Aussprache, die in erster Linie klären soll, ob ein Juror seine Punkte aus der Lameng, nach Gusto oder ohne jeden Anlass vergibt, ist in diesem Fall wohl tatsächlich nicht zwingend notwendig.
Aber sie schadet bestimmt auch nicht! Und wenn es alles „gute“ Juroren sind, wird sich auch sehr zügig herausstellen, ob eine weitere Besprechung notwendig ist, oder ob gut begründete Meinung gegen gut begründete Meinung steht, zusätzliche Klärung also unnötig ist und das Mitteln der Punkte für die Objektivierung sorgt. Diese Besprechung kostet so also kaum Zeit, bleibt aber potenziell das wichtigste Korrektiv der zu fällenden Entscheidung. Wir sollten das mal ausprobieren.
Vielleicht sollten wir mal zusammenstellen, was uns alles in letzter Zeit an der Turnierpraxis von OPD aufgefallen ist und das dann besprechen, in die Jurorenpräsentation aufnehmen, der Regelkommission schicken usw. Einen hab ich auch noch: Manchmal sind Fraktionsfreie RednerInnen aus dem gleichen Club wie ein Team im Raum und helfen ihm, indem sie z.B. versäumtes Rebuttal nachholen, gute Beispiele liefern o.ä. Das scheint diesem Team manchmal tatsächlich zu helfen. Finden wir das gut und wenn ja, warum, und wenn nein, wie können wir es abstellen?
@Jan L.: “Denn wenn es genug Juroren im Finale sind und sie alle nur Menschen sind, dann mitteln sich die “Fehler” der einzelnen Juroren doch in der Regel gegenseitig raus.” Das ist nicht notwendigerweise und meiner Erfahrung nach sogar nur recht selten der Fall. Aufmerksamkeits-“Fehlleistungen” haben oft einen systematischen Grund. Nimm das Beispiel, das Andreas in Post No.12 anspricht: Es kann sein, dass ein clubeigener FFR die Wahrnehmung der Jury massiv beeinflusst. Eine sehr gute Jury sollte das erkennen, aber es ist schwer, das zu durchschauen. VIelleicht fallen fünf von sechs Jurors darauf herein, ein Juror aber bemerkt die Finesse. Das lässt sich nur mit Reden, nicht mit Mitteln klären. Wie im Film: Die 12 Geschworenen.
@ Jonathan: Ich habe Deinen Kommentar jetzt schon mehrfach gelesen, bin mir aber nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe. Daher einfach die Frage: Wenn Du sagst, das sei „nur recht selten“ der Fall, meinst Du damit, dass die große Mehrzahl der getroffenen Finalentscheidungen „falsch“ ist?
@ Daniel: Sorry für die späte Antwort, ich habe Deinen Post erst jetzt gesehen. Nein, aber dass sich Fehler gerade rausmitteln, ist schon selten. Das Rausmitteln passiert in großen Stichproben. Aber die relativ kleine Stichprobe einer Jury mit sagen wir 9 Mitgliedern sorgt nicht dafür. Auch haben Fehljurierungen in meinen Augen oftmals einen systematischen Grund; etwa weil eine Seite einen Trick angewendet hat, den große Teile der Jury nicht durchschaut haben, Das ist ein Argument dafür, dass jeder Juror sich qualitativ, nicht nur quantitativ einbringen können sollte. Eine vom Juroren-Durchschnitt abweichende Beobachtung kann in der Lage sein, alle anderen Juroren zu überzeugen, nie aber kann sie in der Lage sein, sich im Mittel gegen die anderen Stimmen durchzusetzen.
Vielen Dank für diesen sehr gut argumentierten Artikel Andrea! Ich möchte noch hinzufügen, dass selbst vorausgesetzt, zwei OPD-Jurorinnen haben einen gleich gut begründeten subjektiven Eindruck von der Debatte, sich dann die Hochpunkterin bzw. die Punkterin mit der größeren Spanne gegenüber der mit der kleineren Spanne eher durchsetzt, weil ihre “Ausreißer” mehr ins Ergebnis schlagen. Egal, ob der subjektive Eindruck übereinstimmt oder nicht. Mit großer Spanne zu punkten ist also eine überlegene Strategie, seine Spur im Tab zu hinterlassen, und sollte daher durch z.B. Eichdebatten und kluge Jurorensetzungen ausgeglichen werden.
Ich habe leider den sehr langen und bestimmt hervorragenden Artikel nicht gelesen, möchte mich daher nur auf Andis Kommentar beziehen.
Was ist schlimm daran, wenn mit großer Spanne zu punkten Standard würde? Ich denke nämlich durchaus, dass es inhärent logisch ist, auf einer deutschen Meisterschaft in einzelnen Kategorien auch “nationale Spitzenleistung” zu jurieren. Dann gibt’s halt mal 70 Punkte.
Ich habe nichts dagegen, wenn auch in der Finaljurierung kurz geklärt wird, ob nicht ein Versehen oder Missverständnis bei einer großen Punktedifferenz gegeben ist. Es ist aber meiner Ansicht nach unmöglich eine “objektive” Sicht auf die Debatte zu gewinnen, die “subjektive” Fehler identifizieren und korrigieren kann. Besser ist hier doch der Durchschnitt einer möglichst großen Anzahl gleichwertiger Juroren. Denn wenn es genug Juroren im Finale sind und sie alle nur Menschen sind, dann mitteln sich die “Fehler” der einzelnen Juroren doch in der Regel gegenseitig raus. Wenn sechs nicht reichen, nimmt man halt 12. Wenn im Viertel- und Halbfinale ebenso viele gute Juroren sitzen sollten, wäre das doch kein Problem. Das ist dann die Objektivierung des subjektiven Eindrucks. Wenn es hingegen möglich sein soll einzelne Juroren zu überreden, dass sie die Debatte anders hätten verstehen sollen, ist das doch eher eine diskursiv verzerrte “Objektivierung” eines subjektiven Eindrucks auf der Grundlage eines anderen subjektiven Eindrucks.
Wenn alle Juroren mit großer Spanne punkten, beeinflusst ein “Hochpunkter” das Tab natürlich nicht mehr ungebührlich. Das ist eher ein Problem im Status Quo, in dem manche Juroren nur von “sehr schlecht, 37 Punkte” bis “hervorragend, 41 Punkte” zu schwanken scheinen. Ich meine mich zu erinnern, dass die Intention von OPD eher ist, die mögliche Spanne auszuschöpfen – aber wann haben wir zuletzt auch nur eine Rede >65 gesehen?
Auch nach unten hin kann ich mich nur schwer erinnern, ohne Abzüge Reden unter 25 Punkten gesehen zu haben. Wahrscheinlich hatte ich Glück.
@ Jan: Ich denke nicht, dass in der Besprechung im Falle einer Korrektur durch einen Juroren aufgrund der Diskussion im Panel der anderen ein subjektiver Eindruck übernommen wird. Wie Andrea ja schreibt geht es eher darum, dass ein Juror selbst erkennt, dass er etwas im Eifer des Jurirergefechtes übersehen/überhört/falsch gewichtet hat. Und letztlich kann er ja, wenn die Argumente der anderen Juroren ihn nicht überzeugen, auch stur bei seiner Sichtweise beharren.
Ist es nur ein Juror, der abweicht, muss er schon sehr extrem gepunktet haben, damit er überhaupt einen Einfluss hat. Aber gut, geschenkt, da kann man dann drüber reden oder besser: einfach selbst die Skala ausnutzen. Das sollte man ja ohnehin tun, dafür ist sie da.
Ist es mehr als ein Juror, finde ich es aber schon schwierig, die Bepunktung durch eine Diskussion über die Debatte zu verändern. Wenn mehr als ein Juror eine vergleichbare Abweichung haben, dann ist die Debatte offenbar von mindestens zwei Seiten anders verstanden worden. Auch das sollte sich meiner Meinung nach in dem Ergebnis widerspiegeln. Auch bei BP gibt es schließlich Split-Decisions. Der Unterschied zu OPD ist eben, dass es auch bedeutend ist, wie viel besser ein Team gegenüber einem anderen bewertet wurde. Das ist doch der ganze Charme einer metrischen Punkteskala.
Kurz und knapp: Ich schließe mich Jan an.
ein juror muss nicht extrem abweichen, um einfluss zu haben. ein beispiel:
in einem guten halbfinale sehen vier von fünf juroren die regierung knapp, aber eindeutig vorn. sagen wir, sie geben folgende punkte im mittel:
248 zu 246; 250 zu 248; 252 zu 249; 250 zu 247.
damit die opposition dennoch gewinnt, reicht es, wenn der fünfte juror 248 zu 263 vergibt. das ist an sich keine große abweichung, würde aber die gesamte jurierung maßgeblich beeinflussen.
es gibt situationen, in denen ein juror ein bestimmtes team klar vorne sieht. das ist absolut legitim. allerdings: bei BPS ist ein mechanismus eingebaut, der davor schützt, dass dieser eine juror die debatte entscheidet. er muss nämlich alle anderen überzeugen. bei OPD gibt es einen solchen mechanismus nicht. nach den buchstaben des regelwerks kann ich eine debatte entscheiden, indem ich einfach “die skala ausnutze”.
ich persönlich kann das mit meinem verständnis von gerechtigkeit nicht vereinbaren. die jurorenbesprechung vor der mittlung ist hier das notwendige korrektiv.
nur so nebenbei: dass ein finale oder eine breakrunde bei OPD-turnieren von der minderheit des panels entschieden wurde, ist immer wieder vorgekommen. auch präsidentenentscheide sind gegen die mehrheit der juroren möglich. ob das etwas mit gerechtigkeit zu tun hat, mag jeder für sich entscheiden.
Vielen Dank, Andrea, für diesen wunderbar hergeleiteten Artikel und die angestoßene Diskussion! Auch von mir ein Plädoyer für die Jurorenbesprechung:
@ Jan: Die einen nennen es Charme, die anderen große Fehlerquelle. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Vorstellungen davon, in welchem Maße die Punkteskala auszunutzen ist, derzeit massiv auseinander gehen. Natürlich wäre an sich nichts Schlimmes daran und im Sinne der Kategoriekonzeption wäre es sogar wünschenswert, wenn man auf einer Deutschsprachigen Meisterschaft für eine nationale Spitzenleistung auch mal 70 Punkte vergäbe. Darüber müssten sich dann aber alle einig sein. Denn dafür, dass sich “Hoch- und Niedrigpunkter” gegenseitig rausmitteln und alle Teams die gleichen Chancen auf den Break haben, gibt es auf Turnieren einfach zu wenig Vorrunden. Selbst bei einer DDM redet man in OPD während der Vorrunden nur vier mal im Team und hier können einzelne Ausreißer nach oben oder unten schon einen bedeutenden Einfluss haben.
Insbesondere dann, wenn unterschiedliche Sichtweisen der Debatte unter den Juroren, darauf zurückzuführen sind, dass Juroren als nicht unfehlbare Menschen manche Aspekte sehr abweichend gewichtet haben (weil sie in einem Moment nicht ganz aufmerksam waren, weil sie durch Fachwissen ihrer eigenen Fachrichtung beeinflusst waren etc.) kann eine Jurorenbesprechung doch nur helfen. Denn “schlimmstenfalls” stellen die Juroren fest, dass ihre Sichtweisen vollkommen legitim sind und bleiben bei ihrer Bepunktung, nichts ändert sich. Vielleicht stellt der eine oder andere Juror in der Besprechung aber auch fest, dass er Punkt x (der, sagen wir, etwas komplexer, aber sehr gut und relevant war) von Redner y wohl nur deshalb nicht richtig mitbekommen und entsprechend positiv bewertet hat, weil er gerade abgelenkt war oder noch nicht ausreichend darüber nachgedacht hat. In diesem Fall sollte man sich aus Gründen der Fairness gegenüber den Rednern m.E. die Zeit nehmen zu überlegen, ob es von einem als Juror hätte erwartet werden können, diesen Punkt zu verstehen.
Sehr wichtige Frage, sehr guter Artikel! Danke!
Ich teile nicht alle Ansichten. Ich bin von der Gleichwertigkeit aller subjektiven Meinungen überzeugt, sofern sie gut begründet sind. Etwas anders zu verstehen oder gar nicht zu verstehen, heißt ja nicht automatisch, etwas „falsch“ zu verstehen. Wenn ich merke, mein Ko-Juror kann seine Meinung gut begründen, wer bin ich dann, ihn vom Gegenteil zu überzeugen? Wirklich „falsch“ ist eine Jurierung nur in den seltensten Fällen (falsche Skala benutzt, in falscher Kategorie gepunktet, „Checklisten-Jurierung“ etc.). Diese klären sich aber schnell und sind selten problematisch, vor allem, wenn erfahrene, regelsichere Finaljuroren am Werk sind.
Ich glaube auch an die Bringschuld der Redner. Natürlich kann es sein, dass ich mal einen Punkt verpasse. Vielleicht bin ich für ein paar Sekunden unaufmerksam oder gerade mit dem Protokollieren eines anderen Punktes beschäftigt. Ist es eh nur eine Kleinigkeit, ein Nebenschauplatz, ist das nicht dramatisch. Ist es aber ein Punkt, der alleine über Sieg und Niederlage, über 10 Extrapunkte oder über eine tolle Teamline entscheiden kann, sollte dieser dann von einem Redner derart versteckt werden, dass ein Juror ihn bei der geringsten Unaufmerksamkeit gleich völlig verpasst? Ich denke, ein Redner hat hier doch die Bringschuld, diesen Punkt dann länger, breiter oder öfter auszuführen, so dass ich ihn dann spätestens in der Zusammenfassung noch einmal serviert bekomme.
Schließlich verstehe ich die OPD-Regel, bei Finaldebatten auf eine Besprechung der Einzelrednerpunkte zu verzichten, etwas anders. Meiner Meinung nach wird hier nicht unterstellt, dass die hohe Qualität des Finaljurorenpools per se eine „richtige“ Entscheidung herbeiführt. Ich glaube, es wird vielmehr unterstellt, dass die beteiligten Juroren alle in der Lage sind, ihre Meinung auch gut begründen zu können. Eine Aussprache, die in erster Linie klären soll, ob ein Juror seine Punkte aus der Lameng, nach Gusto oder ohne jeden Anlass vergibt, ist in diesem Fall wohl tatsächlich nicht zwingend notwendig.
Aber sie schadet bestimmt auch nicht! Und wenn es alles „gute“ Juroren sind, wird sich auch sehr zügig herausstellen, ob eine weitere Besprechung notwendig ist, oder ob gut begründete Meinung gegen gut begründete Meinung steht, zusätzliche Klärung also unnötig ist und das Mitteln der Punkte für die Objektivierung sorgt. Diese Besprechung kostet so also kaum Zeit, bleibt aber potenziell das wichtigste Korrektiv der zu fällenden Entscheidung. Wir sollten das mal ausprobieren.
Grüße,
DS
Vielleicht sollten wir mal zusammenstellen, was uns alles in letzter Zeit an der Turnierpraxis von OPD aufgefallen ist und das dann besprechen, in die Jurorenpräsentation aufnehmen, der Regelkommission schicken usw. Einen hab ich auch noch: Manchmal sind Fraktionsfreie RednerInnen aus dem gleichen Club wie ein Team im Raum und helfen ihm, indem sie z.B. versäumtes Rebuttal nachholen, gute Beispiele liefern o.ä. Das scheint diesem Team manchmal tatsächlich zu helfen. Finden wir das gut und wenn ja, warum, und wenn nein, wie können wir es abstellen?
@Jan L.: “Denn wenn es genug Juroren im Finale sind und sie alle nur Menschen sind, dann mitteln sich die “Fehler” der einzelnen Juroren doch in der Regel gegenseitig raus.” Das ist nicht notwendigerweise und meiner Erfahrung nach sogar nur recht selten der Fall. Aufmerksamkeits-“Fehlleistungen” haben oft einen systematischen Grund. Nimm das Beispiel, das Andreas in Post No.12 anspricht: Es kann sein, dass ein clubeigener FFR die Wahrnehmung der Jury massiv beeinflusst. Eine sehr gute Jury sollte das erkennen, aber es ist schwer, das zu durchschauen. VIelleicht fallen fünf von sechs Jurors darauf herein, ein Juror aber bemerkt die Finesse. Das lässt sich nur mit Reden, nicht mit Mitteln klären. Wie im Film: Die 12 Geschworenen.
@ Jonathan: Ich habe Deinen Kommentar jetzt schon mehrfach gelesen, bin mir aber nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe. Daher einfach die Frage: Wenn Du sagst, das sei „nur recht selten“ der Fall, meinst Du damit, dass die große Mehrzahl der getroffenen Finalentscheidungen „falsch“ ist?
Grüße,
DS
@ Daniel: Sorry für die späte Antwort, ich habe Deinen Post erst jetzt gesehen. Nein, aber dass sich Fehler gerade rausmitteln, ist schon selten. Das Rausmitteln passiert in großen Stichproben. Aber die relativ kleine Stichprobe einer Jury mit sagen wir 9 Mitgliedern sorgt nicht dafür. Auch haben Fehljurierungen in meinen Augen oftmals einen systematischen Grund; etwa weil eine Seite einen Trick angewendet hat, den große Teile der Jury nicht durchschaut haben, Das ist ein Argument dafür, dass jeder Juror sich qualitativ, nicht nur quantitativ einbringen können sollte. Eine vom Juroren-Durchschnitt abweichende Beobachtung kann in der Lage sein, alle anderen Juroren zu überzeugen, nie aber kann sie in der Lage sein, sich im Mittel gegen die anderen Stimmen durchzusetzen.