BPS-Regelwerk aktualisiert für die Meisterschaft im Deutschsprachigen Debattieren (MDD)

Datum: May 15th, 2012
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Category: Turniere, VDCH

 

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8 Kommentare zu “BPS-Regelwerk aktualisiert für die Meisterschaft im Deutschsprachigen Debattieren (MDD)”

  1. Philipp St. says:

    Ich habe die Regeln gerade ins DebattierWiki hochgeladen und dort archiviert. Der Link dorthin:
    http://wiki.vdch.de/index.php/Debattenformate_-_Unterlagen
    Vielen Dank an die Chefjuroren der MDD 2012 für die Arbeit!

  2. Julian(Freiburg) says:

    Versteh ich das richtig, dass es im Fall der Fälle, so kommen könnte, dass die ER sagt sie will Antrag1. O1 meint einen Gegenantrag stellen zu müssen und stellt Antrag A2. Der stellvertretende Regierungschef lehnt das ab und redet weiter über A1. Jetzt muss auch die EO weiter über A1 reden. Die schließende Regierung entscheidet sich jetzt aber für A2 und redet darüber, wogegen die schließende Opposition sich überlegt lieber über A1 zu reden?
    Zur Übersicht ein kleines Schaublid wer in meinem Beispiel worüber redet:
    ER1: A1 EO1:A2
    ER2: A1 EO2:A1
    SR1: A2 SO1:A1
    SR2:A2 SO2:A1

  3. Hallo Julian,

    wenn der Fall aus §9.4 eintritt, sind alle Teams auf den Gegenantrag verpflichtet. Wenn der Fall aus §9.4 nicht eintritt, sind alle Teams frei, das gilt natürlich auch für die eröffnende Opposition. Sie muss also nicht weiter über A1 reden.

    Der Fall der schließenden Fraktionen ist wohl eher von theoretischem als von praktischem Interesse. Die Regel soll klarstellen, dass sie bei sinnlosem Antrag über den Gegenantrag, bei sinnlosem Gegenantrag über den Antrag reden können. Aber theoretisch sind sie in der Tat frei und können über verschiedene Anträge reden – allerdings müssen sie sich natürlich auch dann mit ihrer jeweiligen Gegenseite auseinandersetzen (Rebuttal).

  4. Ich fürchte, diese Regel macht die Debatte im Falle eines Gegenantrags restlos kaputt. Der Fall, dass der stellvertretende Premierminister den Gegenantrag annimmt, wird doch nie eintreten, weil die ER sich damit jedenfalls selbst hinter die EO setzt. Dann reden alle nur noch aneinander vorbei. Ich habe nicht so richtig verstanden, was dagegen spricht, den Chair entscheiden zu lassen.

  5. Andi says:

    Bei jeder Regelaktualisierung und Jurorenschulung werden die meisten Fragen und Gedankenkräfte für einen Fall aufgewendet, der in der Realität fast nie auftritt. Ich habe in bald 1.000 Debatten als Redner, Juror oder Zuschauer noch nie (!) einen Gegenantrag erlebt und glaube auch nicht, dass ich einen vergessen habe. Denn wer als Regierung so einen schlechten Antrag stellt, dass die Opposition auf die fast immer beknackte Idee kommt, einen Gegenantrag stellen zu müssen, oder wer als Opposition meint, einen allermeistens ganz normal debattierbaren Antrag durch einen Gegenantrag herausfordern zu müssen, macht die Debatte zu einer für alle Teilnehmer unvergeßlichen Stunde in einer sartreschen Hölle und sollte dafür zurecht hart bestraft werden. Und solange wir noch keinen fünften Platz mit negativen Punkten vergeben können, soll wenigstens der Rest der Redner an den Verbrechern vorbeireden dürfen …

  6. Jan F. (Berlin) says:

    Ich habe sicherlich bei weitem nicht so viele Debatten miterlebt wie Andi, aber als (Haupt)juror definitiv einen Gegenantrag erlebt, ich meine einen weiteren Fall miterlebt zu haben und schon mehrmals so miese Anträge gestellt, dass ein Gegenantrag eine bessere Debatte ermöglicht hätte.
    Bei der doch großen Anzahl an Debatten während der MDD ist ein Gegenantrag sicherlich nicht komplett illusorisch.
    Eine neue Regelung, die wie hier dem BPS-Modell der holistischen Debattenbewertung eher entspricht, ist daher zu begrüßen.
    Man macht es nie allen recht, aber die Rufer “Warum wurde da vorher nicht dran gedacht” hat man das Wasser abgegraben.

  7. Johannes (Freiburg) says:

    Ich schließe mich Julian und Jonathan an. Die alte Regelung ist aus den aufgeführten Gründen auch aus meiner Sicht praktikabler als die neue. Dass ein stellv. Premier den Gegenantrag anerkennt, ist utopisch. Ich finde, Gegenanträge sind, auch wenn sie selten sind, dennoch mehr als theoretische Hirngespinnste. Ich habe bereits mehrere Situationen erlebt, in denen ein Gegenantrag definitiv gerechtfertigt gewesen wäre und sicherlich zum Besseren gedient hätte. Oft entscheiden sich EOs dennoch nicht dazu, da ihnen entweder die Kenntnis über die Option, genügend Spontanität und/oder der Mut fehlt. Dennoch ist es gut, dass es diese Möglichkeit gibt und sie wird in der Tat durchaus praktiziert. Nicht nur ich selbst habe bereits aktiv einen Antrag zurückgewiesen, sondern auch passiv diese Situation miterlebt. Handelte es sich also nur um theoretische Hirngespinnste ohne Sinn und Zweck, hätte man diese Möglichkeit (wie die Generalopposition in OPD) auch gleich komplett aus dem Regelwerk streichen können! Warum dann also diese Inkonsequenz und eine funktionierende Lösung durch eine unpraktikablere ersetzen? Das ist mir leider immer noch nicht klar.

  8. Lukas Haffert says:

    Hier sind offenbar zwei Fragen zu trennen: A) das Verhalten der Redner in der Debatte und B) die Rolle der Juroren.

    Zu A) Wir sind der festen Überzeugung, dass es bei einem gerechtfertigten Gegenantrag der Normalfall sein wird, dass die eröffnende Regierung die Neudefinition der Opposition akzeptiert. Die wenigsten falschen Anträge geschehen aus böser Absicht, sondern sind einem Missverständnis des Themas geschuldet. Und auch die im Irrtum befindliche Fraktion hat ein Interesse, noch besser als auf Platz vier abzuschneiden. Insofern ist es gerade ein Vorzug der Regel, dass sie der eröffnenden Regierung die Möglichkeit eines geordneten Rückzugs einäumt. Ansonsten stellt die Regel ja gerade sicher, dass niemand unter Starrsinnigkeit zu leiden hat außer den Starrsinnigen selbst. Alle anderen können ja mit Gewinn über den Gegenantrag debattieren. Das gilt natürlich auch umgekehrt im Falle einer starrsinnigen Opposition.

    Zu B) „Was in der Debatte geschieht ist Sache der Redner, die Jury bewertet die Debatte erst, wenn diese vorbei ist“ – das ist eine Grundhaltung von BPS. Reden werden nicht für sich, sondern nur im Kontext der Debatte bewertet. Die Jury betrachtet die Debatte holistisch, also “als Ganze”. Genau dieses Prinzip wird von der früheren Regel durchbrochen. Nicht nur bewertet der Hauptjuror bereits nach zwei Reden, er greift sogar aktiv gestaltend in die unfertige Debatte ein. Das hat mindestens zwei Nachteile: Erstens bindet er sich selbst für die Bewertung die Hände. Zu dem was er am Ende der Debatte bewertet zählt ja nun auch seine eigene Entscheidung mitsamt ihren Konsequenzen. Zweitens setzt es den Hauptjuror in einen potenziellen Konflikt zu seinen Nebenjuroren, die ja möglicherweise ganz anderer Auffassung darüber sind, mit welchem Antrag nun fortgesetzt werden soll, auf die Tatsachenentscheidung aber keinen Einfluss mehr nehmen können. Eine Tatsachenentscheidung übrigens, die in der Regel direkt auf die Debattenplatzierungen durchschlägt.

    Angemerkt sei, dass es die klare Trennung zwischen Debatte und Jury im internationalen Debattieren seit jeher auch bei der Antragszurückweisung gibt. Wir machen hier insofern einen Schritt in Richtung des Regelwerks, das bei Euros und Worlds gilt. Die dort gemachten Erfahrungen lassen uns erwarten, damit auch bei der MDD gut zu fahren.

    Anträge die Anlass zu Gegenanträgen bieten, führen selten zu guten Debatten, welche Regel auch immer man anwendet. Wir glauben, dass man mit dieser Regel zu einer möglichst bruchlosen Fortsetzung der Debatte kommt, die den Rednern erlaubt, noch das beste aus der Situation zu machen – sie aber auch genau dafür in die Verantwortung nimmt. Es ist an ihnen die Debatte zu retten, nicht an der Jury oder am Hauptjuror.

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