Würzburg gewinnt Hannah-Arendt-Debatten 2024

Datum: 15. Juli 2024
Redakteur:
Kategorie: Turniere

Am vergangenen Wochenende gewannen Anne Uder und Sven Bake aus Würzburg, als Team Giacomo & Maria die erstmals ausgetragenen Hannah-Arendt-Debatten in Marburg.

Das Siegerteam des Hannah-Arendt-Cups 2024: Sven Bake und Anne Uder (v.l.n.r.)

Zum Thema “DH als die chinesische Regierung bereut die Grey-Zone-Tactics im südchinesischen Meer” konnten sie sich in der schließenden Opposition gegen die Teams BDU AF (Agata Konopka, Felix Reischl – Berlin) in der eröffnenden Regierung, The good, the bad – wie kein OPD?! (Konstantin Krüger, Ronja Schneider – Mainz) in der eröffnenden Opposition und Die Banalität der Börsen (Arvid Baier, Bjarne Roggenbuck – Rederei) in der schließenden Regierung durchsetzen. Durch eine Publikumsabstimmung wurde Konstantin Krüger zum besten Redner des Finals gekürt.

Das Finale wurde von Josef Hoppe im Chair zusammen mit Johannes Janosovits, Marion Seiche und Thyra Haythorn juriert. Außerdem erreichten Ferdinand Ferber und Jannis Limperg den Jurierendenbreak.

Cheforganisiert wurde das Turnier von Simon Lucas, Eike Quast, Lena Klieber, Charlotte Eulitz, Kerstin Ohler, Jonathan Solbach und Josephine Bauer. Agata Konopka und Sven Bake bildeten die Equity. Die Chefjury, die sich auch um das Tab kümmerte, bestand aus Jannis Limperg, Josef Hoppe und Marion Seiche).

Nach vier offenen Vorrunden erreichten folgende Teams den Break:

  1. BDU AF – 8 Pkt.
  2. The good, the bad–wie kein OPD?! – 7 Pkt.
  3. Die Banalität der Börsen – 7 Pkt.
  4. Giacomo & Maria – 6 Pkt.

Top 10 der besten Redner*innen mit Punktedurchschnitt:
1. Konstantin Krüger – 79 Pkt.
2. Arvid Baier – 78 Pkt.
3. Agata Konopka – 77,67 Pkt.
3. Sven Bake – 77,67 Pkt.
5. Felix Reischl – 77,33 Pkt.
5. Anne Uder – 77,33 Pkt.
7. Jonathan Solbach – 77 Pkt.
7. Ronja Schneider – 77 Pkt.
9. Bjarne Roggenbuck – 76,33 Pkt.
10. Sophie Hartung – 76 Pkt.

Themen:

VR 1: DHG jede*r volljährige Bürger*in eines diktatorischen Regimes hat eine moralische
Pflicht, gegen dieses Regime aktiven Widerstand zu leisten, auch wenn er*sie sich selbst
dadurch in nicht unbedeutende Gefahr begibt.

VR 2: Factsheet: Leichter Autismus (“hochfunktionaler Autismus”, “Asperger-Syndrom”) ist durch eine substantielle
Ausprägung einiger (aber typischerweise nicht aller) der folgenden Merkmale charakterisiert:
• Schwierigkeiten, soziale Situationen zu lesen und sich sozialadäquat zu verhalten, spezifisch
in Bezug auf nonverbale Kommunikation.
• Ungewöhnliche Ausdrucksweise, z.B. in Form langwieriger Ausführungen oder abrupter
Themenwechsel. Schwierigkeiten mit bildlicher Sprache und Metaphern.
• Extremer Fokus auf spezifische Interessen und Tätigkeiten oder Routinen.
• Repetitive Bewegungen (“stimming”).
• Erhöhte visuelle Wahrnehmungsfähigkeit und starke Detailorientierung.
• Ungewöhnliche, starke Reaktionen auf bestimmte Geschmäcker, Texturen, Gerüche oder
visuelle Muster.
Leicht autistische Menschen im Sinne dieser Debatte sind in ihrer Intelligenz nicht eingeschränkt
und können ein selbständiges Leben führen. Allerdings korreliert leichter Autismus mit erhöhter
Suizidalität, Depressionen und anderen mentalen Erkrankungen.
Die Neurodiversitätsbewegung setzt sich dafür ein, dass leichter Autismus mehr als normale
Ausprägung menschlichen Verhaltens und weniger als Krankheit oder Behinderung wahrgenommen
wird.

DH bevorzugt eine Darstellung von leichtem Autismus als Neurodiversität statt als Krankheit
oder Behinderung.

VR3: Factsheet: Bei der Bewertung von OPD-Reden werden Reden hinsichtlich ihrer Überzeugungskraft in fünf Kategorien bewertet: “Sprachkraft”, “Auftreten”, “Kontaktfähigkeit”, “Sachverstand” und “Urteilskraft”. In jeder Kategorie können 0-20 Punkte vergeben werden.
“Sprachkraft” bewertet die Überzeugungskraft der Rede im Hinblick auf Verständlichkeit, Klarheit und Angemessenheit des Vortrags. Eine gute Leistung in Sprachkraft bedeutet, dass der Vortrag sprachlich so gestaltet wird, dass das Publikum gerne zuhört, versteht, was gemeint ist, die Redenden sympathisch und glaubwürdig findet und sich merkt, was sie sagen (z.B. durch ein angenehmes Sprechtempo, angemessene Modulation, Deutlichkeit und Bildhaftigkeit der Sprache, Angemessenheit des Tons und der Wortwahl, usw.).
“Auftreten” bewertet, inwiefern die optische Präsenz der Redenden zur Überzeugung des Publikums beiträgt. Gutes Auftreten unterstützt die verbale Botschaft der Redenden mit authentischer Begleitung in Haltung, Stand, Gestik und Mimik.
“Kontaktfähigkeit” meint die Fähigkeit, sich auf inhaltlicher und emotionaler Ebene auf die jeweiligen Umstände der Debatte einzustellen. Inhaltlich verlangt gute Kontaktfähigkeit, sich auf relevante Entwicklungen der bisherigen Debatte zu beziehen, den Debattengegenstand zu veranschaulichen und sich mit Zwischenfragen und Zwischenrufen angemessen auseinanderzusetzen. Auf emotionaler Ebene baut eine kontaktfähige Rede eine gute Beziehung zum Publikum auf, bspw. durch schlagfertigen Umgang mit der Gegenseite, nachvollziehbare Beispiele, Humor, eigene Emotionen und Blickkontakt.
Der Median für die durchschnittliche Redepunktzahl nach den Vorrunden lag auf den letzten drei
OPD-Campus Debatten bei etwas über 46 Punkten (also durchschnittlich mehr als 9 Punkten pro
Kategorie).

DHG, auf deutschsprachigen BPS-Turnieren mit öffentlichen Finals sollten Teams vom
Finalsieg disqualifiziert werden, wenn ihre Reden nicht in jeder der OPD-Kategorien
Sprachkraft, Auftreten und Kontaktfähigkeit mindestens 9 Punkte erhalten würden.

Finale: Factsheet: China beansprucht weitgehend völkerrechtswidrig große Teile des südchinesischen Meers. Es setzt
dort sogenannte Grey-Zone-Tactics ein. Diese umfassen verschiedene Formen aggressiven
Verhaltens, die aber nicht die Schwelle zu eindeutig kriegerischen Handlungen überschreiten; unter
Anderem:
• Chinesische Kampfflugzeuge dringen häufig in die Lufträume anderer Staaten ein.
• China hat in internationalen Gewässern eine Luftverteidigungszone eingerichtet und droht,
zivile Flugzeuge in dieser abzuschießen.
• Schiffe der chinesischen Marine und maritimen Miliz (zivile Schiffe, die gelegentlich für
inoffizielle Marineoperationen verwendet werden) verhalten sich aggressiv gegenüber
zivilen Schiffen, z.B. indem sie diese abdrängen oder mit Wasserkanonen beschießen.
• Die chinesische Marine hat einen philippinischen Außenposten im umstrittenen Gebiet
umzingelt und verhindert teilweise Lieferungen dorthin.
• Die chinesische Marine inspiziert Handels- und Fischereischiffe in den umstrittenen
Gebieten.
• Chinesische Fischereischiffe fischen völkerrechtswidrig in den umstrittenen Gebieten.

DH als die chinesische Regierung bereut die Grey-Zone-Tactics im südchinesischen Meer.

hb.

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8 Kommentare zu “Würzburg gewinnt Hannah-Arendt-Debatten 2024”

  1. Paula (Wien) sagt:

    Boah Leute Runde 3, sagt einfach, dass ihr BP hasst hahaha

    1. René G. (Aachen/Rederei) sagt:

      Also bitte, das hat doch nichts mit BP hassen zu tun… Auch als jemand der eher OPD „hasst“ und sich dem soweit es geht entzieht, muss ich schon zugeben, dass das irgendwo ein berechtigtes Anliegen ist. So sehr ich auch BP bevorzuge, es tut einfach viel zu oft weh, zu sehen wie prominente Ehrengäste und Publikum mit dem Versprechen auf eine tolle, interessante Debatte eingeladen werden, nur damit diese dann eine Stunde lang in double time und Debattierslang angeschrien werden…

    2. Josef (Aachen) sagt:

      Den Vorwurf, ich würde BP hassen, weise ich entschieden zurück. Im Gegenteil, ich bevorzuge sogar BP über OPD (auch wenn ich letzteres nicht hasse).

      Die öffentliche und szeneinterne Wirkung von BP-Finals und die Frage, was BP-Finals sein sollen (verkürzt: Werbung vs Wettbewerb) sind aber Themen, die dauerhaft in der Szene diskutiert werden. Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass das Meckern an BP deutlich präsenter ist; die Debatte zwingt Teams aber explizit, BP in Reinform zu verteidigen.

    3. Paula (Wien) sagt:

      Ich verstehe schon, dass es Argumente auf beiden Seiten gibt und Leute Diskussionen darüber führen. Merkt man ja auch daran, dass sich die DDM Chefjury für schnelle Reden in einem BP DDM Finale vor dem gesamten Publikum entschuldigt (mMn eine Frechheit). Ich finde die ganze Diskussion ehrlich gesagt etwas komisch. Das Format an sich verspricht nichts zu „schönen Reden“, es geht ja vielmehr darum, logisch Argumente herzuleiten und mit Wissen über die Welt zu begeistern. Wenn Redende kompliziertere oder nuanciertere Argumente beweisen wollen, braucht das oft mehr Zeit. Solange Jurierende dabei mitkommen, was die Geschichte ja voraussetzt, wenn es Teams mit so einem Stil ins Finale schaffen, führt das ja nur zu der Bewertungsskala nach „besseren“ Reden. Sehr gut erklärt, setzt sich mit den Schlüsselfragen der Debatte auseinander etc. Ich finde es deshalb wild, wenn wir sagen, ihr seid zwar gut, bringt eine tolle argumentative Leistung, was ja Ziel des Spiels ist, aber wir bestrafen euch dafür? Das meint ihr vermutlich mit BP in Reinform. Man muss sich halt wirklich überlegen, ob man BP überhaupt mag, wenn es im Endeffekt doch wieder darum geht, rhetorisch nette Reden zu halten und man Teams einen Weg versperrt, wie sie in der Sache an sich besser werden. Wenn diese ganze Geschichte Thema in der community ist, wirkt das auf mich so, als hätte die community ein Problem mit BP, das man eigentlich nicht mag, sondern nur grad so trotz der unschönen Reden toleriert.

    4. Arvid (Rederei) sagt:

      Ich mag zwar OPD lieber, aber ich finde auch, dass es einzigartige Vorteile von BPS gibt. Den starken Fokus auf Strategie und komplexen Argumenten schätze ich sehr. Grundsätzlich profitiert deutschsprachiges Debattieren davon, beide Formate zu reden.
      Trotzdem plädiere ich dafür, dass wir uns als Szene Gedanken machen sollten, wie wir BP reden wollen. Ich möchte nicht, dass BP zu einem OPD 2.0 wird. Ich finde jedoch, dass ein bestimmtes Maß an Verständlichkeit gewahrt werden sollte. Natürlich ist das Debattieren zum einen ein Sport. Zum anderen sollten wir schon unseren gemeinnützigen Zwecken als VDCH gerecht werden und dazu gehört für mich nunmal, dass nicht nur absolute Debattier-Tryhards eine BP-Finalrede verstehen. Letztlich kann an sowas auch Fördergeld hängen, z.B. wenn Förderer das Gefühl haben, dass wir zu hoch im Elfenbeinturm sitzen. Außerdem sind wir auch weniger attraktiv für Einsteiger:innen, wenn man erstmal ein halbes Jahr auf Turniere fahren muss, um zu verstehen, worüber Teams überhaupt reden.

      Dazu kann man unterschiedliche Meinungen haben und das ist auch okay. Ich sage nicht, dass meine Meinung die einzig richtige ist. Aber zu behaupten, dass solche Überlegung daher kommen, dass man einfach BP nicht mag, finde ich unfair.

    5. Josef (Aachen) sagt:

      Da das vllt etwas falsch rüberkam: „BP in Reinform“ sollte keinesfalls abwertend klingen. Im Gegenteil, ich finde es sehr beeindruckend, wie Teams im SQ schnelle und (zumindest für mich) verständliche Reden halten und dabei strategisch wie argumentativ stark sind. Argumente ungeachtet ihrer Form (gegeben Verständlichkeit; aber die fließt ja indirekt eh in die Jurierung ein) zu bewerten ist IMO genau die Idee hinter BP (und das finde ich so auch richtig).

    6. Jonathan (Aachen) sagt:

      Ich glaube, dass das hier angesprochene Problem „externe Leute finden BP Finaldebatten nicht gut“ oft größer gemacht wird, als es eigentlich ist. Kommen alle Leute bei BP Finaldebatten 100% mit und können den Call am Ende nachvollziehen? Ziemlich sicher nicht. Aber haben Leute deswegen das Gefühl, dass BP Reden „schlechte Reden“ sind? In meiner Erfahrung: Nein. Zugestanden, das sind jetzt keine empirisch erhobenen Daten, aber die Wahrnehmung einer schnell gesprochenen, komplex durchanalysierten Rede ist bei Leuten, die eine Debatte anschauen in meiner Erfahrung eher eine des Erstaunens bis hin zur Bewunderung. Die These, dass wir als Szene dadurch unattraktiv würden halte ich für arg überzogen.

      Es verwundert mich sehr, wenn ich sehe wie empfindlich die Reaktionen auf BP Debatten teilweise sind. Ich glaube nicht, dass es hier substantiell Dinge gibt, für die man sich schlecht fühlen geschweige denn entschuldigen müsste. BP Debattieren ist genau die sachliche Argumentation ohne Extraschnörkel und Emotionalisierung, die in Grußworten von Ehrengästen oft gefordert wird. Ich glaube, wenn das Publikum darauf in der Einführung hingewiesen wird und so vorbereitet ist, die Debatte als genau das wahrzunehmen, entsteht das oben genannte Problem einfach nicht.

      Natürlich gibt es trotzdem Dinge, die die Szene in Finaldebatten vermutlich verbessern könnte, zum Beispiel, dass Teams teilweise noch mehr darauf achten könnten, weniger „BP-Sprech“ wie „Burden“, „Clash“ oder „OG / OO / CG / CO“ zu nutzen.

    7. Marina sagt:

      Stil wird übrigens im Internationalen BP sehr wohl gewertet und deckt eigentlich alle bedenken die hier genannt wurden ab.
      Es gibt zwar immer wieder Trends in die eine oder andere Richtung, aber so ist es im Judge Manual festgehalten:
      (…)
      So, as suggested, one basic point underpins the judging of style at Euros: there is wide global variation in
      what makes for an aesthetically pleasing style, and subjective judgements of good style should not carry any
      weight in judging BP debating at an international tournament. But this does not mean style is irrelevant.
      Euros sets down a minimal number of principles to guide effective style that we take to be of fundamental
      and international applicability. As already noted, good style is about conveying reasons effectively.
      Reasons are thus more compellingly delivered to the degree that:
      ● They are comprehensible.
      As noted, the speaker’s claims must be comprehensible to the judges to be evaluated. Technical
      jargon without explanation, speaking so fast you are incomprehensible, speaking so quietly you are
      not audible, slurring words, or fragmented sentences could all make an argument impossible to
      understand, and therefore could be unpersuasive. To be clear: judges must make a dedicated effort
      to understand the speaker to the best of their ability, and must not automatically dismiss speeches
      as incomprehensible.

      ● They clearly and precisely convey the speaker’s meaning.
      Vagueness, ambiguity and confusing expressions necessarily make judges uncertain over the
      nature of the reasons the speaker is offering and how they support the speaker’s argument. The
      more clearly and precisely speakers can convey their reasoning, the more persuasive it is.
      ● They effectively convey the emotional, moral, practical or other significance of the speaker’s claim.
      The key question a judge should ask themselves is: “Is there additional information being
      conveyed via this stylistic choice?” If yes: then the rhetoric has amplified the effect of the logical
      analysis, and should be credited as making the argument more persuasive. If no: then the rhetoric
      has not been effective in conveying the significance of the logical analysis, and should not be
      credited as making the argument more persuasive.
      Additional characterization, illustration and framing that emphasise the logic being presented can all
      contribute to the persuasiveness of the argument. Word choice, phrasing, complexity of language, intonation,
      and other stylistic choices are not credited in isolation. They are only credited insofar as they meaningfully
      add to your arguments (for instance, using “delta” to replace the word “difference” does not meaningfully
      alter the content of your speech).
      It is tempting but wrong to think that arguments in debating can be assessed through pure, cold, emotionless
      logic unaffected by language or tone. Making and assessing arguments is impossible unless one attaches a
      certain significance to outcomes, principles or claims, and appropriate use of language and tone can convey
      such significance.
      It is crucial to note here that rhetoric cannot replace logical analysis—but rhetoric can amplify the effect of
      your logical analysis. Persuasive rhetoric does not necessarily need to be complex, so long as it communicates
      the significance of your point.
      To reiterate: arguments cannot be persuasive just because they are stylish. Rather, style and analysis must
      work together to make an argument persuasive.

      Das gesamte findet ihr hier unter “Style”
      https://drive.google.com/file/d/1_Zev5mGYhj8WNnYiSBemW6SWh4KUDzJ8/view?usp=drivesdk

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