Letztes Aufbäumen gegen die Sommerpause – Ferdinand Ferber über das Hannoveraner Freundschaftsturnier

Datum: 10. August 2017
Redakteur:
Kategorie: Neues aus den Clubs, Turniere

Seit einigen Jahren veranstaltet der Debattierclub Hannover e.V. ein Freundschaftsturnier zum Saisonabschluss. Ferdinand Ferber berichtet auf der Achten Minute von der diesjährigen Ausgabe.

Wir leben in unsicheren Zeiten. In Zeiten, in denen das Weiße Haus ihren Kommunikationsdirektor feuert, bevor er offiziell sein Amt übernommen hat und in Zeiten, in denen eine einzelne Landtagsabgeordnete eine komplette Regierung stürzt. Doch nicht weit vom brodelnden Landtag Niedersachsens liegt eine Insel der Beständigkeit – der Conti-Campus zur Zeit des Hannoveraner Freundschaftsturniers. Bereits im dritten Jahr in Folge wurde das Eintagesturnier ausgerichtet und steigt damit zu den Traditionsturnieren der deutschsprachigen Szene auf. Eingeladen waren Clubs aus dem (großzügig bemessenen) Nord-Osten der Republik, von Hamburg bis Bamberg und von Münster bis Jena. Dank der überragenden Anbindung Hannovers an das (Auto-)Bahnnetz und einem großen Flughafen liegt ja eh halb Deutschland in der Nähe. Genauso facettenreich wie das Teilnehmendenfeld war auch das Team, in dem ich starten durfte. Treffen sich ein Bamberger, ein Magdeburger und ein Marburger in Hannover – na ob das gut gehen würde?

Gute Laune von Beginn - © DC Hannover

Gut gelaunte Gesichter am frühen Morgen – © DC Hannover

Zum Frühstück im Conti-Tower trafen altbekannte und neue Gesichter aufeinander, einige müde, andere vom Kaffee aufgeweckt, aber alle in Vorfreude auf ein nettes Turnier. Dass sich diese Vorfreude bestätigen würde, dafür ist dem Organisationsteam um Jan Riemer und den Chefjuror*innen Sophie Reule und Leonardo Martinéz zu danken. Wie auch in den vergangenen Jahren war das Turnier fabelhaft organisiert und die Themen gelungen. Nach der wichtigsten Orga-Info (der Hashtag des Turniers lautet #hannoverliebt) ging es auch schon los.

 

Zum sanften Einstieg in den Turnieralltag mussten wir in der ersten Runde die Frage beantworten, ob wir ein verpflichtendes Soziales Jahr brauchen. Die von Einigen nach der Verkündung als Standardthema abgestempelte Streitfrage entpuppte sich jedoch schnell als Analyse-Goldgrube. Welchen Einfluss hat ein solches Zwangsjahr auf Schüler*innen, denen soziale Arbeit Spaß macht? Und welchen Einfluss hat es auf die vermutlich größere Gruppe der Unmotivierten? Wie schafft man politisches Kapital für Pflegeberufe? Und warum ist Ehrenamt schützenswert? Während diese und andere Fragen geklärt werden, bringen die Hannoveraner große Mengen Eis am Stiel herbei, um das Sommerfeeling zur Vollendung zu bringen.

Das traditionelle Freiluftfinale - © DC Hannover

Das traditionelle Freiluftfinale am Abend – © DC Hannover

Das zweite Vorrundenthema „Sollten wir die Schuldenbremse abschaffen?“ ist eine Frage deren Beantwortung einiges an wirtschaftlichem Sachverstand zu erfordern scheint. Umso gebangter warteten wir auf die Jurierung von Leo, die ziemlich gnädig ausfiel. Wahrscheinlich auch, weil wir weniger über Fiskalpolitik und deren ökonomischen Mechanismen redeten, sondern uns mehr mit der Abwägung zwischen Neuverschuldung auf der einen Seite und Steuererhöhungen bzw. Sparmaßnahmen auf der anderen Seite auseinandersetzten. Gibt es in Demokratien Anreizstrukturen, Wahlgeschenke durch Neuverschuldung zu finanzieren? Müssen auch die Interessen zukünftiger Generationen in die Entscheidung einfließen und wenn ja wie? Gibt es so etwas wie „gute“ Gelegenheiten, Schulden aufzunehmen?

Die Grillmeister aus Hannover - © DC Hannover

Für Verpflegung war den ganzen Tag gesorgt – © DC Hannover

Über diese Fragen ließ sich beim anschließenden Mittagsimbiss hervorragend diskutieren, bevor es mit der dritten und letzten Vorrunde über den Dächern von Hannover weiterging. Das Debattenthema „Ist eine Welt wünschenswert, in der es keine extremen Emotionen gibt?“ wurde weder euphorisch noch hasserfüllt von den Teilnehmenden aufgenommen. Was jedoch euphorisch aufgenommen wurde, war das Grillgut, welches (große Veränderung im traditionellen Turnierablauf) von Jan statt von Burkhard gegrillt wurde, aber nicht minder gut schmeckte.

 

Während sich der Großteil der Teilnehmenden die Bäuche vollschlug, bereiteten sich Die Kumpels (Christoph Saß, Robert Epple, Matthias Gansen) aus Münster/Göttingen in der Opposition und The Last Episode – Kemal und Taio auf der Suche nach Isabel (Philipp Neumann, Ferdinand Ferber, Johannes Meiborg) aus Magdeburg/Marburg/Bamberg in der Regierung auf das Freiluftfinale zum Thema „Sollten wir das Geschäftsmodell von Amazon Go verbieten? (inkl. Factsheet)“ vor. Freie Redner*innen waren Erik Thierolf (Jena), Gina Konietzky (Hamburg) und Henrik Ehlers (Hannover). Die Jury aus Barbara Schunicht (Hauptjurorin), Leonardo Martinez, Sophie Reule und Marie Risse (Präsidentin) sowie das Publikum, unter das sich auch einige Passanten gemischt hatten, hörten eine Debatte in der es um Fortschritt, staatliche Schutzpflichten, Preissetzungsmöglichkeiten von Unternehmen und Bequemlichkeit ging.

Freude beim Siegerteam - © DC Hannover

Freude beim Siegerteam – © DC Hannover

Am Ende konnte sich mit einem hauchdünnen Vorsprung von vier Punkten die Regierung durchsetzen und den Wanderpokal von Göttingen übernehmen. Die beste Finalrede (nach Einzelrednerpunkten) hielt Johannes Meiborg. Wie in den Jahren zuvor ließen die meisten Teilnehmenden den Abend bei Freibier und Gequassel gemütlich ausklingen, bevor sie ihre Heimreise antraten. Was bleibt, sind Erinnerungen an einen schönen Saisonausklang und die Vorfreude auf das nächste Hannoveraner Freundschaftsturnier.

Die 5 besten Redner*Innen:

1. Erik Thierolf – 141,17 P.
2. Gina Konietzky 141,00 P.
3. Christoph Saß 139,17 P.
4. Robert Epple 138,5 P.
5. Matthias Gansen 137,17 P.

Die Themen:

R1: Brauchen wir ein verpflichtendes Soziales Jahr?

R2: Sollten wir die Schuldenbremse abschaffen? (inkl. Infoslide)

R3: Ist eine Welt wünschenswert, in der es keine extremen Emotionen gibt?

F: Infoslide: Amazon Go ist ein experimentelles Geschäftsmodell der Amazon.com, Inc. Ein System von Sensoren im Laden zusammen mit einer Smartphone-App erfasst diverse Daten über das Kaufverhalten der Kunden und wertet diese aus. Durch Machine-Learning-Algorithmen lassen sich etliche Prozesse automatisieren und optimieren, bspw. die Bezahlung oder das Lagermanagement. Die Daten werden anonym erhoben und sind einem Individuum nicht eindeutig zuzuordnen.

Sollten wir das Geschäftsmodell von Amazon Go verbieten?

Ferdinand Ferber/jm.

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