Sechste Debattiermeisterschaft der Gymnasien im Kreis Schleswig-Flensburg

Datum: 24. März 2015
Redakteur:
Kategorie: Turniere, Veranstaltungen

Nicht nur an Universitäten, sondern auch an Schulen wird debattiert. Was bei Projekten wie Jugend debattiert und dem World Schools Debating bereits institutionalisiert ist und national bzw. international koordiniert wird, findet häufig auch auf Initiative ehemaliger Debattanten an einzelnen oder mehreren Schulen auf lokaler Ebene statt. Bernd Hoefer, ehemaliger Kieler Debattant und Mitglied der Ehrenjury der Debattiermeisterschaft der Gymnasien des Kreis Schleswig-Flensburg, hat seine Eindrücke aufgeschrieben.

Zum sechsten Mal trugen die Gymnasien im Kreis Schleswig-Flensburg ihre Debattiermeisterschaft aus und zum dritten Mal heißt der Sieger Klaus-Harms-Schule Kappeln. Helen Scholz und Jan Vollersen eroberten am 12. März 2015 den Kreismeistertitel vor mehr als 180 Zuhörern – überwiegend Schülerinnen und Schüler der teilnehmenden Schulen – gegen die Konkurrenz des Bernstorff-Gymnasiums aus Satrup, der Lornsenschule Schleswig und des Schleswiger Berufsbildungszentrums (BBZ). Thema der Finaldebatte im Bürgersaal des Kreishauses war die Einführung eines Gottesbezuges („in der Verantwortung vor Gott und den Menschen“) nach dem Vorbild des Grundgesetzes in die Verfassung des Landes Schleswig-Holstein – eine landespolitisch aktuelle Frage, denn nachdem im Kieler Landtag im vergangenen Herbst die erforderliche Mehrheit für eine solche Verfassungsklausel nicht zustande kam, sammelt derzeit eine Volksinitiative Unterschriften für einen Gottesbezug. 

Debattiermeisterschaft Schleswig Siegerteam 2015-03-12

Helen Scholz und Jan Vollersen, das Gewinnerteam der Debattiermeisterschaftdes Kreis Schleswig-Flensburg. © Schleswiger Nachrichten

Beherzt stürzte sich die eröffnende Regierung aus Satrup (Lasse Mohr und Chris Adam) in die schwierige Gemengelage aus Politik, Recht, Religion und Gesellschaft. Es gehe beim Gottesbezug nicht um den christlichen Glauben, sondern um Gott als Symbol einer moralischen Instanz, die auch zu mehr Demut und einem besseren Verständnis füreinander in der Politik und in der Bevölkerung führen solle. Hanne Behrensen und Henrik Lorenzen (BBZ) als schließende Regierungsfraktion betonten, dass der Gottesbegriff alle monotheistischen Religionen einschließe und dass die Religion bis heute für viele Menschen einen hohen Stellenwert als Grundlage ihrer Werteordnung habe. Dem hielten Moritz Klöpping und Clara Krause (schließende Opposition, Lornsenschule) die Vielfalt religiöser Positionen entgegen. Der Gottesbezug gebe keinen Halt, sondern führe zu Desorientierung und könne schlimmstenfalls zu ungewollten Zwecken missbraucht werden. Am meisten überzeugte die Jury das eröffnende Oppositionsteam, das dafür plädierte, religiöse Bezüge aus der Verfassung fernzuhalten. Moralisches Verhalten hänge nicht von einem Gottesbezug ab, so Helen Scholz unter Verweis auf Kants kategorischen Imperativ. Demokratie sei die Herrschaft des Volkes, nicht die Herrschaft Gottes. Ihr Teamkollege Jan Vollersen beeindruckte nicht nur durch enorme Schlagfertigkeit im Umgang mit Zwischenfragen, sondern strich den weltlichen Charakter einer Verfassung heraus: Sie sei nicht der Hort der Moral, sondern Grundlage für Verwaltungshandeln. Oberste Instanz bei ihrer Anwendung sei daher nicht Gott, sondern allenfalls das Oberverwaltungsgericht.

Die im Format des British Parliamentary Style (BPS) ausgetragene Debattiermeisterschaft bildet den Abschluss eines Projekts, das der frühere Greifswalder Debattierer und heutige Hamburger Rhetorikdozent Andreas Kirberger in seiner Heimatstadt Schleswig durchführt. An fünf Wochenenden erlernen die Schülerinnen und Schüler Grundlagen der Rhetorik und der Debatte und machen Bekanntschaft mit dem BPS-Regelwerk. Finanziert wird das Projekt von der in der Nähe von Schleswig ansässigen Heinz-Wüstenberg-Stiftung.

Die Finaljury bestand aus den Stiftungsvorstandsmitgliedern Heinz und Holger Wüstenberg, dem Kreistagsabgeordneten Karsten Stühmer, dem Kreisjugendringvorsitzenden Ralph Schmidt und zwei Mitgliedern der Deutschen Debattiergesellschaft: Julika Stenzel, einst aktiv für die Debattierclubs Greifswald und Kiel und jetzt Referentin für politische Jugendbildung in Hamburg, und mir selbst. Unmittelbar vor dem Finale fanden zwei parallel ausgetragene Halbfinaldebatten statt. Daran nahmen auch Mannschaften der beiden weiteren Schleswiger Gymnasien teil, nämlich der Domschule und der dänischsprachigen A.P. Møller Skolen. Thema der Halbfinals war die Einführung eines zweiwöchigen Pflichtpraktikums für Schüler in sozialen Einrichtungen.

Bernd Hoefer/ama

 

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