„Die einzige Möglichkeit, Debattieren krisensicher zu finanzieren“ – Die Selbstfindung der DDG bei ihrer Mitgliederversammlung
Wer sind wir, und wer wollen wir sein? Mit diesen Fragen beschäftigten sich die Mitglieder der Deutschen Debattiergesellschaft e.V. (DDG), die Ende September zum Masters Cup und der Mitgliederversammlung (MV) in Eisenach zusammengekommen waren. Der Ehemaligenverein besteht seit 2004 und stand bei seiner Gründung vor ganz ähnlichen Fragen wie im Jahr 2013. „Als wir die Deutsche Debattiergesellschaft gegründet haben, war uns noch nicht recht klar, was sie eigentlich sein soll“, erklärte Gründungsmitglied Bernd Hoefer in einer Festrede am Samstagabend. „Die meisten Alumni waren damals noch ziemlich aktive Turnierteilnehmer, und als Förderverein taugte die DDG mangels Finanzkraft ihrer Mitglieder nicht.“
Beim diesjährigen Masters Cup hingegen gab es deutliche Anzeichen dafür, dass sich die Mitgliederstruktur des Alumnivereins wandelt. Während in früheren Jahren mehrheitlich Studierende und Berufseinsteiger den Ehemaligenverein bildeten, wird die DDG zunehmend erwachsener und damit finanzstärker. Das ließ sich dieses Jahr auch daran festmachen, dass nur noch etwa die Hälfte der Teilnehmer in der Eisenacher Jugendherberge übernachtete. Die übrigen Redner und Juroren kamen im Hotel unter oder in privat organisierten Unterkünften.
Hochzeiten, Verlobungen und Geburten waren ein großes Thema, sowohl in den Steckbriefen des aktuellen Jahrbuchs, als auch bei den Gesprächen der Teilnehmer. Um den Mitgliedern entgegenzukommen, die Kinder haben, bietet der Vorstand bereits seit zwei Jahren ein Familienprogramm an, das jedoch bislang nicht in Anspruch genommen wird. Unklar ist, ob der Grund dafür tatsächlich mangelndes Interesse oder schlicht Unkenntnis des Angebots ist. DDG-Präsident Stefan Hübner betonte jedoch, das Programm weiterhin anbieten zu wollen. „Ich habe eine Liste von Telefonnummern, mit der ich problemlos ein Familienprogramm auf die Beine stellen kann“, sagte er.
Ein weiteres Indiz für die Entwicklung des deutschsprachigen Hochschuldebattierens ist das berufliche Fortkommen der früheren studentischen Debattierer, das wahrscheinlich beliebteste Thema nach der Familiengründung. Jüngst etwa wurden zwei DDG-Mitglieder, die beide den diesjährigen Masters Cup besuchten, auf einen Lehrstuhl berufen: Christoph Busch hat seit dem Sommersemester 2013 den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Wirtschaftsrecht, Europäisches und Internationales Privatrecht der EBS Universität für Wirtschaft und Recht inne. Der Achte-Minute-Mitbegründer und frühere Chefredakteur Rupprecht Podszun wird ab dem Wintersemester 2013/14 als Professor für Bürgerliches Recht an der Universität Bayreuth lehren.
Das Ziel: Förderung künftig ausbauen
Die Veränderungen innerhalb der DDG eröffnen dem studentischen Debattieren neue Möglichkeiten. Erklärtes Ziel der DDG und Wunsch des Verbandes der Debattierclubs an Hochschulen e.V. (VDCH) ist, dass die Alumni künftig stärker als Förderer des studentischen Debattierens in Erscheinung treten. Philipp Stiel, Alt-Präsident des VDCH, bezeichnete dies bei der DDG-MV als „die einzige Möglichkeit, das Debattieren dauerhaft und krisensicher zu finanzieren“.
Tim Richter, Vizepräsident der DDG, hatte den studentischen Clubrepräsentanten noch Ende Juli als Vertreter der Alumni bei der Mitgliederversammlung (MV) des VDCH geraten: „Nutzt vor allem die Kontakte, die wir Alumni euch bieten können! Finanzielle Unterstützung können wir derzeit noch nicht so sehr ermöglichen, wie wir alle es uns wünschen.“ Auch DDG-Präsident Stefan Hübner und hatte der Achten Minute in einem Interview gesagt, dass die meisten DDG-Mitglieder noch nicht in der Lage seien, „wahnsinnige Summe zu geben“.
In naher Zukunft jedoch will die DDG unter anderem den Gala-Abend der Deutschsprachigen Debattiermeisterschaft (DDM) stärker unterstützen. Außerdem haben laut dem DDG-Vorstand im zurückliegenden Geschäftsjahr auch mehr Personen als je zuvor die Fahrtkostenzuschüsse beantragt, die der Alumniverein seinen Mitgliedern zahlt, die studentische Debattierclubs durch Workshops und Trainings unterstützen. Der Zuschuss liegt derzeit bei maximal 60 Euro pro Person. Der Vorstand wünscht sich, diese Förderung ausbauen zu können, um den studentischen Debattierern auf diese Weise unter die Arme zu greifen.
Hannes Budelmann, Bernd Hoefer und Tim Richter stellten daher bei der am Sonntagvormittag stattfindenden MV der DDG den Antrag, den Mitgliedsbeitrag von 25 Euro auf 50 Euro pro Jahr zu erhöhen. Zuvor hatten DDG-Mitglieder die Möglichkeit gehabt, den Beitrag nach dem Ende des Studiums freiwillig zu erhöhen. „Durch den Antrag wird das Regel-Ausnahme-Verhältnis umgekehrt“, erklärte Hannes. Wer noch Student oder Berufseinsteiger ist oder keiner bezahlten Tätigkeit nachgeht, kann beim Vorstand beantragen, stattdessen den reduzierten Mitgliedsbeitrag von 25 Euro zu entrichten. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit angenommen: Von 22 abgegebenen Stimmen entfielen 19 auf Ja.
Spagat zwischen den Interessen von Jung und Jünger
Diskutiert wurde bei der MV auch darüber, ob der Masters Cup umgestaltet werden sollte, um der sich ändernden Mitgliederstruktur des Vereins Rechnung zu tragen. Die Äußerungen bei der MV ließen denn auch erkennen, dass sich die Mitglieder, die selbst noch im studentischen Debattieren aktiv sind, offenbar mehrheitlich eine andere Gestaltung des Masters Cup wünschen als diejenigen, die ihre einstigen Mitstreiter nur noch selten treffen. Die studentischen Teilnehmer bevorzugen beim Masters Cup eine Fokussierung auf Debatten und schätzen die Party im örtlichen Club „The Beach“, die stets nach dem Finale am Samstagabend stattfindet. Die Mitglieder jedoch, die dem studentischen Debattieren entwachsen sind, wünschen sich dem Anschein nach eher einen Masters Cup, bei dem sich die Gelegenheit bietet, in Ruhe Unterhaltungen zu führen.
Befürworter der zahlreichen Debatten und der Party im „The Beach“ argumentierten vor allem damit, dass bereits am Freitagabend Gespräche möglich seien und dabei erfahrungsgemäß kaum eine Generationendurchmischung stattfinde. Dagegen biete das Zulosen des Teampartners während der Debatten die Möglichkeit, mit Teilnehmern ins Gespräch zu kommen, die man nicht oder kaum kenne.
Als Lösung für das Samstagabend-Problem stand der Vorschlag im Raum, zwei Möglichkeiten der Abendgestaltung zur Auswahl zu stellen. Einige Mitglieder sahen jedoch die Gefahr, dass die Turnieratmosphäre unter der Trennung der Gruppe leiden könnte. Anlass zu der Kritik war offenbar auch die unfreiwillige Spaltung des Teilnehmerfeldes am Samstagabend. Knapp ein Drittel der Turnierteilnehmer war nicht oder nur für einen Teil des Abends im „The Beach“ erschienen und hatte sich an einem alternativen Ort getroffen, der jedoch nicht offen kommuniziert wurde. Die Veranstaltung war so nur für einen bestimmten Personenkreis zugänglich. Zahlreiche Anwesende sowohl der jüngeren, als auch älteren Generation äußerten bei der Mitgliederversammlung ihr Unverständnis darüber.
Um den Interessen beider Generationen gerecht zu werden, wird sich jedoch nicht vermeiden lassen, künftig eine offizielle Alternative zum „The Beach“ anzubieten. Das zeichnete sich ab, als der Vorstand vorschlug, im kommenden Jahr einen fußläufigen Treffpunkt für diejenigen zu reservieren, die dem „Beach“ aus verschiedenen Gründen lieber fernbleiben. „Ich glaube nicht, dass zwei Veranstaltungsorte ein grundsätzliches Problem sind“, sagte Tim. „Entscheidend ist vermutlich eher die Kommunikation.“
In zwei Punkten allerdings waren sich die DDGler altersunabhängig einig: Da mehrfach der Wunsch nach einer Stadt- und/oder Wartburgführung geäußert wurde, will sich der Vorstand im kommenden Jahr darum bemühen, dieses Angebot in den Masters Cup zu integrieren. Außerdem wird es im kommenden Jahr voraussichtlich wieder eine K.O.-Runde vor dem Finale geben.