An den Pranger mit Guttenberg & Co. oder Doktortitel für alle?
Volles Haus und tolle Stimmung trotz Deutschlandspiel, so lautet die äußerst erfreuliche Bilanz der diesjährigen Showdebatte „Profs vs. Studenten“ der Debating Society Paderborn, die Mitte Juni auf der Studiobühne der Universität Paderborn stattfand. Rund 50 Zuschauer verfolgten den Schlagabtausch mit natürlich nicht ganz ernst gemeinten, aber dafür umso unterhaltsameren Argumenten. Das Thema des Abends war: „Gerechte Strafe für Guttenberg & Co.: Wir führen den Pranger wieder ein!“
Gespannt lauschte das Publikum der mitreißenden Eröffnungsrede des ersten Redners der studentischen Regierung. Alexander Martin erklärte, warum Richtern gerade in einem Land, dessen wichtigste Ressourcen geistiger Natur sind, Guttenberg & Co. unbedingt mit dem Pranger – dem einzig angemessenen Strafmaß – bestraft werden sollen. Hintergrund: Der damalige Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg trat 2011 zurück, nachdem ihm die Universität Bayreuth aufgrund massiver Plagiatsvorwürfe den Doktortitel entzogen hatte. Weitere Politiker gerieten in den gleichen Verdacht. Den ersten Redner der Oppositionsseite, Professor Florian Söll, konnte Alexander nicht überzeugen. Er strafte den gesamten Antrag der Regierung als unangemessen ab und deckte gnadenlos jede Lücke in Alexanders Argumentation auf. Der zweite Redner der Regierungsseite, Markus Happe, gab zunächst einen Einblick in die lange Geschichte des Prangers, zeigte aber anhand von Beispielen wie VroniPlag gleichzeitig, dass das Anprangern heute gefragt sei wie nie.
Professor Rolf Breuer, als zweiter Redner des Profteams, überraschte mit besonders ausgefallenen Argumenten. Am Beispiel des Bikinis zeigte er, dass Dinge, die anfänglich schockieren, irgendwann akzeptiert werden und schlussendlich in Ordnung sind – nämlich dann, wenn sie eh jeder tut. An dieser Stelle der Debatte durfte sich auch das Publikum einschalten und gab unter anderem zu bedenken, dass zeitgemäße – und damit auch rückenschonende Pranger – mit hohen Kosten verbunden seien. Die Debatte wurde von den Schlussrednern Nadine Feldmann (Regierung) und Juniorprofessor Karl-Heinz Gerholz (Opposition) geschlossen. Während Nadine die Argumentation von Breuer mit den Worten „Nicht alles was hinkt, ist ein Vergleich“ kritisch hinterfragte, versuchte Gerholz den Freiherrn zu Guttenberg als Person in ein positiveres Licht zu rücken. Man tue ihm unrecht, wenn man ihn auf seinen einen Fehler beschränke.
Nach der Debatte war die hochkarätige Jury bestehend aus Chefjurorin Hanna Dudkiewicz, Professorin Nicole Marx und Thomas John gefragt. Hanna bat zunächst das Publikum, seine Meinung zum Ausgang des Rededuells kundzutun. Doch der laute Applaus für beiden Seiten machte es der Jury kaum leichter. Schließlich erklärte das Trio nach einer kurzen Beratung das Professorenteam zum verdienten Sieger des Abends. Bei der Wahl des besten Redners war sich das Publikum dann aber einig: Professor Gerholz konnte mit seiner gelungenen Schlussrede die meisten Stimmen einfahren. Pünktlich zur zweiten Halbzeit endete der erste Teil des Abends. Danach stand bei einem bunten Buffet und Getränken die zweite Halbzeit der Partie Deutschland-Niederlande auf dem Programm – ein würdiger Abschluss für einen rundum gelungenen Debattierabend.
Linda Englisch / apf