Mein erstes Turnier – Das Tor zur (Debattier)Welt
Die erste Fahrt auf ein Turnier kann für neue Debattiererinnen und Debattierer vieles sein: Türöffner in die überregionale Szene, der Beginn neuer Freundschaften oder auch das Erwachen des Wettkampfgeistes. Häufig steht davor aber auch eine (mentale) Hürde, die es zu überwinden gilt. In unserer neuen Reihe “Mein erstes Turnier” erinnern sich Debattierende an ihre Anfänge. Bei Michael Müller vom Debattierclub Hamburg war es die letzte ZEIT Debatte in Hannover.
Mein erstes Debattierturnier war die ZEIT Debatte 2018 in Hannover, ein Turnier das wie die dazugehörige Turnierreihe nach ihrem Hauptsponsor, der Zeitung „Die Zeit“, benannt war. Aufmerksam darauf gemacht wurde ich durch ein Mitglied unseres Hamburger Debattierclubs. Im Großen und Ganzen freute ich mich auf das Turnier. Für mich war das eine tolle Möglichkeit, da die meisten Turniere von Hamburg aus immer mit einer längeren Anreise verbunden sind, dieses aber nun nicht. Ich hoffte viele neue Leute kennenzulernen und witzige Reden zu hören. Dieses Gefühl wurde nur durch die Tatsache getrübt, dass nur noch Plätze als Juror frei waren. Ich hatte bis dahin nur ein einziges Mal juriert und wusste nicht was für Erwartungen an mich bezüglich meiner Erfahrungen gestellt wurden. Dementsprechend war ich etwas nervös.
Das Turnier als solches lief folgendermaßen ab: Am Freitag, dem Ankunftstag, fand die erste Vorrunde statt, am Samstag gab es weitere vier Vorrunden und am Sonntag das Halbfinale und das Finale. Freitag- und Samstagabend wurde immer ein so genanntes „Social“ veranstaltet. Am Freitag war das ein Pubquiz, bei dem man sein Allgemeinwissen in verschiedenen Kategorien testen konnte und am Samstag gab es eine Party in einem alten Theater. Untergebracht wurden wir im Ibis Hotel in Hannover, wo es an nichts mangelte. Das einzige Problem war die Ausstattung der Doppelzimmer, denn in diesen gab es nur ein Doppelbett mit zumeist einer einzigen Decke, was für reichlich Stoff für Geschichten sorgte.
Jede Debattenrunde wurde mit einem „Factsheet“ eingeleitet. Eigentlich sollen diese Hintergrundinformationen über das Thema geben, waren bei diesem Turnier aber oft nur als Witz gedacht. Als kleines Beispiel hier einmal: „Paris ist mit einem Leopard A2 Panzer von Berlin aus in 12 Stunden zu erreichen. Thema: Ist die zunehmende Migration innerhalb der Grenzen der EU wünschenswert?“
Während der Debatten fand ich es faszinierend und spannend, wie jeder Debattierer seinen ganz individuellen Stil zum Besten gab, während das gegnerische Team dabei gekonnt versuchte, die sprechende Person mit Zwischenrufen und fiesen Zwischenfragen aus dem Konzept zu bringen. Meine anfänglichen Sorgen waren im Übrigen unbegründet. Als Anfänger wurde ich freundlich aufgenommen und die dienstälteren Kollegen versuchten, mir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Trotz der unterhaltsamen Debatten ist der Job eines Jurors doch ein anstrengender. Es gibt einen ständigen Zeitdruck, denn die Bewertungen müssen schnell abgegeben werden, um den Zeitplan einzuhalten. Nach Debattierertradition verschiebt sich am Ende aber doch immer alles nach hinten. Der ganze Stress wird allerdings durch die netten Menschen aufgewogen, die man auf dem Turnier und vor allem später bei den Socials kennenlernt.
Während des gesamten Turnieres gab es nur ein einziges Manko: Nach mehreren Stunden Jurieren bzw. Debattieren stellt sich so langsam ein gewisser Hunger ein. Die Portionen – vor allem die Freitags gereichte dünne Lauchsuppe – reichten jedoch keinesfalls, um meinen Hunger auch nur ansatzweise zu decken. Zum Glück gab es immer den freundlichen Dönerladenbesitzer um die Ecke, der gerne bereit ist, das Loch in deinem Magen zu füllen.
Ein ganz besonderer Bonus des Turniers war für mich der Finalort, das Hannoveraner Rathaus. Wenn man durch die riesige Eingangshalle zum Plenarsaal geht und sich dann auf die Juroren- oder Zuschauerplätze setzt oder sogar dort eine Rede halten darf, dann ist das ein tolles Gefühl. Ich für meinen Teil finde, dass man sich durch eine solche Umgebung direkt selbstbewusster fühlt und auch die Reden ein ganz besonderes Flair bekommen.
Was macht Debattierturniere so besonders? Ich würde sagen, dass es die Atmosphäre ist. Es gibt rein freundschaftliche Konkurrenz und niemand will dem anderen etwas Schlechtes. Es wollen einfach alle nur eine gute Zeit haben und egal ob man Anfänger oder Fortgeschrittener ist: Niemand, sofern er nicht wirklich allein sein will, wird jemals ausgeschlossen. Debattierer sind einfach eine sehr liebevolle und offene Gemeinde.
Michael Müller/jm.
Michael Müller studiert in Hamburg Betriebswirtschaftslehre im aktuell dritten Semester. Seit Oktober 2017 besucht er den Debattierclub Hamburg und ist dort Mitglied.