Einstiegstrainings im Club – aber wie?
Mit Beginn des neuen Semesters geht sie wieder los: die klassische Einsteigerzeit mit Clubabenden, die sich an dem Bedarf der neuen und meist noch unerfahrenen Debattierer orientieren. Zu Beginn dieser Saison kamen nun gleich zwei Angebote mit Konzepten über den VDCH-Verteiler. Wir haben uns bei den Initiatoren nach den Hintergründen erkundigt.
Der Beginn des Wintersemesters ist eine turbulente Zeit für die Debattierclubs: viele neue Gesichter, die gespannt sind, was Debattieren eigentlich ist, was eine gute Rede ausmacht und wie sie das alles erlernen können. Neue Leute mit unterschiedlichem Erfahrungsstand und Redetalent, die begeistert und gefördert werden wollen. Die Clubs stehen dabei alle Jahre wieder häufig vor der gleichen Frage: Wie gehen wir das an?
Von strukturiert vorab geplanten Erstiabenden, wie sie der Debattierclub Georgia Augusta e.V. (Göttingen) durchführt, bis hin zu einzelnen Übungen, die derzeit von DebateConsult zur Verfügung gestellt werden, gibt es verschiedene Möglichkeiten für Clubs, diese Zeit zu gestalten. Ein wichtiger Anspruch ist dabei der flexible Einsatz von Übungen, da selten genau vorhergesehen werden kann, wie viele neue Leute tatsächlich dazukommen und wie erfahren sie bereits sind. Ein weiterer kritischer Punkt ist ein gutes Zeitmanagement. Es muss genug Raum zum Üben und Ausprobieren, vor allem aber für Fragen geben; andererseits sollte der Zeitrahmen überschaubar sein, damit das Training nicht als zu anstrengend empfunden wird und weiterhin der Spaß am Reden im Vordergrund steht (schließlich sollen die Leute ja auch wiederkommen!).
In jedem Fall stellt die Einsteigerphase immer wieder eine Herausforderung dar. Dabei muss das Rad jedoch nicht in allen Clubs und jedes Jahr wieder neu erfunden werden; mittlerweile werden in der Debattierszene Ideen, Übungen und Leitfäden geteilt, die im eigenen Club erprobt werden können. So hat beispielsweise der Debattierclub Göttingen zwei Ablaufpläne für Einstiegsabende konzipiert und den anderen Clubs im VDCH-Land zur Verfügung gestellt. Sie beinhalten eine detaillierte Zeitplanung, benötigte Materialien und sonstige Hinweise, die die Durchführung strukturieren und erleichtern sollen. Die Übungen und ihre jeweiligen Ziele sowie Tipps werden genau beschrieben und stellen damit eine gute Grundlage auch für die vorausgehende Planung dar. Wer einen Blick auf die Leitfäden wirft, dem fällt auf, dass die Übungen kurz und abwechslungsreich gestaltet sind und viel Wert auf das Einholen von Teilnehmerfeedback gelegt wird. Die Leitfäden haben wir für euch hier noch einmal zum Download: Erstitraining 1 Erstitraining 2
Der Debattierclub Göttingen selbst sagte auf Nachfrage über die Entwicklung der Leitfäden:
„Der Erstiphasenplan wurde erstmals für die Einsteigerphase im Wintersemester 16/17 von Nikos Bosse erstellt. Zu diesem Zeitpunkt bestand großer Bedarf für einen strukturierten Leitfaden, mit dem zum einen alle Clubmitglieder während der Einsteigerphase arbeiten können und zum anderen zukünftige Vorstände Einsteigerphasen planen und organisieren können. Er wird von Nikos und interessierten Göttingern für die jeweiligen Einsteigerphasen weiterentwickelt und dem Bedarf angepasst. Zum Beispiel haben wir unsere ursprünglich vier Einsteigerabende auf drei reduziert, weil wir das Gefühl hatten, dass am vierten Abend kaum noch neue Menschen dazukamen und dementsprechend den Leitfaden angepasst. Soweit vollständig ausgearbeitet wurden die Leitfäden für die unterschiedlichen Abende über Facebook-Gruppen und den VDCH-Verteiler mit allen anderen Interessierten im VDCH-Land geteilt. Der Debattierclub Göttingen hofft, dass der Göttinger Plan anderen Clubs als Vorlage oder Abgleich dienen kann und freut sich über Erfahrungsberichte und Verbesserungsvorschläge.“
Wenn eher Bedarf an einzelnen Übungen besteht, ist DebateConsult die richtige Adresse: Aktuell wird eine Sammlung erprobter Übungen zusammengestellt, jeden Dienstag gibt es unter http://debate-consult.de/category/uebungen/ eine neue. Die Übungen definieren ebenfalls vorab Teilnehmerzahl, Zielgruppe, Materialbedarf und Dauer und bieten damit eine Orientierung für die Planung.
DebateConsult über das Vorhaben:
„Seit einigen Jahren besteht der Wunsch, für den VDCH eine umfassende Sammlung von Debattier-Übungen aufzubauen. Wer sich länger mit dem Thema befasst, stellt fest, dass das leichter gesagt ist als getan. Übungen, die in die Sammlung aufgenommen werden, müssen mehrere Kriterien erfüllen: Sie müssen nachvollziehbar beschrieben sein, alle für die Durchführung relevanten Details enthalten und Anregungen zum Transfer in die Debattier-Praxis enthalten. Am wichtigsten ist aber, dass die Übung tatsächlich „etwas bringt“. Dafür muss sie sich im Debattiertraining bewährt haben und sich an die Bedürfnisse des Clubs anpassen lassen. Diese hohen Ansprüche führen dazu, dass im Bereich Debattier-Übungen bisher eine große Lücke klafft.“
Eine der zusammengestellten Übungen ist das bekannte „Warum?“-Spiel, mit dem vor allem Begründungen trainiert werden. Mit „Fähnchen im Wind“ gibt es auch eine Übung mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden: Bei der einfachen Variante werden beide Seiten einer Behauptung vorher vorbereitet und nach der Hälfte der Redezeit gewechselt. Die fortgeschrittene Variante setzt auf eine Stehgreifrede, der Seitenwechsel erfolgt spontan auf ein Zeichen hin. Die Abwandlung der Übungen je nach Schwierigkeitsgrad ermöglicht es auch fortgeschrittenen Teilnehmern, sinnvoll zu trainieren. Idealerweise bringt so ein Trainingsabend also allen im Club etwas.
Laut Sarah T. P. Andiel, Geschäftsführerin und Master-Debattiertrainerin von DebateConsult, wurden manche Übungen bereits über 100 Mal aufgerufen. Die Resonanz war also sehr positiv – Motivation hatte sie jedoch vorher bereits genug:
„Wir möchten mit der Veröffentlichung unserer Übungen der Debattier-Szene etwas zurückgeben. Alle Clubs erhalten durch diese Aktion die Möglichkeit, die Übungen Woche für Woche in ihr Training einzubinden. Ich wünsche mir, dass dadurch noch mehr Menschen zum Debattiersport kommen. Ich wäre überglücklich, wenn irgendwann mal nach einem Turnier jemand auf mich zu kommt und sagt: Diese Übung hat dazu beigetragen, dass ich meine Leidenschaft für das Debattieren entdeckt habe.“
Insgesamt zeigen die Aktionen Bedarf in der Debattierszene, Einstiegs- und Trainingsphasen besser zu strukturieren und bereits bestehende Konzepte miteinander zu teilen. Damit wird den Clubs eine Unterstützungsmöglichkeit an die Hand gegeben, die sie flexibel nach Bedarf einsetzen können. Wir sind gespannt, welchen Lauf die Dinge in diese Richtung noch nehmen werden.
ah./lok.
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Hier der richtige Link zu den Übungen: http://debate-consult.de/category/uebungen/