Professorenduelle: Was tun, was nicht?
Seit Gründung der Debattiergesellschaft Jena 2002 werden alljährlich Professor*Innendebatten ausgerichtet. Dieses Jahr wurde viel Neues ausprobiert, welches teilweise gut, teilweise weniger gut gelungen ist. Erik Thierolf gibt einen Jenaer Erfahrungsbericht, der hoffentlich auch anderen Clubs weiterhilft, indem erst die verschiedenen Aspekte isoliert betrachtet werden und danach ein rückblickendes allgemeines Fazit gezogen wird.
Ansprache der Professor*Innen
Die Kontaktaufnahme erfolgte drei Monate im Voraus per Mail. Erfahrungsgemäß können sich die meisten Professor*Innen nur wenig unter einer Showdebatte vorstellen. Aus diesem Grund haben wir zusätzlich zu einem Einladungsschreiben mit zwei Terminvorschlägen eine Collage beigefügt, die aus Bildern der vergangenen Veranstaltungen besteht. Alle drei angetretenen Professor*Innen hatten bereits einen Bezug zum Debattieren, ob durch das Amt des Ehrenjurors bei der Nordostdeutschen Meisterschaft oder durch Kontaktaufnahmen in den letzten Jahren. Das während der Veranstaltung erstellte Video wird für die zukünftige Ansprache eingesetzt.
Eingrenzung der Themen
Nachdem die Professor*Innen ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Teilnahme signalisiert hatten und ein passender Termin gefunden worden war, wurde ihnen eine Liste mit sieben möglichen Themen vorgeschlagen. Die Themen sollten einen Bezug zum Studium haben, kontrovers sein, neutral bis positiv wahrgenommen werden und humorvolle Ansatzpunkte bieten. Nach regem Mailaustausch blieben zwei Themen übrig: “Sollte die Mensa ausschließlich vegane Gerichte anbieten?” sowie “Brauchen wir ein verpflichtendes Auslandssemester für alle Studierenden?”. Per Publikumsapplaus wurde das Thema vor Ort bestimmt.
Wahl des Veranstaltungsortes
Zur Auswahl standen zwei kostenlose und zentrale Räumlichkeiten der Universität mit Kapazitäten für 100 oder für 400 Personen. Beide Hörsäle sind funktional eingerichtet und vom Ambiente eher wenig feierlich. Da die Räumlichkeiten im letzten Jahr zu eng bemessen waren, entschieden wir uns in der Hoffnung auf viele Teilnehmende für den größeren Hörsaal.
Veranstaltungswerbung
Die Professor*Innendebatte wurde im zentralen Veranstaltungskalender auf der Startseite der Universität, bei der Studierendenzeitung Akrützel, durch ein Interview im Campusradio Jena sowie durch Flyer in der Mensa und einer Facebook-Veranstaltung beworben. Am Veranstaltungstag wurden Plakate im Foyer der Uni sowie Hinweisschilder an Ampeln und Laternenmasten angebracht. Den Professor*Innen der letzten Jahre wurden Folien zugeschickt mit der Bitte, diese in ihren Vorlesungen aufzuzeigen.
Siegerkuchen
Inspiriert durch die Showdebatten in Marburg und Münster wurden das in Jena bekannte Kaffeehaus Gräfe angesprochen, das uns einen 30x50cm Siegerkuchen mit essbarem Bild sponserte.
Glühweinverkauf
Trotz zweistellig positiver Außentemperaturen stellten wir vor dem Hörsaal unseren Glühweinstand auf. Die Einnahmen sollten der DaF-Debatte zugute kommen. Durch den Stand wurden zusätzlich interessierte Vorbeikommende angesprochen und über unsere Hochschulgruppe informiert.
Veranstaltungsablauf
Ungefähr 120 Zuschauer folgten am 23. November unseren Einladungen in den etwa ein drittel gefüllten Hörsaal. Unter Moderation von Jonathan Scholbach und bei anfänglichen Problemen mit dem Mikrofon entschied sich das Publikum schließlich für das Thema des verpflichtenden Auslandssemesters. Das Los entschied, dass die Professor*Innen auf der Contra-Seite reden sollten, sodass Prof. Nikolaus Knoepffler (Angewandte Ethik), die ehemalige Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Verena Krieger (Kunstgeschichte) sowie Prof. Dr. Gregor Streim (Literaturwissenschaft) leidenschaftlich gegen die Auslandspflicht argumentierten. Für die Debattiergesellschaft Jena traten Johanna Wührl, Nora Scheuch und Eva Oermann an. Ein Team von CampusTV Jena filmte die Veranstaltung und führte im Anschluss Interviews mit allen Redner*Innen. Sowohl die Professor*Innen, als auch die Zuschauenden waren von der Veranstaltung und insbesondere der Leistung unseres studentischen Teams begeistert. Genauso wie die Jahre zuvor bekam dennoch das Team der Dozierenden den größten Applaus, sodass ihnen das Anschneiden des Siegerkuchens oblag.
Reflexion
Die Ansprache der Professor*Innen ist per Kaltakquise schwierig. Je persönlicher die Beziehung zu den Dozierenden ist, desto leichter fällt es ihnen, der Veranstaltung zuzusagen. Von den teilnehmenden Professor*Innen kam die Anregung, dass wir sie gern als Referenz für die nächsten Jahren heranziehen können, sodass wir eine einfachere Ansprache haben.
Insbesondere die Fachschaftsräte haben häufig gute Kontakte zu den an ihrem Institut beschäftigten Professor*Innen. Insofern ist es eine Überlegung wert, die Showdebatte gemeinsam mit befreundeten Fachschaftsräten auszurichten und zu bewerben. Der Einbezug von Campusmedien bietet viele Chancen der Werbung im Vorfeld sowie der medialen Aufbereitung im Nachgang. Gute Fotos und Videos sind essentiell.
So spannend und interaktiv die Themenwahl zu Veranstaltungsbeginn ist, so hinderlich ist sie für die Veranstaltungswerbung. Mit einem konkreten Thema zu werben hat den großen Vorteil, dass sich Außenstehende etwas Konkret(er)es unter der Veranstaltung vorstellen können und eine geringere Hürde haben, tatsächlich vorbeizukommen. Wer bei einer Katze an Löwen denkt, kauft erst recht keine Katze im Sack.
Häufig fragten uns Interessierte, wie hoch der Eintritt für die Professor*Innendebatte ist. Es gibt also eine gewisse Zahlungsbereitschaft, die sich im Anschluss der Veranstaltung in Form eines Spendenbeutels für ein sinnvolles Projekt auszahlen könnte. Unsere Spenden kamen der DaF-Debatte zugute.
Sofern man humorvolle Redner*Innen für beide Seiten gewonnen hat, könnten in den Wochen zuvor kurze Videos ausgestrahlt werden, in denen die Veranstaltung mit schlagfertigen Sprüchen beworben wird, ähnlich wie es bei Gefragt gejagt (ab Sek 0:57) oder Schlag den Raab zu Beginn erfolgt.
Es ist eine interessante Überlegung, ähnlich wie bei der Leipziger Showdebatte vorzugehen und Mixed-Teams aus Studierenden und Professor*Innen zu bilden. Dies würde eine grundsätzlich andere Atmosphäre bedeuten, da die konfrontative Innen- und Außenwahrnehmung der „großen“ Professor*Innen und „kleinen“ Studierenden deutlich abgeschwächt werden würde.
Erik Thierolf/lok.
Erik Thierolf debattiert und juriert seit 2012 beim Debattierclub Jena. Nach zwei Jahren als Vorstand für Marketing und Öffentlichkeitsarbeit bekleitet er aktuell das Amt des Präsidenten. Er ist Begründer der Jenaer DaF-Debatte und organisiert als DDL-Turnier die Adventsdebatten. Derzeit studiert er Wirtschaftspädagogik, Philosophie und Politikwissenschaften.
Das Mittwochs-Feature: Jeden Mittwoch ab 10.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.