Das Internet ist der ideale Ort für Debatten!
Beschäftigt man sich mit der Frage, ob das Internet ein geeigneter Ort für Debatten ist, stellt sich die Frage: Was ist das Internet überhaupt? Das Internet ist eine Art Träger von Informationen, medienwissenschaftlicher könnte man sagen, das Internet ist der Übermittler für digitale Codes wie Texte, Bilder, Töne und Videos. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht wie etwa das Radio auf die Übermittlung von einer Medienart, in diesem Beispiel Töne, beschränkt ist.
Das Internet ist ein Hybridmedium. Im Internet finden wir Seiten mit Texten, aber auch Videos und Soziale Netzwerke. Das Internet ist im Laufe seiner Entwicklung interaktiver und schneller geworden, es verbindet Informationen und verknüpft Menschen. Grade deshalb ist es der ideale Ort für Debatten. Doch eine endlose Kommentarreihe unter einem Artikel macht noch keine Debatte. Auch ein Chat ist nicht auto-matisch eine Debatte.
Ein Chat ist nicht automatisch eine Debatte. Jeder kennt die Beispiele, wenn sich hunderte Kommentare unter einem Artikel entspannen, oder wenn dutzende Mails zu einem Thema zwar die Emotionen hochschaukeln, aber am Ende doch kein Ergebnis bringen. Für eine Debatte braucht es, wie in der Offlinewelt auch, Debattenregeln. Eine Debatte ist der Versuch, eine sprachliche Auseinandersetzung in einen überschaubaren und zeitlich begrenzten Rahmen zu bringen. Wichtig ist dieses erkennbare Ordnungsschema. Dazu gehört eine klare Positionierung, eine zeitliche Begrenzung und ein Ergebnis am Ende der Debatte. Doch genau daran mangelt es im Internet häufig, denn auch nach gefühlt endlosen Kommentarreihen steht am Ende häufig kein Ergebnis. Es mangelt also an Regeln, an Seiten, die Debatten einen Rahmen geben.
Die digitale Agora. Sind solche Regeln gegeben, dann steckt im Internet viel Potential für spannende Debatten. Manchen gilt das Internet sogar als Ort der „hellenistischen Öffentlichkeit“. Denn hier hat jeder, vorausgesetzt er hat Zugang zum Netz, die Chance, sich an der Debatten zu beteiligen – Zustände wie in der attischen Polis. Zumindest ist ein deliberatives Debattenmodell nun möglich, bei dem sich jeder beteiligen kann – eine Art permanent tagende Bürgerversammlung.
Eine Welt, in der alte Grenzen entfallen, bei der jeder Rederecht hat. Diese Parallelen zwischen digitaler und antiker Kommunikationskultur sind nicht von der Hand zu weisen. Debatten im Internet funktionieren multimedial, über geschriebene und gesprochen Beiträge oder Videos. Fakten lassen sich leicht über Vernetzungen einbinden, auch Abstimmungen sind am Ende leicht zu realisieren. Was fehlt, sind entsprechende Angebote im Netz, die diese Vorteile aufgreifen. Stattdessen kündigen viele an, Debatten führen zu wollen, bieten aber nur die Möglichkeit für Diskurse oder Diskussionen, und wundern sich am Ende, dass Debatten im Netz nicht zu funktionieren scheinen.
Dieser Artikel ist erschienen im aktuellen Newsletter des Verbands der Debattierclubs an Hochschulen (VDCH) “Debattenkultur in Deutschland” über das Thema “Debatten im Netz”. Der komplette Newsletter kann auf der Internetseite des VDCH heruntergeladen werden. Unser Autorvertritt hier die Pro-Meinung zum Thema. Die Contra-Seite verteidigt Daniel Sommer mit seinem Beitrag „Cicero 2.0? Bisher nur in der Beta-Version“.
Gregor Landwehr studierte Rhetorik, Kunstgeschichte, Politik und Philosophie in Tübingen und arbeitet als freier Journalist. Beim Tübinger Debattierclub „Streitkultur“ lernte er das Debattieren. In diesem Jahr gründete das Debattenportal Debatare.