Durchschnittlich kostümierte Zeitungslesende
Halloween – das ist die Zeit im Jahr, in der manche schon seit Wochen Last Christmas auf Dauerschleife hören, während andere sich darauf freuen, endlich so richtig Angst und Schrecken zu verbreiten. Seit Neustem ist das aber auch die Zeit, in der der „Cup der Angst“ in Marburg zum ersten Mal stattgefunden hat. Bevor letzte Woche also das wahre Grauen (aka Debattenausfall wegen Feiertag) über Debattierdeutschland hineinbrechen konnte, versammelte sich eine kleine Gruppe Menschen im beschaulichen Marburg, um sich selbst dem Grusel von Halloween hinzugeben.
Neben Motto-bezogenen Themen (die wie üblich im Turnierbericht zu finden sind), waren weitere Highlights des Turniers die liebevolle Dekoration mit handgeschnitzten Kürbissen, der Partykeller der ESG, aber auch die vielfältigen Kostüme, die mitgebracht wurden. Um all denen, die zwischen den CARLsDebatten und dem Laternencup eine Pause brauchten oder bedauerlicherweise zu weit von Marburg entfernt wohnen, trotzdem einen Einblick in die (mal mehr, mal weniger) kreativen Meisterwerke zu geben, folgen nun komplett objektive, hochwertige und sinnvoll geeichte Bewertungen für die Kostüme all der Menschen, die gerade zufälligerweise zusammenstanden, als ich die Fotos gemacht habe.
Beginnen wir mit dem, der am Anfang war, mit Gott. Also, na ja, Jesus. Und dem Teufel. Also drei Teufeln. Diese Kostüme haben in meinen Augen klare 666 von 2023 Flammen verdient.
Teuflische Dance moves, ketzerische Memes und göttliche Jurierungen waren es, die diese Individuen an dem Wochenende geprägt haben und einmal konnte sogar ganz indiskret Jesus‘ Knöchel begutachtet werden!
Für diese Gruppe kann ich nichts anderes als 100 von 10 Herzen vergeben. Die Scooby Doo-Charaktere haben definitiv Farbe und Leichtigkeit in das Turnier gebracht, während die Clowns das andere Spektrum eines Halloween-Filmeabends verkörperten und so richtig schaurig-gut aussahen.
Weiter geht’s mit dem Gruppenkostüm des Teams, das top of the Tab gebreakt ist. Für diese koordinatorische Leistung würde ich solide 5 von 5 fensterlosen Vans vergeben und das noch bevor ich Clockwork Orange gegoogelt habe… Da ich den Film allerdings nicht kenne, kann ich unabhängig davon lediglich die Hosenträger und Hüte wertschätzen.
Von diesen Debattierenden wurden sich in harter Arbeit komplett objektive 10000 von 1 gekochten Frühstücks erarbeitet. Besondere Beachtung verdienen dabei auch die Fledermaus-Ohrstecker links, sowie die Blumen in den Haaren in der Mitte, die hier zwischenzeitlich von einem Hut verdeckt wurden.
Außerdem, liebe Opposition aus Runde drei, zeigt dieses Bild erneut, dass Halloween keinesfalls mit unendlich hohen Kosten verbunden sein muss, weil auch ein liebevoll weiterverwendetes Set aus Spielkarten ein ziemlich stilvolles Halloween-Kostüm abgibt.
Last but definitely not least darf in dieser Auflistung natürlich keinesfalls das Siegerteam aus Mainz namens „Feminismus und was Männer noch so gruselig finden“ fehlen! Neben den kryptisch-philosophischen Einstiegen in ihre Reden, stachen sie vor allem durch ein Messer ein stark durchdachtes Gruppenkostüm hervor, indem sie laut eigenen Aussagen den „feministischen Geheimrat“ vertraten. Diesem gehörten neben einer männermordenden und -kastrierenden Frau noch eine Verführerin an, die Männer der Vergewaltigung bezichtigt, sowie ein verweichlichter, unmännlicher Mann, der Handcreme benutzt, kein Fleisch isst und nach Consent fragt. (Und unter uns: er hat sogar roten Nagellack getragen! Skandal!!)
Damit verkörperten sie also alles, wovor Menschen, die Angst vor Feminismus haben, sich so fürchten.
Die eigentlichen Gewinner*innen dieses Wettbewerbs (der ja eigentlich keiner war) sind jedoch die, die auf den ersten Blick unverkleidet wirkten. In Wahrheit stellten sie den größten Schrecken eines jeden Menschen dar: den grauen Alltag, den langweiligen Mittelwert, die wahren durchschnittlich informierten Zeitungslesenden! Ihr Verhalten war zwar deutlich informierter und spaßiger, als es die in ihre „Kostümierung“ investierte Zeit vermuten ließ, dennoch konnten sie optisch ihre Rolle gut ausfüllen und verdienen sich damit 50 Punkte in Überzeugungskraft.
Bevor jetzt aber die Glocke zwei Mal klingelt und ich tatsächlich an die achte Minute übergehe, hier noch ein kurzes Shout-Out an ein paar der durchweg kreativen Teamnamen. Neben den Goethespenstern aus Frankfurt und den Deadjokes aus Marburg blieb auch „Ich weiß, was du letzten Sommer debattiert hast“ aus Nürnberg in Erinnerung. Gerade bei einem Thementurnier sind passende Teamnamen besonders schön und auch dieses Mal trugen sie zur angenehmen Stimmung bei.
Außerdem an dieser Stelle noch ein Shout-Out an Maya H., die sich unter dem Masters‘ Cup Stilcheck mehr solcher Artikel gewünscht hat. Ich hoffe, dass deine Erwartungen erfüllt wurden und an dieser Stelle auch nochmal die Erinnerung, dass es bei Interesse an bestimmten Themen allen Debattierenden offensteht, ein eigenes Mittwochsfeature zu verfassen. Wendet euch dafür also gerne an unsere wunderbare Chefredaktion, bestehend aus Hannah Bilgenroth und Annika Hanraths.
Nach einem hoffentlich einigermaßen umfassenden Einblick in die Kostümwelt des „Cup der Angst“ bleibt mir nun nur noch, einen großen Dank an die Turnierorga aus Marburg auszusprechen, die einen wirklich wundervollen Job gemacht hat und euch viel Spaß beim Start in die Spekulatius-Saison zu wünschen.
lj/ah.
Einfach unfassbar schön zu lesen!
Man merkt wie viel Liebe zum Detail und Humor in diesem schaurigen Artikel stecken <3