„Bewerber müssen was bewegen wollen“ Jan Ehlert im Gespräch über die MV
Am 03. und 04. September wird in Göttingen die Mitgliederversammlung des VDCH stattfinden. Dazu sind alle Mitgliedsvereine des VDCH eingeladen. Die Mitgliederversammlung gibt allen die Möglichkeit, mit den anderen Mitgliedern über die vergangene und die kommende Saison zu sprechen, Kritik zu äußern und vieles mehr. Im Zuge der Mitgliederversammlung hat sich unsere Redakteurin Jule Biefeld mit Jan Ehlert zusammengesetzt, um einige Informationen vorab zu bekommen.
Achte Minute: Im letzten Jahr hat man dich immer wieder auf allen möglichen Turnieren herumlaufen sehen. Für die, die dich trotzdem nicht kennen, würdest du dich bitte einmal vorstellen?
Jan Ehlert: Ich bin Jan Ehlert, 23, und bin Debattant der Streitkultur Tübingen. Dort habe ich dieses Jahr auch meinen Bachelor in International Economics zu Ende gemacht und werde in Tübingen ab dem Herbst auch meinen Master in Economics and Finance beginnen. Im letzten Jahr habe ich die Präsidentschaft des Verbands der Debattierclubs an Hochschulen übernommen, deren Amtszeit mit der MV enden wird.
Achte Minute: Bald ist die Mitgliederversammlung des VDCH. Ein Jahr, in dem du Präsident des VDCH warst, ist fast vorbei. Was waren deine Eindrücke?
Jan Ehlert: Das ist eine Frage, die ich lieber in einem mindestens halbstündigen Gespräch beantworten würde. Wenn ich das also so auf den Punkt zusammenfassen sollte würde ich vielleicht einfach sagen: Das Debattieren lebt. Es gibt viele Menschen, die engagiert sind, es gibt viele, auch außerhalb des Debattierens, die interessiert sind. Wir haben einiges zu bieten. Wir sollten weiter daran arbeiten, das sichtbar zu machen.
Achte Minute: Dieses Gespräch lässt sich sicher einmal einrichten. Was waren die Ziele für deine Präsidentschaft?
Jan Ehlert: Ich habe mich am Anfang etwas schwer getan ganz direkt Ziele zu formulieren, vor allem, weil ich selbst noch komplett neu in der Verbandsarbeit war und mich zunächst einmal einarbeiten musste, weil ich viele Abläufe nicht kannte. Später haben wir als Vorstand vor allem versucht, diejenigen Projekte, die wir gestartet haben, möglichst gut durchzuführen. Das wäre z.B. die Debattierevaluation aber auch die Kooperation mit der Körber-Stiftung, an der wir nach wie vor arbeiten
Achte Minute: Glaubst du, du hast deine Ziele erreicht?
Jan Ehlert: Viele der größeren Dinge, die wir angestoßen haben, werden sich erst in der Zukunft wirklich evaluieren lassen. Wir haben viel Zeit investiert und sind recht zuversichtlich, dass diese Arbeit auch Früchte tragen wird.
Achte Minute: Wo siehst du die größten Fortschritte und Versäumnisse die der VDCH gemacht hat im Jahr 15/16?
Jan Ehlert: Leider haben wir bis dato noch keinen Nachfolgesponsor für die Förderung der Trainerseminare des VDCH gefunden. Wir sind eigentlich sehr glücklich mit der Veranstaltung und würden uns wünschen, es kostengünstig fortführen zu können. Fortschritte, so hoffen wir, konnten wir z.B. in der Juriersituation innerhalb des VDCH machen. Mit der Etablierung des Think Tanks, sowie den Jurierseminaren und dem Mentorenprogramm, das es z.B. auf der ZEIT DEBATTE Berlin hatte, gab es viele Schritte in eine gute Richtung. Insbesondere gebührt da natürlich viel Dank den Beiräten für Jurierqualität und Jurierseminare sowie den Organisatoren des Think Tanks. Im Vergleich zur vergangenen Saison, gab es gerade bei den ZEIT DEBATTEN eigentlich nie einen signifikanten Jurorenmangel. Dafür sind wir sehr dankbar und wir hoffen, diese Entwicklung auch in den kommenden Jahren weiterhin so beobachten zu können.
Achte Minute: Auf der letzten Mitgliederversammlung wurden viele Anträge eingereicht. War dort deiner Meinung nach einer dabei, den wir besser hätten annehmen sollen – Stichwort VDCH-Kameras?
Jan Ehlert: Es gab selbstverständlich einige Entscheidungen auf der VDCH-MV im letzten Jahr, die getroffen worden sind, in denen ich mir persönlich ein anderes Ergebnis gewünscht hätte. Teil von Demokratie ist es, zu akzeptieren, dass sich die eigene Position nicht immer durchsetzen wird. Ich habe mich aber im letzten Jahr zu den meisten inhaltlichen Fragen nicht großartig geäußert, sondern eher versucht, die Diskussion zu moderieren. Wenn wir konkret von der Kameraausrüstung für den VDCH sprechen, glaube ich, dass die MV im letzten Jahr die richtige Entscheidung getroffen hat. Klar, ist es an einigen Stellen praktisch, wenn man die Ausrüstung hat, jedoch haben wir für die meisten wichtigen Veranstaltungen Kameras zur Verfügung, so z.B. beim DDM-Finale. Ich glaube die Kosten für ein vernünftiges Kameraequipment und der Aufwand des Transports durch die ganze Republik, stehen nicht im Verhältnis zu diesem eher marginalen Nutzen. Es gab sehr viele Dinge in der vergangenen Saison, wo wir uns ein größeres Budget gewünscht hätten, so dass ich auch jeden zusätzlichen Euro lieber für andere Zwecke eingesetzt hätte.
Achte Minute: Die Szene wächst jeden Tag, die meisten Club haben neue Vorstände gewählt, kannst du uns einen Einblick geben, wie die MV strukturell abläuft? Was muss man wissen, wie läuft das ganze ab, braucht man Popcorn wenn ein Streit ausbricht?
Jan Ehlert: Im Kern läuft die VDCH-MV nicht anders ab, als jede andere Mitgliederversammlung eines e.V.s in Deutschland auch. Der entscheidende Unterschied ist, dass Debattierende ein großes Bedürfnis zur Diskussion haben. Es steht jedem VDCH-Mitglied offen Anträge einzureichen, die dann besprochen werden und über die anschließend abgestimmt wird. Ob man Popcorn braucht oder seinen Twitterfeed ständig akualisieren sollte, hängt stark von den Anträgen und den jeweiligen Teilnehmern ab.
Achte Minute: Wer sollte alles auf die MV des VDCH gehen?
Jan Ehlert: Wir würden uns sehr freuen, wenn jedes VDCH-Mitglied auch tatsächlich einen Vertreter zur VDCH-MV schickt. Wenn auch mehr kleine Clubs kämen als in den vergangenen Jahren, hätten wir eine viel bessere Abbildung des Hochschuldebattierens vertreten. Daneben steht die MV auch Gästen grundsätzlich offen. Wer sich für die Situation des Verbandes sowie dessen Ausrichtung interessiert, wird nirgends so viel darüber zu hören bekommen, wie auf der Mitgliederversammlung.
Achte Minute: Wird der VDCH-Vorstand dieses Jahr Anträge stellen, wenn ja welche und warum?
Jan Ehlert: Wir sind noch am überlegen, ob und welche Anträge wir selber einreichen möchten. In quasi allen Fällen handelt es sich dabei aber nicht um Dinge, die wir gerne ändern möchten, sondern eher um den Status Quo der Beschlusssammlung, auf den wir aufmerksam machen wollen und bei dem wir glauben, dass man darüber diskutieren könnte, ob man diesen Zustand nicht ändern möchte.
Achte Minute: Gibt es Anträge, von denen du dir wünscht, dass sie kommen?
Jan Ehlert: Mir fallen derzeit keine solchen ein, die eine besondere Wichtigkeit für die Ausrichtung des Verbandes hätten. In diesem Fall würden wir sie wohl auch selbst einreichen. Wenn dann eher Dinge, die ich persönlich für richtig halte. Aber das ist ja eher zweitrangig.
Achte Minute: Kommen wir zu der ewigen Frage der Sponsoren, gibt es dort Neuigkeiten oder Entwicklungen?
Jan Ehlert: Wir sind tatsächlich gerade in die Verhandlungen mit einem potenziellen Sponsor eingetreten. Aufgrund der noch laufenden Verhandlungen kann und möchte ich aber zu diesem Zeitpunkt dazu noch keine Details preisgeben. Wir werden in den nächsten Wochen sehen, wie sich das entwickelt. Außerdem wird die Unternehmensberatung McKinsey dem VDCH nicht länger als Sponsor zur Verfügung stehen. In der internen Evaluierung von McKinsey gab es nicht genügend vielversprechende Bewerbungen um eine weitere Förderung aus der Sicht von McKinsey zu rechtfertigen.
Achte Minute: Welche Veränderungen am Posten werden für den nächsten Haushalt vorgeschlagen?
Jan Ehlert: Wir haben unseren Haushaltsentwurf noch nicht endgültig abgeschlossen. Grundsätzlich liegt allerdings das Budgetrecht bei der Mitgliederversammlung selbst. Genaueres dazu werdet ihr alle in der Haushaltsprojektion des Geschäftsberichts sehen können.
Achte Minute: Alle hoffen immer auf mehr. Hier also auch die lästige Frage: Glaubst du es wird wieder mehr Geld geben? Speziell für Jurierseminare?
Jan Ehlert: Wie bereits angesprochen ist unser Budgetplan noch nicht gemacht und die Mitgliederversammlung hat auch das Recht über die Verteilung zu beraten und zu entscheiden. In diesem Jahr mussten die Jurierseminare mit einem sehr knappen Budget auskommen, es wäre daher also bedenkenswert, dieses eventuell ein wenig zu erhöhen.
Achte Minute: Weißt du schon von Interessenten für die Vorstandsposten?
Jan Ehlert: Ich habe tatsächlich schon von der ein oder anderen Stelle von Interessent*innen gehört. Wer sich letztendlich für eine Kandidatur entscheidet, werden die nächsten Wochen zeigen.
Achte Minute: Warum sollte man sich für einen Posten im VDCH bewerben?
Jan Ehlert: Am besten, weil man etwas bewegen möchte. Man hat Einfluss und Verantwortung und kann auf einzigartige Weise einen Blick auf die Szene als Ganze werfen und sie mitgestalten. Außerdem hat man die Möglichkeit, der Szene etwas zurück zu geben. Wer sehr viel vom Debattieren profitiert hat, bekommt hoffentlich auch den Willen, vielen anderen Studierenden das Debattieren näher zu bringen und ihnen zu ermöglichen, die gleichen Dinge zu lernen. Dafür ist die Arbeit im Verband hervorragend geeignet.
Achte Minute: Vielen Dank für deine Zeit.
jbi./lok.
Jan Ehlert ist VDCH-Präsident des Vereinsjahres 2015/16. In Tübingen debattiert er bei Streitkultur e.V. und studiert an der Eberhard Karls Universität Economics and Finance. Jan erhielt 2014 den DDG-Nachwuchspreis, 2015 wurde er Süddeutscher Meister und erreichte als Freier Redner das Finale der Deutschsprachigen Debattiermeisterschaft.
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