Streitkultur Tübingen gewinnt die ZEIT DEBATTE Berlin
Das Team Streitkultur Elite und Skandal aus Lennart Lokstein und Konrad Gütschow von der Streitkultur e.V. (Tübingen) hat die ZEIT DEBATTE in Berlin gewonnen. Die beiden Redner setzten sich im Finale aus der Schließenden Regierung durch. Das Thema der Debatte lautete: Dieses Haus wünscht sich Deutschland als Hegemon in der Europäischen Union.
In der Eröffnenden Regierung sprach Berlin The team which must not be named (Frederick Aly und Johannes Häger), die Eröffnende Opposition vertrat Marburg Schneeweißchen (Anne Suffel und Sabrina Göpel), und in der Schließenden Opposition redeten Göttingen Georgias 1 (Nikos Bosse und Habakuk Hain).
Konrad Gütschow erhielt zusätzlich den Preis für die beste Finalrede, den ihm als Ehrenjuroren der Schauspieler Ulrich Matthes und die Journalistin Gabriele Krone-Schmalz überreichten. In der Ehrenjury saßen zudem der Linken-Politiker Gregor Gysi, der Berliner Staatssekretär Mark Rackles, ZEIT Chancen-Chef Manuel Hartung und Vorstandsmitglied der Deutschen Debattiergesellschaft (DDG) Anna Mattes.
Das Finale wurde als Hauptjuror vom Chefjuror Jonathan Scholbach, ergänzt von Barbara Schunicht, Marion Seiche, Vera Bartsch und Torsten Rössing. Die anderen drei Chefjuroren Christina Dexel, Tobias Kube und Dessislava Kirova verzichteten wegen der Beteiligung eines Berliner und Marburger Teams am Finale auf die Jurierung.
Das Finalthema wurde durch eine Definition ergänzt. Sie lautete: Unter Hegemonie versteht man die Dominanz eines Akteurs in politischer, militärischer, wirtschaftlicher, religiöser und/oder kultureller Hinsicht. Damit kann auch einhergehen, dass der Hegemon größere Verantwortung übernimmt und größere Lasten trägt.
Das Publikum hatte Einfluss auf das Thema, über das debattiert wurde. In einer Abstimmung mit der Lautstärke des Applauses entschied es zwischen zwei Themen. Das Thema, das weniger Applaus erhielt, lautete: Dieses Haus begrüßt den Einsatz terroristischer Mittel, um die Politik der restriktiven europäischen Grenzsicherung im Zuge der Flüchtlingskrise zu bekämpfen.
Eine solche Abstimmung gab es zuletzt beim Finale der Deutchen Debattiermeisterschaft 2006. Damals entschied das Publikum dafür, über Bundeswehreinsätze im Inneren statt über das Streikrecht von Ärzten debattieren zu lassen.
Das Finale fand im Atrium des Willy-Brandt-Hauses statt. Es kamen deutlich mehr Zuschauer, als Sitzplätze vorhanden waren. Sarah Kempf moderierte die Veranstaltung.
Die Themen des Turniers im Überblick:
Vorrunde 1: Infoslide: Bei einem Handel mit Führungspositionen für Frauen werden Lizenzen an diejenigen Unternehmen vergeben, die mehr Frauen als durch eine Quote erfordert in Führungspositionen beschäftigen. Unternehmen, die die Quote nicht erfüllen, können diese Lizenzen kaufen, um damit das Nichterfüllen der Quotenregelung zu kompensieren.
Dieses Haus glaubt, Staaten, die eine Quote für Frauen in Führungspositionen von Unternehmen vorschreiben, sollten einen Handel mit Führungspositionen für Frauen einführen.VR 2: Dieses Haus würde ehemalige Mitarbeiter*innen des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR rehabilitieren.
VR 3: Als Infoslide wurde das Lied „Kapitulation“ von Tocotronic gespielt und der Liedtext an die Teams ausgehändigt. Die Vorbereitungszeit betrug 18 Minuten.
Dieses Haus glaubt, „Kapitulation“ von Tocotronic ist ein optimistisches Lied.VR 4: Dieses Haus glaubt, die UN sollte das Konzept des gerechten Kriegs aufgeben.
VR 5: Infoslide: „Indio“ und „Indigena“ sind Bezeichnungen für Bevölkerungsgruppen in Lateinamerika. Dies sind Sammelbegriffe für sehr unterschiedliche Gruppen, die von der ursprünglichen Bevölkerung Lateinamerikas abstammen. Einst wurden diese Begriffe von den europäischen Eroberern im Zuge der Unterwerfung des lateinamerikanischen Subkontinents geprägt und bezeichneten alle nicht-europäischen Bevölkerungen. Heute werden diese Bezeichnungen ganz unterschiedlich bewertet und verwendet. Manche ursprünglich „indigenen“ und auch ethnisch gemischten Gruppen nutzen sie als (politische) Selbstbezeichnung. Andere vergleichbare Gruppen hingegen lehnen die Bezeichnungen als rassistisch und abwertend ab.
Dieses Haus glaubt, es ist im Interesse „indigener“ Bevölkerungsgruppen, die Begriffe „Indio/Indigena“ als Selbstbezeichnung zu verwenden.Halbfinale: Infoslide: Das Urheberrecht gibt der*dem Urheber*in eines Kulturguts das Recht, über die Nutzungsrechte an seinem*ihrem Werk frei und ausschließlich zu verfügen. Das heißt unter anderem, dass er*sie an dem finanziellen Ertrag des Werks beteiligt werden muss. Das Urheberrecht ist zeitlich auf eine Frist von 70 Jahren nach dem Tod des*der Urheber*in begrenzt.
Dieses Haus würde das Urheberrecht auf Kulturgüter abschaffen.Finale: Infoslide: Unter Hegemonie versteht man die Dominanz eines Akteurs in politischer, militärischer, wirtschaftlicher, religiöser und/oder kultureller Hinsicht. Damit kann auch einhergehen, dass der Hegemon größere Verantwortung übernimmt und größere Lasten trägt.
Dieses Haus wünscht sich Deutschland als Hegemon in der Europäischen Union.
hug/lok – zuletzt aktualisiert am 22.3.16 um 23.30 Uhr. In einer früheren Version stand, dass es das erste Mal gewesen sei, dass über das Finalthema einer ZEIT DEBATTE abgestimmt wurde. Nach einem sachdienlichen Hinweis haben wir das korrigiert: Eine solche Abstimmung fand 2006 schon einmal statt.
Ich würde gerne den Veranstaltern für das gut organisierte Turnier danken.
An die Chefjuroren würde ich für künftige Turniere zu bedenken vorschlagen, dass in BPS spätere Runden wesentlich relevanter sind als frühe – „neue“ Arten von Themen sollten also möglichst in die erste Runde gelegt werden, um ggf. negative Auswirkungen des Experiments und Frust abzuschwächen.
Zur konkreten Art des Themas denke ich, dass „Songthemen“ aus sportlichen Gesichtspunkten ein wenig bedenklich sind: Anders als bei herkömmlichen Themen, zu denen jeder „Allgemeinbildung“ besitzt oder die jeder aus der Schule kennen sollte, sind Songs von Song zu Song massiv unterschiedlich – während vielleicht noch jeder von uns einmal im Musikunterricht etwas zu Mozart gehört hat, haben zu moderneren Musikrichtungen Leute teilweise überhaupt keine Ahnung. Ich zum Beispiel kannte Tocotronic nicht, habe immer noch keine Ahnung (und bin zu faul es nachträglich zu Googlen), zu welchem Genre das gehört und was z.B. dieses Genre generell ausmacht. Derlei Informationen sind jedoch potenziell verheerende Argumente, weil „in diesem Genre werden solche Metaphern/Töne generell so verstanden, weil das Genre so und so funktioniert und diese Band bekennt sich zu diesem Genre“ jegliche Textexegese zu recht zerstört. Spaß gemacht hat es mir persönlich zwar, ein solches Thema zu debattieren, aus obigen Gedanken heraus würde ich sie aus sportlicher Sicht jedoch eher ablehnen.
Sehr schön fand ich das Konzept, das Finalpublikum über das Thema abstimmen zu lassen – das sollte man wo immer man den Luxus von genug Themen hat übernehmen (solange es nicht auf Kosten der Fairness für die Finalteams geht).
Was ich sportlich wiederum sehr problematisch fand, waren die – sicherlich nicht geplanten – 36 Minuten Vorbereitungszeit bei einem unserer wichtigsten sportlichen Turniere… ein tendenziell öfter, wenn auch selten so krass vorkommendes Phänomen. Hier sollte man überlegen, ob man als zukünftiger Ausrichter nicht für den Moderator (gute Arbeit Sarah btw!) einige Minuten Lückenprogramm anlegen könnte und die Teams erst kurz vor Ende der Grußworte in die Vorbereitungszeit schickt, um mehr Sicherheit zu haben, dass es hier bei etwa 15 Minuten bleibt.
Anlässlich der Rede von Herrn Matthes zu den Finalreden werde ich denke ich noch einen Artikel schreiben. *cliffhanger*
Und jetzt viel Spaß mit der Terrordiskussion. 😛
Nochmals herzlichen Glückwunsch an Konrad und Lennart!
@Lennart: Freut mich, dass Dir der Ansatz mit dem Interpretationsthema grundsätzlich gefallen hat. Und schön, dass Du gleich ein paar Überlegungen anstellst, was man beachten sollte, wenn man diese Art von Themen etablieren will. Nur eine Nachfrage: Spielte die musikalische Gestaltung in Eurem tatsächlich eine größere Rolle? Ich hätte das nicht erwartet, weil der Song musikalisch ja jetzt nicht gerade anspruchsvoll ist. Vielleicht ist ein sinnvoller Ausweg, die Debatte gegebenenfalls auf die Interpretation des Textes zu beschränken? Andererseits sehe ich auch noch nicht, warum ein Team nicht davon profitieren dürfen soll, wenn es sich mit dem Thema (der Musik) besonders gut auskennt. In anderen Debatten gleichen wir ja solche (zufälligen) Vorteile auch nicht aus. Warum sollten wir vertiefte Kenntnisse in Popmusik von vertieften Kenntnissen der (sagen wir:) Biografie Thomas Bernhards (um auf ein Thema der DDM Wien anzuspielen) aus sportlicher Sicht differenzieren? Dein Argument, dass die Songs so divers seien, kann ich da noch nicht ganz einordnen/nachvollziehen.
Ich durchschaue es gerade nicht ganz klar, aber warum ist es für ein Team, das Probleme mit dem neuen Thema hat (sagen wir vereinfacht: ein Team, das mit dieser Motion immer verliert) günstiger, wenn das Thema in einer früheren (in der ersten) Runde kommt?
Unabhängig davon muss man, denke ich, Deine implizite Prämisse nicht teilen, dass ein Thema neuer Art den Break unverändert lassen sollte: Wenn es ein Team gibt, das besser mit einer neuen Art Thema zurechtkommt, als ein anderes, dann ist es in meinen Augen legitim, dass sich die Breakchancen dieses Teams erhöhen.
Die Verzögerung des Finals war natürlich so nicht geplant. Ich halte den von Dir beschriebenen Workaround der Tatsache, dass man die Länge der Redebeiträge der Ehrengäste wohl nicht wirklich gut prognostizieren kann, grundsätzlich für sinnvoll. Allerdings dauert die Finalveranstaltung dann eine Viertelstunde länger – was man in der Ankündigung berücksichtigen sollte.
Da es denke ich (wie Lennart schon ankündigte) ein großes Interesse an einer Diskussion des alternativen Finalthemas gibt, würde ich mich freuen, wenn die CJ das Thema im exakten Wortlaut und mit möglicherweise bestehendem Infoslide nachreichen könnten.
Ansonsten sehe ich bei 5 der 7 Themen massive Probleme. Bei enigen aufgrund definitorischer Unschärfen, bei anderen weil sich mir das Problem beziehungsweise die Abweichung vom Status Quo nicht erschließt. Wie ihr erkennen könnt, geht es mir im Folgenden nur um formelle und nicht um wertende Kritik.
Zu den problematischen Themen im Einzelnen:
VR 2: was soll bei diesem Thema „rehabilitieren“ bedeuten? Und inwiefern ist man als Opp verpflichtet die Definition der Regierung anzunehmen, wenn sie nur den Status Quo beschreibt? Mal abgesehen davon, dass man den SQ in ein Infoslide hätte packen können, bin ich mir ziemlich sicher, dass die meisten Debatten stark darunter litten, dass den Leuten nicht klar war, was der SQ überhaupt ist. Hier spielt auch mit hinein, dass ich mir durchaus vorstellen kann, dass Teams aus Österreich und der Schweiz oder auch anderen Ländern, die nicht im Schwerpunkt deutsche Geschichte nach 1945 lernen, stark benachteiligt sein könnten, was das Detailwissen betrifft. Und zudem haben viele Teams „nicht strafrechtlich verfolgen“ oder „begnadigen“ benutzt, um das unscharfe Wort „rehabilitieren“ zu substituieren. Je nachdem, was die CJ mit dem Wort meinten, führt das zumindest nach meiner Ansicht zu komplett unterschiedlichen Debatten, die man in der Vorbereitung der Themen nicht auf Ausgewogenheit überprüfen konnte.
VR 3: ja, was ist denn bitte optimistisch? Ist im Endeffekt nicht so schlimm, wenn man davon ausgeht, dass dies eine definitorische Debatte ist. Aber da nicht nur für die Teams das Konzept neu war, sondern auch für die Juroren, führt die Bewertung eines solchen Themas zwangsläufig zu unfairen Ergebnissen. Der eine Juror denkt sich, dass die Reg die Definition vorgibt und die Opp diese nur mit enormem Begründungsaufwand ändern kann. Der andere Juror denkt sich, dass es wie eine Debatte mit counter prop zu bewerten ist – es kommt darauf an, welcher Definition die Teams im Raum folgen (dies könnte aber auch zu back stabbing Problematiken bei der Bewertung der beiden Reg Teams kommen). Der noch andere Juror denkt – um die Definition des „optimistischen“ geht es nur mittelbar, es kommt eher auf die Formulierung der Relevanz bzw Ziele auf beiden Seiten an. Und so haben wir den Salat. Keiner weiß, worüber überhaupt geredet werden soll. Und die Ergebnisse wirken dadurch trotz schlüssiger Erklärung sehr willkürlich.
VR 4: was ist das Konzept des gerechten Kriegs, welches in dieser Motion gemeint ist? Das völkerrechtlich anerkannte? Oder das moralisch erweiterte? Nur im zweiten Fall kann auch R2P innerhalb des existierenden Konzepts liegen, welches aufgegeben werden soll. Da aber die UN mit in der Motion steht und wir davon ausgehen müssen, dass nur der Weltsicherheitsrat die Macht hätte Konzepte wirksam zu formen (dementsprechend auch wirksam aufzugeben), kann es sich nur um das rein völkerrechtlich anerkannte Konzept handeln. War dies im Sinne der CJ? Überdies halte ich das Thema außerdem noch für schwierig, weil ein Konzept aufzugeben mehrere völlig unterschiedliche Sachen bedeuten kann. Entweder man streicht das Konzept einfach ersatzlos. Oder man streicht das Konzept und ersetzt es durch ein anderes a) restriktiveres oder b) weiter gefassteres. Man kann nun sagen – wunderbar, dann hat die Regierung ja allen Spielraum der Welt sich was Schönes für die Debatte zu überlegen. Man kann aber auch sagen – blöd für die Regierung, die nicht die Erwartungen des Jurors und der restlichen Debattenteams trifft. Oder aber noch schlimmer – die Opp muss sich einfach auf mindestens zwei von der Stoßrichtung her komplett unterschiedliche Debatten vorbereiten.
HF: Es ist meiner Ansicht nach sehr problematisch, dass sowohl im Infoslide als auch in der Themenformulierung von „Kulturgütern“ die Rede ist. Zum einen arbeitet das Urheberrecht im Allgemeinen mit dem Werkbegriff. D.h. es schützt Werke als geistiges Eigentum. Damit stellt sich die Frage, was Kulturgüter sein sollen? Sind hiermit Werke gemeint? Oder soll nur eine Teilmenge von Werken abgebildet und debattiert werden, die als Kulturgüter definiert werden können? Und wenn dies so ist, was sind dann diese Kulturgüter? Mit ein wenig Vorwissen zum Urheberrecht (und ich meine damit das Wissen, das jeder sammelt, der streamt oder Songs downloaded/kauft und kein vertieftes Juristenwissen) ist man hier vollkommen aufgeschmissen.
F: Inwieweit weicht das Thema vom Status Quo ab? Eng daran anknüpfend die folgenden Fragen: Wer ist in diesem Fall „DH“? Deutschland, die EU, die Welt? Oder gar Bürger? Diese Frage stellte sich mir eigentlich noch nie, weil ja kein Rollenspiel erlaubt ist. Aber hierbei ist die Frage schon recht wichtig. Und da ich mich jetzt nicht mehr so genau erinnere wie das geregelt ist, interessiert es mich einfach generell.
Alternatives Finale: bevor die genaue Formulierung raus ist, würde ich eigentlich nur gerne wissen, ob ernsthaft damit gerechnet wurde, dass das Thema ausgewählt werden könnte oder ob es nur ein weiteres Experiment war? Dieses Mal, um herauszufinden, wie sehr das Thema (noch) tabuisiert ist.
Ich möchte aber noch garnicht über Terror reden, finde Musik schöner.;) Erstmal vorneweg, ich war nicht auf der ZD, habe mich aber, als ich von dem Interpretationsthema gelesen habe, schon geärgert, nicht da zu sein, weil ich so ein Thema von der Anlage wirklich großartig finde. Nach längerem Überlegen bin ich aber zu dem Schluss gekommen, dass es es besser wäre, wirklich ein Gedicht o.ä. herzunehmen. Denn auch wenn ich Lennarts Killerargument erstmal ablehnen würde (ob sich die Band zu einem Genre bekennt ist nicht relevant, wenn nach der Werkintention und nicht nach der Autoreninterpretation gefragt ist. („…ist ein optimistischer Song“ vs „…ist von Tocotronic optimistisch gemeint“), so denke ich auch, dass die Kenntnis der Musik hier eine zu große Rolle spielt, da man sie im Gegensatz zum Text eben nicht „als Factsheet“ beigeben kann, sodass sie jeder analysieren könnte. (auch die „Partitur“, keine Ahnung ob man das bei solchen Songs auch so nennt;) würde da wenig weiterhelfen, weil wir ja auch nicht voraussetzen können, dass jeder Noten lesen kann und selbst wenn ist da zwischen lesen und wirklich verstehen noch ein großer Unterschied) Und so wird jede Begründung aus der Musik heraus, für jemanden, der den Song auf der ZD gehört hat, eben quasi unwiderlegbar. Genauso werden aber auch die eigentlich stärksten Begründungen (nämlich aus dem Zusammenspiel von Musik und Text) für die Juror*innen schwer überprüfbar, man hat ja auch nicht ewig Zeit für eine Jurierung um die zitierten Stellen noch zu hören. Entsprechend wird es in den meisten Räumen, wie Twitter ja auch richtig festgestellt hat, eher eine Gedichtsinterpretation werden. Dann könnte man aber auch gleich ein Gedicht nehmen, wie man das analysiert haben wir auch alle in der Schule gelernt und die Debatte wäre wieder einigermaßen fair. (Auch wenn ich Themen wie „DHG, ‚Die Walküre‘ endet positiv“ natürlich gern mal debattieren würde) Aber: Generell sind solche Motions großartig!
Und nochmal an Jonathan (der Post war noch nicht da, als ich meinen geschrieben hatte): Generell ist es kein Problem, wenn Teams mit Kenntnissen auch Vorteile daraus ziehen. Wenn jemand allerdings aus der Musik heraus (hier ist der Ton auf diesem Wort, da passiert melodisch oder harmonisch das und deswegen ist das so und so) etwas begründet, hat man darauf überhaupt keine Antwort, weil man das ja während der Debatte nicht einfach nochmal durchhören kann. (die Juror*innen können und sollten das imho dann auch). Bei anderem Spezialwissen (nehmen wir an über die UN und deren Definition eines gerechten Krieges), so bekommt man auch als Gegner Material, auf dessen Basis man arbeiten kann, das ist bei einer Musikanalyse nicht der Fall.
Also ich bin von dem tatsächlich debattierten Finalthema sehr begeistert! Ich denke nicht, dass man eine Perspektive gebraucht hätte, aber man könnte das Thema damit durchaus abwandeln, wenn man möchte. Aber auch so: ich finde, das Thema bietet genug Stoff für 4-6 Parteien auf beiden Seiten und das auch gerne mit doppelter Redezeit. Ich finde es sowohl für eine Publikumsdebatte als auch allgemein für eine Finaldebatte extrem gut geeignet. Ich hab jetzt nicht extra alle Themen nachgeschaut, die in den letzten Jahren gelaufen sind, aber von allen ZD-Finals die ich bisher in meiner aktiven Zeit erlebt habe, gefällt mir persönlich dieses Thema am besten. Klar, subjektiv. Aber ich finde es eben einfach gut!
Das alternative Finalthema hat mich allerdings eher schockiert, muss ich gestehen. Ich will heute Nach nicht nochmal alles wiederholen, was bereits bei FB diskutiert wurde, aber: ich hätte dieses Thema auf der Regierungsseite nicht debattiert. Oder allenfalls eine Rede im Konjunktiv gehalten und vorher klar gemacht, dass ich mich niemals dafür aussprechen würde. Aber auch das wäre mir vor Publikum extrem schwer gefallen. Da wäre meine Frage für die Zukunft: wie sollte man mit der Situation umgehen, dass ein Team bei einer Finaldebatte ein Thema nicht debattieren möchte? Ein Team aus den HF dazulosen? Springerteam? Letzteres kann man eigentlich nicht machen, weil die Springer ja nicht gewinnen könnten, selbst wenn sie erster werden. Aber losen…ich weiß nicht…wäre das die Lösung?
Meine Kritik an dem Thema lässt sich so herunter brechen: Für mich klingt das Thema so, als legitimiere es Gewaltakte gegen unbeteiligte Personen innerhalb demokratischer Rechtsstaaten, bei denen die Gewaltakte dadurch motiviert sind, dass die Täter mit den Entscheidungen der demokratischen Mehrheit nicht einverstanden sind! Ich bin sicher, dass ihr das so nicht gemeint habt, aber wenn man den Text liest, ist das leider kein fernliegender Schluss.
@ Teresa: Ich habe mich jetzt auch nicht nochmal mit Tobi, Dessi und Christina abgesprochen, sondern antworte einfach, wie ich persönlich antworten würde. Wenn stellenweise Ausführlichkeit vermisst wird – das liegt an der Uhrzeit :-):
ad VR 2: Ich denke mittlerweile auch, dass wir den SQ in einem Infoslide hätten beschreiben sollen, wir haben das Vorwissen dazu wohl falsch eingeschätzt.
ad VR 3 (Interpretationsdebatte): Generell, und wir hatten das auch so angesagt, ist diese Debatte wie ein Prinzipiendebatte zu handhaben. Wir hatten auch angesagt, dass die Begriffe der Motion Gegenstand der Debatte sein können und sich das Team durchsetzt, das seine Definition argumentativ plausibler vertritt. Allerdings scheint mir „optimistisch“ kein sehr unklarer Begriff zu sein, über den ein schwer jurierbarer Streit entflammen könnte. Optimismus (ich zitiere Wikipedia) „bezeichnet allgemein eine heitere, zuversichtliche und lebensbejahende Grundhaltung sowie eine zuversichtliche, durch positive Erwartung bestimmte Haltung angesichts einer Sache hinsichtlich der Zukunft“. Hätten wir diese zwei Sätze wirklich als Infoslide anbieten sollen, um klar zu machen, was mit „optimistisch“ gemeint ist? Ich denke, das ist doch eine klare Sache. (Eher als über „optimistisch“ – und wir haben darüber auch nachgedacht – hätte man wohl noch darüber streiten können, ob „Kapitulation“ ein „Song“ ist, aber wir hielten es auch für klar, dass das Thema nicht diese Debatte meint.)
ad VR 4: „Aufgeben“ ist in unseren Augen synonym zu „streichen“. Als „Konzept des gerechten Kriegs“ wird man wohl alle Ausnahmen vom grundsätzlichen Verbot, Krieg zu führen (Art 2 der UN-Charta) bezeichnen, also vor Allem: Krieg mit Mandat des Sicherheitsrates, Krieg im Falle der Selbstverteidigung, und auch die Kriege, die mit naturrechtlicher Legitimation unter dem Schlagwort Responsibility to Protect geführt werden. Ein möglicher Antrag wäre gewesen, die UN möge alle diese Ausnahmen streichen und darüberhinaus in einem Aritkel klarstellen, dass es keinen gerechten Krieg gibt, gleich mit welcher Begründung und gleich mit welchen Mitteln er geführt wird.
ad Halbfinale: Unter das Urheberrecht fallen „Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst“ (UrhG, §1). Den Begriff „Kulturgüter“ haben wir in das Infoslide und das Thema geschrieben, weil wir wollten, dass über Literatur und Kunst debattiert wird. Wir meinen, dass die Debatte über das Urheberrecht auf Wissenschaft eine andere Debatte ist, und wollten diesen Strang aus der Debatte ausschließen. Wir haben nicht „Kunst“ gesagt, weil wir dann befürchtet hätten, dass manche Teams dann nur über Malerei reden, und Werke der Musik, des Theaters, des Films, der Architektur, der Photographie etc. nicht mit in die Debatte einbeziehen. Ich denke, dass diejenigen, die ein wenig Urherberrecht kennen, die Bezeichnung „Kulturgut“ recht klar als Synonym zu „Werk der Literatur oder der Kunst“ i.S.d. §1 UrhG erkennen können. In der Debatte, die ich gesehen habe, hat es in dieser Frage keine Irritationen gegeben. Bei Unklarheiten standen wir aber, wie jede Chefjury, für Nachfragen zur Verfügung.
ad Finale: Ob bzw. inwiefern man Deutschland als Hegemon in der EU bezeichnen kann, ist Gegenstand gegenwärtiger öffentlicher Debatte. Manche sprechen von Deutschland als „zögerlichem Hegemon“ (Stefan Kornelius: Europas zögerlicher Hegemon. In: Südeutsche Zeitung vom 26.07.2015, http://www.sueddeutsche.de/politik/deutschland-europas-zoegerlicher-hegemon-1.2580542) gesprochen, manche gehen davon aus, dass Deutschland kein Hegemon in der EU sei (etwa Ulrich Menzel: Welt am Kipppunkt. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Januar 2016), andere sprechen Deutschland die Rolle des Hegemons zwar zu – so etwa der Economist schon im Jahr 2013 (The reluctant hegemon. In: The Economist, 15th June 2013, http://www.economist.com/news/leaders/21579456-if-europes-economies-are-recover-germany-must-start-lead-reluctant-hegemon) oder der Politikwissenschaftler Herfried Münkler (ders.: Wir sind der Hegemon. In: FAZ vom 21.08.2015, http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/europas-zukunft/einzusehen-deutschland-ist-europas-zentralmacht-13760335.html), unterscheiden dabei aber nicht klar zwischen Beschreibung und Sollensaussage. Die Strittigkeit, Deutschland als Hegemon zu bezeichnen, wird in meinen Augen treffend in der Formulierung „geoökonomische Halbhegemonie“ (Hans Kundnani: Die Geschichte kehrt zurück: Deutschlands fatale Rolle in Europa. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, Februar 2016) zusammengefasst.
Ob man Deutschland im Status Quo als Hegemon bezeichnet, hängt stark avon ab, wie weit man den Hegemoniebegriff fasst. Sicher wird man von einer herausgehobenen wirtschaftlichen Stellung der BRD in der EU sprechen. Im Sinne der Definition unseres Infoslides würde man aber wohl sagen, dass Deutschland zur Zeit nicht Hegemon in der EU ist, denn es hat keine militärische Vormachtstellung; Deutschland steht beispielsweise nicht in einer Weise für die Sicherheitsinteressen der EU ein, wie es die USA bzw. die Sowjetunion im Kalten Krieg für ihre jeweiligen Blöcke taten, oder wie es Preußen für die deutschen Staaten vor 1870 getan hat.
Für die Debatte ist in meinen Augen folgendes relevant: Die ER kann in den Grenzen des (vom Infoslide vorgebenen) Begriffs spezifizieren, was sie unter der Hegemonialstellung Deutschlands versteht. Dabei räumt ihr das Thema gewissen strategischen Spielraum ein, aber die Grundprinzipien der Debatte ändern sich dadurch nicht.
„DH“ ist in dieser Debatte, wie in allen BP-Debatten, die keine first-person-motions sind, ein fiktives Gremium. Dass der Akteur nicht näher spezifiziert ist, ist hier kein Problem, wie an zahlreichen Beispielen anderer Debattierthemen deutlich werden sollte. Bspw. ist in der Debatte „DH führt die Diktatur auf Zeit ein“ auch kein realweltlicher Akteur denkbar, der sich für „DH“ einsetzen ließe; in solchen Fällen wird dann immer das Szenario als solches bzw. die Maßnahme als solche debattiert.
ad alternatives Finalthema: Die Formulierung der anderen zur Wahl gestellten Variante war, wie im Artikel bereits genannt: „Dieses Haus begrüßt den Einsatz terroristischer Mittel, um die Politik der restriktiven europäischen Grenzsicherung im Zuge der Flüchtlingskrise zu bekämpfen.“
Selbstverständlich haben wir beide Themen ernsthaft in Betracht gezogen. Warum sollten wir ein Thema setzen, für das wir nicht ernsthaft als Finalthema einstehen würden und damit das Risiko eingehen, dass ein Thema gewählt wird, das wir nicht verantworten können? Wir haben keinen Zweifel, dass das Publikum eines ZEIT-DEBATTEN-Finales Terrorismus ablehnt. (Hätte ich daran Zweifel, würde ich allenfalls eine Umfrage machen, aber nicht das Thema eines mir anvertrauten Finales dafür instrumentalisieren.) Deine Frage scheint mir etwas ganz Grundlegendes durcheinander zu bringen: Wir haben nicht – aber das ist doch ein Unterschied, der jedem*jeder Debattierer*in klar sein muss – über die Maßnahme abstimmen lassen, sondern darüber, ob das Thema debattiert werden soll; das heißt: ob im Spiel einer fiktiven Debatte denkbare Argumente und rhetorische Strategien dafür und dagegen gehört werden sollen. Deine Frage klingt in meinen Ohren so, als würdest Du einen Tatort-Drehbuchautor fragen, ob er mit seiner Sonntag-Abend-Vorstellung mal nebenbei testen wollte, ob Mord noch abgelehnt wird. Natürlich ist die Antwort: Nein.
Natürlich waren wir uns sicher, dass das Publikum die Maßnahme ablehnt. Das ist aber nicht mit der Frage zu verwechseln, ob das Publikum eine sportliche Debatte darüber ablehnt. Würden Publikum (und auch die Teams) diese Verwechslung machen, könnten wir (ich jedenfalls) einen nennenswerten Anteil an Themen nicht debattieren – immerhin debattieren wir ja auch andere todernste, um nicht zu sagen: krasse Themen, wie (right off the top of my head) Rettungsfolter, Todesstrafe, Diktatur, Sterbehilfe, iranische Atomwissenschaftler töten, etc. p.p.
@Christian: Die Krassheit des Themas ist uns bewusst gewesen. Wir haben uns dazu gedacht: wenn das Publikum dieses Thema wählt, macht es durch seine Wahl deutlich, dass es in den Fiktionalitätsvertrag der Debatte eingetreten ist. Das sollte es den Teams ermöglichen, über dieses Thema vor Publikum zu debattieren.
Jenseits demokratischer Legitimation sind im Debattieren unter Anderem naturrechtliche und utilitaristische Argumentationen akzeptierte Metriken, anhand derer man diese Debatte auf der Regierungsseite führen kann. Die Frage, ob es Metriken gibt, die die demokratische Legitimation übertrumpfen können, haben wir bspw. schon mal in „DHW die Diktatur auf Zeit einführen“ debattiert; die Frage, ob Gewalt gegen Unbeteiligte in einem utilitaristischen Kalkül legitim ist, ist in der Frage nach dem Flugzeugabschuss (das wir sicherlich auch schonmal irgendwo debattiert haben) und in der Frage „Darf man Leben gegen Leben abwägen?“ (oder so ähnlich Finalthema einer Wartburg ZEIT DEBATTE in Jena) und zuletzt in der Frage „DHW selbstfahrende Fahrzeuge so programmieren, dass sie im Falle eines Unfalls möglichst viele Menschenleben retten, auch unter Opferung der Insassen.“ (ZD Göttingen) debattiert worden.
„Dieses Haus hält Angriffe auf militärische Ziele, bei denen viele zivile Opfer zu erwarten sind, für legitim.“
Dieses Thema wurde auf der ZD Dresden 2014 u.a. von dir, Teresa, gestellt. Inwieweit unterscheidet sich denn das Thema soooo krass vom alternativen Finalthema in Berlin? Das würde mich brennend interessieren. Dieses Thema wurde ohne weitere Einschränkung und ohne weiteres Factsheet gestellt. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Debatte. In unserem Raum, den übrigens du juriert hast, wurde darüber debattiert ob Angriffe auf Krankenhäuser und der Einsatz von Atomwaffen legitim seien, um einen höheren Zweck zu dienen. Inwieweit nun das alternative Finalthema (Angriffe auf Unbeteiligte, um einen höheren Zweck zu erreichen) sooooo anders ist, erschließt sich mir (noch) nicht.
Eine kleine Ergänzung: Ich fühlte mich damals unwohl als ich das Thema gehört habe und hätte mich sicher auch im Finale in Berlin unwohl gefühlt. Dennoch sollte man sich gut überlegen „wie“ (nicht ob) man Kritik übt. Die ganzen Randbemerkungen und Sticheleien auf Facebook, Twitter und hier verstehe ich nicht. Die Chefjury der ZD Berlin hat immer, egal in welchem Ton sie angegangen wurde, offen ihr Vorgehen erklärt. Bereits im Vorfeld der ZD als die Zwischenruf-Diskussion war, blieb sie besonnen und hat versucht die meisten Fragen bestmöglich zu beantworten. Ich mag auch nicht das Zwischenruf-Verbot aber ich fand es gut, wie die Chefjury immer wieder gemeinsam offen ihr Konzept erklärt hat. D.h. nicht, dass man die Argumentation gut finden muss. Jonathan macht das selbe hier wieder und versucht Erklärungsansätze zu liefern. Warum man aber dramatisiert, Leute angreift (und das wahrscheinlich ohne mal mit ihnen persönlich gesprochen zu haben) und immer wieder unter die Gürtellinie tritt, bleibt mir aber weiterhin ein Rätsel.
Leute angreifen und unter die Gürtellinie treten finde ich persönlich auch ziemlich uncool. Wenn du sachdienliche Hinweise haben solltest, wo ich das gemacht habe, dann gibt mir bitte Bescheid Willy, damit ich mich dementsprechend entschuldigen kann. Alles andere halte ich für zulässigen Diskurs – und das ist es ja, von dem wir in mindestens jeder zweiten Debatte als Mechanismus sprechen.
@Christian
Du hättest natürlich auch in der 1. Reg auf die Idee kommen können, dass mit Terror Gewalt gegen Sachen gemeint sein kann und das als solches definieren. So wie es in der jüngeren BRD Geschichte durchaus vor kommt.
Wir haben die Debatte gestern im Club geführt, die erste Regierung ist auf genau diese Idee gekommen (beide waren noch nie auf einer ZEIT Debatte) und es war eine durchaus gut und ausgeglichen debattierbare Debatte. Soweit ich gehört habe, wäre dies für die CAs eine durchaus annehmbare Linie gewesen und ich hätte es dir als Juror auch durchgehen lassen, sofern du es ordentlich definierst, was mit 2-3 Sätzen machbar gewesen wäre.
Dazu hättest du zum Beispiel dir einen Schülerduden Politik und Gesellschaft mitnehmen können und die dortige Definition verwenden können.
Zu dem als Vergleich angeführten Thema: wir können hieraus natürlich eine Debatte machen, in der es darum geht, wer sich beteiligen darf oder bestimmte Meinungen vertreten darf. Aber ich ziehe es vor mich mit der Sache zu beschäftigen.
Ich halte das von dir angeführte Beispiel nicht für vergleichbar im Kontext, über den wir reden. Zum einen wurde das Thema in einer Vorrunde gesetzt, sodass alle Teilnehmer schon durch ihre Teilnahme in den Fiktionalitätsvertrag der Debatte eingetreten sind, wie Jonathan es treffend formuliert hat. In einem Finale (oder auch Halbfinale) ist das durchaus etwas anderes, denn die Zuschauer treten nicht unbedingt in diesen Fiktionalitätsvertrag ein. Und selbst wenn es eine Mehrheit tut, dann ist es trotzdem noch etwas anderes, denn in einem Finale finden sich Menschen, die vielleicht temporär ein Gedankenexperiment gut fänden, aber dann nicht wie wir Debattenteilnehmer darauf geschult sind, zwischen Fiktion und Fakten, sowie Rede und eigener Meinung zu unterscheiden.
Abgesehen davon ist das Thema auch in der Sache komplett unterschiedlich zu betrachten. Im einen Fall haben wir zwei Staaten in einem kriegerischen Zustand. Im anderen Fall haben wir keinen Angriff, sondern lediglich Entscheidungen, die bestimmten Gruppen nicht gefallen. Und überdies befinden wir uns nicht im Kriegszustand. Sich über die Regeln humaner Kriegsführung zu unterhalten ist für mich ein anderes Thema als sich über die Legitimität gewalttätiger Aggression zu unterhalten, die difusse Angst schüren soll, ohne dass der Aggressor angegriffen wurde oder sich in einer anerkannten Kriegssituation befindet.
Es ist sicher so, dass die Streitfrage zum Schluss ähnlich formuliert wird. Aber die Metrik der Debatte und die Abwägungsmasse beinhalten auch immer das Setting, in welchem debattiert wird. Krieg an sich ist nicht super, aber er ist unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt und von uns mit Verhaltensnormen versehen. Terror ist unter keinen Voraussetzungen, die mir bekannt sind, erlaubt, sondern sogar durch verschiedene internationale Abkommen geächtet und es wird versucht ihm international in jeglicher Weise den Boden zu entziehen und Strukturen, die ihn unterstützen auszurotten.
Ganz allgemein: Ich finde es ebenfalls sehr gut, dass Jonathan (stellvertretend für alle CJ) die Diskussionen vor dem Turnier und auch jetzt so offen begleitet bzw an ihr teilnimmt und dabei stets ruhig und sachlich bleibt. Davon können wir uns alle eine Scheibe abschneiden. Ich hatte am Wochenende wirklich viel Spaß. Klar gab es Themen, die ich spannender fand und andere, die ich weniger spannend fand. Das ist normal und werfe ich niemandem vor und auch die Jurierungen fand ich in jeder Runde absolut nachvollziehbar.
@Robert: magst du uns vielleicht die Definition von Terrorismus aus dem Schülerduden zur Verfügung stellen? Und magst du mir vielleicht ein paar Beispiele aus der jüngeren deutschen Geschichte geben, bei dem es Terror nur gegen Sachen gab? Die RAF kannst du damit ja eigentlich nicht meinen, da sind ja doch nicht wenige Menschen ermordet worden. Und das bekannte Meinhofzitat über Polizisten und Schweine sagt auch über die erste Generation einiges aus (und steht bestimmt auch im Schülerduden).
Ich wäre auch gespannt auf die Regierungslinie bei eurer Clubdebatte und was dort unter Terrorismus subsumiert wurde. Gewalt gegen Sachen…wenn ich jetzt mit Graffiti politische Statements irgendwo hin sprühe, ist das dann nach deinem Schülerduden schon Terrorismus? Worum es mir geht: Terrorismus wird allgemein in erster Linie mit Gewalt gegen Personen durchgeführt und allgemein auch so verstanden. Sein Zweck ist es Angst und Schrecken zu verbreiten, das ist mit Graffiti nicht so leicht zu erreichen.
Im Übrigen: ich würde niemandem meine ethischen Vorstellungen aufdrücken wollen, denke aber, dass es anerkennenswert ist, wenn jemand sagt, er möchte ein bestimmtes Thema nicht debattieren (den Fall gab es schon) und es wäre sicherlich gut, wenn man für die Zukunft Mechanismen hätte, um einem solchen Fall in einem öffentlichen Finale zu begegnen.
Wenn man zum Beispiel davon überzeugt ist, dass Abtreibung Mord ist, könnte man auf die Idee kommen, gegen dieses wahrgenommene schwere Verbrechen mit Gewalt und Terror vorzugehen, auch wenn Abtreibung in dem jeweiligen Land demokratisch etabliert ist und von einer Mehrheit unterstützt wird. Dito für Terror z.B. gegen Massentierhaltung, moderne Technologie (wie der Unabomber), oder eben gegen die derzeitige EU-Flüchtlingspolitik. Es wären dann meines Erachtens sehr interessante Debattenfragen, wie bestimmt wird, was Recht und was Unrecht ist, ob demokratische Mehrheiten Grundrechte an- oder aberkennen können, wodurch sich Gewalt und Terror rechtfertigen können, ob sie ihr Ziel generell erreichen können und spezifisch in dieser Frage usw. Vielleicht hätte eine Formulierung ohne das T-Wort diese thematische Stoßrichtung klarer gemacht, aber „extremism in the defense of liberty is no vice“ o.ä. Persönlich begrüße ich solche mutigen Experimente. Von den besten Teams eines Turniers sollte man erwarten können, dass sie damit verantwortlich umgehen.
Ich kann verstehen, dass dieses Thema emotionalisiert und Ängste weckt. Unabhängig davon, wer es gesetzt hat, ist das Zivilisiten-im-Krieg-Thema ein guter Vergleich, der die Diskussion über das gegenwärtige Problema strukturieren hilft. Ich sehe den Hauptunterschied unseres Themas zum Kriegsthema nicht so sehr in einer Differenzierung von Krieg und Terror – gerade, wenn Zivilisten (mit) angegriffen werden, verschwimmt diese Differenzierung ja – sondern, wie Teresa sagt im „Setting“. Der Hauptunterschied besteht in meinen Augen darin, dass unser Thema in der Mitte der Gesellschaft spielt, in der wir deutschsprachigen Debattierer*innen leben. Deswegen, so ist meine (vielleicht falsche) Deutung des bisher Gesagten, neigt manche*r in der emotionalisierten Bewertung des Themas vielleicht dazu, die vom Fiktionalitätsvertrag aufgebaute Grenze zu vergessen. Aber ich hoffe, dass gerade wir Debattierer*innen in der Lage sind, uns nach der Aufregung im sachlichen Gespräch zu vergewissern, dass es im Debattieren einen Unterschied gibt, und dass wir uns nicht von der Angst vorschreiben lassen sollten, worüber wir reden (vielleicht sogar: im Gegenteil). Ich erhoffe mir von der Diskussion hier daher auch, dass sie dazu beiträgt, den Fiktionalitätsvertrag im Debattieren zu stärken.
In der Finaldebatte hatten wir, wie gesagt, die durch die Publikumswahl unterstrichene Kontingenz des Themas als geeignetes Mittel angesehen, Fiktionalität zu markieren, und ich denke, das ist ein wirkungsvoller Mechanismus. Überdies hat Sarah hat ja auch nochmal gesagt, dass die Rollen zugelost worden waren.
Wenn wir in dieser Diskussion hier produktiv werden wollen, sollten wir, glaube ich, darüber reden, ob es bei (Final-)themen sowas wie „Grenzen des guten Geschmacks“ geben sollte. Ich persönlich – es kann sein, dass die anderen CAs da andere Meinungen haben – würde wahrscheinlich sagen (ohne hier schon einen abschließenden Standpunkt gefunden zu haben): die sollte es nicht geben. Maßstab sollte sein, ob beide Seiten eine hinreichend komplexe Argumentation mit ausreichend vielen Argumenten auf der Basis anschlussfähiger Prämissen entwickeln können. Wie gesagt, bin ich der Meinung, dass die Regierung in diesem Thema eine utilitaristische oder auch ein naturrrechtliche Metrik anlegen kann, mit der sie ihren Case begründen kann.
Warum halte ich konkret dieses Thema für gut, in einem Finale debattiert zu werden? In einer gesellschaftlichen Situation zunehmend aggressiver Politisierung entlang der Flüchtlingsfrage, hielt ich es – die Motive der anderen CAs können diese selbst am besten schildern – für angemessen, über die Eskalation von Gewalt zu debattieren. Wir lernen so etwas über die „innere Logik“ und die Rhetorik aggressiver Eskalation in unserer Gesellschaft – ebenso wie ich etwas im Finale der ZD Hamburg („Sollten Gefährder massiv in ihren Grundrechten eingeschränkt werden?“) etwas über die Logik der Dehumanisierung gelernt habe, als die Regierung angefangen hat, von „Elementen“ (statt von Menschen) zu sprechen. Eine gute Finaldebatte zu dem hier umstrittenen Thema wäre in meinen Augen überdies ein Paradestück in der Kunst des Debattierens gewesen – Debattieren wäre als die Kunst vorgeführt worden, bei den krassesten Themen sachlich bleiben zu können und gewaltlos zu argumentieren. Das wäre deutlich geworden, in dem Moment, in dem die Teams nach einer Debatte über Leben und Tod, Angst und Terror sich die Hände schütteln und zusammen einen Sekt trinken. Das wäre in meinen Augen in einer Gesellschaft, die sich zunehmend polarisiert, und in der längst nicht mehr alle mit allen reden, ein deutliches Zeichen für die befriedende Kraft des Wortes gewesen.
@Jonathat
Wenn ich Lennarts Argumentation bezüglich experimentellen Themen richtig verstanden habe, ging es dabei um etwas leicht anderes. So wie ich ihn verstehe, sagt er, dass alle Formen experimenteller Themen früh im Turnier gestellt werden sollte, damit die Breakrelevanz des Themas nicht so massiv ist. Das lässt sich damit begründen, dass auch Juroren wie Redner mit der neuen Debattenmetrik nicht unbedingt vertraut sind. Unterschiedliche Auffassungen darüber, was in der Debatte zu tun ist zwischen einzelnen Teams oder Rednern und Juroren, werden wahrscheinlicher. Wenn das in einer früheren Runde passiert, dann kann ein gutes Team dadurch, dass es dann in schwächere Räume kommt, die verlorenen Punkte aufholen, während das in späteren Runden schwieriger wird.
Ich persönlich glaube, dass das Thema in der dritten Vorrunde so gut gesetzt war und sehe kein Problem. Meine Lieblingsmotions werden diese Art bestimmt nicht, aber ich finde sie eine nette Idee. In diesem Fall würde ich das Experiment als geglückt bezeichnen.
Übrigens vielen Dank für eure Arbeit, mir persönlich hat das „Gerechter Krieg“ – Thema sehr gut gefallen.
@Christian: Du hast Recht, wir sollten darüber nachdenken, was passiert, wenn ein Team wegen des Themas nicht im Finale reden will. Denn natürlich wollen und können wir niemanden zwingen, zu reden. Ich denke, man sollte ein Halbfinalsteam dazulosen.
Ich finde, Andreas macht hier den deutlich trefferenderen Vergleich: In einem Land ist Abtreibung verboten/erlaubt? Man könnte ein Rathaus in die Luft sprengen (in Deutschland ist Abtreibung übrigens nicht in jedem Fall straffrei, es könnten also sowohl Befürworter als auch Gegner zur Tat schreiten).
Autos gefährden den Straßenverkehr, jedes Jahr sterben tausende Menschen durch Unfälle? Man könnte Verkehrspolizisten erschießen. Am besten 10 auf einmal, damit es auch jeder mitkriegt.
Atomkraftwerke sind immer noch in Betrieb, obwohl Menschen, die in der Nähe wohnen nachweislich öfter an Krebs erkranken? Autobombe in der Fußgängerzone.
Die Euroretteunspolitik funktioniert nicht wie gewünscht und immer mehr Leute verzweifeln so sehr, dass sie Selbstmord begehen? Da muss man wohl die EZB oder wenigstens ein EU-Gebäude in Brüssel anzünden. Oh, moment…
Ich bin mir der Geschmacklosigkeit dieser Beispiele sehr wohl bewusst und ich bin sicher, dass keiner von euch so etwas möchte. Mir geht es nur darum zu zeigen, was dieses Thema impliziert. Ja natürlich, Debatten bei Turnieren sind immer fiktiv. Trotzdem sollten wir nicht so tun, als befänden wir uns in einer reinen Gedankenwelt, bei der wir die Realität einfach ausblenden. Und ich finde, wir sollten von Debattenteilnehmern nicht erwarten, dass sie das tun und (hart ausgedrückt) zum Mord an unschuldigen Menschen aufrufen oder dies zumindest begrüßen müssen.
Wie gesagt, ich mache keinem der CJ persönliche Vorwürfe wegen dieses Themas. Trotzdem bin ich nach wie vor (und nicht erst seit den Meldungen aus Brüssel) schockiert über dieses Thema und glaube, dass ich damit nicht der einzige bin.
Und zum Thema gerechter Krieg nochmal das, was ich gestern schon bei FB gepostet habe:
Bei mir hat die gerechter Krieg Motion für viel Verwirrung gesorgt, da dabei die UN im Spiel war. Falls das Thema nochmal kommt (und mir wurde gesagt, dass das auch schon vor ein paar Jahren gelaufen ist), würde ich bitten, die UN dabei aus dem Themenwortlaut herraus zu nehmen, damit klar ist, worum es gehen soll: Philosophie oder Völkerrecht.
Liebe Leute,
nachdem ich ja nun nicht auf der ZD zugegen war, frage auch ich hier nochmal: Bekommen wir nun den genauen Wortlaut dieses alternativen Finalthemas? Das dürfte ja eigentlich so schwer nicht zu bewerkstelligen sein, insbesondere dann, wenn man das Thema für im Rahmen eines „Fiktionalitätsvertrages“ vollends legitim hält.
Ich würde mir gerne ein eigenes Bild zur Frage machen, ob ich das Thema so wie es formuliert war für angemessen, gut debattierbar und publikumsgeeignet halte und dabei würde es sehr helfen, nicht diese Multitüde an Stille-Post Varianten zu bekommen von „Linker Terror ist Legitim“ über „Grenzschließlungen mit Terror von innen verhindern“ bis zu technischeren Formulierungen wie „DHB den Einsatz terroristischer Mittel zur Bekämpfung der aktuellen europ. Grenzpolitik“.
Zum sonstigen Thread bisher und der FB Konversation:
@Willy: Ich habe nach neutraler Lektüre gar nicht den Eindruck, dass hier dramatisch ad hominem gegangen wird. Die einzigen Bezugspunkte für eine persönliche Abwertung sehe ich bei Anna M. auf Facebook, #alternativefürdebateland und Bestärkung der damit verbundenen Abwertungsabsicht. Sonst sehe ich eine inhaltliche Diskussion, nichts weiter. Selbst ein gewisser Göttinger Debattierer verhält sich bislang recht friedvoll 😉
@Robert P.:
Klar hätte man auch in der ersten Regierung auf die Idee kommen können, Terror in „Gewalt gegen Sachen“ umzudefinieren. Man könnte auch bei dem Thema „DHG Autos mit Verbrennungsmotoren sollten verboten werden.“ auch den Antrag stellen, SUVs mit Verbrennungsmotoren zu verbieten. Beides wäre aber eine Verkürzung des Themas. Vielleicht solltet ihr – ich will Euch da natürlich aber nicht reinreden – Eure nicht ZD erfahrenen RednerInnen darauf hinweisen, dass man so in aller Regel keine Debatte gewinnt. Auch sind wir sicher auf einer Linie, dass die Debatte „DHG terroristische Gewalt gegen Sachen ist ein legitimes Mittel des Widerstandes“ recht ausgeglichen debattierbar sein kann. Ist aber wiederum nicht das Thema gewesen, soweit ich die kryptischen Infos zum eigentlichen Thema zusammenpuzzeln kann, sonst würde hier ja auch keiner diskutieren.
Und nun, ohne Umschweife, zur spätestens jetzt der geneigten Leserin auf der Seele brennenden Frage, warum ich, in so drastisch mein Eingangsstatement konterkarierender Weise, derart böse zu Dir schreibe?
Ganz einfach:
Deine Darstellung verzerrt erstmal in meinen Augen die Situation, auf die Christian mit seinem Kommentar sehr differenziert reagiert hat, siehe oben. Weiterhin erdreistest Du Dich, ihm implizit zu unterstellen, dass ein Schülerduden seiner Bildung zuträglich sein könnte. Mein Tipp, auch hier wieder ganz unverbindlich: Vllt. einfach mal weniger Schülerduden lesen und dafür mehr fortgeschrittene Texte. Bspw. die gemeinsame Definition der EU-Justizminister zu „Terrorismus“:
„Terroristische Straftaten liegen dann vor, „wenn sie mit dem Ziel begangen werden,
– die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern oder
– öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation unberechtigterweise zu Tun oder Unterlassen zu zwingen oder
– die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Landes oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu destabilisieren oder zu zerstören“
Tatbestandsmerkmal „Straftaten“ meint, Du brauchst eine Straftat, die zusätzlich die anderen Merkmale erfüllt. Straftat schließt eine heftige Sachbeschädigung mit ein – Grafitti als Sachbeschädigung wird nicht reichen, weil das idR nicht geeignet sein wird, die anderen Merkmale zu erfüllen. Aber eben Sachbeschädigungen à la „Wir fackeln die EZB in FFM ab und verletzten dabei keinen“. Aber eben auch – und zwingend – andere Straftaten. In aller Regel eben solche, die sich (zumindest auch, regelmäßig hauptsächlich) gegen Leib und Leben richten. Voilá. Definition des Terrorismus. Rückführung zu meiner Empfehlung an Dich: Deshalb die kleinen DebattiererInnen bei Euch im Club aufklären, dass sie nicht über Grafitti reden sollen, sondern über Terrorismus.
Chapeau!
@Nicolas: ch vermute, dass das der richtige Wortlaut des Alternativthemas ist, er steht oben im Artikel: „Dieses Haus begrüßt den Einsatz terroristischer Mittel, um die Politik der restriktiven europäischen Grenzsicherung im Zuge der Flüchtlingskrise zu bekämpfen.“
Merci 🙂
Ich hatte heute Nacht (vor meinner Antwort auf Christian) einen sehr langen Post geschrieben, der auf alle Fragen Teresas eingeht, auch auf die genaue Formulierung. (Sie ist in der Tat wie im Artikel steht.) Aus irgendeinem Grund wird dieser Beitrag nicht angezeigt, sondern „wartet auf Moderation“ – vielleicht weil er zu lang ist?
“Dieses Haus begrüßt den Einsatz terroristischer Mittel, um die Politik der restriktiven europäischen Grenzsicherung im Zuge der Flüchtlingskrise zu bekämpfen.”
– Halte ich grundsätzlich für ein debattierbares Thema, das ich persönlich auch spannend finde. In der Tat ähnlich anderen Themen, die Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit oder die Demokratie in Frage stellen. Sicher etwas schwieriger, ein Publikum für die Regierung einzunehmen aber mit guten Juroren kein Problem in der Bewertung, finde ich.
– Die Verknüpfung mit der Flüchtlingskrise ist ein interessanter tagespolitisch aktueller Bezug und gibt dem, erstmal sehr technisch-abstrakten Thema, eine deutlich emotionalisierte Note.
– Als Publikumsdebatte im Finale / Halbfinale finde ich es persönlich nicht geeignet. Dies, obwohl ich die Idee der Abstimmung wie Jonathan sie beschrieben hat („Fiktionalitätsvertrag“), für in der Theorie sehr gut halte. Ich bezweifle hier aber, dass in der Praxis diese „Vertragsverbindlichkeit“ ausreicht, um einen normalen Besucher hinreichend dafür zu sensibilisieren, dass Teil des Debattierens nun einmal diese Fiktionalität ist. Zumindest bezogen auf die Chefjuroren, die Veranstalter, Ausrichter und die überspannende Debattiergemeinschaft wird eine unbescholtene Besucherin meiner Einschätzung nach annehmen, dass es sich um ein sehr „linkes“ Establishment handeln muss. Das finde ich bedenklich, weil es geeignet ist, Leute eher vom Debattieren abzuschrecken, als davon zu begeistern.
– Im Übrigen glaube ich auch, dass dieser Effekt zumindest teilweise breits durch das Zur-Abstimmung-Stellen des Themas realisiert wird.
– Persönlich bin ich daher der Ansicht, dass es ein aus Debattensicht gutes Thema ist, welches aber nicht in einer öffentlichen Runde vor Publikum gesetzt werden sollte. Ich bin mir dabei übrigens durchaus bewusst, dass ich damit für eine Selbstbeschränkung auf konsensfähige Themen plädiere und wir uns so die Möglichkeit nehmen, Besucher auf Finalveranstaltungen zum abstrakten Denken zu motivieren, was ein wenig unseren selbstverstandenen Bildungsauftrag konterkatiert. Das macht mich zwar etwas traurig, die Realitäten erfordern es aber meiner Einschätzung nach. Unser Hauptziel derzeit ist eher, das Debattieren bekannter und salonfähiger zu machen. Tiefere Denkanstöße (die das Thema einer Zuhörerin durchaus zu geben vermag, wie ich finde) sind eher etwas für eine gesellschaftlich bereits sehr gut etablierte Debattierszene. Auf internationalen Turnieren oder im UK Circuit kann man solche Themen daher wahrscheinlich besser setzen. Obgleich dort auch eher eine bestimmte Klientel zu den Veranstaltungen kommt, wenn überhaupt die unbescholtene nicht-debattierende Öffentlichkeit vor Ort ist.
War Umkhonto we Sizwes Gewalt gerechtfertigt oder effektiv? Eine Terrororganisation im Apartheid-Südafrika, die vom späteren Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela mitgegründet wurde, nachdem den ANC-Führern gewaltloser Widerstand nicht mehr zielführend erschien. Sind es Anschläge auf Abtreibungskliniken, wenn man fest davon überzeugt ist, dass dort routinemäßig Menschen ermordet werden? Oder Gewalt gegen Mauern und deren Erbauer*innen in der EU, wenn man davon überzeugt ist, dass dadurch viele Menschen umkommen, z.B. qualvoll im Mittelmeer ertrinken? Ich denke, die beabsichtigte alternative Finaldebatte sollte sich in diesem Spannungsfeld bewegen, und ich würde diese interessanten und nicht trivial zu beantwortenden Fragestellungen gerne von guten Debattierer*innen ausgefochten sehen. Auch wenn ich Nicolas zustimme, dass das wegen der Gefahr schädlicher Mißverständnisse vielleicht besser in einem nicht öffentlichen Halbfinale geschehen wäre.
Den Ausführungen von Jonathan zu unseren Überlegungen bei der Themensetzung schließe ich mich im Wesentlichen an. Ein paar Dinge möchte ich ergänzen und in ein paar Aspekten habe ich auch eine leicht andere Meinung.
1) Relevanz
Was ich schwer nachvollziehen kann, ist der Vorwurf der Irrelevanz gegenüber den Themen. Vielleicht kann sich dazu noch einmal jemand spezifischer äußern, warum welches Thema irrelevant ist? Dann wäre es für uns leichter, sich damit auseinanderzusetzen. Das Interpretationsthema nimmt dabei natürlich eine andere Rolle ein, dazu unten mehr.
2) Interpretationsthema
Ich kann gut verstehen, wenn einige meinen, ein solches Thema sollte man nicht bei einem kompetitiven Turnier stellen und ich kann auch nachvollziehen, wenn manche der Auffassung sind, so etwas taugt generell nicht für eine Debatte. Ich bin dennoch froh, dass wir es ausprobiert haben. Auch Prinzipiendebatten, Geschichtsdebatten, offene Themen oder First-Person-Motions waren einmal neu und haben sicher am Anfang Unbehagen bei vielen ausgelöst (und z.T. tun sie das ja auch immer noch). Dennoch habe ich den Eindruck, dass eine Mehrheit der Szene solche Themen als interessante Erweiterung des Themenspektrums begreift. Wir haben gehofft, dass ein Interpretationsthema perspektivisch ebenfalls eine solche Bereicherung sein kann. Bei der Auswahl des Interpretationsgegenstandes haben wir übrigens auch Bilder, Werbeslogans, politische Statements, Charakterisierungen von Personen oder sogar einen Witz in Betracht gezogen. Mit der Wahl des Liedes von Tocotronic (das ich zuvor übrigens auch nicht kannte) waren wir als Interpretationsgegenstand ehrlich gesagt auch nicht hundertprozentig glücklich. Aber wir hatten die Hoffnung, dass es zumindest hinreichend geeignet ist, diese Art Thema auszuprobieren und eine Diskussion dazu zu ermöglichen.
Randbemerkung: Auch mir erschließt sich nicht ganz, warum es besser wäre, ein solches Thema in einer früheren Runde zu stellen. Wenn man in der dritten Runde verliert, rutscht man doch danach auch noch einmal in tendenziell „schlechtere“ Räume und kann sich dann noch einmal hocharbeiten. Und selbst, wenn man es als letzte Runde stellt (wir wollten es aber bewusst in einer der Runden mit Feedback setzen): Macht es wirklich einen Unterschied, ob man, sagen wir, die erste Runde verliert und danach in allen anderen Runden gut punktet oder in den ersten vier Runden gut ist und dann die letzte Runde verliert? Vielleicht habe ich einen Denkfehler, aber ich erkenne das Problem nicht so richtig.
3) Zum nicht-gewählten Finalthema (im Text steht in der Tat die korrekte Variante)
Wenn wir damit Leute schockiert haben, tut uns das natürlich leid und wir wollten damit ganz sicher niemandem zu nahe treten. Grundsätzlich habe ich auch volles Verständnis dafür, wenn man sich weigert, eine bestimmte Position, die man in keiner Weise vor sich selbst rechtfertigen kann, in einer Debatte zu vertreten. Wie Christian richtig andeutet, habe ich das selbst schon einmal getan.
Im konkreten Fall des vorgeschlagenen Finalthemas hatten wir im Vorfeld nicht damit gerechnet, dass dies bei einigen Finalteilnehmenden passieren könnte, sonst hätten wir es natürlich auch nicht vorgeschlagen.
Dass es allgemein ein durchaus debattierbares Thema ist, das sich auch nicht fundamental von anderen Themen unterscheidet, bei denen Gewalt als Mittel der Politik debattiert wird, darauf haben inzwischen bereits einige Leute an verschiedenen Stellen hingewiesen (im Übrigen ist das Spektrum dessen, was terroristische Mittel umfassen können, sehr breit und eine Regierung könnte klug definieren, welche Mittel gegen wen in welcher Situation moralisch vertretbar und wirkungsvoll sein können).
Bezüglich der Frage nach der Finaltauglichkeit würde ich gern noch ein paar Gedanken hinzufügen:
a) Hätten wir keine Abstimmung zum Finalthema durchgeführt, hätten wir das Thema vermutlich nicht für das Finale vorgeschlagen. Ein sehr hartes Thema ruft ansonsten zwangsläufig bei mindestens einer Seite das Gefühl hervor, dass man gegen das Publikum anredet. Wenn das Publikum selbst ein solches Thema wählt, weil es neugierig ist, wie man eine solch krasse Position mit vernünftigen Argumenten begründen kann, würde sich ein solcher Effekt jedoch erheblich neutralisieren.
b) Wäre heute das Finale, hätten wir das Thema angesichts der Anschläge in Brüssel natürlich auch nicht gestellt.
c) Dem Finalpublikum selbst wäre durch die Moderation erklärt worden, was der Rahmen der Debatte ist und dass die Teilnehmenden nicht ihre persönliche Meinung vertreten. In dieser Hinsicht sehe ich den Aspekt der Außenwirkung des Gesagten also nicht so stark. Den Aspekt der medialen Rezeption sehe ich hingegen durchaus und halte ihn auch für tendenziell problematisch, da allzuoft nicht differenziert genug über das Format der Debatte berichtet wird. Ich habe immer die Hoffnung, dass man das durch gute Abstimmung mit der Presse verhindern kann, aber vermutlich scheitert das an der Realität der Presselandschaft.
Dies zusammen genommen mit den für mich gut nachvollziehbaren Ausführungen von Nicolas spricht m.E. dafür, dass es eine „Grenze des guten Geschmacks“ für Finalthemen gibt. Sollten wir diese im Fall des von uns vorgeschlagenen Themas überschritten und damit jemanden verletzt haben, tut es mir leid. Wenn wir diese Diskussion nutzen, um die Grenze für Finalthemen in allgemeiner Form zu definieren, sind wir aus meiner Sicht dennoch um eine Erkenntnis reicher.
Danke Tobi für diese sehr differenzierten Ausführungen 🙂
@Nicolas (Beitrag No. 25): Da wir neben dem Terrorismus-Thema mit dem letztlich gewählten Thema eine Motion zur Wahl gestellt haben, der man auf den ersten Blick gut und gerne das Attribut „national-chauvinistisch“ zusprechen kann, glaube ich nicht, dass wir in der Gesamtschau der Finalthemen den Eindruck vermittelt haben, wir seien ein spezifisch „linkes“ Establishment.
Auch von mir ein paar Worte 🙂
Vorweg, ich finde es sehr lobenswert wie (vor Allem) Jonathan, sowohl im Vorfeld als auch hier, Stellung bezieht.
Allgemein hätte ich mir zu einigen Themen ein Fact-Sheet gewünscht. Was ist dieses „Konzept des gerechten Krieges“, von dem sich die UN verabschieden soll? (Ich gebe Theresa in ihrer Analyse zudem recht, dass „verabschieden“ unterdefiniert ist. Es kann heißen die UN sagt in Zukunft Krieg gehört immer geächtet, oder aber Krieg muss nicht gerecht sein um legitimiert zu werden. Beides sind völlig unterschiedliche Debatten, die OP muss sich auf beide Schlachten vorbereiten.) Welche Restriktionen haben ehemalige Stasi-Mitarbeiter aktuell, und was wäre also möglicherweise unter eine Rehabilitierung zu verstehen? (Vielleicht bin ich hier auch einfach zu wenig gebildet oder bin Leser der falschen Zeitungen, aber mir ist diese Rechtslage tatsächlich unbekannt gewesen) Im Halbfinale dagegen glaube ich kaum, dass es jemanden gibt, der nicht weiß was das Urheberrecht ist, was allerdings ein „Kulturgut“ ist wäre doch interessant gewesen. Wenn ich mir den Wikipediaartikel (Jaja, schlechte Quelle, blabla) dazu durchlese gehören Bücher oder Popsongs überhaupt nicht dazu, es sei denn sie werden als Bedeutend und Bewahrenswert angesehen. Die Debatte hätte demnach viel eher ergeben, DH würde Künstlern ihr Urheberrecht nehmen, sobald das Werk Bedeutung erlangt. Ist meiner Meinung nach eine sehr schöne Debatte, wurde aber so weit ich gehört habe in beiden Räumen nicht geführt.
Zum Interpretationsthema: Meiner Einschätzung nach ist diese Idee zwar eine schöne, die Debatten sicherlich spannend, sowohl für Zuhörer, wie auch für Redner, aber ich sehe im kompetitiven Debattieren ein großes Problem: Es ist schlicht viel einfacher zu zeigen, dass etwas in einem Text enthalten sein könnte, als zu beweisen, wie von der Op gefordert, dass es nicht enthalten ist. Kombiniert mit einer gewissen Definitionshoheit der Reg, ist ein solches Thema mMn. gegen eine gute erste Regierung unmöglich zu gewinnen.
Zum alternativen Finalthema: Ich finde das Thema spannend, aber es hat mMn. nichts in einem öffentlichen Finale verloren und ich spreche mich ganz klar für eine ethische Grenze in bei öffentlichen Veranstaltungen aus.
Zunächst zur Legitimation und dem „Fiktionalitätsvertrag“ durch Abstimmung: Ein großer Teil des Finalpublikums sind Teilnehmer, welche eine ganz andere Ausgangssituation haben, denn für die ist die Fiktionalität bereits klar. Diese können die unsicheren weiteren Gäste stark „übertönen“. Weiterhin ist es meiner Meinung nach aber ohnehin nicht ausreichend, dass der Großteil des Publikums die Fiktionalität erkennt (ob die Abstimmung das eigentlich leistet oder nicht sei mal noch dahingestellt). Wenn 30% der Leute im Publikum sich unwohl fühlen, weil ein Thema debattiert wird und Positionen vertreten werden (müssen), die ihrer Einschätzung nach die Grenzen des guten Geschmacks deutlich überschreiten ist unserer Sache nicht gedient, ganz im Gegenteil! Dann besteht der „Vertrag“ eben auch überhaupt nicht zwischen den Debattanten und dem Publikum, sondern nur mit einem Teil des Publikums. Meiner Ansicht nach bei einem so heiklen Thema zu wenig! Und was sollen diese Menschen auch tun? Aus Protest den Saal verlassen? Zudem erhöht sich bei einer großen Anzahl von Gästen, die Möglichkeit der persönlichen Involviertheit, die bspw. Angehörige durch Terror verloren haben könnten.
Der Ehrenjury wird zwar mitgeteilt (so wie allen anderen auch), in welchem Rahmen wir uns bewegen, aber sie hat keinen Einfluss auf die Wahl des Themas, tritt also dem „das ist schon okay sowas zu sagen“-Vertrag nicht bei. Das kann sie in ihrer Aufgabe eine unabhängige Entscheidung für die beste Rede zu treffen massiv behindern.
Von den Debattanten kann(!) ein solches Thema als inakzeptabel bewertet werden. Sowohl, weil es ihre persönliche moralischen Grenzen übertritt (aber hier könnte man noch sagen suck it up, das gehört zu unserem Sport, daher ist das Thema bspw. ggf. Halbfinaltauglich), vor Allem aber, weil sie für sich erkennen könnten, dass sie ihre Aussagen dem in der Abstimmung unterlegenden Teil des Publikums nicht zumuten können oder wollen. Ist es fair, einem Team den Zeit-Debatten-Sieg zu verwehren, weil es sich moralisch verhalten möchte? Meiner Ansicht nach nicht.
Um an Tobia anzuschließen, es gibt verschiedene Mittel des Terrorismus.
1. „Unter Terrorismus wird die hauptsächliche politisch, aber auch religiös, motivierte Anwendung oder Androhung von Gewalt durch extremistische Gruppen und Einzelpersonen verstanden. Terroristen versuchen, mit Anschlägen, Attentaten, Sabotageakten und Entführungen die bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung zu stürzen.“ Das wäre etwa die Definition im Schülerduden und das „und“ zeigt, dass man ein Spektrum an mitteln hat und schlau definieren kann ;-).
2. Beispiele: So wird wird in Deutschland etwa Anschläge linker Gruppen, z. B. auf die S-Bahn in Berlin schon als Terror bezeichnet, aber vor allen die aktuellen Brandanschläge auf (unbewohnte) Flüchtlingsunterkünfte.
3. Die Regierungslinie war bei uns auch genau das, Anschläge etwa auf Boote der Küstenwache und auf die Zäune, um konkret den Durchbruch zu ermöglichen. Spannenderweise hat die Closing dann die Perspektive des Terrors durch Flüchtende, um ihr Menschenrecht durchzusetzen, eingenommen. Insgesamt hat es kein Team im Raum überrascht, dass so definiert wurde, im Gegenteil war die 1. Opp eigentlich nur auf diesen Fall vorbereitet.
Liebe Nicolas, wenn du deine eigene Definition mal ließt, wirst du selber merken, dass die Linie hier komplett davon gedeckt ist. Desweiteren verwende ich selber den Schülerduden und auf der ZEIT Debatte auch beide unserer Teams. Ich finde nicht, dass ich mich „erdreiste“, wenn ich jemand etwas vorschlage, was ich selber mache. Der Vorteil ist hier, viele kurze Definitionen, anders als würde er etwa ein Politik-Lexikon aus dem Studium nehmen, in dem jedes Wort meist über mehre Seiten abgearbeitet wird. Unser Juror hat es dem Team auf jedem Fall nicht empfohlen, auch weil unser Team die oben genannte Definition, Mittel und Beispiele ebenfalls (sogar ganz ohne Schülerduden) benutzt hat. Aber danke für deine Empfehlung zu längeren Texten, das Handwörterbuch Internationale Politik von Woyke sieht diese Mittel ebenfalls als Teil der Terror Definition. Übrigens sieht der § 129a (Bildung terroristischer Vereinigungen) auch Tatbestände, die nicht gegen Leib und Leben sind als Teil der Terror Definition.
@Robert: das beudetet, es ging der Regierung gar nicht darum, die Europäische Flüchtlingspolitik im Großen zu verändern, also die Regierungen zu einem umdenken zu bewegen sondern stattdessen darum, die Durchsetzung der aktuellen Politik zu erschweren? Kann man wohl machen, der Wortlaut des Themas lässt das wohl zu. Ich hätte trotzdem eher das Gefühl wie Nicolas, dass man sich mit den (aus meiner Sicht) mit dem Thema implizierten Fragestellungen damit zu einem Großteil nicht auseinander setzt.
Ich finde die Terrorismusdefinition dieses Schülerdudens übrigens sehr interessant, vor allem diesen Teil: „Terroristen versuchen […] die bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung zu stürzen.“ Jetzt kann man natürlich sagen, dass die Leute in eurem Fall gar keine Terroristen sind, sondern sich nur mit Mitteln von Terroristen für ihr Ziel einsetzen. Ist das bei euch so gemeint gewesen? Oder was wollen die Menschen mit ihren Anschlägen bei euch erreichen?
Allgemein: es wäre schön, wenn du den Hinweis mit dem Schülerduden von Anfang an richtig erklärt hättest. In Kombination mit dem sonstigen Wortlaut deines Posts wirkte das auf mich ohne eine solche Erklärung durchaus persönlich angreifend oder zumindest abwertend („Du hättest natürlich auf die Idee kommen können…“). Ich habe bewusst auf eine entsprechende Gegenreaktion verzichtet und habe gehofft, dass es sich um ein Misstverständnis gehandelt hat. Auf jeden Fall schön, wenn es nun wohl tatsächlich ein Missverständnis war und danke Nicolas dafür, dass er zur Aufklärung dieses Missverständnisses beigetragen hat.
@Christian: Richtig, die Linie der Regierung war nicht perfekt, da sie nicht auf die Kommunikation von Terror abgestellt hat. Wie gesagt, das war kein Team mit 20 Turnieren auf dem Buckel. Das heißt, der Aspekt, ob sie mit Anschlägen Bilder und damit die Menschen erreichen wollen, war unterausgebaut. Aber wir können uns sicher beide vorstellen, dass die Regierung mit Sabotage und Entführungen auch dieses Ziel anstreben kann und wohl auch sollte, wenn es im Finale gewinnen möchte.
Es tut mir Leid, wenn du das als persönlich angegriffen gefühlt hast. Ich finde gerade dieses Buch, wegen der kurzen knackigen Definitionen sehr gut und glaube, dass sowas nur der Debatte dienen kann.
Ja, dieses Ziel ließe sich wohl auch mit Sabotage und Entführungen anstreben (wobei ich Entführungen durchaus als Straftat gegen Leib und Leben ansehen würde). Inwiefern es damit erreichbar ist, ist allerdings eine andere Frage. Aber wie gesagt, ich möchte wirklich ungern in die Details einer solchen Debatte einsteigen.
In jedem Fall bin ich froh, dass das vorhin ein Missverständnis war 🙂 Bei Gelegenheit schaue ich mir das Buch gerne mal an.
Wenn in einem Beitrag Links vorkommen, macht das System auomatisch eine manuelle Genehmigung notwendig, so geschehen beim Beitrag von Jonathan, der nun veröffentlicht ist. Von unserer Seite wurde kein Beitrag zurückgehalten; bitte entschuldigt die Verzögerung.
Der Wortlaut des Alternativthemas steht im Übrigen in der Tat im Artikel.
@Jonathan: Vielen Dank für den inzwischen freigeschalteten Beitrag, er stellt sehr schön Vieles klar!
Zu Tobis Frage, warum Chefjuroren ihre Themen stets nach Ausgeglichenheit steigend anordnen sollten:
BPS hat ein Powerpairing-System. Je länger das Turnier geht (mehr Runden), desto weiter filtert Powerpairing ausgeglichene Paarungen in die Setzung. (Das geht natürlich abhängig von der Teilnehmerzahl mit vielen Runden immer präziser.) In Runde 1 und 2 trete ich noch gegen halbwegs zufällige Gegner an, in Runde 9 sollten die Paarungen bereits ziemlich optimal an tatsächliche Stärkeverhältnisse der Teams angepasst sein. In den vorderen Runden ist häufig ein Team klar stärker als ein anderes, in den späteren sind die Unterschiede zwischen den Teams tendenziell immer kleiner als in früheren Runden. Daher würde hier eine stärkere Unausgeglichenheit des Themas mehr Verzerrung im Bereich „Sieg zeigt Stärke des Teams“ bedeuten als in früheren Runden. Aus diesem Grund setze ich als BPS-Chefjuror meine Themen möglichst nach hinten hin in der Ausgeglichenheit zunehmend.
Erklärung zufriedenstellend? 🙂
Zu Musik als Feld äußere ich mich eventuelle in andermal, es ist spät und ich muss noch ein Mittwochsfeature vorbereiten. 😉