„Krasse Aktion, Bruder!“ – Warum studentisches Debattieren Teilnahmebegrenzungen braucht
2010 in Münster: eine Deutschsprachige Debattiermeisterschaft (DDM) im Sommer, das Wetter ist gut, die Stimmung auch. 2015: wieder Sommer, wieder Münster und wieder dieselben Gesichter. Fünf Jahre, oder einen Bachelor und einen Master später, waren einige der Redner von damals wieder mit von der Partie. Das schmeckte verschiedenen anderen Debattierroutiniers wenig, Raumnamen wie „Du hast schon 2010 hier geredet? Sicker Move, Bro!“ und „Schon geredet, als dein Juror den Nachwuchspreis gewann? Sicker Move, Bro!“ waren Spitzen, die auf dieses Unbehagen hinweisen sollten.
Nun lässt sich passiv-aggressiv und mit Ironie schlecht Politik machen, es ist also an der Zeit, mit Blick auf die Mitgliederversammlung des Verband der Debattierclubs an Hochschulen e.V. (VDCH) die Argumente abzuwägen. Dabei werden wir im Folgenden keinen konkreten Reformvorschlag unterbreiten. Stattdessen wollen wir grundsätzlich begründen, warum wir glauben, dass das Debattieren eine Regel braucht, die das (Debattier-)Alter und die Startzahl der Teilnehmer limitiert – sei es in Bezug auf Teams oder auf Einzelredner.
Stellen wir uns mal ganz doof: Was ist ein Student?
Beginnen wollen wir mit einigen Worten zum Charakter der DDM. Das Debattieren bezeichnet sich selbst als „studentisch“, gegenüber Sponsoren und auch nach innen. Folgerichtig ist auch der deutschsprachige Meister ein „studentischer“ Meister. Die Frage, was genau aber mit diesem Begriff gemeint ist, steht in vieler Hinsicht im Zentrum der Diskussion um Teilnahmegrenzen.
Die aktuell gültige, minimalistisch-formalistische Definition, der Begriff bezeichne alle Eingeschriebenen aller Altersklassen, auch in der Promotion oder im 22. Semester, führt in die Sackgasse. Wer sie vertreten will, verstrickt sich regelmäßig in erfolglosen Versuchen zu erklären, warum ein 33-jähriger Promovend diesen Begriff besser repräsentiert als ein 21-jähriger Azubi oder ein 25-jähriger Referendar.
Aus unserer Sicht ist mit „studentischem Debattieren“ etwas ganz anderes gemeint, nämlich eine soziologische Kategorie und keine juristische. „Studentisch“ wird man nicht durch den gelegentlichen Besuch einer Universitätsbibliothek und schon gar nicht durch den technischen Akt einer Immatrikulation. Was einen Studenten in diesem Sinne auszeichnet, ist seine Zugehörigkeit zu einem bestimmten, eben studentischen Milieu, und zwar in Bezug auf Habitus, Selbstwahrnehmung, Alltagsgestaltung, Einkommen (was die Subventionierung von Teilnahmebeiträgen nötig macht und zugleich rechtfertigt) und manches andere mehr. Wer noch Student ist, ist im besten Sinne unfertig. Entsprechend will der „Redewettstreit für Studenten“ ein Wettstreit für talentierten akademischen Nachwuchs und in diesem Sinne studentisch sein.
Diese Definition von „studentisch“ beschreibt bewusst eine relativ homogene Kohorte eher junger Studierender. Und das ist wichtig, weil etwas ganz Grundsätzliches zur Diskussion steht, nämlich die Chancengleichheit aller Teilnehmer. Die wird durch sehr erfahrene Vielstarter in fundamentaler Weise eingeschränkt.
Debattierer werden nicht älter, sie reifen.
Was das Debattieren nämlich von praktisch allen anderen Sportarten unterscheidet, ist, dass es keinen natürlichen Leistungsabfall kennt. Ein Tennisspieler wie Roger Federer kann Wimbledon aus dem simplen Grund nicht mehr gewinnen, dass er zu alt ist. Eine Weile kann ein Sportler den Abbau seine Körpers durch Erfahrung kompensieren, aber selbst bei den größten Talenten verlangt die Biologie ab einem bestimmten Zeitpunkt ihren Tribut: Bänder reißen, Gelenke werden morsch, der Antritt immer langsamer.
Das Gehirn dagegen, mit dem wir unseren Sport betreiben, kennt einen solchen Alterungsprozess bis ins hohe Alter nicht. Das Debattieren ist daher in dieser Hinsicht nicht mit anderen Sportarten vergleichbar, sondern nur mit gesellschaftlichen Feldern, in denen das Gehirn entscheidet, also etwa Wissenschaft und Literatur. Und wenn wir diese Disziplinen betrachten, zeigt sich, dass sie ganz viele Preise kennen, die nur an Komponisten unter 30, nur für Dissertationen oder nur für Romanerstlinge vergeben werden. Der Geist solcher Preise ist nie, die absolut beste Leistung auszuzeichnen, sondern stets, die beste Ausschöpfung eines noch begrenzten Potenzials zu prämieren.
Und genau darum geht es bei studentischen Debattierpreisen eben auch. Wer keinen potenzialgebundenen Preis, sondern einen reinen Bestenpreis vergeben will, sollte den VDCH konsequenterweise in VDC umbenennen und Gregor Gysi zur Teilnahme motivieren. Da das aber offenbar niemand will, reden wir darüber, wo die Potenzialgrenze zu setzen ist, deren Ausschöpfung wir bewerten. Wollen wir wirklich den 30-jährigen Debattierroutinier dafür auszeichnen, dass er den 19-jährigen Zweitsemesterstudenten schlägt?
Die Wahrheit ist: Ihr braucht diese Grenze!
Warum verschieben Alter und Erfahrung die Potenzialgrenze nun ständig nach oben? Das ist durch zwei einfache Gedankenexperimente schnell zu zeigen: Man frage sich nur, wie eine Debatte zwischen dem 20-jährigen Selbst und dem 25-jährigen Selbst derselben Person ausgehen würde. Natürlich würde das ältere Selbst gewinnen, weil es über einen ganz anderen Erfahrungsschatz verfügt, anders auftritt, schlicht bereits viel mehr gelernt hat usw. usf.. Wäre das jüngere Selbst dem älteren überlegen, sollte man den Besuch einer Universität dringend verbieten. Ganz analog dazu wird das 25-jährige Selbst mit fünf Jahren Debattiererfahrung aber auch gegen sein gleichaltes Neuling-Selbst gewinnen. Nicht nur Alter macht Menschen zu besseren Debattierern, Übung tut das auch. Solange Debattierer regelmäßig zu Clubabenden gehen und auf Turniere fahren, wird ihr Potenzial deshalb immer größer. Weil die Natur uns also keine Grenzen setzt, müssen wir es eben selber tun.
Putting the H back in VDCH
Jede gute Debatte braucht einen gewissen Satz geteilter Prämissen, innerhalb derer dann eine inhaltliche Auseinandersetzung geführt werden kann. Wir glauben, dass die Debatte um Teilnahmebeschränkungen sich auf zwei solche Prämissen stützen sollte: Die Definition des Deutschsprachigen Meistertitels als „studentischer“ Preis, der an ein bestimmtes Potenzial gebunden ist; und die Tatsache, dass das individuelle rednerische Potenzial mit Alter und Erfahrung ständig wächst. Letztere Wahrheit halten wir sogar für selbstevident.
So evident sogar, dass auch die Gegner einer Teilnahmebeschränkung es gar nicht bestreiten: Stattdessen behaupten sie, dass andere Mechanismen (Soziale Kontrolle, Berufseinstieg, Langeweile), den Zweck einer expliziten Beschränkung bereits erfüllen. Wir glauben, dass die Siegerlisten der letzten ZEIT-DEBATTEN-Serien das Gegenteil zeigen. Vor allem aber fragen wir, warum man sich überhaupt auf derart unsichere Mechanismen verlassen sollte, anstatt eine klare Regel zu setzen?
Die politische Frage an VDCH-Land lautet dann, welche Regel konkret aus diesen Prämissen abgeleitet werden sollte. Und da kann man legitimer Weise sehr unterschiedlicher Meinung sein. Mancher wird die absolute Qualität der KO-Runden wichtiger finden, und daher für eine eher laxe Regel sein. Andere werden ins Feld führen, dass Alter und Erfahrung nicht perfekt korrelieren, weil einzelne Spätberufene alt, aber unerfahren sind. Wir würden dem entgegnen, dass der Schaden für Debattierer, die mit 22 mit dem Studium aufhören und trotz großen Talents nie eine realistische Chance auf einen großen Titel hatten, sehr viel größer ist. Auch fürchten wir, dass dem Debattieren viele große Talente verloren gehen, wenn deren Aufstiegswege von überlegenen Routiniers blockiert werden. Und das vielfach beklagte Problem des Jurorenmangels würde gelindert, wenn diese Routiniers ihre Erfahrung auf den Juroren- statt auf den Rednerbänken einbringen würden. Das hätte auch den Vorteil, dass 22-jährige Juroren nicht mehr damit rechnen müssten, nach der Debatte von zehn Jahre älteren Rednern für ihre „Jurierfehler“ zurechtgestutzt zu werden.
Die konkrete Ausgestaltung einer Regel sollte an einem anderen Ort erörtert und abgewogen werden. Unser Ziel war zu zeigen, dass Debattierer nicht von selbst schlechter werden. Deshalb kann das Debattieren seinen studentischen Charakter nur bewahren, wenn ältere Generationen aufhören. Den richtigen Zeitpunkt dafür haben schon manche Debattierer verpasst. Sagen wir Ihnen also laut und deutlich, wann es soweit ist.
Florian Umscheid/Lukas Haffert/ama
Das Mittwochs-Feature: Jeden Mittwoch ab 10.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.
Lukas Haffert (27) gewann 2007 den Nachwuchspreis der Deutschen Debattiergesellschaft und war 2012 und 2013 Chefjuror der DDM. Er forscht und lehrt an der Universität Zürich.
Florian Umscheid (27) war 2013-2014 Präsident des VDCH und 2010 Nachwuchspreisträger der DDG. Er arbeitet und promoviert am Lehrstuhl Kommunikationswissenschaft in Bamberg.
Diese Debatte ist ein klassischer Fall für John Rawls. Sie kann nur dann ehrlich geführt werden, wenn wir einen Schleier des Nichtwissens tragen (für alle, die das Konzept nicht kennen: Die Menschen geben sich eine objektiv optimale Gesellschaftsordnung, *ohne* zu wissen, an welcher Stelle dieser Ordnung sie sich befinden werden). Können wir aber nicht. Insofern ist es nur natürlich, dass viele Betroffene aus ihrer eigenen Perspektive heraus argumentieren und – zum Teil verständlicherweise, wie im Fall von Peter G. – Angst davor haben, plötzlich ausgeschlossen zu werden. Aber die Wahrheit ist: Ein schlauer Antrag, wie ihn Lukas oder Patrick vorschlagen, nutzt 95% der Debattier_innen zuungunsten einiger weniger und trifft weder Peter G. noch ähnliche Fälle. Die Mehrheit der Clubs sollte einfach eigennützig genug sein, um zu erkennen, dass Flo, Lukas, Barbara und die anderen Altersbeschränkungsbefürworter eine Regelung in ihrem Sinne vorschlagen und diese dann auf der MV durchsetzen.
Was ich überhaupt nicht verstehe, ist Folgendes: Als es irgendwann zu wenige Turniere gab, um allen interessierten Debattierer_innen Wettbewerbsmöglichkeiten zu bieten, haben wir die FDL gegründet. Irgendwann hat Lennart (ich glaube, es war Lennart), ein spezielles Angebot für die ganz Neuen erdacht: Die Einsteigerliga. Nun hat sich – nach rund 15 Jahren VDCH-Debattieren – offensichtlich ein neuer Bedarf herausgebildet: Jene, die aus dem studentischen Debattieren herausgewachsen sind, wollen weiterhin antreten und Titel gewinnen dürfen. Okay, frage ich mich, warum gründen wir nicht einfach eine Liga für die Altherrenclubs? Mit dem Methusalem Cup ist doch schon ein Anfang gemacht worden. Dann braucht niemand mehr den jungen Leuten ihre Plätze und Siege wegzunehmen.
Jugend Debattiert ist ein hervorragendes Modell für junge Leute bis zum Abitur. Aber jene, die ihr Abitur an Abendschulen o.ä. nachholen, können daran nicht teilnehmen. Obwohl sie doch ihr Abi machen und Schüler sind. Und VDCH-Debattieren ist für junge Leute in ihren Zwanzigern gedacht. Jene, die diese Phase ihres Lebens hinter sich gelassen haben, sollten sich wiederum woanders austoben. Die Argumentation, an die 50-jährigen Erstis sollten wir auch Pokale geben, ist doch bloß ein Versuch, auf der eigenen Seite konsistent zu bleiben. Die Idee lässt sich aber positiv wenden und als Keim einer neuen Entwicklung im Debattieren verstehen: Die studentischen Debattierer_innen sollten per Altersgrenzmodell á la Haffert oder Ehmann geschützt werden. Und die Rentner sollten eine Rentnerliga bekommen!
Zu guter Letzt: Ich finde es auch gut, dass die Gegner einer Regelung es offen zugeben: Denkt man konsequent, braucht man auch eine Regelung für die ZEIT DEBATTEN. Genau so ist es auch.
Es ist furchtbar und ungeheuerlich wie es schon wieder einzelne Beiträge, wie deiner Daniil, versucht die Diskussion in Lager zu unterteilen von Befürwortern und Gegnern, Betroffenen etc. Kann man das endlich mal lassen? Es gibt hier Leute die schlicht sich fragen, ob der Antrag seine gewünschte Wirksamkeit (wie zum Beispiels Barbaras Post, der eine hervorragende Analyse hat) erreicht. Danke, bis eben war die Diskussion sachlich. Jetzt müssen wir wieder persönlich werden. Go, Trolls, go!
Mein lieber Daniil, ich würde dich doch bitten dich auf deinen eigenen Einstieg zu besinnen – dem Schleier des Nichtwissens. Löse dich von meiner Person. Dann solltest du es schaffen, dich mit meiner Argumentation auseinander zu setzen, anstatt über meine Motive zu spekulieren, sie für nicht uneigennützig genug zu erachten, und daraus den Schluss zu ziehen, die Argumente wären unbegründet.
Wie auch Christian (MZ) es in seinem Fall schon erläutert hatte, gebe auch ich lieber Beispiele, die mich betreffen, als solche die andere betreffen. Insbesondere in einer öffentlichen Debatte. Es geht mir hier aber, so sollte man erkennen, nicht darum meine Haut zu retten. Ansonsten würde ich kein Problem mit einer Altersregelung haben – im Gegenteil, ich sollte sie furios unterstützen, da sie mir nützen würde, so alt bin ich nun noch nicht ;-). Auch wäre mir, sofern ein Bestandsschutz etabliert ist, wohl die gesamte Diskussion egal. Ist es aber nicht, aus allen genannten Gründen, mit denen du dich nicht auseinandersetzen wolltest.
Vielleicht gelingt dir ja die Abgrenzung einer Zielgruppe, damit wäre der Suche nach einer Regelung, denke ich, sehr geholfen. Um hier mal eine neue Denkrichtung anzustoßen, könnte man darüber reden, ob es sinnvoll wäre Breaks zu limitieren. Wer 1,2,3,4,5,X mal gebreakt ist, darf nicht mehr antreten. Das verhindert Overkill-Teams, diskriminiert aber weder Lebens-, noch Debattieralter. Wer unten auf dem Tab niemandem was zu Leide tut, kann starten wie er lustig ist. Weiter sollte mal erwogen werden nicht den Start, sondern den Break zu limitieren.
Völlig Recht gebe ich dir in deiner Analyse zum Bedarf einer Liga für Debattanten, deren Studiumszeit vorüber ist. Eine Weder einer Startzahlbegrenzung bei der DDM, noch eine Altersbeschränkung ist aber notwendig um eine solche zu schaffen.
Eine kurze allgemeine Nachfrage:
Ist es nur meine Wahrnehmung oder wird diese Diskussion im wesentlichen von denjenigen geführt, die bereits unter die Regelung fallen würden (oder in naher Zukunft)?
Und falls ja, glaubt ihr nicht auch, dass dies insbesondere auch eine Frage an „jüngere“ (Debattieralter!) Debattierende sein sollte – quasi eine Entscheidung der 95 %?
Um meine grundsätzliche Haltung in dieser Debatte loszuwerden:
Ich bin gegen Diskriminierung auf Basis des Alters und spreche mich für eine Beschränkung der Teilnahmen aus. Ich finde der Artikel begründet hier klar, warum Debattiererfahrung sich anders verhält als der Muskel beim sportlichen Wettkampf. Ferner glaube ich, dass die Meisterschaften des Verbands der Debattierclubs an Hochschulen den studentischen Charakter (junge Talentierte, die noch am Anfang ihrer charakterlichen Entwicklung stehen) berücksichtigen müssen und nicht die Suche nach dem besten aller Redner in Deutschland.
-> Startzahlbegrenzung auf 4 Starts (Vertrauensschutz für direkt betroffene – 1 weiterer Start) – eventuell eine Regelung um dem grenzenlosen Aufsparen entgegenzuwirken – jedoch nicht am Alter festgemacht, sondern am Debattieralter: nach 5 Jahren aktiven! Debattieren nur noch 1 Start.
=> Ich glaube nicht, dass hier Starts unendlich aufgeschoben werden würden – wir wollen alle mal anfangen richtig zu arbeiten… aber berücksichtigen hiermit die unterschiedlichen Lebenswelten – sei es spät anzufangen oder mal ein Jahr auszusetzen.
P.S: Ich finde die Diskussion um Juror*innen nebensächlich. Vermute aber auch, dass diese Regelung die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich Einzelne früher dem Jurieren zuwenden werden.
Hallo nochmal Zusammen,
ganz kurz noch zwei Anmerkungen. Und Dank an Christian für die Klarstellung meiner Position gegenüber Lukas – nochmal für Alle: Mainz vertritt verschiedene Positionen hier – intern gehöre ich zu denjenigen Leuten, die mit einer gewissen Begeisterung und gewiss mit Überzeugung (im Übrigen seit ca. 2010 :P) die Ansicht vertreten, dass eine Begrenzung der Startberechtigung nach Anzahl gut ist. Wie so oft sind meine Motive dabei weniger liebevoll, als die Motive anderer Lager in der Debatte hier sein mögen – ich möchte eine gut besetzte DDM und habe rein gar nichts gegen das strategische „aufsparen“.
@ Philip S. –> Mainz wird – so die Götter und die Mainzer Clublenker das zulassen – gegebenenfalls einen Antrag mit einer sehr nah an Deiner Position liegenden Neuregelung stellen.
@ Daniil, Peter:
Das ist doch – lässt man die leichte Spitze der „Rentnerliga“ mal außen vor – mal eine konstruktive Ergänzung zur bisherigen Diskussion. Vielleicht ist – tatsächlich – der Zeitpunkt gekommen, an dem wir (wer, wenn nicht wir?) uns mal Gedanken über eine offene, nicht-studentische Liga oder eine „Deutsche Meisterschaft im Debattieren“ machen sollten, auf der schlicht die besten Redner gewinnen sollen. Egal welchen Alters, Berufs oder Bildungshintergrundes. Vielleicht würde eine professionelle Umsetzung dieser Idee die Problematik in angenehmer Weise eliminieren und dem Debattieren insgesamt mehr gesamtgesellschaftliche Bedeutung zukommen lassen. Ich fände das nicht schlecht und weiß von einigen, die durchaus daran interessiert wären, ein echtes „Erwachsenendebattieren“ (ja, dies ist eine Spitze!) einzuführen.
Nur kurz vornweg: Ich bin beeindruckt, wie sachlich und konstruktiv diese Debatte hier bei allen Differenzen geführt wird. Das ist selten im Internet, Gratulation an alle Beteiligten!
Das Argument, das in meinen Augen streitentscheidend ist, ist die Frage nach dem Abschreckungseffekt. Meiner Auffassung nach sollten die Regeln, die der Verband sich gibt, zwei Ziele verfolgen: 1. Sie sollten dazu führen, dass möglichst viele Menschen debattieren. 2. Sie sollten dazu führen, dass die Leute sich möglichst stark verbessern. (Wenn beide Ziele im Widerspruch stehen, muss eine Abwägung vorgenommen werden, die mir jetzt zu kompliziert, und hier auch nicht notwendig ist.)
Ausgehend von diesen beiden Zielen, steht und fällt die Notwendigkeit einer restriktiveren Regelung in meinen Augen mit dem Argument, dass Neulinge abgeschreckt werden durch die V.S.O.P.-Debattierer*innen auf der DDM. Vielleicht hängt die Frage, wie glaubwürdig man dieses Argument findet, damit zusammen, wie ehrgeizig man selbst ist. Ich selbst habe meine Teilnahme an der DDM (und an anderen Debattierturnieren) nie in erster Linie davon abhängig gemacht, wie gut meine Gewinnchancen waren. Ich habe in Turnieren in erster Linie eine Möglichkeit gesehen, den Brainfuck Debattieren gegen kreative und richtig starke Teams zu üben. Debattieren war für mich in erster Linie Horizonterweiterung durch verblüffende, aber saustarke Argumente. Deswegen wollte ich immer möglichst gegen Leute reden (und als Juror solche Teams sehen) die solche Argumente auspacken. Wenn der Turniersieg ein stärkeres Movens ist, dann folgt daraus eine andere Einstellung gegenüber der restriktiveren Regelung.
Kennt denn jemand eine*n junge*n Debattierer*in, der diesen Abschreckungseffekt erlebt hat? Diese „jungen“ Leute (die erst ein, oder zweimal auf der DDM waren) müssten sich hier mal über ihre Empfindungen äußern. Sonst bleibt das alles sehr spekulativ. Wenn der Abschreckungseffekt real ist, dann habe ich kein Problem mit einer sinnvollen Restriktion. Wenn nicht, bin ich nicht überzeugt.
Spielen wir doch wirklich mal Rawls durch und greifen Daniils Zahlen auf und machen das ganze mit einem Beispiel griffig: man kann sich entscheiden, dass in der neuen Gesellschaft (mit 100 Einwohnern) jeder ein Startkapital von 1.000 € erhält (gleiches Recht für alle, womit nicht gleiches Talent, gleiche Intelligenz oder ähnliches gemeint ist;). Nennen wir das Variante 1. Man kann sich aber auch entscheiden, dass 5% der Gesellschaft leer ausgeht und dass die frei werdenden 5.000 € auf die restlichen 95% verteilt werden. Nennen wir das Variante 2. Und jetzt die Preisfrage: Wenn man nicht weiß, zu welcher Gruppe man gehören wird, den 95% oder den 5%, entscheidet man sich dann für Variante 1 oder Variante 2?
Das muss natürlich jeder für sich selbst beantworten. Die Antwort ist vermutlich für die Feststellung der ethischen Gesinnung interessant, aber wie Daniil schon anmerkt: Hier kann man davon ausgehen, dass die allermeisten wissen, zu welcher Gruppe sie gehören. Wenn man jetzt sicher sein kann, in Variante 2 zu den 95% zu gehören, die nichts verlieren, aber dafür sogar auf Kosten der 5% etwas dazu gewinnen können, sollte man dann für diese Variante stimmen? Diese Frage ist rein ethisch betrachtet natürlich noch interessanter. Daniil meint, dass man allein deshalb, weil man einen eigenen Vorteil hat, für eine Regelung stimmen soll, die anderen (einer Minderheit) einen Nachteil bringt.
Eine solche Einstellung halte ich persönlich für höchst fragwürdig. Man kann mit Gerechtigkeit oder Fairness argumentieren (übrigens sieht auch Barbara den Punkt der Fairness nicht allein auf Seiten der Befürworter einer Alterseinschränkung, wenn ich Post 23 richtig lese). Man kann versuchen zu erklären, dass ältere Menschen die klügeren sind (Übrigens: gibt es Empirie dafür, dass Leute, die mit 27 oder 30 Jahren mit dem Debattieren anfangen, erfolgreicher sind als Leute die mit 20, 22, 24 oder 26 Jahren anfangen? Wenn nicht, ist der oben stehende Artikel nicht viel mehr als eine unbewiesene These. Mich würde auch mal interessieren, wie viele Leute das eigentlich sind, die mit 27, 30 oder 50 mit dem Debattieren anfangen (!), aktiv dabei bleiben (!) und gar auf Turniere fahren (!) und ob wir da auf über 10 Leute kommen – in ganz VDCH-Land!). Man kann auch sagen, dass studentisch nur ist, wer „jung“ ist oder dass es bei „Jugend Debattiert“ ja auch Einschränkungen gäbe. Das kann man alles sachlich begründen. Aber wem es einfach nur um seinen eigenen Vorteil geht, sollte vielleicht mal darüber nachdenken, welche Werte wir beim Debattieren unter anderem eigentlich hoch halten: Weltoffenheit, Rücksicht auf Minderheiten, gegenseitige Akzeptanz (auch und gerade im Streit), Ideale wie Gleichheit und Gerechtigkeit. Und klar, zwischen diesen Werten muss man manchmal abwägen. Und genau das tun die meisten in dieser Diskussion (auch auf Seiten derer, die Verbote fordern) und ich behaupte nicht, dass meine Ansicht die einzige unter diesen Gesichtspunkten vertretbare Ansicht ist. Aber wer einfach nur und ausschließlich zu seinem persönlichen Vorteil und unter Inkaufnahme eines (im Vergleich zu seinem dadurch erlangten Vorteil) deutlich schwerer wiegenden Nachteils für andere Personen für einen Antrag stimmt, der verrät nach meiner Ansicht alles für was wir als Debattierer zu stehen glauben. Ich kann niemandem in den Kopf schauen, aber wenn das am Ende die Motivlage ist, die den Ausschlag geben sollte, verabschiede ich mich gerne und vollständig aus der Szene.
@Jonathan: Wenn wir schon nach der Abschreckungswirkung fragen, sollten wir fairerweise auch nachfragen, was die Leute mehr abschreckt:
Leute, die seit dem sechzehnten Lebensjahr debattieren, mit 18 auf ihrer ersten DDM waren und dann noch bis zum Alter von 26 Jahren durchgehend starten (stellt euch vor, ihr trefft dann auf der DDM auf solche Personen, wenn sie bereits 26 sind und bereits X ZEIT Debatten gewonnen haben und auch einen oder zwei DDM-Titel). Oder Leute die mit 30 auf ihre erste (oder von mir aus zweite DDM) fahren und mit 29 Jahren mit dem Debattieren angefangen haben. Da sollte man sich schon fragen, wer hier konsistenter argumentiert: diejenigen, die behaupten, dass der 30 Jährige einen schwerwiegenderen Beitrag zur Unfairness leistet (Patrick, Daniil, Lukas) oder diejenigen, die da eher an den 26 jährigen denken, der nach Patricks, Daniils und Lukas‘ Logik immer noch starten dürfte.
Und gerne nochmal, Daniil: ich hätte wirklich kein Problem mit dem 50 Jährigen Ersti. Wie bereits ausführlich dargelegt, ist die Chance aber so unglaublich klein, dass dieses Beispiel jemals eintreten wird, dass es meiner Ansicht nach keine Diskussion wert ist (Aber wo wir schon mal dabei sind: Wie viele Clubs haben 50 Jährige Erstis als Mitglieder? Und falls es welche gibt, auf wie viele Turniere fahren die? Und haben die wirklich Breakchancen auf der DDM? Und wenn nicht (oder auch wenn doch), zerstören sie mit ihrer Anwesenheit den studentischen Charakter? Und was ist eigentlich aus diesem Gregor Gysi geworden?). Es handelt sich da eigentlich um eine sehr offensichtliche Nebelkerze.
@Philipp S: Nach meiner Wahrnehmung wird die ganze Sache vor allem von den Leuten diskutiert, die auch sonst die meisten Posts bei 8Minute Diskussionen schreiben. Gerade Jungdebattierer (und damit meine ich nicht das Lebensalter) haben hier glaube ich Hemmungen, die hatte ich anfangs übrigens auch. Trotzdem, an alle Mitlesenden: Äußert euch! Auf eure Meinung kommt es mindestens genau so viel an wie auf die von allen bisher Beteiligten! Und keine Sorge, bis auf wahrscheinlich zwei Ausnahmen wird euch vermutlich niemand allein deswegen egoistische Motive unterstellen, falls ihr einer der bisher vorgebrachten Ansichten widersprecht (so viel übrigens auch zur Sachlichkeit der Diskussion, wenn sie auch weit überwiegend gewahrt wird, was ich ebenfalls begrüße).
Zum Abschluss: Wie bereits gesagt denke ich, dass eine Startzahlbegrenzung ohne Verknüpfung mit dem Lebensalter eine gangbare Alternative ist, wenn man denn unbedingt eine Begrenzung möchte. Dagegen sprechen unter anderem die von Friebe und Peter vorgebrachten Gründe. Dennoch würde ich sie in der Abwägung immer einer an das Alter anknüpfenden Regelung vorziehen. Wer mir dabei egoistische Motive unterstellen will (und es gibt offensichtlich Leute, die das tun, Stichwort „Lieblingsthema“ oder Post 41), der kennt mich schlecht. Aber wenn das jemand tut, bin ich auch nicht besonders scharf drauf, an diesem Zustand etwas zu ändern.
Christian, in dem von Dir vorgestellten Beispiel wähle ich die Variante 1. Das Problem ist aber, dass Dein Beispiel nicht zu dem hier diskutierten Sachverhalt passt. Bei Dir geht es um Verteilungsgerechtigkeit zwischen gleichen Individuen. In der Diskussion hier geht es aber um die Frage, wie Verteilungsgerechtigkeit unter Individuen geschaffen werden kann, die sich mit Blick auf ein verteilungsrelevantes Merkmal unterscheiden.
Mich verwundert die Diskussion um das Alter ein wenig. Um es mit dem crazypointbesten Debattierer meiner Zeit zu sagen: Es ist für mich ein trauriger Moment, denn ich muss mir einer Wahrheit bewusst werden, die ich mir nicht gerne eingestehe: Biologie ist relevant. Den Versuch, so zu tun, als ob man mit dem Alter nicht von vorn herein völlig andere Teilnahmebedingungen hätte, halte ich – auch aus eigener Erfahrung – ehrlich gesagt für unredlich. Nicht nur die Lernkurve ist bei reifen Persönlichkeiten um ein vielfaches steiler, weil sie bereits über Wissen und Erfahrung verfügen, auf der sie aufbauen können (Du, Christian, bist das beste Beispiel dafür). Auch der natürliche Habitus einer älteren Person entspricht im Regelfall deutlich mehr dem Ideal eines Redners. Weiterhin spielen natürliche (Alters-)Hierarchien eine Rolle. Warum das alles so ist, haben die Autoren sowie Christian LD aus MD bereits gezeigt. Patrick hat außerdem ausgeführt, warum das Alter eine wichtige Stellgröße ist, um den Grundcharakter des Debattierens aufrechtzuerhalten.
Daraus folgt: Eine Begrenzung, die allein an das Debattieralter gekoppelt ist, ist nicht wünschenswert. Wenn man die Teilnahmen der Jüngeren in gleichem Maße beschränkt wie die der Älteren, verschärft man im schlimmsten Fall die Problematik, die es zu lösen gilt. Alte Anfänger sind eben, siehe oben, keine Anfänger.
@ Daniil: Dein Motiv scheint die Fairness zu sein – jedenfalls lässt dein Rawls-Argument das vermuten. Es gibt unendlich viele Faktoren, die der einen Rednerin mehr Chancen einräumen, als der anderen. Alter ist eines darunter.
Interessante Anträge, die da gerade verschickt wurden. Vor allem der Punkt „Bestandsschutz“: Mit diesem Bestandsschutz dürfte ich schon ab jetzt auf keiner ZEIT Debatte mehr antreten (auch nicht in einer Pro/Am Variante).
Ich möchte Christians Aufforderung folgen, und mich zu dieser Debatte als mit 20 Jahren und 2 Debattiersaisons doch nach allen Maßstäben noch recht junger Redner äußern. Wenig Argumente sind wirklich neu, aber ich möchte die Sache ganz gerne einmal aus einem etwas anderen Blickpunkt darstellen.
Vorweg:
Auch ich habe auf den zwei DDMs, an denen ich bisher teilnehmen durfte, erlebt, dass ich das Gefühl hatte, dass Teilnehmer dort antreten, die nicht mehr unter die Zielgruppe der studentischen Debattanten fallen. Das allerdings nicht so oft und intensiv, wie es andere wahrzunehmen scheinen. Mir wäre es, wie vielen der Befürworter, auch lieber, wenn diese Menschen in Zukunft auf eine Teilnahme verzichten würden. Trotzdem bin ich gegen eine Startverbot.
Ich glaube nämlich nicht, dass sich jemals eine diskriminierungsfreie und damit gerechte allgemeine Regelung finden wird, und auch nicht, dass die Ungerechtigkeit ohne eine Regelung so groß ist, dass sie es rechtfertigt, dass der Verband hier eine Regelung einsetzt und damit selbst Ungerechtigkeiten schafft.
Wie schon vielfach angemerkt wurde, ist allen Vorschlägen zur Regelung bisher gemein, dass sie bestimmte Gruppen diskriminieren.
Altersregelungen schließen Menschen aus, die erst spät auf ihrer ersten DDM antreten, weil sie spät mit dem Studium anfangen, oder erst spät zum Debattieren finden;
Regelungen zur Teilnahmezahl betrachten nur diejenigen, die an jeder DDM mit einer gewissen Ambition auf den Titel oder zumindest auf den Break antreten. Schließlich, und auch das wurde schon angemerkt, sind ältere Teilnehmer nur dann ein Problem, wenn sie auch starke Redner sind. Solche Regelungen bestrafen dafür die Debattanten, die auf die DDM fahren, ohne dabei Chancen haben, zu breaken, oder zu gewinnen. Sei es, weil sie aus einem kleinen Club kommen, der dringend weitere Redner braucht, um überhaupt eine Teilnahme zu ermöglichen, oder sei es, weil sie dabei sind, einen Club aufzubauen, und nach ihren ersten 4 Teilnahmen grade erst bereit sind, wettbewerbsfähig zu debattieren.
Die Vorschläge ignorieren, dass die DDM grade zu Beginn und für kleine Clubs, also letztendlich für einen großen Teil des Teilnehmerfelds, eben nicht die Möglichkeit ist, Deutscher Meister zu werden, sondern am größten Turnier der Saison teilzunehmen, mit vielen anderen Debattanten zusammen zu kommen, dort wertvolle Erfahrungen zu sammeln und nicht zuletzt Spaß zu haben. Regelungen, die eine Notwendigkeit schaffen, jeden Versuch zählen zu lassen, beschädigen das.
Kombinierte Vorschläge, wie Lukas 27 + 6 lösen zwar das Altersproblem, haben aber auch Nebenwirkungen. Ein völlig durchschnittliches Hochschulstudium im Bachelor/Master – System umfasst für gewöhnlich zehn Semester nach Regelstudienzeit, also fünf Jahre. Mit vier Teilnahmen wäre also sogar ein im wahrsten Sinne mustergültiger Student, der mit 18/19 sein Studium beginnt, nicht dazu in der Lage, nach Regelwerk durch sein Studium hinweg an der DDM teilzunehmen. Mir persönlich fällt kein Grund ein, warum das so sein sollte. Offensichtlich verletzt dieser potenzielle Teilnehmer nicht die soziologische Kategorie Student, ist also keine Gefahr für den studentischen Charakter des Turniers, sondern, wenn überhaupt, eine Bereicherung. Es ließe sich argumentieren, dass dieser Teilnehmer anderen, jüngeren Debattanten aus seinem Club Startplätze stiehlt. Das kann ich nachvollziehen, ich halte es aber für eine Sache, die der Verband nicht für den einzelnen Club entscheiden kann. Schließlich ist vielleicht derjenige, der in einem Club Startplätze blockiert, im anderen derjenige, der ein Team überhaupt erst vollständig und startfähig macht. Auch bei Barbaras Argument zur Verbesserung der Jurorenpools bin ich eher geneigt, Willys Argumentation zu folgen. Zu guter letzt steht das Argument, dass jemand, der zu lange debattiert, irgendwann zur unfairen Konkurrenz wird. Auch diesen Gedanken verstehe ich, jedoch glaube ich, dass auch das ein Problem ist, dem keine Regelung Herr werden kann. Ein wesentlicher Faktor für die Ausbildung eines Redners ist beispielsweise die Anzahl seiner Turnierteilnahmen. Wer genug Zeit hat, in einem Semester praktisch jedes Wochenende auf ein Turnier zu fahren, wird immer bessere Startchancen haben, als jemand, der in dieser Zeit arbeiten oder lernen muss, um sein Studium zu ermöglichen. Ebenso wird jemand, der das Glück hat, in einer Stadt zu studieren, die etablierte Clubstrukturen hat, auch bei gleichem Talent immer mehr Chancen haben, als jemand, der so etwas nicht vorfindet. Und es gibt, und hier spreche ich nun wirklich aus eigener Erfahrung, nicht viel, was das Glück aufwiegen kann, im Club Menschen vorzufinden, mit denen man sich man sich sehr gut versteht und mit denen man sich in einem Team ergänzen und gemeinsam wachsen kann. Das alles sind Ungerechtigkeitsfaktoren, aber es sind Faktoren, die natürlichen Ursprungs sind, keine künstlich geschaffenen. Ich glaube, dass es wichtig ist, zu versuchen solche Ungerechtigkeiten auszugleichen, aber ich bin nicht überzeugt, dass wir uns von denjenigen, die Unfairness schaffen, indem sie weit über ihre Zeit hinaus antreten, dazu zwingen lassen sollten, selbst Ungerechtigkeiten einzuführen.
Denn letztendlich ist die Fragestellung, die man einem potentiellen Teilnehmer stellen sollte, nicht „Wie alt bist?“ und „An wie vielen Turnieren hast du teilgenommen?“, sondern „Kannst du dich ehrlicher Weise zu den studentischen Debattanten zählen?“. Wenn jemand darauf ehrlich mit „Ja“ antworten kann, dann soll dieser jemand an der DDM teilnehmen, egal, welche äußeren Merkmale er hat. Ob dieses „Ja“ der Wahrheit entspricht, ist eine Frage, die jedes Individuum nur für sich abschließend beantworten kann, zusammen mit freundlichem und konstruktivem Feedback aus seiner Umgebung. So etwas lässt sich ein keiner Regel kodifizieren. Natürlich gibt das die Möglichkeit, die Abwesenheit einer Regel absichtlich und bösartig zu missbrauchen, doch ich würde das für eine außerordentliche Situation halten, die keine generelle Diskriminierung rechtfertigt. Wenn jemand aber die Frage für sich mit „Ja“ beantwortet kann, dann bin ich persönlich auch mit, im Vergleich fast noch zarten, 20 Jahren bereit, mich einem fast 30-jährigen auf seiner sechsten DDM zu stellen. Vermutlich wäre das ein Duell, das mein Team verlieren würde, wenn wir von homogenen Leistungen auf jeder Seite ausgehen. Es wäre aber ein sportlich fairer Wettkampf und ich persönlich würde mich wohler fühlen, von einem besseren Redner geschlagen zu werden, als zu gewinnen, weil der bessere Redner nicht starten durfte. Zumal ich ohne die Starteinschränkung vermutlich auch noch bessere Chancen haben dürfte, schöne, starke und lehrreiche Debatten zu erleben, kurzum das, wofür was ich persönlich mir von einer Debatte auch auf einer DDM wünsche.
Die wichtigste Motivation an einer DDM oder, je nach Antrag, sogar an einer Zeitdebatte, teilnehmen zu können, sollte aus meiner Sicht nicht allein die Möglichkeit sein, einen Preis davon mitzunehmen, sondern der Spaß am Sport und die Möglichkeit, seinen eigenen Charakter daran zu stärken und sich mit den besten studentischen Debattieren messen zu können. Alles letztgenannte geht ohne eine starre Regelung vermutlich sogar besser, als mit ihr.
Hört, hört!
Sehr schöner Beitrag von Julius! Ich unterschreibe das in allen Belangen. Lasst uns nicht unstrukturierte Ungleichheit einführen – das ist entweder ein Kampf gegen Windmühlen oder – im schlimmeren Fall – werden wir die Windmühle.
1. Zur Abschreckung:
1.1. Ein Abschreckungseffekt resultiert daraus, dass auf einem Turnier Teams antreten, die als so leistungsstark wahrgenommen werden, dass die eigenen Siegchancen gering erscheinen.
1.2. Das (Debattier-)Alter der Mitglieder eines starken Teams ist für diese Abschreckungswirkung irrelevant.
1.3. Leistung und Erfahrung korrelieren im Debattieren positiv.
1.4. Aus 1.1. und 1.3. folgt, dass ein Ausschluss (debattier-)älterer TeilnehmerInnen den Abschreckungseffekt durch Homogenisierung der Leistungen reduziert.
1.5. Aus 1.2. folgt, dass der Abschreckungseffekt effizienter durch den Ausschluss leistungsstarker TeilnehmerInnen reduziert würde. Siehe Peters Vorschlag zur Begrenzung der Anzahl der Breaks einer Person.
1.5.1 „Effizienter“ bedeutet hier, dass so wenige TeilnehmerInnen wie möglich ausgeschlossen werden.
2. Zur Jurierqualität:
2.1. Ziel der Maßnahme ist im Hinblick auf die Jurierung wohl, dass mehr gute DebattantInnen öfter jurieren.
2.2. Ein Redeverbot in Abhängigkeit vom (Debattier-)Alter ist geeignet, manche DebattantInnen zu einem Verhalten nach 2.1. zu bewegen.
2.3. Das Ziel aus 2.1. könnte auch durch mildere Mittel — in entsprechend geringerem Maße — erreicht werden. Vorgeschlagen wurde bereits, dass nach n Teilnahmen als RednerIn einmal juriert werden muss.
2.4. Das Ziel aus 2.1. könnte effizienter erreicht werden, wenn leistungsstarke DebattantInnen zum Jurieren gezwungen würden. Siehe 1.5.
3. Zur Fairness:
3.1. Die Fähigkeit zu guten Leistungen im Debattieren hängt unter anderem ab von finanzieller Situation (Fahrtkosten, Zeiteinteilung), Talent (Intelligenz, Sprachbegabung, Selbstvertrauen), Motivation, Debattiererfahrung, Lebenserfahrung, Clubzugehörigkeit.
3.2. Die Frage ist, Vorteile in welcher der unter 3.1. genannten Kategorien als unfair zu betrachten sind.
3.3. Es ist mir unklar, warum ein Erfahrungsvorteil als unfair und beispielsweise ein Talentvorteil als unbedenklich empfunden wird.
3.3.1. Betrachte insbesondere den Ausgleich eines Talentnachteils durch einen Motivationsvorteil.
3.3.2. Betrachte außerdem den Ausgleich eines Nachteils aus Gründen der Clubzugehörigkeit durch einen Erfahrungsvorteil.
4. Zu Fördergeldern:
4.1. Mir ist nicht bekannt, dass Zweifel über den studentischen Charakter eines Turniers je zum Verlust von Fördergeldern geführt hätte.
5. Zum studentischen Charakter:
5.1. Mangelnder studentischer Charakter hat mich bisher auf keinem Turnier gestört.
6. Zur Umsetzung:
6.1. Die Argumentationen unter 1. und 2. begründen Redeverbote mit der Leistung der TeilnehmerInnen.
6.2. Die Argumentationen unter 3., 4. und im Wesentlichen 5. begründen Redeverbote mit dem Alter der TeilnehmerInnen.
6.3. Alter, Debattieralter, Debattiererfahrung und DDM-Startzahl sind unterschiedlich aussagekräftige Indikatoren für die Leistung.
Motiviert durch Christians Aufruf und Julians Beitrag möchte ich mich gerne in diese Debatte einbringen, wohlweislich das meine Stimme kaum Gehör in der „Szene“ finden wird, wie Barbara in einem ihrer Beiträge schon eindrucksvoll dargelegt hat. Doch sollte uns diese Zustandsbeschreibung nicht auch schon ein wenig nachdenklich stimmen?
Ich bin 34 Jahre alt, seit 1,5 Jahren Mitglied eines kleineren Debattierclubs in Hannover und habe in der zurückliegenden Saison zum ersten Mal vermehrt an Turnieren (ZD, Regios, DDM und FDL) teilgenommen. Es war und wird nie meine Absicht werden, jüngeren Generationen ihren Anspruch auf einen Titel streitig zu machen! Das andere in der Vergangenheit diesen Eindruck erweckt oder vielleicht bestärkt haben mögen, soll nun auch mir zugerechnet werden?
Ich bin zwar nun kein wirklich junger Redner mehr aber in Anbetracht meiner relativ kurzen Clubzugehörigkeit und der wenigen Turniere, die ich bislang bestritten habe, würde ich wohl zurecht von der Szene als der personifizierter „Debattier-Nobody“ beschrieben werden können. In der kurzen Zeit, in der man mich bislang an Turnieren teilnehmen ließ, habe ich sowohl die „alten Hasen“ als auch die jungen Talente begeistert beobachtet und bewundert. Ich habe spannende Rededuelle zwischen Jung und Alt verfolgt, mitgefiebert und die Enttäuschung der unterlegenen jüngeren Teams nachempfunden. Ich will auch nicht verhehlen, dass ich mitunter auch das Gefühl hatte, dass die derzeitigen Wettbewerbsbedingungen jüngere Generationen möglicherweise benachteiligen könnten. Der Wunsch nach einer stärkeren Einhegung des Teilnehmerfeldes ist für mich also sehr gut nachvollziehbar. Allerdings handelt es sich beim dem viel beschworenen Einschüchterungseffekt durch ältere Debattierer doch eben nur um ein Gefühl und es bleibt jedem selbst überlassen, wie er damit umgeht. Eine mögliche Einschüchterung wirkt nur dann, wenn man sich davon beeindrucken lässt. Julius hat als Vertreter der jüngeren Generation bereits darauf hingewiesen, dass es unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten auf einen möglichen Einschüchterungseffekt gibt. Er könne mit einem scheinbar stärkeren Sparringspartner auch sportlich umgehen und an der Herausforderung wachsen. Im Ergebnis sollte der Weg zu einer Altersgrenze mit dem Preis – den es zu dafür zu zahlen gilt – sehr wohl abgewogen werden.
Die bisher geführte Debatte drehte sich im Kern um die monokausale Betrachtung und Behauptung, dass das absolute Lebensalter einen unmittelbaren Einfluss auf die Debattierqualität bzw. das Debattierpotenzial habe. Dies mag im Einzelfall ja sogar auch zutreffen. Doch ist bereits von Julius und anderen Kommentatoren auch schon ausführlich dargelegt worden, dass es eine Reihe weiterer Faktoren (IQ, Kreativität, Selbstbewusstsein, Sprachbegabung und Ehrgeiz) gibt, die einen nicht unwesentlichen Einfluss auf den individuellen Debattierfortschritt haben. Will man diese bislang vollkommen unberücksichtigten Faktoren in einem nächsten Schritt auch begrenzen? Wohl eher nicht, weil es kaum praktikabel wäre. Aber es gibt ja immerhin den Faktor des Lebensalter, der sich ganz hervorragend regulieren lässt. Denn aus ihm spricht eine gewisse Vermutung für eine höhere Lebenserfahrung, die den älteren Debattierer per se zum besseren Debattierer mache. Ich will damit sagen, dass es mir ein bisschen zu schlicht erscheint, wenn die Überlegenheit eines älteren Debattieres überwiegend oder fast ausschließlich mit seinem Lebensalter und seiner Debattiererfahrung zu begründen versucht wird! Viel besorglicher ist, dass sich diese Argumentationslogik möglicher Vorbehalte und Vorurteilen der jüngeren gegenüber der älteren Generation zu bedienen scheint! Könnte es sich bei der angeblichen Wettbewerbsverzerrung durch den scheinbaren Wettbewerbsvorteil älterer Debattierer nicht ebenso gut um einen verschleierten Generationskonflikt handeln? Eine mögliche Einigung über eine strenge Altersgrenze, die im Grunde darauf beruht, dass der überwiegende Teil der jungen Generation die Debattier- und Lebenserfahrung einiger weniger auf ein Abstellgleis schiebt, halte ich für einen zu hohen Preis, um diesen Konflikt angemessen zu lösen.
Doch es geht nicht nur darum, dass zukünftig wenige durch eine Mehrheit aufgrund ihres Lebensalters ausgeschlossen und ausgegrenzt werden sollen, sondern vor allem auch um die möglichen Folgen für kleinere Clubs. Wie jedem bekannt sein dürfte, haben kleine Clubs regelmäßig Struktur- und Nachwuchsschwierigkeiten. D.h. ein kleiner Club – so wie wir es sind – hat gerade einmal genügend Mitglieder, um den wöchentlichen Debattierbetrieb aufrechtzuerhalten. Von diesen Mitgliedern fahren, dann vielleicht zwei oder max. drei Personen regelmäßig auf Turniere, um die notwendigen Erfahrungen sammeln zu können, die die interne Debattenkultur im Club verbessern. Wenn engagierte Personen aus dem Club zukünftig nicht mehr zu bestimmten Turnieren fahren dürfen, weil sie aufgrund einer Altersbegrenzung zu Gunsten des Wettbewerbs ausgeschlossen sind, werden kleinere Clubs tendenziell seltener auf der ZEIT-DEBATTE, den Regios und der DDM antreten können. Zwar bestünde weiterhin die Möglichkeit mit einem mixed Teams auf den Turnieren starten zu können, allerdings ist dies immer nur eine suboptimale Lösung. Ein mixed Team wird immer mit gewissen Widrigkeiten zu kämpfen haben und leitestet – wenn überhaupt – nur einen geringen Beitrag zum Ausbau der Teamfähigkeit und zum Wir-Gefühl der Clubmitglieder. Im Übrigen fließt dann immer ein Anteil der Turniererfahrung in einen anderen Club. Im Ergebnis wird kleineren Clubs die Möglichkeit genommen auf Turnieren mit höherer Qualität Erfahrungen zu sammeln, die sie dringend für die Weiterentwicklung der Debattenkultur, die Förderung des Nachwuchses und die Stärkung der Vereinsstrukturen benötigen.
Soweit ich die Befürworter einer strengen Altersgrenze richtig verstanden habe, geht es ihnen im Wesentlichen um den Schutz des Debattiernachwuchses. Da der Debattiernachwuchs aber nicht einfach von den Bäumen fällt, sondern zunächst in großen, mittleren und eben auch in kleinen Debattierclubs für Turniere ausgebildet werden muss, sollte berücksichtigt werden, dass sich eine Altersbegrenzung auf viele kleine Clubs nachteilig auswirken wird. Somit besteht die veritable Gefahr, dass kleine Clubs zukünftig keinen oder nur einen geringen Beitrag zur gewünschten Nachwuchsförderung leisten können. Wird diese Folge sehenden Auges billigend in Kauf genommen, um den Wettbewerb zu schützen oder schlichtweg ignoriert?
Vielen Dank, Jan, für diesen wichtigen Beitrag!
Ich schließe mich in allen Punkten Jannis und Julius an.
Insbesondere dem von Jannis und davor bereits auch von Jonathan schon vorgebrachten Punkt, wie man die Leute eher zum Jurieren bewegen könnte. Ich halte es übrigens nicht für unwahrscheinlich, dass manche Leute mit dem Ausschluss der Möglichkeit zu Reden durchaus mit dem Ausstieg aus der Szene reagieren werden. Einfach weil sie das Gefühl haben werden, nicht mehr erwünscht zu sein, falls man wirklich davon ausgeht, dass ihre Anwesenheit auf Turnieren deren studentischen Charakter gefährdet. Ich kenne zumindest einige Leute, die so denken und ich kann es ihnen nicht verübeln.
Dass im Marburger Antrag steht, dass Pro/Am Varianten dadurch gefördert werden, halte ich für eine Farce: Welcher „Pro“ lässt sich denn noch darauf ein, wenn er weiß, dass seine Teilnahmemöglichkeiten begrenzt sind und er sie womöglich gerade dadurch begrenzt? Erst recht, wenn auch die Teilnahme an nur einem einstigen ZEIT Debatten Turnier in einer Saison schon den Effekt hätte, dass er sich um eine ganze Saison bringen kann? Ich kenne darüber hinaus mehrere Leute, die in mehreren Saisons nur jeweils auf einer ZEIT Debatte angetreten sind. Diese Leute werden von dem Antrag besonders hart getroffen, erst recht wenn das Pro/Am Antritte waren. Rechtfertigung dafür? Fehlanzeige. Ich denke eher, dass es in den größeren Clubs, wo die Leute überhaupt diese Wahl haben (Pro/Am oder reines Pro Team), zukünftig deutlich weniger Pro/Am Teams auf ZEIT Debatten geben wird. Das schadet dem Nachwuchs und trägt dazu bei, dass erst recht vor allem erfahrene Leute die Titel abräumen.
Zum Punkt Verteilungsproblem: Natürlich geht es in unserem Fall um eine Verteilungsproblematik. Alle Teilnehmer sind unterschiedlich und bringen sehr, sehr viele unterschiedliche, für ihre Erfolgsaussichten relevante Eigenschaften mit, von denen viele schon genannt wurden: Intelligenz soll angeblich ganz hilfreich sein (Sollten wir Leute mit zu gutem Abitur ausschließen? Oder zu gutem Bachelorzeugnis, damit die Notenschwächeren bessere Chancen haben? Oder Leute wie Lukas und Flo, weil sie einfach ziemlich offensichtlich ziemlich klug sind?). Sprachgefühl hilft ebenso (Sollten wir Leute wie Marcel Giersdorf in Zukunft von Anfang an ausschließen?). Interesse an politischen Fragen hilft auch (Sollten wir Zeitungsabonnenten ausschließen?). Es hilft sogar, bestimmte Fächer zu studieren (Jurathemen lassen grüßen) während in anderen Fächern eher weniger Dinge gelehrt werden, die man in vielen Debatten nutzen kann (Sollen wir Juristen ausschließen, um Chemiker zu schützen?). Dazu natürlich die Frage, ob und wie man innerhalb des eigenen Clubs von der Erfahrung von anderen profitieren kann, wie oft man die Gelegenheit hat, sich etwas abzuschauen und sich mit erfahrenen Rednern auszutauschen (Sollte man die größeren Clubs ausschließen?). Ob man ein Team findet, zu dem man passt, mit dem man sich gut versteht und ergänzt (Sollte man die Rederei ausschließen oder zumindest Julius, Peter und Sabrina nicht mehr zusammen reden lassen?). Ob man gute Teampartner für jede Rednerposition im Club findet, denn nur mit Schlussrednern und ohne Antragsredner hat man es zb schwer bei OPD.
Aber es gibt noch mehr Faktoren: Soweit ich weiß, ist es wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen andere Menschen, die gut aussehen oder solchen, die besonders groß sind oder die eine tiefe Stimme haben, unbewusst für kompetenter halten als den Durchschnitt (nicht umsonst erhalten solche Leute 20% mehr Gehalt als andere und das ist keine Übertreibung). Es wäre kein Wunder, wenn sich dies auch unbewusst im Jurieren auswirkten würde. Zumindest genauso stark wie die angebliche „Altershierarchie“ (übrigens wurde ich auf vielen Turnieren für 21-25 geschätzt; auf höhere Zahlen kamen die Leute nur, wenn ich ihnen vor dem Raten meine Bildungsbiographie ausgebreitet habe). Dazu gibt es noch den Punkt Ehrgeiz: Es gibt Leute, die bereiten stundenlang intensiv verschiedene denkbare Themen vor, um für ein Turnier gewappnet zu sein (Du, Daniil, bist das beste Beispiel dafür). Wir sehen also, dass es extrem viele Punkte gibt, die die eigenen Erfolgschancen beeinflussen. Hier einfach einen Punkt heraus zu greifen, ist schlicht willkürlich, selbst wenn sich dieser Faktor leichter messen lässt als die anderen. Denn allein durch seine Messbarkeit wird die singuläre Beschränkung auf diesen Punkt nicht richtiger als eine Beschränkung bei den anderen genannten Punkten.
Im Übrigen fehlt mir wirklich nach wie vor der Nachweis dafür, dass ältere Leute automatisch besser sind als Jüngere, dass zb ein 30 oder 31 Jähriger Debattieranfänger in einem Jahr so viel lernt wie 24 Jähriger in 5 Jahren. Selbst wenn der Unterschied zwischen einem 25 Jährigen und einem 20 Jährigen aufgrund der vielleicht noch nicht bei jedem zwanzigjährigen abgeschlossenen „Erwachsenenwerdung“ bestehen sollte (siehe zb Anwendung des Jugendstrafrechts für Zwangzigjährige): Sind 32 Jährige so viel erwachsener als 26 Jährige? Lukas meint, dass nach seiner Erfahrung Doktoranden schneller lernen als der Durchschnittsstudent. Das heißt nun aber kaum, dass sie in einem Jahr so viel lernen wie andere in fünf Jahren. Aber selbst wenn das so wäre: Zumindest im juristischen Bereich ist es so, dass nur Leute mit sehr gutem Abschluss promovieren können (und es nur tun, wen sie sehr ehrgeizig sind). Ein sehr guter Uniabschluss korreliert, da lehne ich mich jetzt mal aus dem Fenster, nicht selten mit besonders hoher oder zumindest überdurchschnittlicher Intelligenz sowie entsprechendem Engagement. Da wäre es eigentlich eher seltsam, wenn diese Doktoranden genauso lange brauchen, um sich im Debattieren zurecht zu finden, wie ein Durchschnittsstudent egal welchen Alters. Im Übrigen kenne ich aber auch Doktoranden, die nicht schneller lernen als der Durchschnitt.
Danke Daniil übrigens, dass du meine Debattiervita als gutes Beispiel für diese Diskussion anerkennst, das ist schon mal ein Fortschritt gegenüber vorherigen Kommentaren. Nun denkt aber bitte alle mal nach, wie viele Debattierer ihr kennt, die im Alter von 27, 30 oder 32 mit dem Reden angefangen (!) haben. Sind das wirklich so viele, dass man sie von den größten Turnieren der Szene ausschließen sollte, weil sie mit ihrer Anwesenheit den studentischen Charakter zerstören? Oder sind es so viele, dass sie den jüngeren Rednern alle Erfolgschancen nehmen? Wenn ich selbst mal zähle, komme ich auf ungefähr fünf Leute, wobei es sicher noch ein paar mehr geben wird. Von denen, die ich kenne, bin ich der einzige, der bisher auf einer ZEIT Debatte überhaupt den Break geschafft hat. Ich bin also für die Verbotsbefürworter nicht nur ein gutes sondern gleichzeitig auch das einzige Beispiel für ihre These. Lasst uns also die Verbotsanträge für Leute höheren Alters also ruhig „Lex Christian“ nennen.
Da ich in singulären Beispiel aber über den gewissen Vorteil verfüge, mich und meine Biographie etwas besser zu kennen als du, Daniil, hier noch ein paar Punkte zu diesem Beispiel: Zunächst einmal weiß niemand von uns, ob und wie erfolgreich ich im Debattieren gewesen wäre, wenn ich schon mit 20 Jahren damit angefangen hätte. Ich denke jedoch, dass einiges dafür spricht, dass ich zumindest gute Chancen dafür gehabt hätte: Ich hätte schon damals den Vorteil des großen, etablierten Clubs in Mainz gehabt. (dort promoviere ich nicht nur, sondern da habe ich auch studiert). Ich hätte dann vielleicht nicht von Willy, Ally, Max, Marina, Nicolas, Sina, Andrea und auch dir, Daniil, sondern von Jan, Marcel, Marietta, Daniil, Andrea, Sarah, Thore und Gudrun das Debattieren gelernt. Ich glaube, die letztgenannten hatten/haben durchaus auch Ahnung davon. Unabhängig davon: Ich habe als Schüler bereits in der 10. Klasse bei jeder sich in der Schule ergebenden Möglichkeit Reden geschrieben und gehalten, weil mich Rhetorik schon damals fasziniert hat (Latein-, Deutsch- und Englischunterricht). Ich verfolge das weltpolitische Geschehen aus reinem Interesse seit ich 14 bin (Kosovokrieg) und lese seit ich 15 bin täglich Tageszeitung (SZ, bis zu 2 Stunden am Tag; und ob mir die Zeitungen von vor 15 Jahren für heutige Debatten noch so viel bringen, bezweifle ich an dieser Stelle einmal). Zur gleichen Zeit habe ich auch angefangen, historische, politische und sogar einige Bücher über Wirtschaft zu lesen. Einfach, weil es mich interessiert hat. In der Schule Referate zu halten, fand ich super, da ich gerne und sehr gut frei vor der Gruppe sprechen konnte. Ich war ein ehrgeiziger Schüler, Student und auch Sportler: Nach der Schule habe ich eine Fußballhobbymannschaft gegründet, habe das Training organisiert und auch die Fahrten auf Turniere, bin also durchaus schon immer teamfähig und auch sportlich ehrgeizig gewesen.
Hat mir das bereits absolvierte Jurastudium viel geholfen für das Debattieren? Nach meiner Ansicht nicht unbedingt: Man lernt dort zwar mit abstrakten Begriffen umzugehen und die Auslegung von Gesetzeswillen (das hilft wohl bei der Analyse, worum es bei einer motion überhaupt geht). Das trifft aber für alle Jurastudenten zu. Im Übrigen wird blumige Sprache in Juraklausuren bestraft. Auch das selbständige Argumentieren wird nicht unterstützt, man lernt eher alte Auffassungen mit der dazugehörigen Argumentation auswendig und schreibt das dann runter, das kann euch jeder Jurastudent bestätigen. Das gilt sowohl für Klausuren als auch für Hausarbeiten, wo man mit selbständiger Argumentation jeweils eher verliert als gewinnt. Mündliche Prüfungen oder Referate gibt es in Jura nicht (außer beim Examen, aber trainiert wird man dafür nicht; entweder man kann sich dann mündlich ausdrücken oder eben nicht). Man wird auch nicht dazu animiert, im Team zu arbeiten oder gemeinsam Dinge vorzubereiten (siehe fehlende Referate).
Ich persönlich habe das Debattieren bisher aus vielen Gründen genossen. Die intellektuelle Auseinandersetzung, die vielen spannenden Themen, auch der sportliche Wettkampf und das Gemeinschaftsgefühl im eigenen Club. Die vielen offenen und freundlichen Menschen, die ich kennen lernen durfte. Die vielen lustigen Episoden, die ich auf Turnieren und anderen Events mit vielen Menschen erleben durfte. Ich habe mich trotz meines vergleichsweise höheren Alters bei jedem Event innerhalb der Szene immer willkommen gefühlt. Das war für mich auch ein Grund, mich in Mainz über das bloße Reden hinaus zu engagieren und wer sich den Geschäftsbericht aus meinem Vorstandsjahr anschauen will, kann sich gerne davon überzeugen, dass ich da nicht eben faul war. Würde ich heute mit dem Debattieren anfangen, würde man mir nach dem Erfolg einiger der gestellten Anträge relativ deutlich sagen: Das hier ist nichts für dich. Du kannst jurieren, klar, aber bei den wirklich großen, angesehenen Turnieren wirst du niemals antreten dürfen. Weil deine Teilnahme unfair wäre. Weil du nun mal nicht dem von uns fest gelegten Bild eines Studenten entsprichst. Du kannst niemals vollwertig zu uns gehören, du hättest eben fünf Jahre früher kommen sollen. Wer so begrüßt wird, wird sich zweimal überlegen, ob er das Debattieren weiter betreiben oder sich in irgendeiner Form engagieren möchte.
Danke Jan für diesen in der Tat sehr wichtigen Beitrag.
Es mag dem ein oder der anderen aufgefallen sein: Ich versuche im Grunde, mich hier weitgehend aus der Diskussion herauszuhalten. Vielleicht fällt das auch nicht auf, wer weiß 😉
Hier möchte ich aber ganz gerne knapp das Folgende ergänzen:
Das von Jan beschriebene Problem ist keineswegs nur für kleine Debattierclubs relevant. Auch größere, etabliertere, ältere Debattierclubs können hier durchaus in schwieriges Fahrwasser geraten. Der DCJG beispielsweise hatte immer und hat auch heute ältere Mitglieder, die nach wie vor recht aktiv am Debattierleben teilnehmen und die sich – insbesondere – ernsthaft im Club engagieren. Es wird – meiner Ansicht nach – auch für große Clubs schwieriger werden, genügend motivierte Mitarbeitende für den Clubbetrieb zu finden; das liegt schlicht daran, dass viele der eingereichten Anträge die Breitenwirksamkeit des Debattierens deutlich einschränken werden – bezogen auf die Hochschule selbst aber auch auf die Gesamtgesellschaft. Es wird noch mehr als bisher der Eindruck eines elitären Zirkels erweckt werden – dann von jungen Studierenden, die sich für gar so weltoffen und fortschrittlich denkend halten, ältere Studierende aber gnadenlos diskriminieren und genau dadurch selbst die Aussagekraft ihrer eigenen Titelwettbewerbe marginalisieren.
Es wird wesentlich schwerer werden, ältere Studierende zur Teilnahme und zum Engagement in den Clubs zu bewegen.
Mir ist, ehrlich gesagt, schleierhaft, wie sich der vermeintliche Vorteil für jüngere Teams (Keine Angst mehr vor „den Alten“, oder gar das „Jeder sollte mal einen Titel gewinnen“-Argument) auf den ZD/DDM/Regio-Turnieren in einer Abwägung gegen derartiges Schadenspotenzial durchzusetzen vermag.
Ich kann das auch deshalb nicht nachvollziehen, weil ich mir praktisch sicher bin, dass dieses Gefühl, gegen „Super-Teams“ ohehin nicht gewinnen zu können, sich nicht nur auf Teams mit älteren RednerInnen bezieht. Auch das Tübinger Team auf der DDM oder das Berliner Team dürfte den meisten anderen Teams auf der diesjährigen DDM als „überstarkes Superteam“ ein Angstgegner gewesen sein. Rechnet man die Debattier- oder Turniererfahrung der Viertelfinalteams zusammen, dürften bei jedem der diesjährigen Viertelfinalteams in etwa vergleichbare Turnierstarts, Turniersiege und sonstige Dekorationen herauskommen. Ich darf für mich selbst an dieser Stelle noch – und das ist das Weitestgehende, das ich zu dieser obskuren Diskussion beisteuern werde – anmerken, dass mir 2009 und 2010 deutlich mehr (Ehr)“Furcht“ [hier geht es nur um die „Furcht“ Komponente, dass mit der weniger werdende „Ehr“ ist angesichts des fortschreitenden Alters schon okay, finde ich :P] auf Turnieren entgegengebracht wurde. Ich war 2010 (in meinem zweiten Jahr aktiven Debattierens) im Übrigen auch ein deutlich begeisterter, motivierterer und – so meine Meinung – wesentlich besserer Redner; einfach, weil ich auf viele, viele Turniere gefahren bin, mehr Zeit für das Hobby hatte und regelmäßig (2 Mal die Woche) debattiert habe.
Kurzum: Macht was ihr wollt, ihr müsst ja auch in den nächsten Jahren damit debattieren. Bedenkt aber bitte die unmittelbaren und die mittelbaren Konsequenzen; bedenkt die Außenwirkung, die Implikationen in Bezug auf Moralisches und „unser“ Selbstbild; lasst Euch jedenfalls nicht von vielleicht doch etwas kurzsichtigen, schlimmstenfalls gar subjektivem Ungerechtigkeitsempfinden leiten.
Ohne jetzt alles im Detail gelesen zu haben, insbesondere auch die Kommentare, möchte ich zu dieser Diskussion als direkt Betroffener einiges beitragen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass man die Zahl der Teilnahmen an Turnieren begrenzt. Zusätzlich kann man auch ein maximales Intervall zwischen der ersten und letzten Teilnahme definieren, um zu verhindern, dass Leute schon bei der zweiten Teilnahme große Erfolge verzeichnen, dann jahrelang pausieren und – wenn sie schon fast Doktor sind – später noch einmal richtig abräumen.
Fixe Altersgrenzen lehne ich aus folgenden Gründen ab:
1. Ältere Studenten sind nicht automatisch besser. Ich habe selbst mit 38 zu studieren und zu debattieren begonnen. Gleichzeitig haben auch viele jüngere mit mir begonnen. Wir alle haben mittlerweile ein ähnliches Niveau erreicht. Ich kann keine nennenswerten Unterschiede zwischen Alt und Jung in der Lernkurve feststellen.
2. Debattieren wird auch an Schulen immer populärer, sowohl in Deutschland als auch in Österreich. In Osteuropa ist Debattieren an Schulen ohnehin schon ganz normal, im englischsprachigen Raum ebenfalls. In den nächsten Jahren werden daher viele sehr junge Studenten mit dem Hochschuldebattieren anfangen, die bereits ein Niveau haben, das ich erst nach einem oder zwei Jahren erreicht hatte. Ältere Studierende hatten noch keine Möglichkeit, an Schulen zu debattieren. Daher kann ich hier eher eine Benachteiligung des Alters erkennen.
3. Zumindest in Österreich ist der Student, der direkt nach der Matura (nach dem Abi) auf die Universität geht, ein Auslaufmodell. Ja, derzeit ist es noch die Mehrheit, aber die Politik steuert in eine andere Richtung. Wenn ich österreichische Fachhochschulen betrachte, so ist der Altersschnitt der Studienanfänger an vielen dieser Einrichtungen schon deutlich über 25, teilweise sogar über 30. Es ist zumindest in Österreich völlig normal, nach der Matura ein paar Jahre (manchmal sogar 10 oder mehr) zu arbeiten und erst dann ein Studium (oft berufsbegleitend) zu beginnen. Warum sollen diese Studenten vom Debattiersport praktisch ausgeschlossen werden?
Zu diesem Argument braucht es ein paar Erläuterung. Zuerst einmal möchte ich feststellen, dass Österreich offensichtlich einen sehr guten Job darin macht, Jugendliche in das Berufsleben zu integrieren. Obwohl unser Bildungssystem (wie das Deutsche) im internationalen Vergleich eher unterdurchschnittlich ist, haben wir die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa.
Der Großteil der 15-jährigen wechselt von der AHS (dem „Gymnasium“) an berufsbildende höhere Schulen (BHS), eine Schulform, die es meines Wissens in Deutschland nicht gibt. Dort machen sie genauso Matura wie an der AHS, erhalten aber zusätzlich eine spezifisch technische, kaufmännische oder touristische Ausbildung (es gibt noch andere Richtungen, aber das sind die meistbesuchten). Diese Schulen dauern um 1 Jahr länger als die AHS. In den letzten Jahren wurde zusätzlich auch noch das Modell „Lehre mit Matura“ eingeführt, das sich ebenfalls zunehmender Beliebtheit erfreut. Dabei wird mit 15 eine Berufslehre begonnen. In der Berufsschule erhalten die Jugendlichen dann (bei verlängerter Ausbildungszeit) zusätzlich auch Bildung für die Matura, die sie am Ende der Lehre absolvieren. Diese Matura ist mit der AHS- oder BHS-Matura gleichgestellt und berechtigt genauso zum Studieren.
Egal ob BHS oder „Lehre mit Matura“: Viele Absolventen ergreifen nach der Matura einen Beruf und entscheiden sich erst Jahre später für ein Studium. Sollen diese vom Debattieren ausgeschlossen werden?
4. Mein viertes Argument stützt sich auf das dritte: Viele ältere Studenten haben auch deshalb so spät mit dem Studium begonnen, weil sie als Jugendlicher nicht die ökonomischen Rahmenbedingungen hatten, ein Studium zu beginnen. Sie mussten Geld verdienen, weil ihre Familie sich ihr Studium nicht leisten kann. Durch Fleiß und Sparsamkeit haben sie es dann geschafft auch zu studieren. Soll der Debattiersport nur mehr Jugendlichen aus gut situierten Familien offen stehen?
Aus diesen Gründen wehre ich mich heftig gegen fixe Altersgrenzen für Turnierteilnahmen. Eine Begrenzung der Anzahl der Teilnahmen oder des Zeitraums ab der ersten Teilnahme wäre ein guter Kompromiss.
Danke Julius!
In dieser Diskussion wird zunehmend so getan, als gäbe es eine „gute“ Seite, bei der niemand verliert, keine Diskriminierung herrscht und keine willkürlichen Regeln genutzt werden, um andere auszuschließen vs. eine Seite, die aus falsch verstandenem Jugendwahn, übertriebenem Egalitarismus oder vielleicht – unterschwellig – auch purem Egoismus willkürlich diskriminierende Regeln beschließen will. Dies trifft in dieser Simplifizierung schlicht nicht zu: Wie schon an mehreren Stellen festgestellt wurde, haben wir hier ein Verteilungsproblem und damit eine Situation, in der auf jeder Seite jemand verliert. Die Frage muss also lauten: Wie viele verlieren wie viel um welchen Preis?
Und hier sind die Mehrheitsverhältnisse empirisch und logisch ganz klar verteilt: Im Status Quo verliert der absolut überwiegende Teil derjenigen Studenten (die wiederum die absolute Mehrheit unter den Debattierern stellen), die früh anfangen zu studieren, in der Regelstudienzeit ihr Studium abschließen und es sich nicht leisten können, danach noch weitere berufsbegleitende weitere Master zu machen oder zu promovieren. In einer Diskussion, in der sich sämtliche Kritiker einer Alters- und Startzahlregelung auf Diskriminierungsschutz und Fairness berufen, finde ich es mehr als zynisch, dass diese Tatsache als irrelevant abgetan wird oder sogar in Frage gestellt wird, obwohl sie empirisch sehr klar zu beobachten ist. Die Gruppe, die hier geschützt werden soll, ist extrem klein: Menschen, die erst sehr spät mit einem Studium beginnen (nämlich über 32 Jahren basierend auf dem Antrag der Marburger) und trotzdem noch große Lust auf das Debattieren bekommen. Unter dem Deckmantel, dieser Gruppe formale Chancengleichheit auf der DDM einzuräumen, wird der absoluten Mehrheit junger Studenten materiell diese Chancengleichheit genommen.
Um mit diesem ewigen Zweifel aufzuräumen, ob Alter wirklich einen substantiellen Vorteil in der Spitze des Debattierens bringt: Empirisch waren 2015 über 50% der Teamteilnehmer im Finale über 30 Jahre und Doktoranden oder berufsbegleitende Master. 2014 waren von 8 Rednern mindestens 5 Doktoranden. 2013 waren über 50% der Teamteilnehmer im Finale Doktoranden oder berufsbegleitende Master. Wer ein Muster erkennt, darf sich auf die Schulter klopfen. 2015 konnte man zudem in jeder KO-Runde beobachten, wie das jüngere Team gegen das Ältere Team ausschied. Und nein, Nicolas (MZ), (Nr. 69), die Teams in den Viertelfinals waren mitnichten in etwa gleichauf, was Turniererfahrung und Alter anging.
Christian, ich finde es unredlich, wie Du in Frage stellst, dass Alter die Lernkurve beschleunigt, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass du deinen eigenen Post (Nr. 68) völlig glaubst an dieser Stelle. Natürlich geht es nicht darum, dass Ältere so viel klüger sind, dass sie das, was ein Jüngerer in 5 Jahren lernt, in nur einem Jahr lernen. Entscheidend ist vielmehr, dass sie gewisse Dinge im Debattieren gar nicht mehr lernen müssen, weil sie dies schon an anderer Stelle tun konnten: Ich kann entweder im Debattieren lernen, meine Gedanken zu Punkten zu strukturieren und zu labeln oder indem ich Hausarbeiten und Seminararbeiten, gar eine Bachelor- oder Marsterarbeit schreibe. Ich kann im Debattieren lernen, souverän vor Leuten aufzutreten oder in Präsentationen im Job oder im Studium. Ich kann durch wiederholte Teilnahme an Breakrunden lernen, mit meiner Nervosität dort umzugehen und die Schwäche meiner gegnerischen Teams zu erkennen oder indem ich solche Situationen schon im „echten“ Leben erlebt habe, beispielsweise in Assessment Centern oder anderen Bewerbungsrunden oder auch nur mündlichen (Staatsexamens-)Prüfungen.
Wer all diese Voraussetzungen mitbringt, hat einen natürlichen Startvorteil. Dies gilt umso stärker in OPD, wo sich mehr Selbstsicherheit, Souveränität und Zügelung von Nervosität direkt in Punkte in den linken Kategorien übersetzen. Und Nicholas (MZ) (Nr. 69): Wenn das, was wir auf der DDM in Münster im Schloss erleben durften, wirklich nur ein Schatten deines debattierischen Selbsts von 2010 war, völlig aus der Übung durch nur 2-3 Finalteilnahmen in den ZEIT Debatten dieser Saison, dann bin ich sogar froh, dass ich damals noch nicht debattiert habe, weil die Juroren damals müssen dann ja wirklich blind und völlig grenzdebil gewesen sein, dass sich dies nicht in spektakulärsten Turniersiegen niederschlug, von denen man heute noch hören müsste (welcome: Polemik gibt’s auch bei uns im Norden).
Immer wieder wird hier die Frage gestellt (zuletzt von Christian (MZ), (Nr. 68)): „Sind das [Anm.: Die Ü31 -Anfänger] wirklich so viele, dass man sie von den größten Turnieren der Szene ausschließen sollte, weil sie mit ihrer Anwesenheit den studentischen Charakter zerstören? Oder sind es so viele, dass sie den jüngeren Rednern alle Erfolgschancen nehmen?“
Ich glaube, diese Frage ist falsch herum gestellt. Wenn man schon herausstreicht, dass es sich um wenige handelt, dann möchte ich diese Frage vom Kopf auf die Füße stellen und fragen: Sind es denn genug, damit wir den Sieg auf einer DDM faktisch einem mit Doktoranden oder berufsbegleitenden Mastern besetzten Team vorbehalten und damit einer sehr kleinen privilegierten Gruppe?
Und hier kommen wir zur letzten Unehrlichkeit in dieser Debatte: Julius spricht sich in seinem ansonsten sehr guten Beitrag dagegen aus, dass wir das Alter der Teilnehmenden beschränken, weil dies eine willkürliche Regelsetzung wäre, die einen natürlich gewachsenen Ist-Zustand aktiv unterbricht und daher die schlimmere Diskriminierung wäre. Meines Erachtens ist dies etwas schief: Der Status Quo ist nur so, wie er ist, weil vor Jahren durch Abschaffung der damals geltenden Altersgrenze ein Regelsystem geschaffen wurde, in dem sich wenige Privilegierte auf Kosten der Chancen einer überwältigenden Mehrheit im Glanz des Sieges von Turnieren sonnen konnten. Und zu ihrem großen Vorteil konnten sie sich, anstatt sich ihrem faktischen Ausschluss der Jüngeren zu stellen, sogar noch auf ihre Fahnen schreiben, dass sie für Chancengerechtigkeit und gegen Diskriminierung aus Altersgründen sind.
Der springende Punkt ist doch: Natürlich bringt jeder unterschiedliche Voraussetzungen mit, die ihm größere oder geringere Chancen auf einen Sieg einräumen. Das einzige, was wir davon sinnvoll beeinflussen und steuernd nutzen können, ist das (Debattier-)Alter. Es gibt keinen Grund, warum man ältere Leute per se vom Debattieren ausschließen sollte – deshalb fände auch ich die Einrichtung einer „Senioren/Erwachsenen/Debattierliga“ super. Aber wenn wir über *studentisches* Debattieren an Hochschulen reden, dann sollte das auch ein Wettbewerb sein, den Studenten gewinnen können (und keine Doktoranden oder berufsbegleitende Master). Dies ist im Status Quo – wie die empirische und logische Analyse zeigt – indes über Jahre hinweg schon nicht der Fall (mit der äußerst anerkennenswerten Ausnahme von Chrissi 2014, die mit Philip als Doktoranden antrat). Und ich habe noch keinen einzigen Vorschlag vonseiten der Kritiker gelesen, wie dieses Problem gelöst werden soll. Man kann höchstens leugnen, dass es ein Problem ist, aber wie schon gesagt, das finde ich zynisch von Fürsprechern der Chancengleichheit und Anti-Diskriminierung.
Denn warum ist es zuletzt keine Verbesserung, nur die Startzahl zu begrenzen? Auch dies wurde bereits mehrfach erklärt und nicht widerlegt: Wenn wir voraussetzen, dass die Lernkurve eines Älteren steiler ist (und ich warte auf wenigstens EIN Argument und Mechanismus, warum das strukturell trotz Vorerfahrungen nicht der Fall sein sollte), dann zemetiert es die Vorteile der Alten, wenn die Jüngeren genauso stark in der Startzahl begrenzt werden wie die Älteren: Wenn jeder 5 Mal in 5 Jahren starten darf, aber der eine schon besser anfängt und steiler lernt, dann wird der am Ende auch besser sein.
Und noch einmal: Hier wird verbreitet damit argumentiert, dass ja nicht „alle Alten“ zwingend gut werden. Ja, sicherlich, aber wenn es um die Möglichkeit zum Sieg und zum Erlangen von Standing geht, dann geht es auch nicht um „alle“, sondern immer um ein paar besonders Talentierte aus einer bestimmten Altersgruppe. Und hier haben die jungen Talenierten gerade strukturell kaum eine Chance.
Dann wird hier verbreitet über Förderung kleiner Clubs gesprochen. Auch hier scheint mir, dass es sich mehr um anekdotische Einzelfälle handelt, denn wirklich strukturelle Probleme. Ein Club, der kein ganzes Team zusammenstellen kann mit Leuten unter 28, hat wie mir scheint ganz andere Probleme als eine verwehrte Rednerteilnahme an der DDM. Wie – ebenfalls anekdotische – Fälle etwa aus der Reederei zeigen, kann sich ein Club sehr gut hocharbeiten, wenn er seinen jungen Nachwuchs direkt im Team auf die DDM schickt. Es leuchtet mir nicht ein, warum es für den Club strukturell und langfristig besser sein soll, stattdessen eher ältere Mitglieder zu schicken, vor allem wenn sie (wie häufig) ohnehin kurz vor dem Ende ihres Referendariats oder Studiums stehen. Diese können zwar sicherlich ein bisschen Erfahrung sammeln und weitergeben. Ich würde aber die These wagen, dass es sogar effizienter ist, wenn diese Erfahrung direkt von den Jüngeren gesammelt wird, die dem Club dann auch noch lange erhalten bleiben können.
Ich sehe absolut ein, dass es ungerecht ist, sehr spät anfangende Studenten über 32 von der Teilnahme (oder jedenfalls dem Break) als Redner auf einer DDM auszuschließen, selbst wenn es eine verhältnismäßig kleine Gruppe ist. Ich finde allerdings auch, dass diese Ungerechtigkeit dadurch abgemildert wird, dass sie ja erstens durchaus als Juroren teilnehmen und zweitens auf andere (jedenfalls FDL) Turniere fahren dürften.
Die viel größere Ungerechtigkeit ist aber meines Erachtens, wenn wir den Chance auf den Sieg einer so kleinen elitären Gruppe vorbehalten wie dies bisher empirisch der Fall ist (und ich sage das ganz bewusst als Teil dieser Gruppe). Denn während Talent, Intelligenz, Ehrgeiz und Training, die hier immer wieder ins Gespräch gebracht werden, für mich durchaus als legitime Kriterien erscheinen, um einen Sieger im Debattieren zu bestimmen, ist das bei der vornehmlich finanziellen Frage, ob ich promovieren oder neben dem Beruf noch weiter studieren kann meines Erachtens nicht der Fall. Und deshalb finde ich eine Alters- und Startzahlbegrenzung auf der DDM zwar nicht schön, halte sie aber für das kleinere Übel.
Nur als Randnotiz sei zudem (einmal mehr) angemerkt, dass es im internationalen Debattieren völlig etabliert ist, jedenfalls die Startzahl der Teilnehmer auf 4 Teilnahmen an WUDC und EUDC zu begrenzen. Warum dies alleine indes die Situation eher noch verschlimmert, insbesondere wenn man an diejenigen denkt, die sich ihren letzten Start dann lange aufsparen können, haben andere und auch ich oben bereits dargelegt.
@Barbara und Nicolas: Der Kollege Eberle war 2010 besser, aber das Feld auch… Daher hat es dieses Mal gereicht 😉
Unabhängig davon, ich als Betroffener dieser neuen Regel kann nur stark davor warnen: GRUND: Ich werde diskriminiert aufgrund meines Alters. Nebenbei, wo ist das Problem für die jüngeren Debattierer, wenn mich nicht alles täuscht war keine Seniorenteam im Tab bei der DDM auf Platz sondern ein Team aus Jünglingen die vermutlich noch nicht mal die 30 am Horizont sehen. Ich verstehe nicht warum wir eine Regelung für mittelmäßige junge Debattierer schaffen sollen. Man kann auch kurz dabei sein und jung und trotzdem in die Spitze aufsteigen. Beispiele gefällig: Männliches Bsp: Lennart. L. weibliches Beispiel: Pegah M.
So also liebe Jungdebattierer, mal schön die Arschbacken zusammenkneifen und dann wird das vllt auch mal was mit dem ZD-Sieg. Und wenn es nix wird nicht über die Alten schimpfen sondern anerkennen dass man vllt einfach nicht gut genug ist. Im übrigen, für die wenigsten Debattierer ob jung oder alt wird es möglich sein eine ZD oder gar eine DDM zu gewinnen, ich bin sehr sicher dass es sehr viel relevantere Fragen als die Dominanz der Alten im Debattieren gibt. Beispiel gefällig: der eklatante Mangel an guten Juroren !
Diese andere, von dir, Barbara, als so redliche beschriebene Seite wirft allen ihr widersprechenden Personen einfach pauschalen Egoismus vor (Post 41 und Post 51), was offensichtlich eine weitaus differenziertere Haltung ist, als du sie den Gegnern des Verbots hier unterstellst.
Das DDM-Finale 2015 als empirischen Beweis dafür zu werten, dass im höheren Alter mit dem Debattieren beginnende Redner einen besonderen Vorteil haben, wirkt auf mich (zumindest angesichts der mir bisher vorliegenden Datenlage) lächerlich. Nicolas hat mit 25 angefangen, er ist also gerade kein Teil dieser angeblich übermächtigen Spätzünder (ich habe kurz vor meinem 28. Geburtstag angefangen). Sina sicherlich auch nicht. Bei Robert, Moritz und Matthias weiß ich nicht, wann sie angefangen haben, aber bisher bin ich nach meinem Wissen noch immer der Einzige Spätzünder in der Gruppe, der nach manchen Anträgen ausschließungswürdig erscheinen soll. Was die Finals 2013 und 2014 angeht, weiß ich nicht, wie lange die betreffenden Personen schon vorher debattiert haben. So lange du mir aber nicht sagst, dass sie auch erst ein bis zwei Jahre vorher mit 28 Jahren mit dem Debattieren angefangen haben, sehe ich da Null Relevanz für eine nicht an die Debattiererfahrung anknüpfende Altersbeschränkung. Wenn es dir um Debattiererfahrene geht, dann sag das. Wenn es dir aber um Leute geht, die einfach spät anfangen, dann rede über diese Leute und verzichte bitte darauf, Beispiele wild durcheinander zu werfen.
Dann gleichzeitig die Beiträge von Jan und Roman als bloße Anekdoten abzutun, hat fast schon lächerliche Züge: Du gestehst selbst ein, dass es nur sehr wenige Spätanfänger im Debattieren gibt. Wenn sich jetzt zwei davon melden, die gegen deine Ansicht sprechen, dass Ältere per se die besseren Debattierer sind und dazu noch eigene relevante Argumente zum Thema einbringen, die weitaus mehr mit dem eigentlichen Thema zu tun haben, als dein Beitrag zur Jurierproblematik, erscheint mir das schon ziemlich seltsam. Ich könnte dir übrigens noch weitere Debattierer nennen, die mit Ende 20 mit dem Debattieren angefangen haben, schon auf Turnieren waren und auch nach 1-2 Jahren weit, weit weg von einem Break auf einer ZEIT Debatte standen und stehen und also niemandem irgendetwas weg nehmen. Aber diese Beispiele würden für dich wohl auch nicht zählen. Jetzt dürfen diese Leute womöglich einfach nicht mehr antreten, weil sie angeblich eine Gefahr für die anderen Teilnehmer sind. Weil sie, um den Antrag von Münster zu zitieren, einem „schonenden Übergang ins Erwachsenenleben“ im Wege stehen. Willkommen in der Komfortzone, in der hoffentlich jeder bald ein Recht auf einen Turniersieg bekommt.
In jedem Fall entsetzt mich die Abfälligkeit, mit der du über Jan und Roman redest. Warst du nicht eine derjenigen, die gefordert hat, dass man auch solchen Leuten Gehör gewähren sollte, die noch keine ZEIT Debatte gewonnen haben? Und warum bist du eigentlich bei der ZEIT Debatte Heidelberg angetreten, wenn das ja offensichtlich so unfair gegenüber den anderen Teilnehmern war? Oder bin ich falsch informiert, dass du ebenfalls promovierst und daher wohl auch schon etwas älter bist?
Wenn du ein Problem mit Doktoranden als solchen hast, dann argumentiere gegen Doktoranden, wie es zb Julian ganz am Anfang gemacht hat. Das ist aus meiner Sicht nicht unsachlich. Aber hier einfach immer wieder Doktoranden, Debattiererfahrene und ältere Menschen in einen Sack zu werfen, ist aus meiner Sicht die wesentlich größere Unredlichkeit. Wer übrigens den Ausgangstext von Lukas und Flo liest, der denkt bei unbefangenem Nachdenken jedenfalls nicht wirklich an eine Regelung, die 32 Jährigen den Start auf einer DDM von Anfang an verbietet. Man denkt viel mehr an eine Startzahlbegrenzung nach Debattieralter, für die sich auch viele weitere Leute ausgesprochen haben (und anderem Nicolas). Dein Verweis auf das internationale Debattieren spricht übrigens sehr eindeutig gegen eine an das Lebensalter anknüpfende Regel, einfach weil es dort eine solche, nimmt man deinen Beitrag, nicht gibt. Vielleicht haben sich diese Leute womöglich etwas dabei gedacht? Und Flo, Lukas, Daniil und du seid gar nicht so viel klüger als die Leute, die dort die Regeln festlegen?
Schön aber, dass du mir immer hinzustimmst, das Ältere nicht in einem Jahr das lernen, was andere in 5 Jahren lernen. Dann müsstest du auch zugeben, dass es unfair ist, dass Ältere nach manchen Anträgen gar nicht oder nur einmal antreten dürfen und dass sie bei diesem einzigen Start also keine gleichen Chancen gegen die Jüngeren hätten, selbst wenn sie viel schneller lernen sollten. Du müsstest ihnen in deiner eigenen Konsequenz mehr Starts gewähren, beispielsweise drei.
Gerne weise ich auch daraufhin, dass man all diese wunderbaren Fähigkeiten, die du beschreibst, mit dem Alter durchaus erlernen kann. Man erlernt sie aber auch nicht zwangsläufig. Und es gibt nun mal auch viele, die sie eben schon in jüngerem Alter haben (Lukas und Flo sind schöne Beispiele; dass ich ebenfalls in jüngeren Jahren das Zeug dazu gehabt hätte, glaube ich nach wie vor). Dass du die ganzen anderen Fertigkeiten ignorierst, die man ebenfalls schon in jungen Jahren haben oder auch nicht haben kann (Intelligenz, Teamfähigkeit), zeigt eher, dass du hier vielleicht einfach zu einem bestimmten Ergebnis kommen willst und dir von dort aus Gründe dafür überlegst. Ich bin schließlich nicht der erste, der hier viele andere Fertigkeiten außer dem Alter aufgezählt hat, die ebenfalls wichtig sind für den Erfolg im Debattieren. Und weder du noch irgendwer anderes der Verbotsbefürworter hat sich bisher damit wirklich auseinandergesetzt. Stattdessen kommen Apelle wie dieser hier: „Die Mehrheit der Clubs sollte einfach eigennützig genug sein, um zu erkennen, dass Flo, Lukas, Barbara und die anderen Altersbeschränkungsbefürworter eine Regelung in ihrem Sinne vorschlagen und diese dann auf der MV durchsetzen.“ (Post 51) Dieser Satz hat mich übrigens zu meinen Rawlsvarianten (Post 58) inspiriert und ich finde nach wie vor, dass sie zu diesem Satz und dieser Satz zu Variante 2 in meinem Beispiel hervorragend passen.
Vielleicht sollte man in Zukunft ja auch Rhetorikstudenten ausschließen, weil die sich mit ihrem Studium mit dem beschäftigen, was wir beim Debattieren tun und dass nicht nur hobbymäßig wie die meisten von uns. Nicht dass ich dafür wäre, aber nach deine Logik sollte das nachdenkenswert sein. Deren strukturelle Vorteile ließen sich sicherlich ebenso ausführlich und wortgewaltig erklären wie die von dir angeblich nur älteren Menschen zukommenden Vorteile im Debattieren. Und wieder wäre es eine kleine minderheit, die einen großen Vorteil gegenüber einer großen Mehrheit hätte. Wobei, nein, das wären ja vielleicht sogar mehr Leute als die Spätzünder unter den Debattierern und damit eine viel schützenswertere Gruppe. Denn merke, die Schutzwürdigkeit einer Minderheit leitet sich aus ihrer Größe ab, so viel habe ich heute aus deinem Post gelernt.
Christian, herzlichen Glückwunsch für das Erreichen der Ad Hominem Ebene, wie sie krasser wohl nicht sein könnte. Ich habe keine Lust auf eine Schlammschlacht hier, daher nur kurz: Wenn du in meinen Post eine hereinlesen willst, dass ich mich abfällig gegenüber Jan und Roman geäußert habe, dann tu das bitte. Ich schätze beide sehr persönlich und finde es ehrlich gesagt eher widerwärtig, wie du sie hier für deine eigenen Argumentationszwecke instrumentalisierst.
Du und Nicolas sind sogar ein sehr gutes Beispiel dafür, wie groß der Startvorteil talentierter älterer Debattierer gegenüber jüngeren talentierten Debattierern ist und ein wandelnder Beweis für den Mechanismus, der schon ursprünglich im Artikel genannt wurde. Wie viele Debattierer, die mit 18 oder 19 angefangen haben, kennst du, die nach einem Jahr im Finale einer ZEIT Debatte standen (Nicolas 2009, jedenfalls nach den Daten, die er in der Facebook Diskussion zu seinen Anfängen gemacht) oder so wie du nach einem Jahr im Finale des Boddencup 2013 gegen ein Team aus Andrea Gau und Patrick Ehmann gewinnen konnten? Es geht nicht darum, dass die Mehrheit der (wenigen) spät anfangenden Debattierer „niemals“ zu einer Gefahr werden kann für die talentierten jungen Debattierer. Es geht darum, dass diese talentierten jungen Debattierer niemals eine realistische Chance gegen die (wenigen) spät einsteigenden talentierten Debattierer haben werden, wenn diese durch Promotionen oder berufsbegleitende Master gleich lange weiterdebattieren dürfen. Damit werden die Siegchancen aber fast ausschließlich an letztere verteilt. Deshalb macht der Antrag mit der Staffelung der Teilnahmen auch aus meiner Sicht so viel Sinn: Weil er talentierten jungen Debattierern mehr Zeit und Versuche einräumt, um den Erfahrungsnachteil gegenüber später anfangenden talentierten Debattierern auszugleichen.
Zu meiner Teilnahme in Heidelberg 2014: Ich verstehe zwar nicht, wie dieses Argument auf die Seite der Gegner einer Regelung gehört, die auch noch gegen mich in diesem Finale angetreten sind (Mainz the Good the Bad and the Beauty). Aber zur Klarstellung: Ja, ich habe da promoviert, aber war auch erst in meinem 3. Debattierjahr (mein erstes Turnier im VDCH-Land war die ZEIT Debatte Karlsruhe 2011) und 25 Jahre alt. Damit dürfte ich tatsächlich eine der Jüngsten in diesem Finale gewesen sein (fun fact). Und ja, ich finde es tatsächlich fragwürdig, mit meinem Lebenserfahrungsstand als Doktorandin noch so stark auf Debattierturnieren als Rednerin anzutreten. Eben deshalb habe ich gerade in der letzten Saison auch sehr verstärkt juriert, nämlich auf 4 Turnieren, darunter auch (!) die DDM, auf der ich selbstverständlich auch hätte antreten können. Dies ist eine freiwillige Selbstbeschränkung, die ich mir auch von anderen erhofft hätte und eigentlich für selbstverständlich gehalten hätte. Diese Saison und diese Diskussion haben mich eines Besseren belehrt.
Fazit: Schade, dass vonseiten der „Gegner“, für die du ja zu sprechen scheinst, kein Interesse daran besteht, diese Diskussion strukturell auf Sachebene zu führen, sondern personengebunden und Ad Hominem.
Hi Nico,
überraschend später, aber willkommen zur Party! Vielen Dank für deinen Post, der deine starke Werkkonstante („Nur unter Druck wird aus Kohle Diamant“) lebendig weiterträgt. 😉
Sprechen wir mal über den Ort, wo die von dir genannten jungen Talente des Debattierens bei der DDM saßen. Nämlich in der zweiten Reihe hinter der Altdebattierer-Spitze, wo die von dir genannten entweder als FFR oder Publikum der DDM saßen. Weil da war im Halbfinale Schluss für das junge Team aus Berlin und aus Tübingen. Das sind nun alles sehr engagierte Debattierer, die gehe uns nicht mehr von der Fahne, auch wenn sie noch drei Jahre warten müssen.
Ich will nur noch mal einen Punkt ausnudeln, der vielleicht durch subjektive Wahrnehmung geprägt ist: diejenigen, die lange dabei waren haben auf das Debattieren eingewirkt, lange nachdem sie nicht mehr aktiv waren. Bitte erinnert euch: wir hatten exakt diese Sicker-Move-Debatte schonmal in der Facebook-Gruppe zur DDM geführt, mit zwei ganz jungen und der Rest waren Debattier-Alumni, die die meisten Aktiven schon gar nicht mehr kennen. Viele, auch ich, haben damals geschwiegen, weil wir diesen Kampf mit diesen Vertretern nicht führen wollten oder uns einfach unterlegen fühlten.
Nun haben wir die Präzdenz im Rücken und den Willen zur Regelung. Ich will nicht verhehlen, dass ich mir aus philosophischen Gründen durchaus nicht leicht tue mit einer Alter-Startzahl-Kopplung-Regel, aber ich halte sie für notwendig.
Die meisten, die in dieser Diskussion schreiben, sind gerade an der Stufe, das aktive Reden zu verlassen und überformen erneut die Jungen, die sich gar nicht äußern (Vielen Dank an die, die es auf die Anfragen hin getan haben). Keine Stimme der ganz jungen Debattierer, wenige aus den Clubs. Mag sein, dass es dieses Jahr ein besonderer Fall war und sich in der nächsten Saison dieses Problem erledigt hat. Aber wer jung dazu kommt erschrickt eher vor den Steinalten, als vor seinen Altersgenossen.
Ich verstehe immer noch nicht inwieweit das Alter sich positiv auf die Lernkurve auswirken kann. Wir haben in Wien aus Gründen, die ich oben schon erklärt habe, immer wieder Leute auch jenseits der 40, die bei uns im Training debattieren. Diese sind in keiner Weise besser als jüngere Debattierer, die genauso oft trainieren. Es ist sogar vielmehr so, dass Ältere oft wesentlich größere Hemmungen haben, weil sie Angst haben, sich zu blamieren. Auch Berufserfahrungen sind nicht immer von Vorteil, lernt man sich doch oft eine Fachsprache oder bestimmte Verhaltensmuster ein, die beim Debattieren alles andere als hilfreich sind. Aus eigener Erfahrung kann ich auch sagen, dass ich oft aufgrund meines beruflichen Umfelds und meiner Lebenserfahrung Wissen voraussetze, das niemand anderer im Raum hat und genau deshalb oft verliere.
Gerade ältere Debattierer, die im Berufsleben stehen, haben oft auch nicht die Zeit, um auf Turniere zu fahren. Wie Wiener müssen bis zu drei Urlaubstage opfern, um auf ein Turnier fahren zu können. Will man zumindest alle ZEIT-Debatten, Regio und DDM mitmachen, ist schon einmal die Hälfte des Jahresurlaubs weg. Und ihr wollt tatsächlich diese Gruppe, die es schon jetzt nicht leicht hat, vom Debattiersport ausschließen?
Außerdem möchte ich euch auch mal bitten, eure Blase zu verlassen. Fragt doch bitte beliebige Leute auf der Straße, ob sie schon einmal was vom Debattiersport gehört haben. Im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Raum, werdet ihr es schwer haben, da jemanden zu finden. Debattieren ist längst nicht in der Breite angekommen, wie wir uns das vielleicht wünschen würden. Es gibt sogar viele Eltern von Studierenden, die ihren Kindern verbieten, am Debattieren teilzunehmen, weil sie befürchten, dass es sich negativ auf den Studienerfolg auswirkt. Das Debattieren im deutschsprachigen Raum befindet sich daher immer noch im Aufbau. Und in dieser Phase wollt ihr tatsächlich das Teilnehmerfeld beschränken?
Mir fällt dazu nur eines ein (sorry, für die, die sich jetzt beleidigt fühlen): typisch deutsche Regelungswut. Mich erinnert das an die DAF-Kriterien für die heurige DDM. Da wurden auch völlig unrealistische Regelungen beschlossen, die dazu geführt haben, dass ungefähr die Hälfte der potentiellen DAF-Sprecher aus Wien rausgefallen sind, obwohl jeder klar erkennen kann, dass Deutsch nicht ihre Muttersprache ist. Da will man eine DAF-Kategorie aufbauen und dann erstickt man sie durch Regelungswut noch bevor sich überhaupt ein signifikantes Starterfeld gebildet hat.
Und jetzt das gleiche in der allgemeinen Klasse: Gerade die, die den Debattiersport als Multiplikatoren in der breiten Bevölkerung bekannt machen könnten, will man ausschließen?
Und warum soll man berufsbegleitende Master-Studenten ausschließen? Diese Gruppe hat ohnehin schon viele Sorgen und Probleme. Wer auch immer solche Forderungen aufstellt, hat wohl nie berufsbegleitend studiert und hat auch nur den Funken einer Ahnung davon, was es bedeutet, eine 80-Stunden-Woche zu haben (40 Stunden Arbeit, 40 Stunden Studium). Warum glaubt ihr, dass Drop-Out-Raten von ca. 80 % in den ersten 2 Semestern bei berufsbegleitenden Studien völlig normal sind?
Wie schon gesagt: Mit Regelungen, die auf das Debattieralter (ab erster Turnierteilnahme) oder auf die Anzahl der Antritte abzielen, kann ich mich durchaus anfreunden. Jede Regelung, die einen Bezug auf das Lebensalter nimmt, ist aber sachlich nicht zu rechtfertigen.
Hier realistische und konkrete Vorschläge: Die maximale Regelstudiendauer bis zum Master (bei ungünstiger Kombination) beträgt 7 Jahre. Dazu noch zwei Toleranzsemester, macht 8 Jahre. Regelungsvorschlag daher: Ab erster Turnierteilnahme maximal 8 Jahre (aber bis zum Ende der Saison), bzw. 7 Antritte bei DDM. Die Frage ist, wer da überhaupt noch rausfallen würde und ob es sich dann überhaupt noch lohnt, das zu regeln.
@Barbara: Vielleicht habe ich mich an der einen oder anderen Stelle übertrieben ausgedrückt. Ich muss gestehen, dass mir der Vorwurf der Unredlichkeit gestern Abend nahe gegangen ist und meine Reaktion nicht unwesentlich beeinflusst hat. Falls ich irgend jemanden beleidigt oder gar instrumentalisiert haben sollte, tut mir das ausdrücklich Leid. Ich sehe allerdings nach wie vor nicht, dass die Verbotsbefürworter immer nur sachlich argumentiert haben (Stichwort Egoismusvorwürfe, die schon wesentlich früher Teil dieser Debatte geworden sind) und gleichzeitig immer wieder Beweise auf ihrer Seite gesehen haben, ohne Nachweise für ihre These zu bieten. Übrigens aber danke dafür, dass du (ich glaube als erste) ausführlich dargestellt hast, was denn eigentlich die konkreten Vorteile der Lebensälteren (jenseits der Debattiererfahrung und von „Wissen“) gegenüber den Jüngeren sein können (meiner Ansicht nach nicht müssen). Ich denke, das aber auch meine Sichtweise legitim ist, dass es auch andere Faktoren gibt, die die Erfolgschancen auf Turnieren nachhaltig beeinflussen können. Diese Sichtweise wurde hier auch von sehr vielen Leuten geteilt.
Was jüngere Leute angeht, die schnell erfolgreich waren, gibt es übrigens gleich einige: Marcel war 2007 meines Wissens nach Top of the Tab der DDM und gewann das Turnier und hatte erst ein/eineinhalb Jahre vorher mit dem Debattieren begonnen und war allenfalls minimal älter als 20. Da bin ich mit meiner Tabplatzierungen weit weg. Im Jahr 2008 stand er nochmals im Finale, damals übrigens gemeinsam mit (bzw. gegen) den damals wohl 20 Jährigen Lukas. Ich weiß allerdings nicht, wie viele Monate oder Jahre vorher Lukas angefangen hat zu Debattieren. Für die heutige Zeit hätten wir beispielsweise Lennart, der schon nach rund einem Jahr massenhaft Top of the Tab Platzierungen sammelte (übrigens bei dem herausragend besetzten Reedhoven Cup 2014 nach meiner Erinnerung auch vor dem sowohl nach Lebensalter als auch nach Debattiererfahrung weitaus erfahreneren Lukas). Meine einzige Top of the Tab Platzierung hatte ich übrigens bei einem regionalen Anfängerturnier. Zusätzlich haben wir das aufstrebende (zu einem Großteil wirklich sehr junge) Team der Rederei, das im Jahr 2015 in den KO-Runden mehrerer ZEIT Debatten, der Regios und der DDM vertreten war. Dass es jeweils nicht zum Sieg gereicht hat, mag vielleicht auch an der noch etwas fehlenden KO-Rundenerfahrung liegen oder an der (im Vergleich mit den anderen Teams in der KO-Runde) fehlenden Debattiererfahrung im Allgemeinen (ich spreche hier bewusst von Debattiererfahrung, nicht vom Lebensalter, denn das Debattiererfahrung von Vorteil ist, sollte unstreitig sein). Soweit ich weiß waren aber alle Entscheidungen immer sehr knapp (Beispiel Halbfinale ZEIT Debatte Tübingen gegen das Team aus Mainz) und damit natürlich auch immer ein wenig von Glück und Pech abhängig. Ich habe daher wenig Bedenken, dass sich diese Erfolge in allernächster Zeit einstellen werden 🙂
Danke, Christian!
Ich finde, ein etwas friedvollerer Ton auf allen Seiten dürfte der Diskussion ganz gut tun – Wertschätzung und so 😉
Eine ganz knappe Antwort auf einige Punkte aus Barbaras Post, der sich auf mein Post bezieht:
1. „Und nein, Nicolas (MZ), (Nr. 69), die Teams in den Viertelfinals waren mitnichten in etwa gleichauf, was Turniererfahrung und Alter anging.“
Das habe ich auch nicht geschrieben. Das wäre ja auch absurd – klar war das „Alter“ ein Unterschied, nicht aber die Debattiererfahrung; daher schrieb ich:
„Rechnet man die Debattier- oder Turniererfahrung der Viertelfinalteams zusammen, dürften bei jedem der diesjährigen Viertelfinalteams in etwa vergleichbare Turnierstarts, Turniersiege und sonstige Dekorationen herauskommen.“
2. „Wer all diese Voraussetzungen mitbringt, hat einen natürlichen Startvorteil. Dies gilt umso stärker in OPD, wo sich mehr Selbstsicherheit, Souveränität und Zügelung von Nervosität direkt in Punkte in den linken Kategorien übersetzen. Und Nicholas (MZ) (Nr. 69): Wenn das, was wir auf der DDM in Münster im Schloss erleben durften, wirklich nur ein Schatten deines debattierischen Selbsts von 2010 war, völlig aus der Übung durch nur 2-3 Finalteilnahmen in den ZEIT Debatten dieser Saison, dann bin ich sogar froh, dass ich damals noch nicht debattiert habe, weil die Juroren damals müssen dann ja wirklich blind und völlig grenzdebil gewesen sein, dass sich dies nicht in spektakulärsten Turniersiegen niederschlug, von denen man heute noch hören müsste.“
Naja zum einen spielen selbstredend Faktoren wie „Selbstsicherheit, Souveränität und Zügelung von Nervosität“ eine große Rolle für OPD, ebenso wie Sprachgefühl, Spaß an bildhafter Sprache, Größe, Aussehen, Vernetzung, Wissen, etc. pp. Das habe ich gewiss nie bestritten. All das bekommt man mit Erfahrung. Der 23 Jährige, der auf 100 OPD Turnieren in guten Teams geredet hat, wird in der Regel besser sein, als der 31 Jährige, der auf 20 Turnieren geredet hat.
Zum Anderen – unabhängig davon, dass mir der Ton, den Du anschlägst, liebe Barbara, etwas heftig erscheint – spielen Faktoren wie das Team (TEAMSPORT!), in dem man antreten kann (die weiteren 1 oder 2 guten/sehr guten Redner müssen schon da sein) eine große, große, große Rolle für einen Turniergewinn. 2010 war ich in OPD gut – in BPS war die DDM quasi mein erstes Turnier, wir sind da nicht mal gebreaked. 2011 war ich ziemlich gut in OPD, Mainz hatte aber kein Team, das gepasst hätte, um die DDM zu gewinnen – also war ich ab dem Viertelfinale alleine unterwegs als Freier Redner.
Dann Examen und Ref und man ist halt 2-3 Jahre lang einfach raus. Keine Debattenabende, kein Training, vllt mal ein oder zwei Turniere mit Freunden pro Saison.
Kurzum: All Deine Argumente, Barbara, belegen im Grunde eigentlich nur, dass eine StartZAHLbegrenzung notwendig ist. Das unterstütze ich auch – seit jeher übrigens. Sie belegen nicht, dass ältere Menschen generell bessere Debattierer sind; sie belegen auch nicht, dass Promotionsstudenten grundsätzlich nicht zum „studentischen Millieu“ zu zählen sind. Die Kritik Christians bezieht sich aber hauptsächlich auf das Differenzierungskriterium „Alter“ – das diskriminierend ist und bislang nicht argumentativ unterlegt. Natürlich könnt ihr eine „Lobby“ bei den jungen Menschen im VDCH-Land und in den Clubs aufbauen und diese damit von Eurem Vorschlag überzeugen, dass sie in ihrem eigenen Interesse Eurer Regelung zustimmen sollen. Besser wird die vorgeschlagene Regelung dadurch aber nicht. Nur leichter zu verkaufen – weil ihr eben auf Ressentiments, auf Neidgefühle und den Eindruck der Hilflosigkeit von 20-Jährigen gegenüber den GUTEN REDNERINNEN über 28 (und NUR um die GUTEN geht es Euch) spekuliert und das teilweise wohl auch verfängt. Zumindest eine sehr junge Rednerin habe ich gesprochen, die Euren vorschlag erstmal unreflektiert gekauft hat – weil aus ihrer Perspektive „es nie möglich sein wird, eine DDM zu gewinnen, wenn da immer Doktoranden antreten“. Die junge Frau debattiert seit einem Jahr. Nicht jeder ist Marcel Griersdorf und kann nach einem Jahr bei der DDM sehr konkurrenzfähig mitmischen. So ist das Leben, Leute.
Das möchte ich mal von Lennart oder Konrad oder anderen jüngeren wirklich guten Debattierern hören. Was für ein Quark. Auch Daniel Sommer kann man schlagen – man muss eben nur wirklich gut sein und ein bisschen auf Herausforderungen stehen.
Seit ich debattiert habe, gehörten ältere Teilnehmer zu den großen Turnieren dazu. Ich hab immer recht viel gelernt. Mir hat das Debattieren immer viel Spaß gemacht. Ich würde es gerne weiter in die Gesellschaft tragen und es nicht abschotten oder marginalisieren.
Im Grunde nervt mich diese Diskussion massiv. Das liegt daran, dass sie nicht sachlich genug geführt wird, sondern im Grunde einige Leute ihre Position gegen welchen Widerstand auch immer durchzudrücken versuchen und auch nicht vor miesem Tonfall und hart an der Grenze zur Beleidigung liegenden Beiträgen zurückschrecken. Hinzu kommt – mal wieder – dass eine immense Lobbyarbeit betrieben wird. Leute, insbesondere junge ClublenkerInnen, werden angerufen und davon überzeugt, dass es ihr Interesse ist, „Die Alten, die hier nichts mehr zu suchen haben“ loszuwerden. Das ist eine – aus meiner Sicht – furchtbar niedere Art des Umgangs, weil man eben die junge Generation für seine eigenen Zwecke und politischen Ziele instrumentalisiert, indem man ihnen verkauft, dass sie nur gewinnen können, wenn „die Alten“ künstlich aus dem Debattieren entfernt werden.
Mich kotzt es im Übrigen auch an, dass Leute, die teilweise 8 oder 10 Jahre aktiv debattiert haben, jetzt den „Präzedenzfall“ ausrufen und so tun, als ob bspw. Christian oder auch ich, die wir 3 bzw. 5 Jahre aktiv debattiert haben, längst hätten verschwinden müssen.
Eines wird sich so jedenfalls nicht erreichen lassen – ein in der Zukunft stärkeres, gesellschaftsrelevanteres und kompetitiveres Debattieren in Deutschland.
Hier sollen lediglich einige wenige GUTE REDNERINNEN rausgemobbt werden unter dem Vorwand, es ginge um ihr Alter. Geht es eben nicht.
Keine Ahnung, ob jemand darauf kommt, auf wen Nicolas‘ Beschreibung im letzten Beitrag der jungen Rednerin, die anscheinend arrogant/ungeduldig/gewinngeil ist, passt, aber besagte Rednerin kann ja ein paar Worte dazu verlieren. Ihr ist klar, dass sie im Gegensatz zu Lennart oder Konrad keine wirklich gute Debattiererin ist. Sie findet es ziemlich unfair, dass eine privat stattgefundene Diskussion zwischen ihr und vorigem Beitragsverfasser so aus dem Zusammenhang gerissen wurde. Zu sagen, dass man wohl keine Chance wegen zu vielen antretenden Doktoranden hat war eine sehr spontane und unreflektierte Äußerung, die von der Rednerin selbst kurze Zeit später relativiert wurde (sie hat die Angewohnehit, ihr Herz auf der Zunge zu tragen). In der gleichen Unterhaltung war sie aber auch der Meinung, dass es unfair wäre, wegen des Alters zu diskriminieren und sie freut sich durchaus, auch einfach bei guten Debatten zuhören zu können und bei Turnieren etwas zu lernen (vielleicht hatte sie das in diesem Moment nicht klar genug kommuniziert). Was sie aber klar gesagt hatte in besagtem Gespräch war, dass sie sich selbst für eine Startplatz- oder Breakbegrenzung ausspricht, sprich sehr wohl weiß dass ihr erster Gedanke über das Thema egoistisch war und somit nicht ihre endgültige Meinung ist. Wenn Nicolas also das nächste mal Negativbeispiele für aufgebauschte Neulinge verwenden will, soll er doch bitte nicht einzelne Sätze aus dem Kontext reißen. Sie will weder ein Anrecht auf Turniersiege noch andere zugunsten der eigenen Chancen rausmobben, sondern Spaß am debattieren haben und dabei etwas lernen. Oh, und die vielgepriesene gegenseitige Wertschätzung vielleicht auch. Das wäre nett.
Da ich glaube, dass einzelne 30+ Jährige, so lange sie nicht deutlich besser sind als der Rest, kein Problem darstellen, würde ich einen moderat regulierenden Vorschlag befürworten.
Konkret würde der so aussehen, dass Debattierende unter 28 bis zu ihrer 6. Saison seit ihrer ersten Debatte und Debattierende 28+ bis zu ihrer 4. Saison breaken dürfen.
Durch die Regelung über Debattierjahre umgeht man das taktische Warten. Mit der verringerten erlaubten Zeit rechnet man die besseren Startbedingungen für Ältere ein. Da ich glaube, dass sich diese ab 25 nicht mehr groß ändern, wird zwischen älteren Leuten nicht weiter differenziert und jeder hat min 3. Jahre Zeit Titel zu sammeln.
6 Jahre wären ein Bachelor-Master Studium + 1 Jahr für Ausland/Vorstandsarbeit/vertrödeln und sollte auch Clubs ohne Infrastruktur genug Zeit geben.
Die reine Breakbegrenzung erlaubt älteren Casualdebattanten die weitere Teilnahme und macht ProAm Teams möglich, ohne dass diese allerdings von 1 Person zum Sieg getragen werden können.
Ich würde alle Zeitdebatten (also inklusive Region und DDM) einschließen und hoffen, dass sich einzelne FDL Turniere als hochklassiges Free-for-all vermarkten.
Wie bereits auf FB besprochen ist das eine im Ansatz jedenfalls sinnvolle Variante, Konrad. Danke 🙂
Ich bin mir nicht sicher, aber eine selektive Regulierung von ZDen und DDM bringt möglicherweise ein Problem mit sich (- das ist abhängig davon, welche Motive an den jeweiligen Titeln diejenigen eigentlich haben, denen man mit der Regulierung zu ihrem Recht auf eine Titelchance verhelfen will):
Wenn sich „hochklassige Free-for-All-FDL-Turniere“ etablieren (und ich halte es für sehr warscheinlich, dass das passieren wird), dann wird zumindest innerszenisch das Renommee der regulierten Turniere absinken. Natürlich hat man dann immernoch was für den Lebenslauf. (Das gilt aber in erster Linie für die DDM und die Regios, weil „ZD“ kaum jemandem was sagt.) Aber in der Szene wird dann der TItel „Beste*r Redner*in der FDL“ (übrigens auch ein CV-kompatibler Titel) die Hauptsache sein, bzw. der Sieg auf einigen etablierten FDL-Turnieren (SK-Cup, Berlin Punk, Elbe Open, etc.). Einige Beiträge von Barbara hatte ich so verstanden, dass es gerade auch darum geht, wie jüngere Jahrgänge zu Ansehen in der Szene kommen können. Falls das Ziel der Regulierung in erster Linie ist, jungen Leuten den Weg zu schnellerer Anerkennung in der Szene zu ebnen, dann haben wir eine Renommee-Inflationstretmühle und führen in zwei, drei Jahren die gleiche Debatte für die FDL, fürchte ich.
Zeitdebatten haben durch das öffentlich Finale immer einen eigenen Anreiz und fühlen sich dadurch anders an.
Zusätzlich halte ich es für möglich, dass die etwas jüngeren, die alte Garde auf den FDL Turnieren gar nicht als Konkurrenz zu sich sehen und einfach glücklich darüber sind, besser als alle anderen in ihrem Alter zu sein.
Daher glaube ich, dass es einfach mehr prestigeträchtige Turniere geben wird, als bisher.
Keine Frage, Jonathan. Aber das ist ein ganz grundsaetzlicher Punkt gegen jede Einschraenkungen.
In ein paar Jahren haben wir vielleicht auch eine echte, offene Debattiermeisterschaft. Ohne zwingend universitaeren Bezug, ohne obskure Debatten ueber die „soziologische Kategorie“ Student. Das waere dann wiederum gut.
Um hier mal ein paar statistische Fakten in die Diskussion einzubringen, habe ich mir die Mühe gemacht, das Anfangsalter von Universitäts-Studierenden in Österreich zu recherchieren. Quelle: http://statcube.at/superwebguest/login.do?guest=guest&db=deunistud1_ext
An ordentlichen Universitäten ist der Anteil an Studierenden über 25 von 43 % im Jahr 2003/2004 auf 47 % im Jahr 2013/14 gestiegen. Auch an den Fachhochschulen beträgt der Anteil an Studierenden über 25 kontinuierlich über 30. Selbst der Anteil der über 30-jährigen beträgt immer noch fast 20 %. Ich habe nicht das Gefühl, dass bei den deutschsprachigen Turnieren der Anteil der über 25-jährigen beinahe 50 % beträgt – ganz im Gegenteil. So gesehen repräsentiert die Debattierszene aktuell NICHT das typisch-studentische Milieu.
Ihr wollt also mehr als ein Drittel aller Studierenden in der Debattierszene diskriminieren? Ich habe immer noch kein überzeugendes Argument gehört, dass das Lebensalter beim Debattieren von Vorteil wäre. Ja, im ersten Jahr vielleicht, aber wie viele Debattierer gibt es, die im ersten Jahr gleich für Furore sorgen? In der bisherigen Diskussion waren das keine fünf.
Dann höre ich das Argument, dass die Alten doch zu FDL-Turnieren fahren sollen. Gut. Mache ich. Dann werden die ZEIT-Debatten und die DDM zum Debattierkindergarten, während die weit weniger öffentlichkeitswirksamen FDL-Turniere ein deutlich höheres Niveau haben werden. Und das soll dem Debattiersport und dessen Ansehen in der Öffentlichkeit fördern?
Wenn ihr solche Regelungen beschließen wollt, dann macht das. Aber wundert euch dann nicht, wenn der Debattiersport in Deutschland auch weiterhin nicht die Relevanz bekommt, die er im anglo-amerikanischen Raum hat.
Ich möchte nochmal erklären dass es kein Problem für die Jungen gibt. Die Diskussion darauf zu beschränken wieviele Alte in einem DDM-Finale stehen und wieviele Junge (egal ob man alt nun debattieralt oder lebensalt definiert) ist schon der falsche Ort. Wie jeder weiß der mehr als einmal nachgedacht hat, sind K.O. Runden gerade keine Indikator für die Güte eines Teams oder Redners. Nicht umsonst gibt es im Schachsport die ELO-Zahl die auf einen langen Zeitraum eine Wertung der Qualität eines Teilnehmers erstellt. Im Debattieren haben wir das nicht in diesem Maße, allerdings bewegen sich VRtabs in diese Richtung. Hier wird über mehrere Debatten die Qualität der Redner gemessen. Und wenn wir uns die Tabs angucken, dann lässt sich die Behauptung dass es junge Debattierer nicht in die Spitze schaffen eben gerade nicht halten. Dass es sein kann dass Debattierer in KO-Runden rausfliegen, kann an verschiedensten Umständen liegen, Nervosität, Position, Theme, Tages- oder besser Rundenform, und ja auch vllt an KO-Runden Erfahrung. Aber das Ergebnis von mehreren KO Runden als signifikante Aussage über die Wettbewerbschancen jüngerer Redner zu verstehen zeigt meines Erachtens nur von mangelnder Intelligenz ( und liebe Leute die derartig argumentieren wollen: Falls ihr glaubt dass ihr mal gegen mich wegen meines Alters rausgeflogen seid, lasst euch trösten, das war ziemlich sicher nicht der Grund ;-)… Aber Spass beiseite, ich hab das HF Potsdam vs Tübingen gesehen und ich finde es frech von den Leuten zu behaupten das wäre durch das Alter entschieden worden. Ich habe die Potsdamer niemals zuvor so stark reden sehen, und ich bin überzeugt dass das ihre Debatte war… Und sie waren RICHTIG GUT… Aber Tübingen war sehr sehr stark und hat trotzdem nicht sein volles Potenzial ausgeschöpft. Ich bin überzeugt dass wenn man die Teams 10mal hintereinander gegeneinander antreten lassen würde vermutlich Tübingen den Sieg davontragen werden. Und es ärgert mich ungemein dass hier jungen Teams so ne Art von Opferstatus zuerkannt werden soll. Das wird ihren exzellenten Debattierfähigkeiten nicht gerecht, vor allem wenn hier einige der alten Säcke die hier für die Regelung streiten niemals so gut waren, dass z.B. die Tübinger ernsthaft Sorge um ihre Siegchancen gegen sie haben sollten. Also liebe Alte, euer nicht fahren in allen Ehren, ich bezweifele sehr stark dass die jungen Topteams ernsthaft Angst vor euch haben. Wenn die schlau sind halten sie die Schnauze, hoffen dass ihr genug Idiotenfunktionäre in den Clubs kaufen könnt indem ihr deren Mittelmaßerstteams Breakchancen geben wollt, und dann werden zwei, drei junge Topteams die Titel die nächsten drei Jahre unter sich aufteilen. Die Mittelmaßnulpen dürfen dann vllt mal in nem Finale Statist spielen aber das wars. Dann haben wir Turniere wie im spanischen Fussball, oben die Galaktischen und dahinter lange Zeit nichts….
Es geht doch nichts über einen Friebe-Post am Morgen 😀