Mechanismen, Relevanz und Sachverstand: Kira Lancker über das „Train-the-Trainer“-Seminar in Hamburg
Im Rahmen des Projekts „Train-the-Trainer“ waren Pegah Maham (Bremen) und Philipp Schmidtke (Münster) am 21. Februar 2015 in Hamburg zu Gast und führen für die Teilnehmer, die aus Bremen, Hannover und Hamburg angereist waren, ein Debattiertraining durch. Kira Lancker, die die Zertifizierung der beiden übernahm, fasst für die Achte Minute die Inhalte, Eindrücke und Reaktionen des Tages zusammen.
Pegah Maham und Philipp Schmidtke haben ihre Train-the-Trainer Zertifizierung in der Tasche. Mit kreativen Übungen brachten sie den 20 Teilnehmern aus Hamburg, Bremen und Hannover die Mechanismen von Argumenten und die Bewertungskriterien Relevanz und Sachverstand nahe.
Vielen Clubvorstände bereitet gerade das Training von Analyse und Relevanz Kopfzerbrechen, denn für den Clubnachwuchs ist dies oft eine große Hürde. Nicht nur, um auf Turnieren erfolgreich zu sein, sondern auch, um interessante, inhaltlich tiefe Debatten zu führen.
Philipp hat dafür vorbereitete Materialien mitgebracht. „Auf den Zetteln seht ihr, dass eine Korrelation zwischen zwei Dingen besteht. Ihr erklärt nun in kleinen Schritten, wieso diese beiden Dinge kausal verbunden sind.“ Den Teilnehmern macht die Aufgabe sichtlich Spaß, obwohl der Arbeitsauftrag nicht einfach ist: Was haben Misswahlen mit der Zahl der Chemiemorde zu tun? Und wo ist die Kausalität von Mozzarellakonsum und der Anzahl von Ingenieursstudenten? Eine der Teilnehmerinnen, Alina, ist erst seit Kurzem dabei. Sie habe nun besser verstanden, was die Juroren meinen, wenn sie den „Mechanismus“ erklärt haben wollen, sagt sie nach der Übung. Was aber sind die relevanten Teile der Debatte, für die sich aufwendige Analysen lohnen? Trainerin Pegah erklärt das Prinzip anhand von Betroffenengruppen. „Je nach Debatte kann es sinnvoller sein, sich für die gleichen Betroffenengruppen zu entscheiden wie die Gegenseite, oder eine andere zu wählen.“ Anhand von Beispielen zeigt sie, wie intuitiv diese Entscheidung oft ist.
„Neben dem hervorragenden Trainerteam, konnte ich auch viel von der Praxis der anderen Clubs mitnehmen – der Austausch hat mir definitiv neue Perspektiven auf bekanntes Handwerkszeug ermöglicht“, so Julian Staudt, Vorsitzender des Debattierclub Hamburg. Die kooperierenden Nord-Clubs haben erstmalig ein gemeinsames Seminar ausgerichtet, wollen dies aber nun ausbauen. Nicht nur gemeinsame Seminare stehen auf der Agenda: Bereits im Januar richteten die Clubs aus Hamburg und Hannover gemeinsam die ZEIT DEBATTE Hannover aus und seit einigen Jahren fordert der Debattierclub Hamburg jeden Sommer die Clubs aus Bremen, Hannover und Kiel zum „Nordderby“ auf. Auch aus Hannover kommt vom Vorsitzenden Simon Klein Zustimmung: „Für Hannover lohnt sich die Kooperation, denn wir sind im Moment noch ein kleiner Club, mit wenigen erfahrenen Alumni-Mitgliedern.“ Aus diesen Gründen soll in nächster Zeit versucht werden, diesen Austausch strukturierter und nachhaltiger zu gestalten.
Philipp und Pegah haben im ersten Jahr an dem „Train-the-Trainer“-Projekt teilgenommen, welches anfangs von Pauline Leopold und Clemens Lechner geleitet wurde. Ziel des Projekts ist es, die Teilnehmer zur selbständigen Konzeption und Umsetzung von Debattiertrainings zu befähigen. Damit soll das Angebot von hochqualifizierten Trainern und Trainerinnen für die Mitgliedclubs des Verbands der Debattierclubs an Hochschulen e.V. erhöht werden. Mit Pegah und Philipp sind nun die ersten vier Teilnehmer voll ausgebildete Trainer. Die zweite Ausbildungsrunde läuft bereits und mit insgesamt 35 Teilnehmenden sind über 20 Clubs an der Ausbildung beteiligt. Seit 2014 koordinieren Thore Wojke und Sarah T. P. Andiel die Ausbildung. „Schon im Laufe diesen Jahres wird die nächste Ausbildungs-Runde starten, bei der sich Interessierte bewerben können“, so Thore.
Da Pegah und Philipp genau die Inhalte umgesetzt hatten, die wir uns für unseren Nachwuchs gewünscht haben, nahm ich die Zertifizierung gerne vor. Nicht nur die Methoden wurden sehr gut eingesetzt, auch der Aufbau des Seminars von Übung zu Übung war hervorragend durchdacht. Der Fortschritt bei den Teilnehmern war sehr gut sichtbar und alle Teilnehmenden waren sehr motiviert. Die einzigen kleinen Verbesserungsvorschläge: Die Sicherung der Lernfortschritte muss mitgedacht werden. Es muss ausreichend Zeit für eine Mitschrift der Lerninhalte eingeplant werden, um das Gelernte mit in die nächsten Debattenabende zu nehmen und dort weiterzuentwickeln. Und: Mehr Pausen gehen immer. Letzteres ist übrigens auch ein sehr deutliches Ergebnis der Jurierseminar-Evaluation der letzten Saison. Der strukturierte Alltag an Lehrinstituten wie der Universität nimmt uns diese Aufgabe ab. Sie ist aber sehr wichtig, wenn man ein eigenes Training konzipiert und wird regelmäßig unterschätzt.
Kira Lancker/ama
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Kira Lancker debattiert seit 2007 im Hamburger Debattierclub. Sie ist Deutsche Vizemeisterin 2012, Finalistin der ZEIT DEBATTE Münster 2012 und engagierte sich bei der Organisation von Turnieren im Rahmen der ZEIT DEBATTEN in Hamburg, Kiel und Hannover. Im Augenblick promoviert Kira an der CAU Kiel im Fachgebiet Energieökonomik.