Können das Debattieren und die Medien eine fruchtbare Kooperation eingehen? Julian Vaterrodt über dbate.de
Hintergrund
Eco Media ist eine 1997 gegründete TV-Produktionsfirma aus Hamburg. Sie produzierten große Dokumentationen wie „History“ im ZDF. Seit dem 11.11 betreibt Eco Media nun ein neues Projekt, die Video- und Diskussionsplattform dbate.de. Das Konzept ist denkbar einfach: Gebt den Menschen online die Möglichkeit, zu verschiedenen Themen die Hintergrundinformationen mehrerer Sichtweisen zu erfahren und danach auf der Plattform zu diskutieren. Dazu werden die Meinungen und Ansichten von Persönlichkeiten in Videobeiträgen dargestellt. So spricht Hans-Christian Ströbele zum Beispiel über den Fraktionszwang im Zusammenhang mit dem Afghanistan-Einsatz. Dabei erzählt er von persönlichen Erfahrungen aus dem Bundestag und versucht damit zu einem Umdenken anzuregen.
Und was hat das nun mit dem Debattieren zu tun?
Durch Maren Christoffer, der ehemaligen Pressebeauftragten der BiTS Debating Society, kam ein Kontakt mit Eco Media zustande. Die Idee: Die BiTS Debating Society könnte Videos anfertigen, in denen aktuelle Themen debattiert werden, die die dbate.de-Redaktion stellt. Zu diesem Zweck führen wir Kurzdebatten in einem First-Half-British Parliamentary Style und stellen sie dann dbate.de exklusiv zur Verfügung.
Eine Medienpartnerschaft bringt am Anfang auch Hürden mit sich
Nach einigen Gesprächen waren wir uns schnell über das Grundgerüst einig. Lediglich in den Feinheiten bestand Gesprächsbedarf, der widerspiegelt, dass eine solche Kooperation Kompromissbereitschaft erfordert.
Die Frage der Produktion der Videos war bald geklärt. Unser Club verfügt über mehrere ausgezeichnete Medienstudenten, die sich mit Filmaufnahmen auskennen. Lediglich die Nachbearbeitung müssen wir auslagern, da wir als Studenten relativ wenig Zeit dafür hätten. Hier kam uns Eco Media sehr entgegen, weshalb ihr das erste Video bereits online sehen könnt:
Die Frage der Themenstellung stellt allerdings ein Problem ganz anderer Natur dar. Manchmal sind Themen gar nicht oder nur mit starker Verfälschung debattierbar. Um dieses Problem zu lösen, bedienen wir uns Facebook und ausgewählten Helfern. Sie unterstützen uns dabei, die von dbate.de vorgeschlagenen Themen in debattierbare Themen zu verwandeln.
Das größte Problem aber bereitete das Format. Das Problem wurde in zwei Schritten gelöst. Erstens einigten wir uns auf eine First-Half-Debatte mit einer Redezeit von fünf Minuten pro Redner. Das schränkt sicherlich den geübten Redner ein und zwingt ihn, seine Argumente kürzer zu halten. Zusätzlich werden im zweiten Schritt Redundanzen herausgeschnitten, die unweigerlich auftreten.
Durch diese Kombination aus zeitlicher Restriktion und anschließender Bearbeitung des Gesagten wird eine Videolänge von etwa zwölf Minuten erreicht.
Differenzen überwinden
Ich gebe zu, am Anfang war ich skeptisch. Einige von euch werden bestimmt sagen, dass dies nichts mehr mit unserem Debattieren zu tun hat. Ich habe sogar schon gehört, dass wir das Debattieren verfälschen würden. Zwei Dinge, die ich darauf antworten möchte:
- Die durchschnittliche Aufmerksamkeitsspanne. Nachdem wir das Video in unserem Umkreis getestet haben, waren diejenigen, die nichts mit dem Debattieren zu tun haben (Familie, Freunde) begeistert. Eine normale Debatte dauert mindestens eine Stunde und, wenn wir ganz ehrlich sind, sind selbst bei den besten Rednern Redundanz und langweilige Füllstellen zu finden. Das Schneiden und Komprimieren auf die wichtigsten Inhalte gibt uns die Möglichkeit, zu kommunizieren, was Debattieren ausmacht und Menschen für den Meinungsaustausch zu begeistern.
- Wir glauben, dass man sich bei so einer Kooperation ergänzen sollte. Was den Schnitt betrifft, haben wir volles Vertrauen in die dbate.de-Redaktion. Unsere Änderungswünsche wurden bis jetzt respektiert. Dadurch, dass wir den Schnitt abnehmen, bevor ein Video online gestellt wird, können wir sicher sein, dass die Essenz nicht verloren geht und klar wird, worum es in unserem Sport geht. Dabei wurde uns mehrfach vom Projektteam von dbate.de versichert, dass sie unsere Sicht des Sports und unsere Herangehensweise zeigen möchten.
Wir glauben, dass wir mit dbate.de den perfekten Medienpartner gefunden haben. Die Webseite dbate.de vertritt einen Grundwert für den wir als Club und unser Sport im Allgemeinen einstehen: Die Berechtigung einer jeden Meinung, so lange sie logisch mit Argumenten begründet werden kann. Das Debattieren hat etwas, das ganz klar für sich spricht: der Meinungsaustausch auf Basis von Wissen. So gesehen ist die Plattform dbate.de nichts anderes als der Traum von uns Debattierern – weitergedacht und simplifiziert, damit diese Form von Wissen für jeden zugänglich wird.
Die Abstriche an der Fülle einer Debatte, die wir machen mussten, erfüllen ihren Zweck. Sie machen es leichter, Zugang zu einem Sport zu finden, der sich normalerweise hinter großen Hürden und elitären Barrieren versteckt. Gleichzeitig ermöglichen sie mehr Menschen, aktiv an dem Geschehen teilzunehmen, indem sie sich die Debatte ansehen und dann ihre Meinungen austauschen.
Die Qualität muss bei Medienpartnerschaften nicht unbedingt leiden. Wenn überhaupt, ist unsere Kooperation der Beweis, dass es möglich ist, die Qualität zu steigern und somit das Debattieren für mehr Menschen attraktiv zu machen.
Wir sind der Überzeugung, dass diese Kooperation fruchtbar sein wird – vielleicht sogar über dbate.de hinaus. Wir würden uns freuen, wenn ihr euch auf dbate.de umseht. Falls ihr Interesse habt, einmal in eurem Club eine solche Debatte abzuhalten, könnt ihr uns gerne kontaktieren.
Julian Vaterrodt/hug
Das Mittwochs-Feature: Jeden Mittwoch ab 9.00 Uhr stellt das Mittwochs-Feature eine Idee, Debatte, Buch oder Person in den Mittelpunkt. Wenn du selbst eine Debatte anstoßen möchtest, melde dich mit deinem Themen-Vorschlag per Mail an team [at] achteminute [dot] de.
Julian Vaterrodt ist Präsident der BiTS Debating Society, die er mit aufgebaut hat. 2013 richtete er gemeinsam mit seinem Club die Westdeutsche Meisterschaft aus. Julian debattiert seit 2011. Bei der vergangenen Deutschsprachigen Debattiermeisterschaft 2014 in Berlin erreichte er das Halbfinale. In Iserlohn macht er derzeit seinen Master im Bereich Finance und Unternehmensführung.