„Er trank auch nicht viel Wasser“: 5. Debattiermeisterschaft der Gymnasien im Kreis Schleswig-Flensburg

Datum: 6. März 2014
Redakteur:
Kategorie: DDG, Neues aus den Clubs, Veranstaltungen

Nicht Kiel, nicht Greifswald, sondern Schleswig ist Schauplatz des nördlichsten Debattierturniers Deutschlands. Zum fünften Mal maßen sich am 26. Februar 2014 Schüler*innen bei der Debattiermeisterschaft der Gymnasien im Kreis Schleswig-Flensburg in der hohen Kunst von Rede und Widerrede, und zum ersten Mal gelang es der Lornsenschule aus Schleswig, den Titel zu erringen.
Die Debattiermeisterschaft ist der Abschluss und Höhepunkt eines Projekts, das der ehemalige Greifswalder Debattierer und heutige Rhetoriktrainer Andreas Kirberger in seiner Heimatstadt Schleswig leitet. Etwa 20 Schüler erhalten von der örtlichen Heinz-Wüstenberg-Stiftung Stipendien, um in sechs Wochenendseminaren rhetorisches Rüstzeug im Allgemeinen und das Debattieren im British Parliamentary Style (BPS) im Besonderen zu erlernen. So vorbereitet, traten schließlich acht Teams von sechs Gymnasien im Schleswiger Kreishaus zum Halbfinale an. Wo sonst der Kreistag über Schülerbeförderung, Abfallbeseitigung oder Rettungsdienst berät, befassten sich die Zwölftklässler mit der Frage, ob Wahlberechtigte ihr Wahlrecht auf Dritte übertragen dürften.

Die Siegerinnen von der Lornsenschule, Pia Marie Nottrott (2.v.l.) und Cathrine Thams (3.v.l.) im Kreise aller Finalisten

Die Siegerinnen von der Lornsenschule, Pia Marie Nottrott (2.v.l.) und Cathrine Thams (3.v.l.) im Kreise aller Finalisten
(c) Christina Weiss

Ins Finale zogen zwei Mannschaften der Klaus-Harms-Schule aus Kappeln und die Teams der Lornsenschule und des Berufsbildungszentrums Schleswig (BBZ) ein. Das Finalthema drehte sich um die in Schleswig-Holstein momentan heiß diskutierte Abschaffung von Schulnoten zugunsten ausdifferenzierter Bewertungssysteme. Die Eröffnende Regierung, Björn Daumann und „Zwischenfragenkönig“ Stefan Napirata vom BBZ, bemängelte vor allem, es fehle dem herkömmlichen Notensystem an Vielschichtigkeit und Transparenz: Nackte Zahlen gäben zu wenig Auskunft über die tatsächlichen Stärken und Schwächen eines Schülers und könnten sein Sozialverhalten nicht erfassen. Dem hielt Piet Ramsl (Kappeln) von der Eröffnenden Opposition entgegen, dass die Leistung des Schülers kaum besser abgebildet werde, wenn es unter einer Klausur heiße: „Seine fachliche Leistung war in Ordnung, und er trank auch nicht viel Wasser“. Sein Fraktionskollege Leo Köpke hob hervor, wie Schulnoten über den Wettbewerbsgedanken zur Leistungssteigerung beitragen könnten. In der Schließenden Opposition warnten Emmelie Finkenflügel und Vivien Appelmans (ebenfalls aus Kappeln) davor, dass Berichtszeugnisse den Leistungsstand von Schülern sogar verschleiern könnten, weil es ihnen im Gegensatz zu Schulnoten an Klarheit fehle. Was eine Zwei bedeute, sei hingegen hinlänglich bekannt.

Den Sieg in der Debatte trug die Schließende Regierung von der Lornsenschule davon. Für Cathrine Thams führen Schulnoten zu einem künstlichen Lerndruck, zu einem „Lernen mit dem Messer an der Kehle“. Die Wertschätzung für das Individuum bleibe dabei auf der Strecke. Gemeinsam mit ihrer Schlussrednerin Pia Marie Nottrott wandte sie sich daher „gegen Noten und für Fairness“ gegenüber dem Einzelnen. Ihr mannschaftlich geschlossenes Auftreten, ihr Ideenreichtum und ihre anschauliche und vertiefte Argumentation trugen den Lornsenschülerinnen nicht nur den Applaus der etwa 250 Zuhörer im Saal ein – neben Schülern auch zahlreiche Vertreter aus der Kommunalpolitik –, sondern überzeugten am Ende auch die Jury. Als Juroren fungierten der Kreispräsident des Kreises Schleswig-Flensburg Ulrich Brüggemeier, Stiftungsvorstandsmitglied Holger Wüstenberg, der Flensburger Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Hartwig Eckert, der Vorsitzende des Kreisjugendrings Schleswig-Flensburg Ralph Schmidt sowie zwei Mitglieder der Deutschen Debattiergesellschaft e.V. (DDG): die Jugendbildungsreferentin Julika Stenzel aus Hamburg (früher Greifswald und Kiel) und der Kieler Rechtsanwalt Dr. Bernd Hoefer als Juryvorsitzender.

Die Debattiermeisterschaft der Gymnasien im Kreis Schleswig-Flensburg fand erstmals im Jahr 2010 statt. Den ersten Kreismeistertitel sicherte sich das Bernstorff-Gymnasium aus Satrup, im Jahr darauf gewann das Berufsbildungszentrum aus Schleswig, 2012 die Klaus-Harms-Schule in Kappeln. Die Debattiermeisterschaft gehört zu einem Projekt der Heinz-Wüstenberg-Stiftung. Schirmherr des Turniers ist der Kreispräsident des Kreises Schleswig-Flensburg, Ulrich Brüggemeier.

Bernd Hoefer/kem

Zur 5. Debattiermeisterschaft der Gymnasien im Kreis Schleswig-Flensburg existiert außerdem ein Video-Beitrag (unter „Sonderberichte – 26. Februar 2014“).

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