Nachhaltige Ausbildung durch Tutorenbetreuung: Das Jurierseminar in Karlsruhe/Nancy
Es gibt viele Dinge, die Debattierer voneinander trennen können: Ländergrenzen, Clubverbundenheiten, Formatvorlieben, Erfahrungslevel. Als sich am vergangenen Wochenende knapp 30 junge Debattierer in Karlsruhe trafen, um das Jurieren zu trainieren, konnten all diese Barrieren weitgehend überbrückt werden.
Das Besondere an diesem Jurierseminar war die internationale Kooperation: Zu den Teilnehmern aus ganz Deutschland kamen neun Debattierer vom deutsch-französischen europäischen Campus der Sciences Po in Nancy hinzu. In der französischen Stadt wurde auch die zweite Hälfte des Seminars abgehalten.
Nach Erfahrungsstand unterteilt in zwei Gruppen, brachten Tobias Kube und Marc-André Schulz dem Juriernachwuchs die Grundlagen und Feinheiten des British Parliamentary Style (BPS) bei, Pauline Leopold und Marion Seiche jene der Offenen Parlamentarischen Debatte (OPD). Dabei stand die Praxis im Vordergrund. Das Bewerten von BPS-Debatten beispielsweise wurde anhand einer Videoaufnahme des Finales der Deutschen Debattiermeisterschaft (DDM) 2010 geübt. Den Abend ließen die deutschen und französischen Teilnehmer gemeinsam bei Bier und Wein ausklingen.
„Die Kooperation mit Karlsruhe war großartig“, resümiert Pavel Afanasiev, der die Debating Society am Sciences Po in Nancy leitet. Sein Club sei relativ unerfahren und die Mitglieder wechselten oft, weil sie stets nur für zwei Jahre in Nancy sind. Darum seien solche Partnerschaften besonders wichtig. Einige Teilnehmer aus Nancy waren ganz neu dabei und konnten wertvolle erste Erfahrungen sammeln. Das Seminar wurde ermöglicht durch die Unterstützung der Robert Bosch-Stiftung und unterstützt durch den VDCH-Partner im Wissenstransfer, McKinsey & Company.
Am letzten Tag des Seminars fand ein Mini-Turnier in BPS statt, bei dem deutsch-französisch durchmischte Teams antraten. Wie bei jedem guten Turnier wurde allerdings der Zeitplan nicht ganz eingehalten, sodass das Finale wegfallen musste. Dennoch hatte jeder die Gelegenheit, sowohl einmal zu reden, als auch zu jurieren. Dadurch, dass jeder einen Teil des Feedbacks gab, konnten alle erfahren, wie es ist, Hauptjuror zu sein. Den Sieg nach Punkten fuhren Arnaud Muller (Nancy) und Shaheen Uddin (Berlin) ein. Sie wurden mit je einer Schachtel Pralinen belohnt.
„Das Feedback zum Seminar war sehr gut. Wir haben uns besonders gefreut, dass sich die Gruppe vom ersten Abend an gut verstanden und stark durchmischt hat“, sagt die Organisatorin Kira Lancker. Sie ist als Vorstandsbeirätin des Verbandes der Debattierclubs an Hochschulen e.V. (VDCH) für Jurierseminare zuständig, bei der Organisation wurde sie in Nancy von Pavel, in Karlsruhe von Johannes Grygier maßgeblich unterstützt.
„Für künftige Austausch-Projekte sollten wir allerdings versuchen, noch mehr die Städte und die Umgebung auszunutzen. Das ist dieses Mal programm- und wetterbedingt ein bisschen zu kurz gekommen.“
Zwar hatte es eine kleine Stadtführung in Nancy gegeben, das Wetter war jedoch recht wechselhaft gewesen. Am Samstagabend gab es sogar einen kleinen Hagelsturm.
Zum Abschluss bekamen alle Teilnehmer eine Urkunde, auf der ihre neu erworbenen Kenntnisse festgehalten wurden – auch als Anerkennung für die Bereitschaft, durch das Jurieren Verantwortung zu übernehmen. Damit das Seminar nicht im Sande verläuft, gibt es neben einer Evaluation eine Nachbereitung. Sie besteht aus dem Angebot, den jungen Juroren bei ihrer ersten ZEIT DEBATTE einen Tutor zur Seite zu stellen. „Dieses Angebot besteht seit dem Jurierseminar in Hamburg“, erklärt Kira. „Ich glaube, dass es dabei helfen kann, die Hürde vor der ersten Turnierjurierung zu überwinden. Außerdem ist die Ausbildung dadurch nachhaltiger, als wenn die Teilnehmer lediglich das Seminar durchlaufen.“
Für das Förderprogramm können sich alle Teilnehmer melden, die in der laufenden Saison ein VDCH-Jurierseminar besucht haben. Bei der Teilnahme an einer ZEIT DEBATTE gibt es erfahrene Juroren, die die Gruppe betreuen, Fragen beantworten und Jurierungen durchsprechen. Laut Kira haben sich für die ZEIT DEBATTE Wien bereits erste Interessenten gemeldet.
Um außerdem den deutsch-französischen Austausch aufrecht zu erhalten, soll es in Zukunft eine Debatte über Skype beziehungsweise Google Hangout geben. Darüber hinaus sind die Debattierer aus Nancy aufgerufen, auf die DDM zu fahren, bei der es auch ein Deutsch-als-Fremdsprache-Finale geben wird.
hug/kem