„1500 Leute durch Chennai zu bringen ist nicht einfach, aber machbar“: Deutsche Helfer bei den WUDC 2014
Die World Universities Debating Championship (WUDC) 2013 in Berlin wäre ohne den Einsatz der zahlreichen freiwilligen Helfer, kurz Volunteers, nicht möglich gewesen. Die Kompetenzen, die sie dabei erlernt und angewandt haben, sind auch international gefragt. So werden bei der kommenden Weltmeisterschaft im studentischen Debattieren im indischen Chennai mehrere Helfer aus der deutschsprachigen Debattierszene bei der Organisation mitwirken. Darunter auch Marietta Gädeke, die 2013 als Chief of Staff fungierte und ihren Nachfolger beraten wird, und Torsten Rössing, der den Krisenstab und das Lagezentrum leitet. Die Achte Minute sprach mit beiden über die Mitwirkung der Deutschen bei der WUDC 2014.
Achte Minute: Marietta, du warst als Chief of Staff bei der WUDC 2013 in Berlin für die Koordination der Helfer verantwortlich. Ist für dich diese Weltmeisterschaft jemals zu Ende gegangen?
Marietta: Ja und nein. Natürlich ist das Event vorbei, mal abgesehen von einzelnen Aufgaben. Aber es ist schade, dass das WUDC-Team seitdem nicht mehr zusammenkommen konnte. Ich glaube, vielen fehlt nochmal der Moment, gemeinsam zu sagen: „Das war’s – und wir können stolz auf uns sein!“
Achte Minute: Wie kam es dazu, dass ihr beide federführend bei der Organisation der nächsten Weltmeisterschaft in Chennai mitwirkt?
Marietta: Vor den Worlds in Berlin kam mir die Idee, dass das wichtigste Turnier der Welt offener für alle werden muss, nicht nur für Top-Debattierer und -Juroren. Deshalb haben wir uns entschieden, auch internationale Helfer mit ins Boot zu holen. Für die Organisatoren aus Chennai war das die perfekte Gelegenheit, hautnah zu erleben, was auf sie zukommt. Und nach all der gemeinsamen Arbeit war es für mich ein ganz natürlicher Schritt, ihnen auch nach unseren WUDC mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Torsten: Das Wissen, das das gesamte Team in Berlin gesammelt hat, ist enorm. Jeder war binnen Tagen der Praxis routinierter Experte in seinem Gebiet. Die Prozesse sind eingespielt und alle wissen, was genau wann schiefgehen kann. Diese Erfahrungen bringen wir ein.
Achte Minute: Seid ihr die einzigen Personen aus dem Gebiet des Verbandes der Debattierclubs an Hochschulen e.V. (VDCH), die die Organisatoren vor Ort unterstützen?
Marietta: Absolut nicht. Inzwischen haben sich schon über 20 Helfer aus dem VDCH-Land gemeldet, die gerne mit dabei sein möchten. Und jede Woche werden es ein paar mehr…
Torsten: …und es können gern noch mehr werden!
Achte Minute: Wie kommt denn dieser hohe Anteil an deutschen Volunteers zustande?
Marietta: WUDC organisieren macht abhängig! Spaß beiseite: Die Organisatoren aus Chennai haben gesehen, wie viel unglaublich gute Arbeit in Berlin geleistet wurde und haben darum großes Interesse, von unserem aufgebauten Know-how zu lernen. Umgekehrt kennen sich unsere Teams ja schon und viele freuen sich einfach, Freunden unter die Arme zu greifen und ein Land wie Indien hautnah zu erleben.
Achte Minute: Gestalten sich der Tagesablauf und der Kraftaufwand für die Volunteers in Chennai so ähnlich wie bei der Weltmeisterschaft in Berlin?
Marietta: Manches wird ähnlich sein, so wie Running und Tab. Doch die Rahmenbedingungen sind schon deutlich unterschiedlich. Durch ein größeres Budget können die Helfer in Chennai an vielen Stellen entlastet werden, z.B. durch professionelle Caterer und ausgelagerte Socials.
Achte Minute: Wie stark seid ihr in die Organisation im Vorfeld angebunden?
Torsten: Wir sind in regelmäßigem Kontakt mit den Organisatoren in Chennai, meist über Skype. Die Themen reichen von grundsätzlichen Fragen bis hin zu Details. Bei mir ging es neulich zum Beispiel um die Auswahl der Funkgeräte.
Achte Minute: Befürchtet ihr, dass interkulturelle Probleme zwischen den deutschen und den indischen Volunteers auftreten könnten, da beide ja aus verschiedenen Kulturen kommen?
Marietta: Befürchten? Ich hoffe sogar darauf! Erst die kleinen Unterschiede machen die Arbeit richtig spannend. Und als interkulturelle Trainerin bin ich überzeugt: mit der richtigen Vorbereitung auf beiden Seiten wird Kultur statt zu Stress zu einem fantastischen Erlebnis.
Torsten: Interkulturelle Teams bringen genau die unterschiedlichen Sichtweisen ein, die bei einer solchen Veranstaltung brauchen. Auch gegenüber Teilnehmern sind interkulturelle Volunteers von Vorteil, weil man direkter kommunizieren kann.
Achte Minute: Torsten, in Indien könnten durch die Umweltbedingungen und die sozialen Gegebenheiten ganz andere Probleme auftreten als in Deutschland. Wie bereitest du dich als Leiter des Krisenstabes auf die neuen Verhältnisse vor?
Torsten: Die Bedingungen sind gar nicht so verschieden. Viele Dinge sind sogar günstiger und einfacher verfügbar. Momentan arbeiten wir an einem Transportkonzept. 1500 Leute durch Chennai zu bringen ist nicht einfach, aber machbar.
Achte Minute: Was ist eigentlich eure Motivation, an einem Debattierturnier am anderen Ende der Welt zwischen den Jahren teilzunehmen und dabei keine Meriten als Juror oder Redner zu sammeln?
Marietta: Ich liebe Indien, ich liebe das Debattieren und vielleicht bin ich einfach verrückt genug, mir das noch einmal anzutun. Mich reizt das Organisieren, auch weil ich damit einen Schritt weg vom aktiven Debattieren hin zu Erfahrungen gehe, die mich auch im Job weiterbringen. Auch nach zehn Jahren bleibt unsere Szene so für mich weiter spannend.
Torsten: Viele Debattierer machen das. Manche entwickeln Tabprogramme, andere werkeln an Regelwerken oder haben Spaß an Councilpolitik. Das ändert ja nichts am Engagement für die Sache. Ich bringe mich eben dort ein, wo es passt.
Achte Minute: Könnt ihr denn schon verraten, was die deutschsprachigen Teilnehmer bei den WUDC in Chennai erwartet?
Marietta: Geheim, geheim! Verraten kann ich: Die Jungs und Mädels machen sich unglaublich viele Gedanken, wie sie ihre Gäste glücklich machen können und scheuen dabei keine Kosten und Mühen.
Achte Minute: Zum Schluss noch folgende Frage: Wie gut könnt ihr schon im Bollywood-Stil tanzen?
Torsten: Oha… ich habe nur bei der Chennai-Night in Berlin “geübt”. Sagen wir mal so: Niemand wurde verletzt.
Marietta: Ich hatte ja schon einmal drei Monate in Indien zum Üben und habe gelernt: Nicht die Technik, sondern der Spaß am Tanzen entscheidet. In diesem Sinne: Jai Ho!
Die Fragen stellte Christian Landrock.
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Marietta Gädeke ist Deutsche Debattiermeisterin 2007 und wurde als Beste Finalrednerin der damaligen Deutschen Debattiermeisterschaft (DDM) ausgezeichnet. Ebenfalls 2007 gewann sie die ZEIT DEBATTE Münster, 2011 gelang ihr der Einzug ins Viertelfinale der Weltmeisterschaften. Sie war Chefjurorin der DDM 2009 sowie weiterer Turniere, darunter die ZEIT DEBATTE Potsdam 2008 und Göttingen 2008. Sie studierte Anglistik, Publizisik und BWL an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Heute arbeitet sie als selbstständige Kommunikations- und Rhetoriktrainerin.
Torsten Rössing ist Deutscher Debattiermeister 2008. Er war Chefjuror verschiedener Turniere, darunter die Süddeutsche Meisterschaft 2013 und die Ostdeutsche Meisterschaft 2011. Bei der WUDC 2013 war er Mitglied des Führungsstabs. Er studierte Politikwissenschaften und internationales Wirtschaftsrecht in Halle und Chongqing (VR China). Derzeit ist er Gesellschafter eines Beratungsunternehmens im Bereich Krisenkommunikation, strategische PR und Medientraining.
Christian Landrock/ak