„Ein guter Ort, um am Haus Europa weiterzubauen“ – Christoph Krakowiaks Bilanz der ersten „Klartext Europa“-Debatten
Alle reden über den Euro – und doch ist die europapolitische Debatte in Deutschland keine echte Debatte: ein inhaltlicher Austausch über das Ziel des „Projekts Europa“ findet nicht statt – weder in der Politik, noch in der Gesellschaft. Im neuen Projekt „Klartext Europa“ wollen die Debattierclubs an Hochschulen diese Lücke füllen und Europapolitiker und Studierende ins Gespräch über die Zukunft Europas bringen. Erstmals widmen sich dabei über 20 Debattierclubs gemeinsam einem Thema und nutzen die Gunst der Stunde, um ihre Kompetenz in der Streitkultur in einer wichtigen Debatte einzusetzen.
Während anderswo noch in Podiumsdiskussionen über alles und nichts diskutiert wird, stellt Klartext Europa konkrete Fragen an die Politiker, die für eine Seite Stellung nehmen müssen. Zum Beispiel zu den Themen „Soll die EU ein Global Player sein?“ oder „Weniger Markt, mehr Soziales – Kümmert sich die EU um die falschen Themen?“ können die Debatten einen kleinen Beitrag zu mehr Klarheit leisten. Geschehen ist dies im Sommersemester 2013 bereits in Karlsruhe, Stuttgart, Hamburg, Köln, Aachen, Potsdam und Berlin.
Unterstützt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend haben Bürger Europas e.V. und der Verband der Debattierclubs an Hochschulen e.V. (VDCH) das Projekt im Januar 2013 gestartet. Zu jeder Debatte werden zwei Politiker eingeladen, die jeweils mit einem Mitglied des örtlichen Debattierclubs im Team Position beziehen. Debattiert wird im Format der Oxford-Debatte, das Wert legt auf eine starke Publikumsbeteiligung: So kommt keiner der Politiker und Experten an den Fragen und Kommentaren des Publikums vorbei. Dass dieser direkte Dialog gewinnbringend ist und Spaß macht, ist die einhellige Rückmeldung der Gäste: „Lebendig, kontrovers und ein Forum zum Mitmachen. Ein guter Ort, um am Haus Europa weiterzubauen”, so Stefan Engstfeld, Europapolitischer Sprecher der Grünen im NRW-Landtag.
Dr. Ingo Wolf, Staatsminister a.D. der NRW-FDP, sagt dazu: „Formell und inhaltlich kann die Klartext Europa-Debatte als politisches Veranstaltungsformat helfen, die Bedeutung Europas für uns alle in das öffentliche Bewusstsein zu tragen.“ Genau darum geht es den veranstaltenden Debattierclubs mit dem neuen Format. Dabei richten die Clubs ihren Blick schon auf die Europawahl 2014 – und gehen dabei Seite an Seite mit anderen wichtigen zivilgesellschaftlichen Akteuren. „Bei der nächsten Europawahl wird es darum gehen, die inhaltlichen und personellen Unterschiede in der Europapolitik zwischen den Parteien herauszuarbeiten“, sagt Philipp Stiel, ehemaliger Präsident des VDCH. „Denn nur so erhöhen wir das Interesse an den realen Konsequenzen der Wahlen und damit auch die Wahlbeteiligung.“
Organisiert wird das Projekt vom VDCH und seinen Mitgliedsclubs in Zusammenarbeit mit dem Verein Bürger Europas e.V., der sich seit Jahren deutschlandweit für die europapolitische Bildung einsetzt. Jährlich veranstaltet Bürger Europas dazu hunderte Begegnungen vor allem junger und alter Menschen mit Europapolitikern. „Klartext Europa ist ein wichtiger Beitrag zur Vorbereitung junger Menschen auf die Europawahl 2014“, sagt Peter Wolf, Geschäftsführer von Bürger Europas. „Das Format von ‚Klartext Europa‘ ist dazu genau richtig geeignet: Junge Menschen bringen sich ein, haben Zeit für kritische Statements und können direkt die Entscheidungsträger aus der Politik befragen. Veranstaltungen, bei denen man nur brav da sitzt und zuhören kann, bringen genauso wenig, wie allgemeine Aufrufe, die Jugend solle sich um Politik kümmern“.
Text: Christoph Krakowiak/ tk / kem
Christoph Krakowiak ist Beauftragter des VDCH für Klartext Europa. Er war Vorsitzender der Streitkultur e.V. Tübingen in der Amtszeit 2008/2009. Im Jahr 2010 gehörte er als Vorsitzender dem Gründungsvorstand der Streitkultur Berlin e.V. an. Er war Chefjuror der ZEIT DEBATTE Karlsruhe 2011 und des Streitkultur-Cups 2010. In Tübingen und Berlin studierte er Politikwissenschaften. Derzeit ist er als Freier Dozent für Rhetorik und politische Bildung tätig sowie als Referent für Bürger Europas e.V.
Dieser Artikel erschien in der aktuellen Ausgabe des Newsletters “Debattenkultur” des Verbands der Debattierclubs an Hochschulen (VDCH). Die Augustausgabe des Newsletters dreht sich um das Thema “Rede mit mir, nicht über mich: Die Publikumsdebatte” und kann auf der Internetseite des VDCH heruntergeladen werden.