DDM 2013: Ein Rückblick
Vor genau einer Woche endete die Deutschsprachige Debattiermeisterschaft. Die Achte Minute wagt einen Rückblick auf das Turnier- in Häppchen.
Die Teilnehmer (von Annette Kirste)
32 Clubs und 48 Teams von den „Fördeflüsterer Kiel“ über „Klartext ohne Peer Steinbrück“ und „Text und Ton und Tanja“ bis zu Klassikern wie „Mainz Anton“ und „Jena Bambule“ kämpften in München um den Titel. Insgesamt waren laut den Organisatoren 143 Redner und 53 Juroren mit dabei.
Die Hauptorganisatoren Julian Priebe und Almut Gräbsch hatten ein Team von Helfern um sich gescharrt und sorgten für einen reibungslosen Ablauf. So reibungslos, dass die Teilnehmer kaum mitbekamen wie viele Helfer eigentlich dabei waren. Auch Tabmaster Oliver Hörtenstein machte einen tollen Job und sorgte vor allem mit seinen Power Point Präsentationen für anerkennende Blicke.
Unterkunft (von Sarah Kempf)
Seit Jahren beharrt ein großer Elektronikkonzern darauf, dass Geiz geil sei. Das glaubt schon lange niemand mehr. Doch Bayerns Landeshauptstadt strapaziert den studentischen Geldbeutel wie auch das Ausrichterbudget gleichermaßen, da klingt „Übernachtung inkl. Frühstück für 9 Euro“ plötzlich ganz verführerisch.
Leider nicht gleichermaßen reizvoll war das Publikum, das von den Niedrigpreisen des DDM-Hostels angelockt wurde. Als wir in einer gemischtgeschlechtlichen Gruppe anreisten, wurden die Damen von den übrigen Gästen lüstern begafft. Zwei Dutzend nicht mehr ganz junge Männer in Trainingsanzügen und mit Bayern München-Schals hatten sich in und vor der Lobby zusammengerottet. Um halb vier nachmittags hatten sie dem Bier schon fleißig zugesprochen und kamen zutraulich näher. Ein heilsamer Schock: Schmale Stockbetten in Knast-Optik und muffige Matratzen waren egal, sobald man im sicheren Zimmer angekommen war und erleichtert feststellte, dass die grölenden Fußball-Fans auf einer höheren Etage untergebracht waren. Dort brachten sie andere Debattier durch Lärmen um den wohlverdienten Schlaf, darunter auch die späteren Deutschen Meister aus Heidelberg, die so bewiesen: Schlaf als Erfolgsfaktor wir überschätzt.
Das Jurieren (von Teresa Widlok)
Als Jurorin auf der DDM wurde ich ganz häufig gefragt: warum redest du denn nicht? Dies hat natürlich mehrere Gründe, aber einer davon ist, dass jurieren auf der DDM ein ganz besonderes Erlebnis ist. Es ist eine sehr konzentrierte Leistung von den Jurorinnen gefordert, da es um jeden Punkt geht, wie wir dieses Jahr wieder gesehen haben. Außerdem fand ich es sehr interessant die angespannte Atmosphäre unter den Teilnehmerinnen zu beobachten, auf diesem kompetitivsten Turnier der Saison.
Zum Format OPD allgemein ist mir aufgefallen, dass sich auch in diesem auf absoluten Bewertungsstandards beruhenden System in einiger Hinsicht eine holistische Betrachtungsweise eingeschlichen hat. Im Vorfeld hatte ich mir eigene Jurierbögen erstellt, die ich fuer Notizen verwendete, bei denen die Hälfte des Platzes bei jeder Rednerin für den Inhalt der Rede reserviert war. Das sorgte für den ein oder anderen verwunderten Blick, aber letztlich hat sich die Aufteilung für mich bewährt. Weiterhin habe ich stärker als sonst bemerkt, dass die gedankliche Trennung zwischen einzelnen Teamkriterien und Kriterien wie der Kontaktfähigkeit und Urteilskraft immer permeabler werden.“
Der Regen (von Sarah Kempf)
Die Teilnehmer der Deutschen Meisterschaft verloren zwar nicht ihr Hab und Gut durch den Regen, der sich am Wochenende unbarmherzig über Bayern ergoss. Trotzdem drückte das schlechte Wetter auf die Stimmung der Teilnehmer. Hatten sich die Debattierer bei früheren Meisterschaften an der frischen Luft auf weichen Matten oder an einem Seeufer sonnen können, blieben dieses Mal für Pausen nur die Räumlichkeiten der FOM. Die Folge: Im Plenum herrschte chronischer Sauerstoffmangel, an ein erholsames Nickerchen in der Pause war nicht zu denken. Man musste schon Raucher sein, um freiwillig an die frische Luft gehen zu wollen.
Die Themen (von Florian Umscheid)
Themen-technisch bot die DDM viele interessante (da noch nicht debattierte) Themen. Einzig die Debatte „Soll der Stierkampf verboten werden?“ (VR1) war mir als Thema bekannt, passte aber mit einem recht klaren Clash (oder Streitpunkt; an anderer Stelle verbat man sich indigniert die englischen Fachtermini) als Einstieg in die Themendramaturgie. Themen wie „Sollen nach einem Bürgerkrieg die beteiligten Ethnien durch Umsiedlung auch gegen ihren Willen, getrennt werden?“ (VR6) oder „Soll es eine bemannte Marsmission geben, auch wenn diese nicht zurückkehren kann? (Im Wortlaut, VR3) und auch „Sollen Teams aus Sportwettkämpfen ausgeschlossen werden, wenn auch nur ein Teammitglied gedopt ist?“ (VR2) boten eine Reihe moralischer und praktischer Anknüpfungspunkte und waren gut zu debattieren und ausgewogen. Der Einsatz von kurzen und übersichtlichen Infoslides (Digitalen Handreichungen informativer Natur) sei lobend erwähnt. Beim Thema des Viertelfinals „Sollen Frauen auch an vorderster Front eingesetzt werden?“ hätte diese Information zum Status quo in meiner Debatte allerdings geholfen.
Die Medienresonanz (von Annette Kirste)
Ein Team von 3sat war auf der DDM und hat am Montag danach einen Beitrag in der Kulturzeit zur besten Sendezeit am frühen Abend gesendet: „Junge Männer in Jackett, Frauen mit Rollkoffer, die Stimmung ist angespannt – was aussieht wie eine Mischung aus Wirtschaftskongress und Schulball ist Deutschlands Turnier der besten Nachwuchsredner.“ Das Fazit: „Ein Cicero war leider nicht dabei und mancher Auftritt noch etwas hölzern, aber egal – diese Meisterschaft liefert endlich einmal einen sportlichen Beitrag zum Thema Streitkultur.“ Leider haben sie nicht mitbekommen, dass auch deustschsprachige Teams dabei sein und wandelten die DDM mal eben in die „Deutsche Debattiermeisterschaft“um, aber an sich ein netter Beitrag.