„Jeder Redner sollte das Jurierhandwerk beherrschen“ / Der VDCH-Vorstand im Interview zu Jurierseminaren
Wie, wo und warum sollte man jurieren lernen? Darüber sprach Anja Pfeffermann für die Achte Minute mit VDCH-Präsident Philipp Stiel und VDCH-Vizepräsident Leo Vogel, der sich in dieser Saison um die Jurierseminare kümmern wird. Gerade hat Leo für den VDCH zum ersten Jurierseminar dieser Saison eingeladen und gleich noch angekündigt, dass es drei weitere, wenn auch kleinere Jurierseminare im Laufe der Saison geben wird: Gelegenheit genug für die Achte Minute, mit den beiden über ihre Strategie zu sprechen.
Achte Minute: Vier Jurierseminare in einer Saison – das ist eine ganze Menge, in den letzten Jahren gab es höchstens eins oder zwei. Warum gleich so viele?
Philipp Stiel: Weil wir davon überzeugt sind, dass die Jurierqualität einer der wichtigsten Bausteine eines gelungenen Turnieres ist. Wenn die Juroren fehlen oder durch Unerfahrenheit falsche Entscheidungen treffen, dann leidet das ganze Turnier – egal wie viel Mühe sich der Ausrichter mit der Organisation gemacht hat.
Leo Vogel: Und um es den Rednern leichter zu machen, auch Juroren zu werden, möchten wir die Jurierseminare zu ihnen bringen. Sprich, die Seminare sollen regionaler werden: Indem wir die Seminare breiter streuen, wird die Hürde hoffentlich leichter, auch auf ein Seminar zu fahren.
Achte Minute: Hat das in der Vergangenheit nicht gut geklappt?
Leo: Teilweise schon – aber im vergangenen Jahr beispielsweise war die Beteiligung am VDCH-Jurierseminar sehr gering, wohl auch wegen des ungünstigen Termins. Deshalb wollten wir in diesem Jahr von vornherein Klarheit schaffen, welche Angebote es geben wird, damit sich möglichst viele an den Seminaren beteiligen. Und möglichst viele der Redner, die schon Redeerfahrung, aber noch keine Juriererfahrung haben, auch teilnehmen können.
Achte Minute: Das klingt jetzt so, als könnte man das Jurieren nur auf den VDCH-Seminaren lernen.
Philipp: Nein, natürlich nicht. Das wäre erstens vermessen und zweitens gar nicht ausreichend. Natürlich versuchen wir für unsere Seminare die erfahrensten Juroren und Trainer zu bekommen und damit ein gutes Angebot zu machen. Aber lernem wird man das Jurieren erst mit der Zeit, indem man sich auf Turnieren oder im Clubabend darin übt. Erst die Praxis – Eintscheidungen finden, Feedback geben – macht einen erfahrenen Juroren.
Leo: Aber trotzdem sollen die Jurierseminare eine Möglichkeit sein, nochmal im Überblick alle Aspekte des Jurierens in beiden Formaten darzustellen und zu besprechen. Wir freuen uns natürlich über jeden Club, der auch zum Beispiel über einen von der DDG mitfinanzierten Jurierworkshop anbietet. Aber so intensiv wie auf einem VDCH-Seminar wird man sich vermutlich sonst nicht mit dem Jurieren beschäftigen.
Achte Minute: OK, fair enough. Was also sind eure konkreten Pläne in dieser Saison?
Leo: Es wird von 16. bis 18. November ein Seminar in Würzburg für 25 Teilnehmer geben, mit vier Trainern und einer ordentlichen Förderung vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), sodass wir den Teilnehmerbeitrag auf 15 Euro verringern konnten. Danach wird es drei kleinere, regionaler ausgerichtete Seminare geben, die in Salzburg, Berlin und Aachen stattfinden. Da wir für dieses Seminar leider noch keine Förderung bekommen konnten, finden sie voraussichtlich in etwas kleinerem Rahmen statt. Die Termine und Details finden sich auf der VDCH-Homepage.
Achte Minute: Sagt doch nochmal unseren Lesern, warum sie an diesem Seminar teilnehmen sollten.
Philipp: Weil es ohne Jurieren nicht geht! Wir müssen in jeder Saison mindestens 30 bis 40 neue Juroren ausbilden. Gerade bei vielen Turnieren der Freien Debattierliga (FDL) war es in der vergangenen Saison nicht einfach, genügend Juroren zu finden. Und schon in dieser Saison hat gleich das erste FDL-Turnier dieses Problem. Auch, weil wir uns teilweise nicht strikt an die n-1-Regel (oder ein Team, ein Juror bei OPD, Anm.d.Red.) gehalten haben. Dabei ist diese Regel keine Schikane für die Clubs, sondern sie hält den Druck aufrecht, beständig neue Juroren auszubilden. Freie Juroren, sprich: sehr erfahrene Debattanten und Debattierer, sind zwar toll für ein Turnier – aber der Kern des Jurorenstamms muss aus den Reihen der aktiven Redner kommen. Das gilt in meinen Augen auch für die Deutschsprachige Meisterschaft.
Leo: Jeder Redner sollte nach spätestens zwei Jahren auch das Jurierhandwerk beherrschen. Aber nicht nur, wie Philipp schon gesagt hat, weil sonst unsere Turniere darunter leiden. Sondern auch, weil ein Redner davon enorm profitiert. Natürlich hilft es mir für meine Rede, wenn ich aus Jurorensicht weiß, wie eine gute Rede aufgebaut sein muss. Und nicht zuletzt: Auch das clubinterne Feedback wird besser, wenn mehr erfahrene Juroren im Club sind und damit werden am Ende auch die Clubdebatten besser.
Achte Minute: Lieber Philipp, lieber Leo, vielen Dank für dieses Gespräch.
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