Wie Wien fast Süddeutscher Meister wurde – Jakob Reiter über die SDM in Ingolstadt

Datum: 28. April 2012
Redakteur:
Kategorie: Turniere, VDCH

Chefjurore Jan Lüken, Till Kroeger und Wiebke Nadler aus Heidelberg und Chefjuror Marcus Ewald (v.l.n.r.)

Einmal im Jahr treffen sich alle deutschsprachigen Debattierclubs (und –klubs) zu den Regios um herauszufinden, wer in der näheren Umgebung den längsten Atem oder das beste Mundwerk hat. Dieses Jahr ging es für den süddeutschen Sprachraum (ja, wenn man sich mit der Definition weit aus dem Fenster lehnt, zählt auch Österreich da dazu) nach Ingolstadt.

Da der Debattierklub Wien nur einen Startplatz zugewiesen bekam, fiel uns die Auswahl der Teilnehmer nicht gerade leicht. Aufgrund von Terminkollisionen und etwas Glück wurden dann Jakob Reiter und Mark Etzel zum Team Kapazunda zusammengewürfelt. Andreas Prischl fuhr als Juror mit.

Das Turnier sollte am Samstagmorgen um 10 Uhr beginnen. Daher mussten wir bereits am Freitag anreisen und genossen noch eine Nacht in der Pfeffermühle. Doch die Suche nach einem „Gute-Nacht-Bier“ stellte sich als schwierig heraus, denn Ingolstadt ist nicht gerade ein Treffpunkt für Nachteulen. Wir fanden schließlich eine einsame Kneipe am Rande der Stadt und genossen die Athmosphäre, die sich anfühlte wie der Land-Flair eines Wiener Außenbezirks.

Zu viel Zeit zum Biertrinken blieb nicht, denn am nächsten Morgen ging es pünktlich um 9 Uhr zur Registrierung. Der Debattierclub Ingolstadt hatte sich für die Unterkunft die örtlich ansässige Jugendherberge ausgesucht. Warum? Ganz einfach, sie lag nur einen sprichwörtlichen Steinwurf von der Uni entfernt – und dafür waren alle Teilnehmenden sehr dankbar. Die Unterbringung in Zwölf-Bett-Zimmern war zwar ein Erlebnis, aber unser Gastgeber schaffte auch dieses Hindernis mit Bravour zu meistern. Im Endeffekt ergaben sich dann doch gemütliche Gruppen und jeder war mit der Unterkunft hoch zufrieden.

Doch genug der Preptime. Kommen wir zur Debatte:

Das Turnier

Vorrunde 1. Dieses Haus fordert ein Grundrecht auf Internet.
Mark und Jakob jubelten. Ein Thema mit dem sie sich auskannten. Obwohl, wartet – in Österreich gibt es soetwas wie ein Grundrecht ja nicht. Dass die beiden daraufhin genauer darüber nachgedacht haben, worum es bei Grundrechten eigentlich geht, hat ihnen dann auch zum Sieg verholfen. Die Debatte drehte sich in ihrem Raum im großteils nur um das Recht auf einen Internetzugang. Team Kapazunda konnte daher mit der Extension „Warum gerade ein Grundrecht?“ die Debatte für sich entscheiden.

Pause. Nach dem ersten Sieg ging es dann ans verdiente Mittagessen.
Wer jetzt glaub es gab Lunchpakete oder sowas … falsch gedacht. Der Debattierclub Ingolstadt ließ sich die Gelegenheit nicht nehmen und veranstaltete ein Grill- Fest, das man bei Debattierturnieren auch nicht alle Tage bekommt. Nach gut einer Stunde ging es dann weiter:

Vorrunde 2. Dieses Haus fordert eine Kondompflicht in pornographischen Filmen.
Das Team Kapazunda, diesmal erstes Regierungsteam, konnte in dieser Runde klar mit einem guten Antrag zum Thema Vorbildwirkung, Arbeitnehmerschutz und dem Fehlen eines echten Schadens glänzen. Das war der Grundstein für den zweiten Sieg in Folge.

Pause 2. Nach dieser anstrengenden Debatte gab es leckere Waffeln. Frisch gemachte Waffeln. Hier zeigte der Debattierclub Ingolstadt vor, wie man mit wenigen Mitteln etwas ganz fabulöses zaubern kann. Das war sicherlich die beste Verschnauf-Pause die der Autor bis jetzt auf einem Turnier gesehen hatte. Doch weiter im Spielplan:

Vorrunde 3. Dieses Haus glaubt, eine stabile Diktatur ist besser als eine instabile Demokratie.
Was für ein Thema! Die Vorbereitungszeit war voller guter Ideen, so zum Beispiel einen Diktator regelmäßig wählen zu lassen um zu zeigen das auch eine Partizipation und eine Veränderung in diesem Gefüge möglich ist … allen Ideen zum trotz verlor Team Kapazunda diese Runde. Chapeau!

Vorrunde 4. Im Falle einer Zombie-Epidemie glaubt dieses Haus, dass Zombies ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben in speziellen Zombie-Habitaten haben.
Hier waren Jakob und Mark wieder in ihrem Element. Team Kapazunda wieder in der ersten Regierung: was ist ein Zombie, warum respektieren wir das Recht auf „Leben“ auch bei Zombies. You can’t be both Pro-Life and Anti-Zombie! Der dritte Sieg für das DKWien Team.

Der Break. Ja wir haben es geschafft –-Team Kapazunda geht als zweitbestes Team ins Semifinal – die Freude war groß. Doch Mark setzte noch eins oben drauf. Er ist drittbester Redner in der Einzelwertung mit einem Durchschnitt von 78,75.

Halbfinale. Diese Haus glaubt, dass es gut für die katholische Kirche wäre, den nächsten Papst in einer Urwahl aller Katholiken zu bestimmen.
Das Team Kapazunda bekam die Position der schließenden Regierung zugelost. Mit einer tollen Analyse über die Vergangenheit, das Kardinäle die vom Papst ernannt werden, um dann wieder den Papst zu wählen eine Art Inzest der Ideen darstellen, konnten Jakob und Mark auch diese Runde für sich entscheiden.

Finale. Dieses Haus erlaubt, Gerichtsverhandlungen in Ton und Bild aufzunehmen und diese öffentlich zu verbreiten.
Ein spannendes Thema! Das Team Kapazunda konnte in der Verlosung die erste Oppositionsposition herausholen. Sie bauten ihren Case auf den Rechtsstaat auf. Wie funktionieren Videos/Ton? Was lösen Sie aus? Warum haben Sie so eine starke Wirkung? In welcher Weise unterscheiden Sie sich von Texten und damit von Journalisten die in der Verhandlung sitzen?
Alles tolle Fragen. Jakob der erster Redner war, heizte dem Publikum ordentlich ein. Mark hingegen ging die Debatte in einer sachlich argumentativen Weisen an. Zusammen unschlagbar – dachten sie. Doch die schließende Opposition Wiebke Nadler und Till Kroeger vom Debating Club Heidelberg übernahmen dann doch das Ruder. Nach einer – wie man munkelt – knappen Entscheidung ging der Sieg an Heidelberg. Herzliche Gratulation!

Zusammenfassend kann man sagen: Großartig organisiertes Turnier, interessante und abwechslungsreiche Motions.
Das Team Kapazunda wurde Vizemeister, und wir gratulieren Wiebke Nadler und Till Kroeger vom Debating Club Heidelberg zum Sieg. Tolle Leistung! Was den Debattierclub Ingolstadt angeht, können wir nur ein großes Lob aussprechen. So werden Turniere veranstaltet!

Daher kann man als Österreicher nur resümieren:
Es war sehr schön, es hat uns sehr gefreut.

Text: Jakob Reiter, DKW.
Jakob wurde von der Ehrenjury als bester Redner des Finales des SDM 2012 ausgezeichnet.

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