WUDC 2012: Interview mit den Vizeweltmeisterinnen Dessislava Kirova und Juliane Mendelsohn
Mit Frauenpower bis ins Finale – das haben Dessislava Kirova und Juliane Mendelsohn von der Berlin Debating Union (BDU) Anfang Januar in der philippinischen Hauptstadt Manila geschafft. Dort stritten fast 400 Zweierteams aus aller Welt um den Weltmeistertitel im Hochschuldebattieren, und zwar bei den World University Debating Championships (WUDC oder Worlds). Qualifiziert haben sich die beiden Berlinerinnen in der Kategorie ESL, das steht für „English as a Second Language“.
Achte Minute: Glückwunsch zum Titel des Vizemeisters im studentischen Debattieren! Ihr seid das erste Berliner Team und das erste deutsche Frauenteam, welches es ins Finale geschafft hat. Habt ihr damit gerechnet, dass ihr soweit kommt?
Dessi: Wir wollten uns einfach gut schlagen und haben gehofft möglichst weit zu kommen. Zunächst war das Ziel, das Achtelfinale zu erreichen. Danach waren wir über jede zusätzliche Runde froh, die wir reden durften.
Juliane: Das Erreichen des Finales war ein kaum gewagter Traum!
Achte Minute: Wie verlief das Turnier für euch? Was habt ihr in besonderer Erinnerung?
Dessi: Dass wir als siebtes Team von 16 in das Viertelfinale gebreakt sind, war großartig. Am interessantesten war das ESL Halbfinale zum Thema First Ladies: „In countries with few female politicians, this house believes it is good to have a politically active ‘first lady’.“ Das Thema hat uns eher aus strategischen Gründen so großen Spaß gemacht. Wir waren Eröffnende Regierung, eine oft gefürchtete und gehasste Position. Wir konnten auch auf den ersten Blick nicht so arg viel mit dem Thema anfangen; ich dachte fast es wäre belanglos. Aber wir haben eine sehr gute Vorbereitungszeit gehabt und an alles gedacht, was wichtig ist: Mechanismus, Prinzipien, Beispiele, was werden die anderen sagen und wie gehen wir damit um? Ich hatte am Ende sogar noch etwas Zeit um meinen Atem wieder einzukriegen – ich war so aufgeregt, dass ich superschnell geatmet habe.
Juliane: Besonders relevant war der Sieg im Halbfinale gegen Utrecht, ein wegen ihrer Kreativität und Erfahrung favorisiertes Team. Wir haben Gratulationen von allen Seiten bekommen nach unserem Break ins Finale – auch von Leuten, die wir gar nicht kennen. Die deutsche Delegation auf den Worlds sang „Oh wie ist das schön“ für uns im Finale. Das war ein besonderer Moment für mich.
Achte Minute: Und wie fühlt es sich jetzt an?
Dessi: Wir sind sehr zufrieden und stolz auf unsere Leistung. Die Erfahrung in Manila war einfach unbeschreiblich. Wir gönnen uns jetzt erst einmal eine Pause und freue uns schon auf die nächste große Herausforderung: Nach den Worlds ist vor der Deutschen Meisterschaft und der Europameisterschaft!
Achte Minute: Apropos Vorbereitung: Wir habt ihr euch eigentlich auf die Weltmeisterschaft vorbereitet?
Juliane: Neben den wöchentlichen Debatten im Club haben wir im Vorhinein des Turniers viel gelesen und über Themen gesprochen. Auch sind wir gemeinsam auf Turnier gefahren wie zum Beispiel das Stuttgart Open, welches Anfang Dezember stattfand. Dort konnten wir bereits einige der späteren Gegner, die auch bei der WM waren, anschauen. So konnten wir uns gezielt auf sie vorbereiten.
Das Interview führte Annette Kirste.
Übrigens: Die beiden Berliner Debattiererinnen bringen nicht nur einen Pokal mit nach Hause, sondern quasi gleich das ganze Turnier – im vergangenen Jahr sicherte sich die BDU den Zuschlag, um den Jahreswechsel 2012/2013 die Weltmeisterschaften in der deutschen Hauptstadt auszurichten. Da macht doch Vizeweltmeister gleich noch mehr Spaß. Die Achte Minute sprach mit Dessi und Juliane über ihren Durchmarsch ins Finale.
Die World Universities Debating Championships (WUDC oder Worlds) werden seit 1981 jährlich um den Jahreswechsel ausgetragen, seit 1996 immer im British Parliamentary Style. Von 27. Dezember 2011 bis 4. Januar 2012 ist die Debattierwelt bereits zum zweiten Mal Gast in Manila auf den Philippinen: 1999 kamen die Weltmeisterschaften erstmals nach Asien, damals an die Ateneo University in der philippinischen Hauptstadt. Die Turniersprache ist Englisch. Es gibt drei Sprachkategorien: “Main break” (vor allem Muttersprachler), “ESL” (English as a Secound Language) und “EFL” (English as a Foreign Language). Der Weltmeistertitel im „main break“ ging heuer zum zweiten Mal in Folge an die Monash Association of Debaters aus Australien (Amit Golder und Kiran Iyer, ESL-Weltmeister wurden die amtierenden Europameister Sella Nevo und Omer Nevo aus Tel Aviv (Israel) und den EFL-Weltmeistertitel holten sich zwei Rednerinnen von der Ewah Womens’ University im koreanischen Seoul.
apf
Sehr schönes Interview 😉
Ich habe mich sehr für euch gefreut!