ZEIT DEBATTE Jena 2011 Nachlese 1
„Sie haben Ihr Ziel erreicht!“ – Die von zahlreichen Staus geplagten Debattanten aus Tübingen und Aachen waren sicherlich froh, als sie endlich diesen Spruch bei der Grenzüberschreitung nach Thüringen lesen konnten. War die Anreise zur ZEIT DEBATTE Jena 2011 noch beschwerlich und das Schlafdefizit groß, so können beide Clubs jedoch positiv über das Turnier in der „Lichtstadt“ an der Saale berichten.
Auf der Turnierwebseite hat die Debattiergesellschaft Jena (DGJ) das Tab zur Verfügung gestellt. Außerdem gratulieren die Jenaer den Tübingern Steffen Jenner, Simon Lehle und Sarah John zum Doppel-Sieg, da Simon ebenfalls zum besten Redner gekürt wurde. Weiterhin heißt es:
„Wir hoffen, dass das Wochenende für euch unvergesslich bleibt, genauso wie für uns. Es war uns eine Freude, so viele Teams wie noch nie in Jena zu Gast zu haben. Auf ein Wiedersehen auf der Deutschen Debattiermeisterschaft 2011 in Heidelberg.
[…] In Kürze folgen die Bilder und die Aufzeichnung des Finales, damit ihr euch es noch einmal angucken könnt.“
Die Streitkultur Tübingen kann es kaum glauben, dass Steffen, Simon und Sarah den Sieg im Wartburg-Turnier in den OPD-Club holen konnten. Stand der Verlauf des Turniers zunächst für beide Teams unter keinem guten Stern, so konnten sich die tapferen Debattanten von Streitkultur I durch eine Kehrtwende doch noch ins Halbfinale reden. Dort sollten sie dem Aus ins Gesicht blicken, aber es kam alles anders:
„Zur diesjährigen ZEIT-Debatte in Jena, die vom 21.-23. Mai stattfand, entsandte die Streitkultur [Tübingen] Peter Croonenbroeck als Juror sowie zwei Teams (Marie Rulfs, Stephan Geyer und Thomas Schröter sowie Steffen Jenner, Simon Lehle, der für die verletzte Thea Nesyba eingesprungen war, und Sarah John), um den begehrten Glaspokal ins heimische Tübingen zu holen. Die Ambitionen waren hoch; galt es doch, im exotischen ‚Wartburg-Format‘ den Titelgewinn von 2009 zu verteidigen. Insgesamt sollten bei diesem Turnier beachtliche 28 Teams um den Sieg ringen.
Nach entbehrungsreichen sieben Stunden auf der Autobahn (gefühlte zwanzig Staus inklusive) erreichten die beiden Teams schließlich doch noch rechtzeitig die ostdeutsche Provinz-Metropole. […]
Der Samstag wartete mit einem echten ‚Hammer‘-Programm auf, welches den völlig übermüdeten Tübinger Streitknechten alles abverlangte. […] Das Vorrunden-Tab verhieß denn auch nichts Gutes: Nach vier von fünf Vorrunden lag Streitkultur II (Thomas, Marie, Stephan) auf Rang 17, für Streitkultur I (Steffen, Simon, Sarah) sah es mit Rang 14 nicht viel besser aus. Das Halbfinale, welches naturgemäß nur vier Teams erreichen sollten, war in weite Ferne gerückt.
Die Stimmung ließ sich davon nicht schmälern, und beim festlichen Buffet am Abend (vielen Dank Euch nochmals gesondert hierfür, Jena!!) wurde der Ausklang des Turniers genossen. Dann, mit der Breakverkündung, die Überraschung: Streitkultur I hatte mit beinahe unglaublichen 213 Punkten, der vernehmlich höchsten jemals von einem Team in diesem Format erzielten Punktzahl, das Unmögliche möglich gemacht und sich mit einem Satz um zehn Ränge auf Platz 4 vorgeschoben! Die Tübinger Freude war groß und konnte nicht einmal durch die Tatsache erschüttert werden, dass man nun gegen Lukas Haffert und die wackeren Leipziger Debattantinnen Teresa [Peters] und Wiebke [Nadler] würde antreten müssen – das mit deutlichem Vorsprung auf Rang 1 liegende Team würde das Ende des Streitkultur-Ausflugs bedeuten, da waren sich viele Beobachter einig.
Um wenigstens eine würdige Performance zu bieten, hielt sich Streitkultur I an diesem Abend mit dem Feiern (zumindest für Tübinger Verhältnisse) zurück. Pläne zur Strategie wurden ent- und wieder verworfen; am Ende kristallisierte sich heraus, dass man nur über eine solide Teamline würde gewinnen können. Und so geschah es: Beim Thema ‚Die Europäische Idee ist gescheitert, wenn der Euro fällt‘ vertrat Tübingen die Contra-Seite und setzte sich mit der Argumentation, die Europäische Idee könne auch ohne Euro weiterbestehen, durch. […]
Schließlich kam es zum finalen Showdown: Vor 250 Zuschauern sollte die These ‚Man darf ein Leben töten, um viele zu retten‘ debattiert werden, Streitkultur I war der Contra-Seite zugelost worden. […] Am Ende war das Ergebnis eindeutig: Die sieben Juroren sahen Tübingen mit 201 zu 173 Punkten vorn, Streitkultur darf sich damit alter und neuer Wartburg-Gewinner nennen! Die Ehrenjury zeichnete außerdem Simon Lehle als besten Redner des Finales aus.
Tübingen erzielt nach der Süddeutschen Meisterschaft den nächsten Turniersieg und fährt nun mit viel Rückenwind zur DDM nach Heidelberg! “
Auch der Debattierclub Aachen hatte es nicht so leicht. Erst war der Juror unauffindbar, dann schienen die Debattanten sowohl mit der Privilegfrage als auch mit den Themen auf Kriegsfuß zu sein. Doch am Ende gab es auch für sie noch ein kleines Happy End. Auf ihrer Webseite schreiben die Aachener:
„Schlaflos in Jena – unter diesem Motto startete für die Aachener Redner das Wochenende der ZEIT Debatte Jena 2011. Um 9:00 morgens vor dem Seminargebäude trafen sich die drei Redner des Teams ‚Up-Quark Aachen‘ (Marc-André Schulz, Nina Neidhardt und Marcel Jühling) mit durchschnittlich 3 Stunden Schlaf vor dem Seminargebäude. Die anfängliche Müdigkeit wich dann ziemlich schnell heller Aufregung, als wir drei feststellten, dass unser Juror Christoph Gröger nicht da war – und keiner seine Handynummer, Adresse, Sternzeichen oder sonst eine brauchbare Information hatte. Schließlich kam Christoph dann doch, und hob mit 4 h Schlaf die ehrgeizige Quote nur wenig.
Die Fahrt nach Jena war dagegen weniger spannend. Die mit Stau nach Stau gespickte Fahrt wurde nur durch eine kollabierte Großmutter auf einem Autobahnrasthof in Thüringen etwas aufgemischt. […] Nach einigem Hin und Her, Umwegen und Schleichwegen, die mehr wie Garageneinfahrten als wie bebaute Straßen aussahen, standen wir vor der Jugendherberge Jena. […] Zum Glück hatte der Stau nicht nur uns erwischt, sodass wir bequem unter die Menge an Nachzüglern untertauchen konnten. Nach einer kurzen Einführung in das ‚Wartburg‘-Format, sollte eigentlich direkt die erste Debatte starten. Allerdings gab es noch gefühlte 100 Fragen, insbesondere bei der ‚Privilegfrage‘ wurde immer wieder nachgefragt und -gehakt, bis selbst die Geduldigsten das Wort nicht mehr hören konnten. […]
Der nächste Tag fing erst gut an, doch irgendwie schien der Wurm drin zu sein. Neben konstant starken Gegnern (die späteren Plätze 10, 6, 4 sowie der Turniersieger) fassten die Aachener Redner wohl regelmäßig das Thema falsch auf [, …] nie passte es so richtig. Aber davon ließen sich die Aachener nicht entmutigen, und gaben bei der letzten Debatte zum Thema ‚Lotto und Sportwetten sind ein Allgemeingut‘ noch einmal alles: als Contra-Partei sammelte sie eifrig Argumente für eine staatliche Lotterie. Die Sparringspartner aus Marburg durften beginnen, und spätestens nach der ersten Minute war klar: beide Teams hatten sich für dieselbe Seite vorbereitet. Nach den ersten Schrecksekunden und kurz geflüsterter Rücksprache machten die Aachener eine gedankliche 180°-Drehung und los ging’s. Es wurde fieberhaft überlegt, durchgestrichen, diskutiert, während die geistigen Zahnräder knackten und knirschten. Dann war die Zeit um, Marc stand vorne, besann sich noch einen Moment, und fing an zu reden. Der Rest der Debatte lief grandios. Wohl mehr aus dem Bauch als auf dem Kopf heraus hielt Up-Quark Aachen seine beste Teamrede des Wochenendes und zog dabei alle Register – einschließlich der on the fly erfundenen ‚Zangen‘-Technik.
Das wurde dann abends beim wirklich sehr leckeren Luxus-Buffet gebührend mit High-Fives gefeiert und bei einer nächtlichen Wandertour durch Jenas Gassen besprochen. Halbfinale und Finale konnten wir am nächsten Tag aus der Zuschauerperspektive genießen, der 22. Platz hatte dann doch nicht ganz zum Finale gereicht. Und spätestens nach der Stadtführung, samt Besteigung des ‘Phallus jenensis’, hatten wir alle Jena ins Herz geschlossen. Außerdem gibt es dort sehr leckere Fritten!
Danke an die Organisatoren vom Jenaer Debattierverein für das schöne Wochenende, und herzlichen Glückwünsch an das Tübinger Siegerteam!“
vro / tr