Der Juror, das unbekannte Wesen

Datum: 29. November 2010
Redakteur:
Kategorie: VDCH

Wohl jeder Redner hat sich schon einmal gefragt: Wie kommt der Juror zu dem Ergebnis, das er mir verkündet hat? Warum hat eigentlich das andere Team gewonnen?

Aus der Perspektive des Jurors wiederum sind das wichtige Entscheidungen, die er – vor allem auf einem Turnier – begründet treffen muss. Doch wie? Um diese Frage zu klären, veranstaltete der Verband der Debattierclubs an Hochschulen (VDCH) von 26. bis 28. November das erste Jurierseminar der Saison 2010/2011.

Knapp 30 Debattanten aus ganz Deutschland und sogar aus Wien waren in die Wiesbadener Jugendherberge angereist, um bei dem Seminar unter der Leitung von VDCH-Vizepräsident Benedikt Nufer den Ausführungen der vier Trainer Patrick Ehmann (Berlin Debating Union), Marcel Giersdorf (DCJG Mainz), Lukas Haffert (Tilbury House Köln) und Torsten Rössing (Klartext Halle) zu lauschen und diese gleich in die Praxis umzusetzen.

Das Programm war umfangreich: bereits am Freitagabend ging es mit der Offenen Parlamentarischen Debatte (OPD) los. Die Trainer brachten den Teilnehmern die einzelnen OPD-Kategorien Sprachkraft, Auftreten, Kontaktfähigkeit, Sachverstand, Urteilskraft sowie die Teamkategorien intensiv näher.

Am Samstag vor dem Mittagessen bewerteten die Juriereleven eine Videoaufnahme des Finals der Potsdamer ZEIT DEBATTE 2008, in der es um die Einführung der Sechstagewoche an deutschen Schulen ging. Das damalige Urteil der Finaljury fand man größtenteils bestätigt und sah die Regierung aus Jena als Sieger der Debatte. Am Nachmittag wandten sich die Juroren dem British Parliamentary Style (BPS) zu. Patrick und Torsten erklärten die Unterschiede zur OPD-Jurierung, beispielsweise die Wichtigkeit der Rechtfertigung des Teamrankings bei BPS.

Das Feedbackgeben beanspruchte schließlich den Sonntagvormittag für sich: Die Juroren hörten sich nach ihrem eigenen Feedback das „Feedback zum Feedback“ seitens der Trainer an und erhielten konkrete Tipps zur Verbesserung – denn gutes Feedback trägt entscheidend zur Zufriedenheit der Redner auf einem Turnier bei und hilf ihnen, besser zu werden.

Doch das Jurierseminar wäre kein richtiges Jurierseminar, wenn es nur ums Lernen ginge. Als der Abend immer näher rückte, wurde klar, dass Debattanten auch anderen Seiten des Lebens gegenüber aufgeschlossen sind. Eine große Runde versammelte sich am Freitag nach dem offiziellen Feierabend um die Frankfurterin Marion Seiche, als sie das Spiel „Werwölfe“ auspackte. Doch ganz ließ das Debattieren die Spieler nicht los. Denn im Verlaufe des Spiels mussten sie argumentieren, warum ausgerechnet die anderen und nicht sie die bösen Werwölfe sind, die in einem idyllischen Dorf ihr Unwesen treiben.

Den Höhepunkt des Seminars bildete nach allgemeiner Auffassung der Samstagabend. VDCH-Vizepräsident Marcus Ewald hatte zum Improvisationstheater ins benachbarten Mainz geladen. Er selbst war als Moderator und Schauspieler dabei. Die insgesamt sechsköpfige Schauspielertruppe baute aus einzelnen Stichwörtern des Publikums ganze Geschichten wie aus dem Nichts und ohne jegliche Vorbereitung auf. Das geschah mit viel Kreativität und Humor, sodass wohl kein Auge auf Dauer trocken blieb.

Das lehrreiche Wochenende ging am Sonntag mit dem Mittagessen in der Jugendherberge zu Ende. Davor gab Lukas Haffert zu bedenken, dass die vermittelte Theorie erst die halbe Miete ist: „Juriert in euren Clubs und auf Turnieren, ansonsten habt ihr das Gelernte wieder vergessen“, riet er den frisch geschulten Juroren.

Eine der Anwesenden wird sich diesen Rat auf jeden Fall zu Herzen nehmen. Das Jurieren sei ihr jetzt gar nicht mehr so fremd wie noch vor dem Seminar. „Ich fühle mich gut auf den Tübinger Streitkultur-Cup am 11. Dezember vorbereitet“, resümiert sie.

xzy / glx

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