Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin! – Die BDU will die Worlds in die deutsche Hauptstadt holen
Gemeinsam mit seinen Clubkollegen John Eltringham und Cloud Ramasendaran ist Patrick Ehmann, Präsident der Berlin Debating Union (BDU), an diesem Wochenende zum Oxford IV gereist. Auf seiner Agenda stehen diesmal zwei Punkte: natürlich die Teilnahme am – neben den Euros – prestigeträchtigsten und größten europäischen Turnier. Noch viel wichtiger aber: Diesmal werden die Berliner viele Hände schütteln – der Hauptstadtclub will die World Universities Debating Championships (WUDC, auch Worlds genannt) 2013 in die deutsche Hauptstadt holen. Und um dafür schon kräftig die Werbetrommel zu rühren, werden Patrick & Co. ihr Projekt in Oxford zum ersten Mal einem breiten Publikum vorstellen, “denn zum Oxford IV kommen Debattierer aus aller Welt extra eingeflogen“, weiß der BDU-Präsident, über 100 Teams werden dort erwartet.
Eine breite Mehrheit hinter sich zu bringen, ist das Ziel der Berlin Debating Union, bevor die Berliner am 1. Januar 2013 bei den diesjährigen Worlds in Botsuana ihre Bewerbung vor dem WUDC-Council vortragen werden. Das ist der einzig offizielle Teil des Bewerbungsverfahrens. Das Council, die Delegiertenversammlung der teilnehmenden Nationen, entscheidet dann über alle dort vorgetragenen Bewerbungen – über Mitbewerber gebe es bislang nur Gerüchte, vertraut Patrick der Achten Minute an, deshalb wolle er darüber nicht reden. Das WUDC-Council ist dem EUDC-Council ganz ähnlich. Größter Unterschied jedoch zum europäischen Debattierrat: Beim Worlds-Council können einzelne Delegierte bis zu vier Stimmen haben, das sei gestaffelt nach der Anzahl der teilnehmenden Universitäten aus dem entsendenden Land in den beiden Vorjahren, erzählt Patrick. Eingesehen werden kann die genaue Stimmverteilung in der Satzung der World Universities Debating Championships.
In der vergangenen Woche hat die BDU bereits kräftig die Werbetrommel gerührt: Heute geht pünktlich zur Präsentation in Oxford die Internetseite des Projekts WUDC 2013 online. Unter www.wudcberlin.com kann man sich bereits erste Eindrücke verschaffen. Aber die Berliner ziehen sämtliche Register des Web2.0: Im sozialen Netzwerk Facebook gibt es eine Seite zu den World in Berlin und aus der Hauptstadt verlauten auch schon über Twitter erste Nachrichten aus der Berliner WUDC-Bewerbungswelt. Sogar an einem Video wurde noch auf Hochtouren gebastelt – rechtzeitig zur Präsentation in Oxford ist es noch fertig geworden.
Die Worlds sind ein Großprojekt: Rund 1.100 Debattierer aus aller Welt in Berlin erwartet. Wie wurde die Idee, die riesige Veranstaltung nach Deutschland zu holen? Bei den diesjährigen Euros in Amsterdam rief Patrick seinem Clubkollegen Cloud im Hotelzimmer noch entgegen “Ich bin doch nicht bescheuert und organisiere die Worlds in Berlin!“ Auf dem Heimweg nach Berlin nur wenige Tage später jedoch erwischte er sich dabei, wie er im Zug mit Dessislava Kirova, Lukas Haffert und Manuel Adams brainstormte, “was da wohl an Logistik und Organisation auf uns zukäme,“ erzählt Patrick, “und jetzt, kein halbes Jahr später, präsentiere ich unser bid beim Oxford IV!“
Möglich ist das Ganze nur auf den Schultern von Giganten – ein Projekt dieser Größenordnung kann ein Club nämlich nicht ohne starke Partner stemmen, und so freut sich der BDU-Präsident, dass außer seinen Clubkollegen auch andere Debattierer aus VDCH-Clubs vor Ort sind und das Berliner Projekt unterstützen. Der Verband der Debattierclubs an Hochschulen (VDCH) war es auch, der die deutsche Wochenzeitung DIE ZEIT als Unterstützer für die Berliner gewinnen konnte – erst durch eine Spende der ZEIT ist es den BDUlern möglich, außer beim Oxford IV noch auf weiteren Turnieren in Cambridge, Cork und Riga Werbung für ihre WUDC-Projekt zu machen, bedankt sich Patrick bei der ZEIT. Außerdem ist ein weiterer starker Partner mit an Bord: Die Technische Universität in Berlin werde die Vorrundenräume zur Verfügung stellen, berichtet Patrick – bei den Worlds werden mal eben rund 120 Debattenräume benötigt. Schließlich kann der Debattierclub auf die Expertise alter Hasen vertrauen: 2006 richtete die BDU die Euros aus, die europäischen Debattiermeisterschaften. Patrick selbst war damals auch schon dabei und verantwortlich für den Fahrdienst, “so habe ich bereits hinter die Kulissen so einer großen internationalen Veranstaltungen blicken können.“
Mit Spannung erwartet wird die Verkündung, wer denn Mitglied im Chefjurorenteam sei. Gerüchte mag Patrick allerdings bislang weder dementieren noch bestätigen. “Wir stehen momentan in intensiven Verhandlungen – spätestens bei der Vorstellung unserer Bewerbung in Botsuana wird die Weltöffentlichkeit jedoch erfahren, wer bei uns die Themen machen wird“, sagt Patrick dazu. Dennoch stößt die Aussicht, dass die Worlds in zwei Jahren in Berlin stattfinden könnten, schon auf große Resonanz im Netz: So schreibt etwa “Brisbanite“ bei Twitter: “I will be actively delaying graduation if @wudc_berlin win the bid for worlds 2013. jawohl! ich möchte dorthin zurück.“ Und “cervus”, dahinter verbirgt sich der ehemalige VDCH-Vizepräsident Sebastian Hirsch, wünscht den Berlinern viel Glück: “The Berlin Debating Union bids to host the World Universities Debating Championship 2013. Pretty awesome cool and good luck @WUDC_Berlin!”
Auch auf der Facebookseite herrscht reger Verkehr und Debattierer aus aller Herren Länder hinterlassen den Berlinern Glückwünsche, darunter Mark Collins, Mitglied des Organisationsteams der Worlds 2009 in Cork, der sich schon die gesamte vergangene Woche auf die Präsentation in Oxford freute: “Looking forward to seeing the launch at Oxford, the very best of luck with it, running Worlds is an incredible experience!” Anne Valkering, Cheforganisatorin der Amsterdamer EUDC 2010, wünscht ebenfalls viel Glück: “good luck on the presentation! I hope you win it!” Ross Reid McGuire, Chefjuror bei den Euros 2010 in Amsterdam, stellt seine Deutschkenntnisse unter Beweis: “This sounds fantastic. Viel Glück!“ Und aus Vermont sendet Alfred Snider, Debattierprofessor an der dortigen Uni, seine Grüße: “Berlin is one of my favorite cities and this would be a great way to recognize the tremendous things happening in German debating.” Der Australier Chris Croke, amtierender Weltmeister, ist überzeugt: “Berlin Worlds sounds like one of the greatest debating tournaments that I’ve ever heard of!”
Aus Athen schreibt Manos Moschopoulos, bester ESL-Redner der Worlds 2010 und amtierender ESL-Vizeeuropameister, der Achten Minute ausführlich über seine persönlichen Erfahrungen mit Berlin als Turnieraustragungsort: ”I feel great about Worlds being staged in Berlin […]. As far as Berlin is concerned, I attended Berlin EUDC 2006 which was a very well run tournament in an excellent city.” Manos freut sich auf das Turnier – Berlin ist für ihn persönlich wie allgemein ein geschichtsträchtiger Ort: “I’m really looking forward to Worlds being held in Berlin, given that it counts among my favourite cities – I grew up with stories from my father that used to live in – and love – the city when it was bitterly divided in the 60’s and I was lucky enough to experience it for myself as a united capital full of life. Berlin is perhaps the best landmark of Europe’s struggle for freedom and integration, I think that a Worlds round in the city will only bring those values to light.”
Die World Universities Debating Championships (WUDC) werden seit 1981 jährlich um den Jahreswechsel ausgetragen, seit 1996 immer im British Parliamentary Style. Vom 27. Dezember 2010 bis 4. Januar 2011 ist die Debattierwelt nun schon zum dritten Mal Gast in Afrika, diesmal an der “University of Botswana” in Gaborone. Die Turniersprache ist Englisch. Es gibt drei Sprachkategorien: “Main” (vor allem Muttersprachler), “ESL” (English as a Secound Language, für Leute mit hauptsächlich englischsprachigem Unterricht oder Aufenthalten in englischsprachigen Ländern) und “EFL” (English as a Foreign Language, für Leute, deren Sprachkenntnisse nur auf Schulunterricht basieren).
Die Berlin Debating Union (BDU) wurde 1999 von Jens Fischer und Kai Monheim als “Streitzeit (Berlin Debating Union)“ gegründet und hat seitdem einige Erfahrung mit dem Ausrichten großer nationaler und internationaler Turniere gesammelt: Der Club hat schon zweimal die Deutsche Debattiermeisterschaft (2001 und 2008), das größte Turnier im deutschsprachigen Raum, und die Europameisterschaften 2006 abgehalten. Daneben hat die BDU 2002 das “Central and Eastern European Debating Tournament“ ins Leben gerufen, ein Turnier für Teilnehmer aus Mittel- und Osteuropa, das 2005 in Berlin Open, später in Berlin IV umbenannt wurde und an dem bereits Debattierer aus ganz Europa sowie Israel teilnahmen.
apf / glx