Deutschlandtour Dortmunder Debattanten: Kurs Ost-Nord-West
Zwei Debattanten der Debatte Dortmund (DebaDo) sind unterwegs, um VDCH-Clubs in ganz Deutschland zu besuchen. Jetzt berichten Jörn Hahn und Jens Schulze in der Folge „Kurs Ost-Nord-West“ über ihre drei Stationen in Berlin, Greifswald und Paderborn:
16 Debatten in 16 Tagen – Kurs Ost-Nord-West auf den Stationen zwölf bis vierzehn
Debattenfreie Etappe in Leipzig: Jörn berichtet: Es gbt viele Gründe über Leipzig nach Berlin zu fahren, einer wohnt dort. Im Zug von Mainz nach Leipzig werde ich Zeuge einer besonderen Auslegung des Servicegedankens des staatlichen Bahnunternehmens. Mein Vorschlag, den offenen Streit zwischen Zugpersonal und Fahrgästen regelgeleitet und sportlich in eine Debatte zu lenken (Thema: „Soll es Zugreisenden verboten werden, das Zugpersonal um den Verkauf von Fahrkarten zu bitten?“) wird ignoriert. Gerade angekommen merke ich, dass unsere Berichte nicht nur von vielen gelesen, sondern vom einen oder anderen gar kritisch analysiert werden. Also lasse ich mein Bild der Nikolaikirche von einer Leipziger Debattiererin korrigieren und bekomme anschließend einen Teil der schon lange versprochenen Stadtführung. Am frühen Abend (Zugverspätung) mache ich mich dann auf den Weg nach Berlin, wo ich gut vier Stunden in der gemütlichen Wohnung von Dessi und Patrick auf Jens warte und schon einmal bei leckerem Kuchen ihre Gastfreundschaft genieße.
Debattenfreie Etappe in Rotenburg an der Fulda: Jens berichtet: Der Sonnabend ist heute debattierfrei. Jörn ist schon über Leipzig nach Berlin gefahren. Ich singe hier mit dem Gospelchor auf der ökumenischen Hochzeit von Chormitglied Christina. Um 18:04 fährt mein Zug. Um 17:48 schickt Jörn eine SMS: „Denkst du dran, dass gleich dein Zug fährt?“. In meinem ICE-Waggon ist es sehr heiß, denn die Klimaanlage ist ausgefallen. Acht Minuten lang träume ich mit den anderen Passagieren von 500 Euro Entschädigung für einen Kreislaufkollaps. Dann geb ich auf und zieh um in einen klimatisierten Waggon. Spät abends komme ich bei Dessi und Patrick in Berlin an. Die beiden schlafen schon. Jörn dirigiert mich über den Innenhof ins richtige Treppenhaus. (Jörn per Handy: „Jens, ich sehe dich im Treppenhaus und weißt du, was das heißt?“ – „Ich bin im falschen Haus?“ – „Richtig.“)
Berlin: Wir sind in Dessis und Patricks luxuriösem Bibliothekszimmer untergebracht. Die Schriften reichen von jahrtausendealten Weisheiten eines chinesischen Generals bis zu einem brisanten Geheimdokument aus dem Jahr 2113. Auf unsere Frühstücksbrötchen schmieren wir ausgefallene und köstliche Marmeladen und Aufstriche (Jörn begeistert der israelische, Jens mag die Apfelmarmelade), dann begleiten wir Patrick zum Cricket, wo wir einige Stunden zugucken (nur die erste Spielhälfte). Am Abend treffen wir ein paar Berliner Debattierer in Julianes und Matthias‘ Wohnung. Dessi hat einen wunderbaren Nudelsalat zubereitet, außerdem gibt es verschiedene Sorten Kuchen.Vor der Debatte lüftet Filip im Interview endlich das Geheimnis um sein mythengebärendes Buch. Demokratisch wird bei der Berlin Debating Union das Thema gewählt: „Kim Yong Il soll eher seinen autoritären als seinen demokratischen Sohn zum Nachfolger erwählen.“ Matthias, Patrick und Jörn machen als autoritäre Regierung klar, dass nur Dik Kim Tat der richtige Nachfolger sein kann. Eine Opposition wird von ihnen nicht wahrgenommen. Todesmutig plädieren Dessi, Filip und Jens dafür, dass Kims Sohn Dem Ok Rat der bessere Führer wäre. Die westlich-imperialistische Jury aus Juliane, Yen und Andrea kürt sehr knapp die Opposition zum Sieger, da sie ein bisschen „so etwas wie ein Argument“ gebracht habe. (Selbstredend ist es ihr letzter Auftritt als Jury gewesen.)
Greifswald: Sehr kurzfristig melden wir uns beim Debattierclub Greifswald an. Eigentlich war dieser etwas längere Abstecher nicht geplant. Nachdem Potsdam, Hannover und Marburg aber noch in der Sommerpause sind, fahren wir mal kurz Richtung Ostsee. Rafael hat es tatsächlich geschafft, noch einen Schlafplatz für uns bei Ingo zu finden, und er hat alle Clubmitglieder angetrieben, ja zu kommen. Kaum sind wir in der kleinsten Stadt unserer Tour angekommen, erreicht uns Rafaels Einladung zum Abendessen. Anschließend geht es an den Sehenswürdigkeiten Greifswalds (drei Kirchen in Backsteingotik und ein renoviertes Theater) zur mehr als 500 Jahre alten Universität. Dort besichtigen wir eine gelungene Hörsaalkomposition, die hundert Jahre alte Sitzbänke mit Whiteboards und Beamer verbindet. Im modernen Seminarraum sind wir insgesamt sechs Redner, sodass wir im Einzelrednerformat „Soll jede Lohnarbeit gleich bezahlt werden?“ debattieren. In der Regierung reden Oliver, Rafael und Jens, die sich aber genauso wenig als Team vorbereiten durften wie die Opposition mit Oliver, Sarah und Jörn. Nach der Debatte sitzen wir mit der später zu uns gestoßenen Anna noch vor der Domburg, bis es regnet und wir bei Ingo Quartier beziehen. Schon vor acht Uhr verlassen wir den Plattenbau, um rechtzeitig in Paderborn zu sein.
Paderborn: Die Bahn kommt pünktlich, und Jörn hat sich eine viel zu frühe Anfangszeit notiert, sodass wir gute drei Stunden in Paderborn an der Universität warten. Im Irish Pub vor dem AStA kann man dies sehr gut, wenngleich in der vorlesungsfreien Zeit ab 18 Uhr dort keine Getränke mehr ausgeschenkt werden. Daher gibt es nach der Debatte leider auch kein Bier mehr. Vor der Debatte stellt Katharina ein für die Debating Society Paderborn merkwürdiges Debattierformat vor, bekannt als Offene Parlamentarische Debatte. OPD ist damit wohl nur noch an zwei Orten Deutschlands völlig unbekannt: Köln und Bremen. Paderborn jedenfalls wird ab sofort auch regelkundig und mit vollständigen Teams an entsprechenden Turnieren teilnehmen können. Mit den beiden anderen Dortmundern Jan und Jakob, unserem Gast aus Aberystwyth Elena und den elf Paderbornern hätten wir genug Redner für zwei Räume, aber des Gemeinschaftsgefühls wegen debattieren wir lieber mit vier Fraktionsfreien Rednern (Katharina, Alexander, Jakob und Sarah) und sechs (!) Juroren (unter anderem wir beide). Dabei treten Timo, Nadine und Philipp als Regierung für Kopfnoten auch für Bachelor- und Masterstudierende ein, während Matthias, Jan und Elena als Opposition dagegenhalten und am Ende knapp gewinnen. Ein Blick in den Onlinefahrplan verrät uns leider, dass wir um 23.11 Uhr die letzte Verbindung nach Dortmund nehmen müssen und uns dem Abstecher in eine Kneipe im Paderborner Zentrum nicht mehr anschließen können. Wir interviewen noch schnell die ehemalige (Katharina) und die neue Clubpräsidentin (Anna) und rasen anschließend zum Bahnhof. Eine gewisse Freude auf das eigene Bett ist bei uns beiden durchaus vorhanden. Morgen steht dann noch das große Finale unserer Reise in Münster an.