2 in 1: Streitkultur-Cup und Baden-Württembergische Meisterschaft – Ein debattenreiches Wochenende in Tübingen!

Datum: 14. Dezember 2009
Redakteur:
Kategorie: Presseschau, Themen, Turniere, VDCH
Ein Turnier, zwei renommierte Titel: Am Wochenende um den dritten Advent wurden in Tübingen der Streitkultur-Cup und die Baden-Württembergische Meisterschaft ausgetragen. Am Samstagabend jubelten „Die Motten und das Licht“: Nach drei Vorrunden und direktem Break ins Finale besiegte das Team aus Hamburg und Bonn dort die gegnerische Mannschaft aus der Schweiz und ist Streitkultur-Cup-Gewinner 2009! Am Sonntag freute sich Heidelberg über einen Sieg über Stuttgart: Der Titel wandert vom Vorjahressieger Tübingen den Neckar hinauf, der Debating Club Heidelberg (DCH) ist Baden-Württembergischer Meister 2009!

In drei Vorrunden am Samstag debattierten 21 Teams aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz, die beim ältesten Debattierclub Deutschlands, der Streitkultur Tübingen, zu Gast waren. Die Themen der Vorrunden lauteten: Soll das deutsche Wahlrecht exklusiv statt allgemein sein? Sollen christliche Kirchen das Missionieren einstellen? Brauchen wir Nummernschilder für Polizisten?
Das Turnier bot zwei Breaks: Für alle Teams war es möglich, nach den drei Vorrunden direkt ins Finale der offenen Clubmeisterschaft des Tübinger Vereins, des Streitkultur-Cup, zu breaken. Nur Teams aus Baden-Württemberg stand der Break ins Halbfinale der Baden-Württembergischen Meisterschaft offen. Die Streitkultur selbst verzichtete als Vorjahressieger und Ausrichter der BaWü-Meisterschaft auf die BaWü-Break-Möglichkeit und kämpfte mit ihren Teams ausschließlich um den Vereinstitel.

Nach den Vorrunden war die Spannung groß: Das sei der „härteste Break der Saison“ war in der Raucherecke zu vernehmen. Angetreten waren unter anderem – in verschiedene Teams – drei ehemalige Deutsche Meister, fünf amtierende und mindestens zwei ehemalige Süd- und Westdeutsche Meister, einige Deutsche Vizemeister, ZEIT-DEBATTEN-Sieger, zwei Masters‘-Cup-Sieger und ein ehemaliger ESL-Vizeeuropameister.

Als der Break verkündet wurde zeigte sich, dass sich die Teams mit den seltsamsten Namen durchgesetzt hatten: Auf Platz eins in der Teamrangliste waren „Samichlaus, Schmutzli und Grittibänz“ aus der Schweiz: Die amtierenden Süddeutschen Meister Lukas Haffert und Viola Lutz vom Debating Club St. Gallen gemeinsam mit dem ESL-Europameister 2006 Daniel Grotzky (DC München, wohnt jetzt in Zürich). Auf Platz zwei in der Teamrangliste waren „Die Motten und das Licht„: Der vierfachen ZEIT-DEBATTEN-Finalisten Benedikt Nufer vom Debattierclub Hamburg gemeinsam mit dem Westdeutschen Meister 2008 Tim Richter und der Deutschen Meisterin 2007 Gudrun Lux, beide vom Debattierclub Bonn.

Die Top Ten der Rednerrangliste nach den Vorrunden – mit wegen vieler Punktgleichheiten 14 Rednerinnen und Rednern:

1 Jan Papsch (DCJG Mainz) 156 Punkte
2 Tim Richter (DC Bonn) 150 Punkte
3 Lukas Haffert (DC St. Gallen) 149 Punkte
4 Gudrun Lux (DC Bonn) 148 Punkte
5 Marcus Ewald (DCJG Mainz) 147 Punkte
5 Viola Lutz (DC St. Gallen) 147 Punkte
5 Thore Wojke (DCJG Mainz) 147 Punkte
8 Nicolas Eberle (DCJG Mainz) 146 Punkte
8 Benedikt Nufer (DC Hamburg) 146 Punkte
10 Andrea Gau (DCJG Mainz) 143 Punkte
10 Jan Kastell (DC Marburg) 143 Punkte
10 Pauline Leopold (Streitkultur) 143 Punkte
10 Jan Lüken (Debating Club Heidelberg) 143 Punkte
10 Karsten Stölzgen (Streitkultur) 143 Punkte

Als besondere Auszeichnung vergab die Streitkultur einen Preis an den besten „Novizen“ – einen Redner oder eine Rednerin, der oder die erstmals auf einem Turnier antritt. Die Auszeichnung ging an Nicolas Sölter vom Debating Club Heidelberg – der nicht nur erstmals auf einem Turnier war sondern überhaupt erst seit wenigen Wochen debattiert! Seine Karriere wird fortan mit Spannung verfolgt werden.

Als Finalthema des SK-Cups hatten der Chefjuror Peter Croonenbroeck von der Streitkultur und die Chefjurorin Sarah Kempf vom DCJG Mainz ein offenes Thema gewählt: „Müssen wir den deutschen Journalismus retten?“ „Die Motten und das Licht“ vertraten die Regierungsseite und forderten – analog zum Bankenrettungsfonds – einen staatlichen Rettungsfonds für Verlage: Die Durststrecke der deutschen Presse – durch den von der Wirtschaftskrise bedingten Anzeigenrückgang ausgelöst – müsse überbrückt werden, da nur so Vielfalt und Qualität der Presse werden könnten, die als „Vierte Gewalt“ im Staate „systemrelevant“ und lebenswichtig für die Demokratie sei. Die schweizerische Opposition setzte entgegen, die Medien seien selbstverschuldet in der Krise, da sie sich nicht genügend auf die Neuen Medien und die neuen Zeiten eingestellt hätten. Zudem befürchtete die Opposition eine zu große staatliche Einflussnahme, die die Unabhängigkeit der Presse gefährde. Die Fraktionsfreien Redner Jan Papsch, Thore Wojke und Marcus Ewald, alle vom DCJG Mainz, verteilten sich in ihren Reden gerecht auf alle Seiten: Während Jan den Rettungsfonds ganz wunderbar fand, erklärte Thore, da er keinen Kamin habe brauche er überhaupt keine Zeitungen und daher auch keinen Rettungsfonds für selbige. Marcus entschied sich für die Generalopposition, die von beiden Fraktionen hingenommen aber nicht erwidert wurde.

Juriert wurde das SK-Cup-Finale von Peter Croonenbroeck und Sarah Kempf gemeinsam mit Markus Herrmann von der Streitkultur, Andreas Neiser vom DCJG und Florian Prischl vom Debattierklub Wien, Präsidentin war Mariama Fofana (DCJG). Peter verkündete schließlich am beeindruckenden Finalort, der Alten Anatomie in Tübingen, den Sieger des Streitkultur-Cups: „Die Motten und das Licht“ haben das Finale und damit das Turnier gewonnen! Gemeinsam mit Benedikt Nufer haben Tim Richter und Gudrun Lux damit den Titel verteidigt, den die beiden Bonner gemeinsam mit Karsten Stölzgen (Streitkultur) bereits im Vorjahr gewonnen hatten. Als punktbester Redner des Finals wurde von der Jury Lukas Haffert ausgezeichnet.

In der Wohnheimsbar von Peter Croonenbroecks studentischer Heimstätte wurde am Samstagabend Glühwein und Bier getrunken, getanzt und gefeiert. Eines wurde bei der Feier schnell klar: Wie seine Teampartner bereits im Vorjahr, so wird auch Benedikt Nufer als Streitkultur-Cup-Sieger dem gastgebenden Verein als Fördermitglied beitreten. Somit bleibt der SK-Cup in Streitkultur-Hand.

Am Sonntagmorgen stand das Halbfinale der Baden-Württembergischen Meisterschaft an. Einige, die bis in den Sonnenaufgang hinein gefeiert hatten, schafften es nicht rechtzeitig zum Halbfinale, so dass zwar alle Rednerinnen und Redner anwesend waren aber akuter Jurorennotstand herrschte. So griffen die Chefjuroren dafür kurzerhand auf den Rednerpool zu.

In die Halbfinals der Baden-Württembergischen Meisterschaft hatten nach den drei Vorrunden am Vortag zwei Teams des Debating Club Heidelberg ein Team des Debattierclub Stuttgart und das Team des Debattierclub Karlsruhe gebreakt. Tragisch: Die Heidelberger Teams traten im Halbfinale gegeneinander an. Zum Thema „Soll die elektronische Fußfessel eingeführt werden?“ debattierten der Vorjahres-BaWü-Vizemeister und Süddeutscher Vizemeister 2008 Jan Lüken, die Süddeutsche Meisterin 2007 Louisa Meisel und Marcus Ewald, Deutscher Meister 2008 für Klartext Halle und seit kurzem aktives Mitglied des DCJG Mainz, auf der Regierungsbank gegen die drei Heidelberger Nachwuchstalente Jennifer Holm, Olena Ottinger und Nicolas Sölter. Durchsetzen konnte sich das „Alte-Hasen-Team“ auf der Regierungsseite, das somit in das Finale einzog. Freie Redner waren in diesem Halbfinale Sarah John, Pauline Leopold und Felix Schönherr (alle Streitkultur). Als beste Rednerin im Raum, die nicht im Team breakte, zog Sarah John ins Finale ein, Pauline Leopold breakte über das Tab als Freie ins Finale.

Im zweiten Halbfinale traten die Stuttgarter Michael Saliba, Igor Gilitschenski und Kathrin Reinhold an gegen die Karlsruher Michael Pruß und Johannes King, die gemeinsam mit der von der Streitkultur gestellten Sarah Werth antraten. Stuttgart gewann das Halbfinale und stand somit im Finale den Heidelbergern gegenüber. Als Freie Redner waren in diesem Halbfinale Karsten Stölzgen, Nils Haneklaus (DC Stuttgart) und Lorena von Gordon (Streitkultur). Lorena zog als punktbeste Rednerin, die nicht im Team breakte, als Freie Rednerin ins Finale ein.

Das Finalthema war „Sollen EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet sein, andere Mitgliedsstaaten bei Wirtschaftskrisen zu unterstützen?“ Das Team aus Heidelberg argumentierte in der Regierung für einen Europäischen Währungsfonds (EWF) der als eine Art „Krankenversicherung“ von allen EU-Ländern finanziert und aus dem im Ernstfall nach strengen Vorgaben Hilfe gewährt wird. Damit sollte sichergestellt werden, dass ein einziger kranker Teil des Organismus EU nicht auf den ganzen Körper übergreift. Die Stuttgarter beklagten eine Zwei-Klassen-Hilfe mit einem armen IWF und einem elitären EWF und betonten, dass gerade von notorisch kriselnden EU-Ländern nun gar keine fiskale Disziplin mehr erwartet werden könne.

Das Finale wurde von Peter Croonenbroeck, Sarah Kempf, Andreas Neiser und Markus Herrmann juriert und von Andreas Lazar präsidiert. Die Jury kürte das Team des Debating Club Heidelberg zum Baden-Württembergischen Meister 2009! Als punktbester Redner des Finals wurde von der Jury Jan Lüken ausgezeichnet. Publikumsliebling wurde der Stuttgarter Igor Gilitschenski.

Stuttgarts Clubpräsident Michael Saliba ist zufrieden: „Marcus und Jan sind ja auch Stuttgarter“, erklärte er gegenüber der Achten Minute. Jan und Marcus, die für Heidelberg starteten, verbrachten nämlich in diesem Sommer einige Monate in Stuttgart, wo sie Praktika absolvierten – dort hatten sie sich selbstredend dem Stuttgarter Club angeschlossen. Der Heidelberger Vorstand verkündete derweil bereits über den Clubverteiler: Marcus Ewald wird nun auch Fördermitglied des DCH!

Der DCH ist nach 2003 und 2006 zum dritten Mal Baden-Württembergischer Meister im Hochschuldebattieren und führt – wie der Heidelberger Altmeister Daniel Sommer flugs ausrechnete – die inoffizielle BaWü-Bestenliste wieder an.

Die inoffizelle Ewige BaWü-Bestenliste nach den Regeln der VDCH-Bestenliste:

#1: Debating Club Heidelberg (10 Punkte)
#2: Streitkultur Tübingen (9)
#3: Debattierclub Freiburg (4)
#4: Debattierclub München (3)
#5: Debattierclub Stuttgart (2)
#6: Debatte Karlsruhe und Verbalattacke Süd Konstanz (beide 1)

Auf der Internetseite des Debattierklub Wien (DKW) ist bereits ein Artikel über den Streitkultur-Cup online. Für den DKW traten die beiden Turnierneulinge Tobias Gmeiner und Christoph Jäger als Redner an. Florian Prischl schreibt:

„Wichtiger als schnöde Punkte ist für die beiden [Wiener Redner] die immense Erfahrung, die sie sammeln konnten. Tobi: ‚Es waren viele helle Köpfe da! Ich konnte mir einiges abschauen und selbst gleich anwenden. Das Turnier hat mich inspiriert!‘ […] In der dritten Runde traten sie gegen den späteren Turniersieger ‚Die Motten und das Licht‘ (Bonn/Hamburg) zum Thema ‚Brauchen wir Nummernschilder für Polizisten?‘ an und konnten auch gegen dieses Spitzenteam sehr gut bestehen. Christoph sagte dazu: ‚Die Art und Weise, wie die Spitzenredner ihre Reden strukturieren, war auf einem unglaublich hohen Niveau. Wenn Politiker auf dem Niveau der Finalredner sprechen und debattieren würden, würde die allgemeine Politikverdrossenheit schlagartig sinken.‘ Was sie aus dem Turnier mitnehmen können, war für Tobi und Christoph besonders die ’sehr zugängliche und gut umsetzbare Kritik aus dem Feedback.'“

Der Vorstand des DCH schreibt über den DCH-Verteiler:

„Die Debattier-Saison 2009/2010 hat kaum begonnen, und schon dürfen wir uns freuen, Euch über den ersten großen Erfolg zu berichten: Wir sind Baden-Württembergischer Meister im Hochschuldebattieren 2009! Obendrein wurde Clubredner Jan Lüken Bester Einzelredner des Finals. Schließlich ging auch der Preis für den Besten Nachwuchsredner des Turniers nach Heidelberg an Vereinsmitglied Nicolas Sölter. […] Mit diesem Erfolg setzt sich der Debating Club Heidelberg auch wieder an die Spitze der Ewigen Bestenliste der BaWü. In diesem Ranking der stärksten Clubs aus Deutschlands stärkster Debattierregion steht der DCH nun auf Platz 1, mit knappem Vorsprung vor unseren Freunden von der Streitkultur Tübingen, die mal wieder ein großartiges Turnier organisiert haben. […] Neben der Ehre des Siegers bringt dieser Erfolg aber auch eine Verpflichtung mit sich. Traditionsgemäß muss der Gewinner die nächste BaWü ausrichten. Freut Euch also schon jetzt auf die Baden-Württembergische Meisterschaft 2010 im Herbst nächsten Jahres, hier bei uns in Heidelberg. […] So können wir nach zahlreichen Halbfinal- und Finalteilnahmen das Jahr 2009 mit einem großen Titel abschließen und dürfen alle auf ein ebenso tolles Jahr 2010 hoffen.“

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